Einzelbild herunterladen
 
Der Minister d e S I>» n e r n hat mit dem Minister­präsidenten nicht im vollsten Einvernehmen gestanden, ist auch nicht rn vollstem Einvernehmen mit ihm aus dem Amt geschieden. Herr v. Mottle vertrat in der WnhlrcchtSfrngc mit Entschieden­heit den Standpunkt, dah die indirekten Wahlen beseitigt werden müssen. Er wäre dafür zu haben gewesen, daß sowohl die direkte wie die geheime Wahl eingeführt würde. Dagegen hielt der Minister das Kompronriß des schwarz-btauenBlocks auf Beibehaltung der indirekten Wahl und Einführung der geheimen Stimmabgabe nur bei den Urwahlcn für unannehmbar. Da der Ministerpräsident diesem Komproiniß im Abgeordnetenhause seinen Segen gab, so reichte Herr v. Moltke, der seine eigene, selbständige Ueberzeugung nicht ausgeben wollte, damals seine Entlassung eiir, die indessen nicht angenommen wurde. Herr v. Moltke hat noch, wie verlautet, vor kurzer Zeit da? freundlichste Urteil des Kaisers über seine Tätigkeit erfahren. Davon, daß er am Sonnabend seinen Ab- schied erhalteir würde, hat Herr v. Moltke unmittelbar vorher ebensowenig eine Ahnung gehabt wie seine gesamte Umgebung. Er hatte vielmehr eine Reihe Verfügungen getroffen, nicht nur für die nächsten Tage, sondern auch für den Herbst, die beweisen, daß er jetzt an alles eher dachte als an seinen Rücktritt. Nach dem Scheitern der Wahlrechtsvorlage hatte er um so weniger Anlaß, wiederholt den Abschied zu erbitten, als die Verantwortung für den Gang und Ausgang der Ver- Handlungen nicht ihn, sondern den M l n i st e r p r ä s i d e n t e n traf, der sich im Abgeordnetenbause mit dem von Herrn v. Moltke bekämpften Kompromiß einverstanden erklärte und dann im Herrenhaus auf dieses Kompromiß den Autrag Schorlemer setzte.' Im ersten Augenblick wird diese Meldung sicher eine ge- wisse Heiterkeit wecken. Wer hätte gedacht, daß in Preußen entlassene Minister je Wert darauf legen würden, wenigstens nach der Entlassung als liberal angehaucht zu gelten? Aber kann etwas ein helleres Licht auf den urreaktionären Kurs Wersen, den Herr v. Bcthmann steuert, als die Tatsache, daß selbst ein so durchaus konservativer Herr wie der ge- wesene Minister des Innern Wert darauf legt, die Oeffent- lichkeit wissen zu lassen, daß er fortgeschickt worden, weil er für einen Bethmann noch nicht reaktionär ge- nug gewesen? Und welch schönes Licht wirft die Entlassung der beiden Minister erst auf Herrn v. Bethmanns Charakter. Auch Herr v. Arnim ist von der Entlassung völlig überrascht morden. Sein Nachfolger, Herr v. Schorlemer, erfuhr erst bei einer Besprechung über die Ahrtalkatastrophe von der ihm zugedachten Ernennung. Der brave Theobald hat sich hier wieder einmal recht heimtückisch gezeigt. Dieser geivandte Karrieremacher, der sich so geschickt emporzu- schlängeln verstanden hat, ist nichts weniger als der abgeklärte Philosoph, den er zu mimen liebt; er ist ein ganz geschickter Intrigant, sobald es sich um die e i g e n e Sache, das ist die Behauptung seiner Machtstellung, handelt. Das hat er auch jetzt wieder bewiesen, indem er das Ministerium völlig der konservativen Partei ausgeliefert hat. Zugleich hat er in Herrn v. D a l l w i tz, dem Bonner   Äorussen, der sein eigener und der Korpsbruder des Kaisers war, einen verläßlichen Freund ins Ministerium genommen, der auch seinen Rückhalt bei Hofe stärkt. Herr v. R h e i n b a b e n da- gegen, der schon auf das Reichskanzleramt lauert, bekommt in Herrn v. Dallwitz einen Feind, der einst sein Nachfolger werden kann. Das sind die philosophischen Beweggründe