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Der Vertreter der Generalkommission, Rober! Schmid'!, führte aus, daß man sich den Beschlüssen des internationalen Kon» gresses zu fügen habe; es bestehe keine Ausficht, daß der diesjährige internationale Kongreß sich niit der Maifeier beschäftige und eine Aenderung des früheren Beschlusses vornehme. An die Verein» barungen zwischen Partei und Generalkommis-ston sei man ge» bunden.   Bezüglich der Errichtung von Bezirksfonds soll die Ver- antwortung auf die lokalen Instanten gelegt und damit verhindert werden, daß ziel- und planlos vorgegangen wird. Wenn in ein- zelnen Orten keine Beiträge für diesen Fonds bezahlt würden, dann sei dies ein Beweis, wie wenig dies dort den betreffenden Genossen und Gewerkschaftlern am Herzen liegt. Von einer Ab- würgung der Maifeier durch die Vereinbarungen könne keine Rede sein. Den Zentralvorständen stehe es frei, durch besondere Beschlüsse den Maifeiernden einen Rückhalt zu geben. Der An. trag Berlin wird mit einem mildernden Zusatzantrag, wonach Zahlstellen mit 1000 und mehr Mitgliedern die Unterstützung aus der Lokalkasse zahlen sollen, in namentlicher Abstimmung mit gegen 116 Stimmen abgelehnt. Die Delegierten von Berlin  , Leipzig   und Nürnberg  stimmten geschlossen für den Antrag. Ebenfalls abgelehnt mit 86 gegen 63 Stimmen wird ein Antrag, der die Vertreter des Verbandes auf dem internatio» nalen Kongreß in Kopenhagen   beauftragen will, dahin zu wirken, die Maifeier endgültig auf einen Sonntag zu verlegen. Damit ist der Vorstandsbericht erledigt. Der Vertreter des Ausschusses erklärt, daß er seinem schriftlichen Bericht nichts mehr hinzuzufügen habe. In der Debatte gehen einzelne Rodner auf Beschwerdefälle ein, die kein allgemeines Interesse haben. Redakteur Kayser gibt hierauf den Bericht der Redaktion. Einleitend erfüllte er eine Pflicht der Pietät und hob in warmen Worten die Verdienste seines verstorbenen Kollegen Deinhardt hervor. Er, Rodner, habe versucht, das Verbandsorgan auf der Höhe zu halten, auf das es Deinhardt gebracht habe. Die Redaktion verfolge den Ztveck, die Mitglieder durch die Zeitung zu ziel» bewußten Klassenkämpfern zu erziehen. Redner besprach zum Schluß die zum PunktPresse" gestellten Anträge und präzisierte seine Stellung hierzut An den Bericht der Redaktion und der P r e ß k o m m i s s i o n knüpfte sich eine längere Debatte, in der verschiedene Wünsche vorgebracht wurden. Die Verhandlungen wurden auf Mittwoch vertagt. frsu von Schönebeck  vor den Geschworenen. 14. Bcrhandlungstag. Zu Beginn der gestrigen Sitzung kam zur Sprache, daß die Angeklagte in der Nacht wieder einen mit Schreikrämpfen verbun- denen Krampf- und Ohnmachtsanfall gehabt hat. Die Verteidigung teilt mit, daß sie auf Ladung der Zeugin Neugebauer bestehen müsse. Die Polizei hatte der Zeugin nicht rechtzeitig Mitteilung davon gemacht, daß das Reisegeld für sie bereit liege. Sie soll Dinge geschlechtlicher Natur bekunden, die Zwischen Göben und ihr sich zugetragen haben. 