des Herrn v. Bethmann: Er kapituliert vollständig vor dem schwarz- blauen Block, um seine persönlichen Interessen zu fördern. Ein netter Herr, in der Tat! Ein helles Licht fällt auch auf die Wahlrechts- verräterei des Zentrums. Die Darstellung der »Boss  . Ztg." zeigt wieder, daß es eine elende Lüge ist, wenn das Zentrum behauptet, das geheime sei nicht zugleich mit denk direkten Wahlrecht durchzusetzen gewesen. Gerade das Gegenteil ist wahr. Um das geheime und direkte Wahl- recht zu vereiteln, das die Junker als Bedrohung ihres Terrorismus fürchten, hat sich das Zentrum den konservativen Wünschen anbequemt und deni. geheimen Wahlrecht durch die Aufrechterhaltung der indirekten Wahl jeden Wert genommen. Die Regierung hätte auch der direkten in Verbindung mit der geheimen Wahl keinen allzugroßen Widerstand geleistet. Der Verrat des Zentrums erscheint erst so in seiner ganzen Niedertracht. Ein Gutes aber hat dieser Ministerwechscl gehabt. Die Ernennung dieser urreaktionären Leute weckt Widerstand selbst bei den Zahmsten und Geduldigsten, bei den National- liberalen. DieNationalliberale Korrespondenz" ver- öffentlicht eine parteiofftziöse Betrachtung, die eine bei Nationalliberalen ganz ungewöhnlich deutliche Sprache führt. Herrn v. Moltke wird das Zeugnis ausgestellt, daß er trotz seiner konservativen Vergangenheit bemüht gewesen sei, die politischen Beamten bei den Wahlen zu einer neutralen Haltung zu veranlassen. Von Herrn v. Dallwitz wird gesagt, daß seine Berufung nicht mehr und nicht weniger bedeutet,als daß der Reichskanzler gewillt ist, den Bahnen der Heydebrandsche» Politik restlos z« folgen". Nach diesen Bemerkungen heißt es weiter: Wenn wir über die durch diese Ernennungen geschaffene politische Lage uns ein Urteil bilden sollen, so kau» dasselbe nur dahin lauten, daß sich der Reichskanzler entschlossen hat, der Macht st ellung des schwarz-blauen Blocks Rech- nung zu tragen und einen e i n s e i t i g- k o n s e r v a t i v e n K u r S zu steuern. Es hat ja gute Freunde deS Herrn Beth- mann genug gegeben, die nicht müde wurden, den liberalen Parteien zu versichern, daß er durchaus gewillt sei, die mittlere Linie innezuhalten und sich keineswegs unter die Heyde- brandsche Herrschaft zu beugen. Diese unberufenen Freunde werden nunmehr wohl diese ihre Werbetätigkeit für Herrn Bethmann einstellen müssen. Bei der ersten Probe auf daS Exempel hat er vollständig versagt. Man hätte denken sollen, daß gerade im gegenwärtigen Moment, wo man anscheinend vor Bedauern über Dernburgs Rücktritt sich überschlug, der Reichskanzler die Gelegenheit hätte benutzen müssen, durch die Auswahl der neuen Minister zu beweisen, daß er auch der Mitwirkung liberal gerichteter Männer in den höheren Stellen des Staats- und Reichs- diensteS nicht entbehren wollte. Heute wird man sagen müssen, daß Herr Dernburg   die Situation richtig beurteilt hat, wenn er nicht das letzte Deckblatt für eine einfeitig-konfervative Parteipolitik in Preußen hergeben wollte. Der Reichs- lanzler stand am Scheidewege, er hat fich entschieden! Dank- bar muß ibm der gemäßigte Liberalismus dafür sein, daß er endlich offen Farbe bekannt hat und das Schillern in allen möglichen Nuancen nicht mehr für notwendig erachtet. Wir sind nunmehr in der Lage, die innere Politik in Preußen klarer zu beurteilen und aus der uns gewordenen Aufklärung die entsprechende Folgerung zu ziehen." Es folgen einige Bemerkungen über die angebliche Schwäche in der auswärtigen Politik und die Klage, daß Herr v. Bethmann es in der inneren Politik nicht