1899 habe sie das Elternhaus verlassen. Auf einem Ausflug nach Zelle habe Göben mit der damals Siebzehnjährigen ein Verhältnis angeknüpft. Das habe bis zur Uebersiedelung Gödens nach Südafrika   gedauert. Im März 1994 fei es wieder aufgenommen und habe bis November 1967 gedauert. Von Allenstein   aus sei Göben wiederholt in Berlin  gewesen. Er sei Dirnen auf der Straße bekannt gewesen. Eine habe ihn einmal mit den WortenNa, Du Mönch" angesprochen. In der Zeugenvernehmung lassen sich Hauptmann Brüggemann und Hauptmann Deutelmoser darüber aus, daß Göben allgemeine Sympathien genossen habe. Im Einzelnen bekundet noch Brügge  - mann: Im November 1997 bat mich Göben schriftlich, ihm 1666 Mark zu einem Pferdckauf zu borgen. Das Geld schickte ich ab. Deutelmoser bekundet: Er habe bei Hauptmann von Haesten und bei Hauptmann Müller telegraphisch   angefragt, ob die Schilderung über das Gefecht am Spionskop von Göben herrühre. Sie hätten bejahend geantwortet, aber gesagt, genau können sie das erst sagen, wenn sie die Akten einsehen. Die Ladung der beiden Hauptlente wurde beschlossen. Auf die Frage, wie es komme, daß die An- gaben über die Verwundungen Gödens in der Schlacht am Ga- banchu, an der er gar nicht teilnahm, in den Personalbogen sich befindet, erwidert der Zeuge, es handelt sich wohl um einen Per- fonalbericht. Das Gericht beschließt, den Personalbogen einzu- fordern. Der Zeuge bekundet weiter: Im Oktober habe ihn Göben brieflich gebeten, Arsenik zu beschaffen, weil die Hunde der Um- gebung seiner kleinen Jagd viel Schaden zufügten. Es war mir zu umständlich, den Giftschein zu besorgen. Ich schob es auf die lange Bank, dann kam die Sache in Vergessenheit. Bedenken, die Bitte Gödens zu erfüllen, hatte ich nicht. In einem Brief vom 6. Januar, den Göben an mich schrieb der Brief kam zur Ver» tesung deutete ich den Ausspruchund die Leute sagen, eS fei um nichts" dahin, daß die Frau von ihrem Mann nicht schlecht be- handelt sei. Der Tags zuvor vernommene Divisionspfarrer Merenski gibt auf Befragen noch an, daß der Kriminalkommissar Wannowski ge- meint hat, die Angeklagte sei in juristischem Sinne, also nicht nur in moralischem Sinn« schuldig, kann ich nicht behaupten. Ich möchte noch zu meiner gestrigen Auslassung bemerken, daß ich zu der Neberzeugung gekommen bin, die Bemerkung Göbens.sie hat mich immer mit dem Namen ihres Mannes angesprochen", bezog sich nur auf den Morgen nach der Tat. Der Oberförster Köllner bekundet u. a.: Ein Waldwärter hat mir mitgeteilt, er habe die Angeklagte in der Nähe des Jagdhauses mit einem Herrn bcob» achtet. Der Borsilzende hält diese Angabe für wichtig, weil die Angeklagte mit aller Entschiedenheit betont, daß sie während des Verkehrs mit Göben mit keinem anderen Mann verkehrt habe. Die Angeklagte bleibt hierbei und erklärt auf die Vorhaltung eines Geschworenen, doch eventuell das zugeben zu wollen, mit aller Be» stimmtheit: Ich kann das nicht zugeben, weil das nicht wahr ist. Die Ladung des Waldwärters wird angeordnet. Chemische Untersuchung der Strümpfe. Der Gcrichtschemiker Dr. Braun erklärt: In den mir über- gebenen Strümpfen, die von Göben bei der Tat getragen haben soll, habe ich keine Spur von Menschenblut gefunden, ebensowenig in dem Rock. In den Dwschen des Strumpfes fand ich ein ein- zelnes Haar. Dies habe ich vergrößert, photographiert und unter- sucht, ob es ein Menschenhaar, ein Hundehaar oder ein Kahenhaar ist. Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, daß es ein Wolfshaar ist. An den Strümpfen befanden sich verschiedene Erdteilchen und auch kleine Partikelchen von Stroh. In der Mitte des Strumpfes befanden sich einige Schmutzflecken, die wahrscheinlich von Schuh- creme Herrühren. An den Nähten der Strümpfe zeigten sich einige- Durchlöcherungen, die darauf schließen lassen, daß die Strümpfe über einen harten Gegenstand gezogen sind. Möglich ist eS, daß die schwarzen Flecke, die bei beiden Strümpfen in gleicher Höhe sich zeigen, durch Abfärben von den Rändern schwarzer Schuhe cnt- standen sind. Ob die Strümvfe dem Major gehörten, kann auch der Oberförster Köllner nicht bekunden. Es beginnt hierauf die ' Vernehmung des Psychiaters Freiherr» von Schrenk-Nortzing über die Erzählungen Göbens von dem Liebesverhältnis Göbens mit der Angeklagten, von der Entwickelung desselben, von der Besprechung-des Planes und der Ausführung der Tat. Der Zeuge bekundet: Ich beobachtete Hauptmann von Göben nach dem Stu- dium der kriegsgerichtlichen Akten in seiner Zelle am 26., 27. und 28. Februar. Er erzählte mir: Frau von Schönebeck   habe er auf einem Maskenball bei Exzellenz Scotti kennen gelernt. Sie sei zu ihm getreten md habe ihn gefragt: Wer bist Du? Bleib bei mir! Tanze mit mir! DaS habe ihn stutzig gemacht, wiewohl ihn Kanis- raden schon darauf aufmerksam gemacht hätten, daß diese Dame schon vorher Beziehungen gehabt habe und jeden neuen Star, der »ach Allenstein   komme, mit Beschlag belege. Ein Bekannter der Frau von Schönebeck   bekam auf dem Ball durch die folgende Unterhaltung mit v. Göben einen Eifersuchtsanfall. Den Tanz habe er mit Rücksicht auf Familientrauer abgelehnt. Er sei wiederholt vom Ehegatten eingeladen, Besuch zu macheu. Zu der Dame fühlte er sich hingezogen, wiewohl er sofort bemerkte, daß sie leichte Grundsätze habe. Er habe sich namentlich durch ihre weiche Altstimme beeinflussen lassen, habe sie sehr schön gefunden und ganz unter ihrem Reiz gestanden. Eines Tages habe er einen Brief von der Angeklagten bekommen, in dem sie ihn um Besuch zur Besprechung einer persönlichen Angelegenheit bat. Sie er- zählte, sie sei verleumdet worden, Göben solle ihr Renommee wiederherstellen. Die Angeklagte erklärt auf Befragen: Das ist richtig. Das war wohl vor der Kußszene. die sich nach dem zweiten Besuch Göbens ereignete. Göben erzählte mir ferner, fuhr der Zeuge fort, die Angeklagte sei ihm bei dem Versuch, eine Waffe zu prüfen, in die Arme gefallen, dabei habe er sie geküßt. Angeklagte: Das ist nicht richtig. Mein Mann saß mit anderen Offizieren in einem Zimmer. Göben und ich turnten an einer Schaukel herum. Plötzlich nahm er meine Hände und küßte mich. Mir kam das so überraschend, daß ich sofort das Gefühl hatte: er ist auch nicht anders wie die anderen. Göben erzählte dem Zeugen ferner, die Angeklagte habe häufig darüber geklagt, daß ihr Mann sich nur um seine Jagd kümmere. Anfang 1967 wär� Frau von Schönebeck   sechs Wochen allein gewesen. Ihr Mann habe sich im Bade befunden. In dieser Zeit habe Göben die Ehe- scheidung vorgeschlagen. Bei dem Borschlag sei nach der Erzählung Gödens Frau von Schönebeck   in Ohnmacht gefallen und habe gesagt: So ein Glück sei ihr nie in den Sinn gekommen. Sie schien über- wältigt vor Glück.   