verstände, die bürgerlichen Parteien zu sammeln. Und dann fährt die Korrespondenz fort: Statt dessen hält eS der Reichskanzler für angebracht, fich für die konservative Richtung der Politik in Preußen d e m o n- strativ einzusetzen; und dies alles, während unten die Wogen de? Radikalismus immer höher und stärker branden.. Herr v. Bethmann hat es gründlich verstanden, die Begeisterung abzu- wirtschaften, welche Fürst B ü low noch einmal im Jahre l906 wach- zurufen verstanden hat. Für den jetzigen agrar-konservativen Kurs mit ZentrumSeinschlag, de» Herr v. Bethmann steuert, wird schwerlich der schlummernde Funke von neuem zu erwecken sein. Das vom Fürsten Bülow in Aussicht genommene Wiedersehen bei Philippi wird kein freudiges sein." Bei jeder anderen Partei wäre diese Ankündigung eine Kriegserklärung. Bei den Nationalliberalen können aber Worte nichts besagen. Bisher haben die Nationalliberalen die konservative Herrschaft durch die Taten stets unterstützt. Bei allen Nachwahlen gaben sie die Parole für den Konservativen aus, in der Wahlrechtsfrage wollen sie von der einzigen Losung, die dem Junkerregiment gefährlich werden kann, nichts wissen, und sind gleich jenen Feinde des gleichen Wahlrechts in Preußen. Sind sie jetzt wirklich zuklarerer Beurteilung" gekommen? Worte haben wir genug gehört, wir möchten endlich Taten sehen. Bis dahin glauben wir, daß aus den großen Worten nur die Verärgerung spricht, in dem schönen Bunde von Junkern und Pfaffen nicht als Dritte aufgenommen worden zu sein. poUtilcbe Qcbcrncbt. Berlin  . den 21. Juni 1910. Rache für Usedom  -Wollin  ! Also heult es mißtönig durch die Junkerblätter. Die Konservative Korrespondenz" fällt in feierlichen Büßpredigten das Verdammungsurteil über den Fortschritt. Folgendes putzige Anathem erschien am Kopfe ihrer neuesten Nummer: Ein Nachwort zu Ueckermünde  -Usedom  -Wollin  . DaS Ergebnis der Stichwahl im ReichStagswahlkreise Ueckermünde-Usedom-Wollin läßt es als zweifellos erscheinen, daß der Sieg des Sozialdemokraten zum Teil direkt durch die Stimme» der Liberalen herbeigeführt worden ist. Wir wollen uns an dieser Stelle, nachdem wir unsere warnende Stimme rechtzeitig erhoben haben, jetzt nicht in Drohungen oder Rekrimi« Nationen ergehen, sondern wir wollen nur diesen Tatbestand konstatieren. Die Herren Liberalen werden ja sehen, welche Früchte sie ernten werden. Sie mögen dann nicht klagen. Aber diese Herren leben ja nur nach dem Motto:Wenn eS nur den Konservativen schlecht geht, ob wir und das Land zu- gründe gehen, ist gleichgültig." DieKreuzzeitung  " ist minder pathesisch, kommt dafür aber mit konkreten Vorschlägen. Sie schreibt: Nein, für die Konservativen kann es fernerhin nur noch die eine Wahltaktik geben: die Aufstellung eigener Kandi- baten in allen Wahlkreisen, in denen auch nur die geringste Aussicht auf einen Erfolg sich bietet und bei Stich- wählen zwischen dem Fortschritt und der Sozialdemo- kratie die strengste Wahlenthaltung. Wir werden dann ja sehen, wohin der Fortschritt gelangt. Da er auch auf das Zentrum nicht rechnen kann, so wird er ohne Zweifel den größten Teil seiner Mandate an die Sozialdemokratie verlieren, und wenn er hofft, diese Verluste durch die Eroberung konservativer Mandate anSzngleichen, so dürfte auch diese Hoffnung trügen. In den betreffenden Wahlkreisen würden voraussichtlich in den meisten Fällen die ans den Reihen des Fortschritts verstärkten Sozialdemokraten mit den Konservativen in Stichwahl kommen und die Fortschrittler von vornherein ausfallen. DaS Vaterland über die