Angekl.: Es wird richtig sein, daß Göben zuerst den Vorschlag von der Ehescheidung gemacht hat. Von einer Ohnmacht weiß ich aber nichts. Zeuge: Schon damals kam sie zu ihm im Neglige herunter, während die Dienerschaft schon schlief. Bors.: Ist das richtig? Angekl.: Es mag sein, daß mich einmal meine Sachen bedrückt haben und daß Hauptmann von Göben gesagt hat, ich solle es mir leichter machen. Vors.: An einem Morgenrock ist doch eigentlich nichts zu finden. Angekl.: Sicher nicht. Das ist noch keine Aavance. Zeuge: Unter einem vier- zehntägigen Aufenthalt der Angeklagten in Schwarzort haben beide sehr gelitten. Die Angeklagte hatte Ohnmachtsanfälle und er selbst litt unter der großen Sehnsucht nach ihr. Es traten bei ihm förmliche Tränenströme ein. Er hatte ihr vorgeschlagen, den Ver» kehr bis zur Ehe zu verschieben. Seine Weigerung führte zu Wahn- sinnigen Eifersuchtsszenen. Sie machte ihn eifersüchtig mit dem Hinweis auf einen anderen Liebhaber, den sie seit vier Jahren kenne. Die Angeklagte schüttelt mehrfach während dieser Dar- legungen mit dem Kopf. Da der Vorsitzende Geheimer Justiz- rat Landgerichtsdirektor Brocse beobachtet, daß die Angeklagte sehr erschöpft und ermattet ist. läßt er eine kurze Pause eintreten. Nach der Pause erklärt die Verteidigung: Die Angeklagte ist ge- willt, sich der ganzen Schilderung des intimen Verkehrs mit Göben zu entziehen. Sie bittet, ihr zu gestatten, der Verhandlung fernzu- bleiben, so lange die sexuellen Dinge besprochen werden, da es ihr peinlich, eine Tortur ist, das vor so vielen Männern anzuhören. Es wird noch betont, daß die VerHandlungsfähigkeit möglicherweise leiden könnte. Der Staatsanwalt ist mit dem Vorschlag einver- standen. Der Borsitzeude äußert aber prozessuale Bedenken. Ein Eernbleiben sei unzulässig. Nach längeren Verhandlungen wird auf itte der Angeklagten die Ocffentlichkeit über den sexuellen Punkt völlig, auch für die Presse, ausgeschlossen. Nach Schilderung der Intimitäten des Verkehrs der An- geklagten mit Göben wird die Presse wieder im bisherigen Umfange zugelassen. Der Zeuge Dr. Freiherr v. Schrenk-Nortzing bekundet: Der erste Gedanke, habe Göben ihm gesagt, sei auf die Scheidung gerichtet gewesen. Er habe versucht, der Angeklagten bessere Lektüre zu geben, sie habe aberCasanova" und ähnliche Bücher vorgezogen. Arsenik   habe er auf Veranlassung der Angeklagten ihr verschafft, als er fragte, warum sie die Tat nicht ausgeführt habe, habe sie er- klärt, sie sei dazu zu schwach; ein leisesDanke" aus dem Miunde ihres Mannes werfe alle ihre Vorsätze über den Haufen. Göben habe erzählt, daß er dann auf die Idee des zeugenlosen Duells ge- kommen sei. Zeuge habe ihn als eine halbpathologische Erscheinung betrachtet und auch diese Idee als einen Ausfluß seiner abnormen Beschaffenheit aufgefaßt. Ueber die Tat erzählte Göben: Bis 12 Uhr nachtS fei er zu Haufe geblieben, dann habe er einen grauen Zivilanzug angezogen, eine blaue Sportmütze aufgesetzt und sich die Strümpfe über die Stiefel gezogen. Es habe ihn immer zurück« gezogen, aber er habe unter der suggestiven Vorstellung gestanden: Du hast eS unter dem Tannenbaum beschworen und mußt es aus- führen." Die Angeklagte habe ihm erklärt, sie tzehe ins Wasser, wenn es nicht bald geschehe. Die Maske habe er in der Tasche be- halten, die Strümpfe habe er schon im November bekommen, um bei dem Duell im Walde für die Hunde die Spur zu verwischen. Er habe den Hauptmann mit der Waffe in der Hand zur Scheidung zwingen wollen und wollte, wenn das nicht gelänge, ein zeugenloses Duell erzwingen. Ich hielt das für den Ausdruck der Idee eines halbkrankhaften Menschen. Göben erzählte, er habe den Major an- rufen wollen. Der Major hatte aber angelegt, und da habe er automatisch losgedrückt. Göben meinte, wenn die erste Kugel nicht getroffen hätte, dann hätte ich ihm den Fangschuß gegeben. Ich habe diesen Ausdruck als ein Zeichen besonders großer Roheit empfunden. Göben erzählte dann, sein Verhalten nach der Tat habe auf der vorherigen Vereinbarung mit der Angeklagten beruht. Man habe einen Selbstmord oder einen Einbruchsdiebstahl vor- täuschen tpollen. Die Angeklagte betont: Solche Erörterungen haben. wie ich wiederholt erkläre, niemals stattgefunden. Hätten sie statt- gefunden, so hätte er mir ja nicht zu schreiben brauchen. Göben erzählte dem Zeugen weiter: Nach der Tat habe er das Gefühl der Erleichterung, nicht das der Reue gehabt und habe bis zum Morgen geschlafen. Als er Frau v. Schönebeck besucht habe, habe sie noch im Bett gelegen, geweint und geschrien:Mein Gustel, mein Gustel. Ach, da ist er ja, da kommt er ja." Sie sei dann ruhiger geworden und habe gesagt:Es ist mir doch ein bißchen viel geworden. War er gleich tot?" Ein warmes oder herzliches Wort sei aus ihrem Munde nicht gekommen. Als Göben ihr die Hand küssen wollte, habe sie ihm diese entzogen. Der Zeuge erklärt auf Befragen: Ich habe bei der Schilderung des Lebensganges Göbens gesagt, er leide an Pseudologia pbantastica. Das ist eine Eigenschaft, die bei Kindern vorkommt, die Erdichtetes mit Realem verwechseln. Göben war sein ganzes Leben hindurch ein Phantast. Am Schluß der Sitzung gab Zeuge Hauptmann a. D. Schleifer folgende eindrucksvolle Erklärung ab: Ich habe gestern unter meinem Eide   ausgesagt, daß ich über Herrn v. Göben eine sehr günstige Meinung gehabt habe, wie alle leine Freunde. Daß ich treu zu ihm gehalten habe, bis zuletzt, geht daraus hervor, daß ich noch ins Gefängnis an ihn geschrieben habe. Um aber Mißverständnissen vorzubeugen, halte ich mich verpflichtet, meine gestrige Aussage dahin zu ergänzeu, daß das alte schöne Cha- rakterbild, wie eS sich in meinem Herzen von früher festgesetzt hatte, durch die späteren Ereignisse verwischt worden ist. Ich denke hierbei nicht an die weniger wichtigen Tatsachen, nach denen ich gestern ge- fragt worden bin, nach dem geheimnisvollen Duell und danach, ob Göben mit oder ohne Urlaub nach Afrika   gereist ist. Ick denke an das Groye und Schwere, was sich später yrer in Allenstein   ereignet hat. An diesen Tatsachen kann ich blinden Auges nicht vorüber- gehen. Da ich nach meinem Eide   nichts verschweigen darf, halte ich mich verpflichtet, auf etwas hinzuweisen, was bisher weniger be­achtet worden ist. Es hat auf mich einen geradezu niederschmettern- den Eindruck gemacht, als nach alledem,«aS wir damals zu hören bekamen, die Nachricht kam, daß Hauptmann v. Göben für die Tat, die nach unserer Auffassung in seinem Gehirn geboren war und von ihm ausgeführt wurde, nachträglich die Frau belastet hat, die er heiß und lange geliebt hat. Das ist mir und meinen Freunden, mit denen ich darüber gesprochen habe, fast