Partei ist gewiß eine treffliche Losung, welche auch ferner in ehrlichem Kampfe gegen jede andere staatserhaltende Partei gelten soll, sie kann aber nicht gelten gegen die Hinterlist einer Partei, welche ebenso wie die Sozialdemokratie Vaterland, Monarchie und Partei in gleichem Maße gefährdet." Und dabei ist die Schuld des Fortschritts an dem Durchfall des Junkers Böhlendorff in Usedom  -Wollin   so winzig klein I Unser pommersches Partciblatt, derVolksbote" zu Stettin  , stellt angesichts ähnlicher konservativer Ergüsse folgendes fest: Die ganze Rederei und Aufregung in den bürgerlichen Parteien hat weder Zweck noch Ursache. Die Freisinnigen haben ihre bürgerliche Pflicht" im vollsten Maße getan. Dieliberalen" Honorationen von Ueckermünde   und dieliberalen" Fabrikanten von Torgelow   haben in Inseraten den Konservativen empfohlen und in den anderen Städten Reichsverbandslügnern Bravo ge- speiidet. Für uns hat in der Stichwahl der keiner Partei an- gehörige sogenanntekleine Mann" gestimmt, der sich»och nicht für einen Proletarier hält und glaubt, in der Haupiwahl seine Interessen am besten durch Stimmabgabe für den Liberalen zu vertreten, der aber den Brotverleuerer haßt und deshalb jedem seiner Gegner die Stimme gibt." Und trotzdem jetzt dieser Hagel junkerlicher Fußtritte für den braven Fortschritt! Die gerechte Strafe für seinen vor- sichtigen Versuch, einer klaren Entscheidung auszulveichen l Bor der Entscheidung in Friedberg  -Büdingen  . Der Fortschritt im 2. hessischen Wahlkreise ist doch aus besserem Stoff gemacht als der in Usedom  -Wollin  . Die Leitung der Fort- schrittlichen Bolkspartei in Friedberg  -Büdingen   hat einen Aufruf veröffentlicht, worin sie auffordert, bei der Stichwahl für den Sozialdemokraten einzutreten; der bei der Hauptwahl be- gonnene Kampf gegen rechts müsse fortgesetzt werden. Inzwischen arbeiten unsere hessischen Genossen mit allen Kräften daran, um den Wahlkreis auch ohne die Unterstützung von bürger- licher Seite zu erobern. Die Aussichten sind gut. In der Frank- furterVolksstimme" wird über die Situation u. a. berichtet: Bemerkenswert ist auch, daß unsere Partei fast überall noch Reserven im Rückhalt hat. Leider haben doch verhältnismäßig viele, besonders auswärts beschäftigte Arbeiter sich gesagt: Ach was. Stichwahl gibts doch I Und so gingen sie am 14. Juni nicht wählen. Dasselbe gilt von vielen Händlern, die auswärts waren. Nun aber darf mit Sicherheit erwartet werden, daß diese Wähler zur Stichwahl für Busold antreten.... Wieviele Reserven noch herausgeholt werden können, das zeigte sich in Dorheim  , wo IS Wahlsäumige noch herbeizubringen sind...." Allerdings arbeiten die Biindler mit allen und natürlich auch mit den schäbigsten und erbärmlichsten Mitteln. DieFrankfurter Bolksstimme" iveiß davon zu melden: Die Bündler haben wirklich alle Ursache, keine Kritik in ihren Versammlungen zuzulassen, denn ihr Treiben ist lichtscheu. Der schäbigste TerrorismuS wird ausgeübt. Knechte auf größeren Gütern und Bauernhöfen werden ganz offen mit Ent- lassung bedroht, follS eine Mehrheit für Busold zustande komme. In ähnlicher Weise werden anderen abhängigen Leuten Gewaltmaßregeln in Aussicht gestellt, zum Beispiel Besitzern von kleinen Häusern, die von Großbauern Hypotheken haben, wird die Kapitalkündigung angedroht. Es scheint aber doch, als ob diele Gewaltmaßregeln teilweise daS Gegenteil des Erstrebten erreichen... Die niederträchtige Taktik der Bündler zeigt schon, daß sie im ehrlichen Kampfe sich nicht zu fiegen getrauen. Möge der 24. Juni ihre Befürchtungen in vollem Maße erfüllen. Noch ein Gegenstück zur Erhöhung der Zivilliste. Nicht bloß für die arbeitslosen Tabakarbeiter und Zünd- Hölzchenarbeiter hat die Kasse des Deutschen Reiches kein Geld. Auch die KriegSveteranen öerommen nichts. Auch sie dürfen die Erhöhung der Zivilliste in Preußen als Trost in der wieder ins Ungewisse verlängerten Wartezeit betrachten. Trotz des strengen Stillschweigens, das über den Ausgang der Verhandlungen bewahrt wird, die die Regierung zur Be- schaffung der Mittel für die Ausdehnung der Veteranen- Unterstützung mit Vertretern aller Parteien abhielt, verlautet jetzt, daß der Ausgang ein negativer gewesen ist. Die Nachricht wird so gut wie bestätigt durch die Meldung, daß das Reichsamt des Innern am 1. Dezember dieses Jahres eine Zählung der Kriegsteilnehmer von 1848, 1864, 1866 und 1870/71 vornehmen wird, um die Höhe der Veteranenbeihilfe genau bestimmen zu können. Das bedeutet die Verschiebung der Sache um eine er- hebliche Frist., In dem einen der Berliner   Zentrumsorgane, derMar- kischcn Volkszeitung", wird freilich erklärt, daß die Wert- zuwachssteuer den größten Teil der für die Veteranen nötigen Mittel ergeben iverde das Fehlende, etwa 3 Millionen Mark, könnte durch Sparsamkeit aufgebracht werden. Das Zcntrumsblatt weiß dabei ganz gut, daß eine Militärvorlage in Aussicht steht, die allen Versuchen zur Sparsamkeit das Genick umdrehen wird. Das hält das Blatt indes nicht ab, großsprecherisch zu erklären, das Zentrum werde unter allen Umständen darauf hinarbeiten, daß im n ä ch st e n H e r b st die berechtigten Wünsche der Veteranen erfüllt werden können. Wir werden ja sehen, wie das Zentrum das Versprechen ein- lösen wird._ Es kriselt! In den christlichen Gewerkschaften und katholischen Arbeiter- vereinen wird schon seit längerer Zeit über Unstimmigkeiten geklagt, die noch aus den Tagen der Reichsfinanzreform datieren. Die Führer geben sich alle Mühe, die Truppen, bei denen der Glaube an denSegen der ZentrumSpolilik" rapide im Schwinden begriffen ist, zum Gehorsam und zum geduldigen Ausharren in der EntfetlungS- kur zurückzubringen. Man verlegt aber die Agitation jetzt mit Bor- liebe in geheime Sitzungen, um sich, zunächst der Vertrauensmänner zu versichern. ZeiUrumSpartei, AugustinuSverein, Windthorstbund, katholische Arbeitervereine und die Führer der christlichen GeWerk- schaften widmen jetzt der christlichen Arbeiterschaft ihre besondere Auf« merksamkeit. In letzter Zeit haben in Rheinland- Westfalen   zahl- reiche geheimeBersammlungen in dieserjAngelegenheit statt- gefunden, unter anderen auch in Bocholt  , wo Reichstagsabgeordneter Schiffer die Senioren der katholischen Arbeitervereine und die Borstände und die Vertrauensmänner der christlichen Gewerkschaften um fich versammelte. Das Ergebnis der Sitzung war die K ün- digung eines Bocholter christlichen Gewerkschafts» b e a m t e n. der anscheinend dem Mitgliederschwund nicht genügend Einhalt zubieten vermochte. Ob sein Nachfolger dies Kunststück ferttg bringen wird, ist jedenfalls mehr als zweifelhast. Das amtliche Wahlresultat von Usedom  -Wollin  . Nach der amtlichen Feststellung deS Wahlresultats haben von 19 öis gülligen Stimmen erhalten: Stadtverordneter Kuntze-Stettin <Soz.) 10 158, Landtagsabgeordneter v. Böhlendorff- Regezow fk.) 9457 Stimmen; ungültig waren 213 Stimmen. Kuntze ist somit gewählt. DaS amtliche Wahlresultat zeigt gegen daS in unserer Sonn- abend-Nummer mitgeteilte eine Differenz von nur ein er. Stimme. Die Stinimenzahl des Genossen Kuntze stimmt