noch unverständlicher ge- Wesen an Göben, wie die Tat selbst. Nach unserer Auffassung hätte er das nicht tun dürfen, weder um sich zu entlasten, noch aus Wut und Rache darüber, daß ihm gesagt wurde, die betreffende Dame sei ihm nicht treu gewesen. Wir haben keine Sekunde daran gezweifelt, daß Hauptmann v. Göben die Tat, nachdem er sie einmal begangen hatte, auch sühnen würde. DaS ist unS allen so unverständlich, daß wir geradezu vor einem Rätsel stehen. Für mich gibt es nur zwei Möglichkeiten, zwischen denen eine goldene Mittelstraße nicht vor-- handen ist: Entweder haben wir unS alle von Anfang an in Haupt- mann v. Göben getäuscht, und er ist nicht derjenige gewesen für den wir ihn gehalten haben, oder er war geisteskrank oder doch geistes- gestört und wußte nicht, was er tat. Nur dann könnten wir ihn verstehen und entschuldigen. Und ich glaube, daß ich jetzt im Namen aller alten Freunde des Hauptmanns v. Göben spreche und auch im Namen der Zeugen, mit denen ich heute ftüh hier zusammen- getroffen bin, daß wir ohne Ausnahme noch heute hoffen und zuver- lässig glauben, daß das letztere der Fall gewesen ist. Die Verhandlung wurde auf heute früh vertagt. Em der Partei. Die Opfer deS Klassenkampfes. Gegen in der modernen Arbeiterbewegung tätige Genossen wurden von deutschen   Gerichten in den letzten Monaten folgende Strafen erkannt: Gefängnis Geldstrafe Dez. 1969: Jahre 3 Mon. 3 Woch. Tage 2 625 M. Jan. 1910: 4. 8 6, 1699 Febr. 1910: 7 10 1 745 März 1910: 6 4, 1 1774 April 1910: 2 8» 2 4 5 525 Mai 1910: 9 10, 2, 1. 2 892. In 6 Mon.: ZI Jahre SMon.»Z Tage 14 666 M. Das geimltige Ansteigen der Strafsumme in den letzten Monaten zeigt, mft welchen Mitteln sich die Herrschenden der Wahlrechtssorderung des Proletariats zu erwehren versuchen._ Parteiliteratur. Im Verlag der Wiener Volksbuchhandlung Jgnaz Brand u. Co. zu Wien   erschien soeben: Dr. Robert Danneberg  : Das sozialdemokratische Pro- gramm. Eine gemeinverständliche Erläuterung seiner Grund- sätze. Preis 40 Pf. Das Buch gibt die Erläuterung des theoretischen Teils des Programms unserer österreichischen Bruderpartei. Da es im Inhalt. mit dem des deutschen   Programms übereinstimmt, so werden auch die reichsdeutschen Genossen die Arbeit mit Gewinn lesen. Rcichstagskandidature». In mehreren zum Agitationsbezirk Cassel gehörigen Wahl- kreisen hat ein Wechsel in der Kandidatur zum Reichstage statt- gefunden. An Stelle des Genossen E ck a r d t sen., der krankheils- halber eine weitere Kandidatur ablehnte, wurde in dem aussichts- reichen Kreise Eschwege-Witzenhausen-Schmalkalden der Genosse T h ö n e. Parteisekretär in Cassel, aufgestellt. Für Rinteln  -HofgeiSmar-Wolfhagen kandidiert in Zukunft Genosse Grz s i n s k i, der Sekretär deS Metallarbeiterverbandes in Cassel. Im Kreise Hersfeld-Hünfeld-Rotenburg wurde der Genosse Schnaberich-Frankfurt a. M., Angestellter der Schuhmacher, nominiert und schließlich trat an Stelle deS nach Elberfeld   verzogenen Genossen Müller im Kreise Wald eck Pyrmont der Genosse Weddig-Cassel. Konsumvereins- angestellter._ Reichstagskandidatur für Magdeburg  . Wie unser Magdeburger   Porteiblatt meldet, beschlossen die Parteifunktionäre des Magdeburger Wahlkreises in ihrer letzten Sitzung, den Genossen Rechtsanwalt Otto Landsberg   auf- zufordern, seinen ablehnenden Standpunkt aufzugeben und die Reich Ztagskandidawr für Magdeburg   zu übernehmen. Genosse Laubs- berg hat daraufhin eine zusagende Antwort gegeben. Zum internationalen Kongreß. Als Delegierte zum internationalen Sozialistenkongreß wurden für den Agitationsbezirk Frankfurt   a. M. durch Urabstimmung ge- wählt die Parteisekretäre Robert Dißmann  - Hanau   und Albert Rudolph- Frankfurt  . Sachsen   ist noch einmal gerettet. Die Expedition der.Dresdener Volkszeitung" erhielt vom Dresdener   Hauptpostamt folgendes Schreiben: Es ist beobachtet worden, daß der Bote, der die Postauflage derDresdener Volkszeitung" im Laufe jedes Nachmittags hier einliefert, eine Anzahl Stücke Ihrer Zeitung bei dieser Gelegen- heit an die Unterbeamten abgibt, oder unauffällig hier zurückläßt, damit sie von den hiesigen Unterbeamten gelesen werden sollen. DaS kann das Postamt nicht dulden, da den Beamten und Unterbeamten der Reichspost Verwaltung jede Beteiligung an sozialdemokratischen Be- strebungen, als mit den durch den Dlensteid felobten Amtspflichten unvereinbar, grund- ätzlich verboten ist. Sie wollen deshalb Ihren Leuten die Abgabe von Frei­exemplaren an da» hiesige Personal oder deren Zurücklassung für die Zukunft untersagen. _ Zwölfmeyer, Postdirektor.' Rcichsvcrbändlerchre. Der Generalsekretär Michaelis   vom Reichsverbandsbureau in Halle fühlte sich durch einige im provinziellen Teil des Halleschen .VolksblattS" veröffentlichte Artikel schwer in seiner Ehre gekränkt und lief zum Kadi. Vom Schöffengericht wurde der Redakteur Genosse Kasparek dieserhalb zu 600 Mark Geldstrafe verurteilt. Gegen Zahlung einer Buße von tausend Mark in die Kasse des Reichsvcrbandcs wollte der Sekretär den Klageantrag zurücknehmen._ poHzeUicbes, Gericbtltcbee ufw, Die Polizeidemonstratirm am Königsplatze in Breslau   dom 20. Februar war am Dienstag Gegenstand einer Gerichtsverhandlung gegen Genossen Albert vor der ersten Strafkammer des Land- gerichts Breslau  . Weil Albert in einem Artikel vom 17. April jene polizeilichen Absperrungen kritisiert hatte, fühlte sich Herr v. Oppen beleidigt. DaS Gericht verurteilte unseren Genossen zu 150 Mark Geldstrafe. Der Staatsanwalt, der im übrigen wenig geschickt operiert hatte, hatte.nur' zwei Monate Gefängnis beantragt.__ Hus Industrie und Kandel  . Banken«nd Warenhaus. Gleichzeitig mit der Uinwandlung in eine Kommanditgesellschaft plant das Warenhaus Th. Althoff in Dortmund  , das schon in ver- schiedenen Städten Filialen besitzt, diese zu Warenhäusern auSzu- bauen, ferner noch in anderen Städten Warenhäuser zu errichten und das Stammhaus in Dortmund   bedeutend zu erweitern. Das ver- antwortliche Kapital der Gesellschaft soll 6'/, Millionen Mark betragen. Die deutsche Treuhandgesellschaft, die ein interessiertes Konsortium vertritt, das 4 Millionen Mark einzahlt, hat in ihrem Aufsichtsrat einen Direktor der Deutschen Bank. An dem Unternehmen sind ferner die Nationalbank für Deutschland, sowie der Banner Bank- verein HinSberg. Fischer u. Co. beteiligt. Die Deutsche Bank ist auch bei dem Warenhaus W. Wertheim, daS kürzlich sein Kapital von 2 auf 4 Millionen Mark erhöhte, finanziell interessiert. Hinter der Aktiengesellschaft Leonard Tietz   steht der Barmer Bankverein und die