in beiden Meldungen überein, die v. Böhlendorffs ist in der aintlichen um eine Stimme höher als in der vorläufigen Meldung. Die Schiffahrtsabgaben. Der Entwurf des Gesetzes über die Schiffahrtsabgaben, der am letzten Freitag die Zustimmung der BnndeSratSaiiSschüsse erhalten hat, besteht auS vier Artikeln. Nach Artikel 1 dürfen die Abgaben auf künstlichen Wasserstraßen die Kosten für Herstellung und Unter- Haltung nicht übersteigen, auch sollen die Kosten nur zu einem ver-i hältniSmäßigen Anteil durch Schiffahrtsabgaben aufgebracht werden. Artikel 2 sieht die Bildung von drei Stromverbänden: Rhein  « verband, Weserverband und E l b e v e r b a n d, vor. Die Mittel der Verbände sind zu verwenden zur Herstellung der nöttgen Fahrwassertiefen und zur Unterhaltung. Vorgesehen sind die Kanalisierung deS Main   und des Neckar   und der Ausbau der Saale von der Einmündung des geplanten Verbindnngskanals mit Leipzig  in der Nähe von Kreypau   bei Halle. Die Mittel können bei Zwei- drittelmehrheit auch zu anderen Zwecken, die genau bezeichnet sind, verwendet werden. Die Tarife sind eingeteilt in fünf. Klassen mit tonncnlilometrischen Einheitssätzen und Strom- abschnitten. Die Sätze sind folgende: 0.02 Pf., 0,04 Pf., 0,06 Pf.. 0,08 Pf. und 0.1 Pf. Zu Aenderungen des Tarifs ist eine Zweidrittelmehrheit not iv endig. Der Erttag� der Abgaben fließt in die gemeinsamen Stromkassen und wird an die Verbandsstnaten im Verhältnis zu ihren Auswendungeu verteilt. Eine Verpflichtung der Staaten zur Aufwendung von Mitteln wird durch das Gesetz nicht begründet. Die Verwaltung erfolgt durch Ausschüsse, denen Strombeiräte zur Seite stehen. Die Ufer- gemeinden können durch die Landesregierung zur Mitwirkung bei der Erhebung der Abgaben verpflichtet werden. Artikel 4 endlich behandelt die Strafbestimnmngen.> Die BerggesetznoveNe für Bayern   angenommen. Im batierischen Abgeordnetenhaus« wurde am Dienstag die Bcrggefetznovelle mit 83 gegen IS Stimmen angenommen. Auch die von der Regierung und der Reichsratskammer bekämpften Bestimmungen zugunsten des Achtstundentages der Bergarbeiter wurden wieder hergestellt. Noch ein Reinfall der Frankfurter   Polizei. In unserem Bericht über die Freisprechung des Genosten W e n d e l im WahlrechtSdemo n st rations prozeß vor der Frankfurter   Berufuiigsstraskammer hatten wir bereit« die zweite Anklage aus demselben Anlaß, die auf Beleidigung der Polizei durch einen Psui-Ruf lautete, erwähnt und erklärt, daß eine Verurteilung schon nach dem Ergebnis des ersten Prozesses ausgesckilossen sein dürste. DaS Gericht hat am Montag nun in der Tat ans Freisprechung erkannt, da es bei dem schroffen Widerspruch zwischen den Aus- sagen der Polizei und der Zivilzeugen den Borgang nicht für auf» geklärt hielt._ Ausweisung von WahlrechtSdemonstranten. Wie nicht anders zu erwarten, werde» in Preußen die AuS- ländor, die bei den Wahlrechtsdemonstationen im Winter und im Frühjahr mit der Polizei auch nur im geringsten in Berührung ge- kommen sind, auSgeiviesen. In Frankfurt   a. M. wurde dieser Tage ein junger Schneider ausgewiesen, dessen Beteiligung an den Demonstrationen so harmlos war, daß das Jugendgericht ihn frei- gesprochen hatte. Die Strafkammer halte allerdings eine Haststrafe von drei Tagen verfügt._ ftoiihrdcb. Das Vereinsrecht der Schutzletite. Paris  , 21. Juni. Polizeipräfekt Lepine erklärte gestern in der Sitzung des Gemeinderats in Beantwortung einer s o z i a» listischen Interpellation, daß er alles tu«, um die Stel» lung der Schutzleute zu verbessern, ihnen aber nicht ge»