Einzelbild herunterladen
 

dann ist da» seine eigene Sache, aber die WorteSie haben' lassen erkennen, daß eS ein indirekter Befehl ist, diesem Verein beizutreten und folglich ist die ganze Anregung nicht nur zu der- werfen, sondern ihre Verwirklichung ist als ungesetzlich von Rechts wegen zu verhindern! Da wir, die wir Unteroffiziere d. N. sind, öffentlich hiergegen nichts unternehmen können, da wir sonst sofort als Sozialdemokraten erkannt werden, muff die Presse sich unserer annehmen, indem, sie diese Zeilen veröffentlicht, damit die Behörden die Ansicht von gewiß vielen Unteroffizieren 91. hören. Wahrlich, ich hätte Lust, die mir im Beurlanbtenverhältnis erworbenen Treffen herabzureißen und fie dem Bezirkskommando wieder zurückzusenden. Karl W., Unteroffizier d. R.' Soweit die Zuschrift! Die Arbeit der Preffe gegen den sauberen Plan würde erheblich unterstützt werden, weun ihr von jedem weiteren Versuch zur Verwirklichung des Plans, und namentlich von jedem Fall, in dem auf einen der befragten Unteroffiziere direkt oder indirekt ein Druck zum Beitritt in die Vereine ausgeübt wird, sofort Mitteilung gemacht wird. Der Termin der Rcictjstagsersatzwaljicn. Die württembergische Regierung hatte, wie wir seinerzeit mitgeteilt haben, die löbliche Absicht, die Ersatzwahl, die im Reichstagswahlkrcise Cannstadt-Ludwigsburg durch die Beförderung des bisherigen Vertreters Hieber nötig ge- worden ist, bis Ende August der 30. August war als Termin genannt hinauszuschieben.Wegen Erntcarbeiten", hieß die offiziöse Lesart. Aber selbst einzelne bürgerliche Stimmen konnten nicht leugnen, daß das Verfahren ein Versuch zur Verbesserung der ungünstigen Chancen der bürgerlichen Parteien bedeute. Unser württembergisches Parteiblatt, dieSchwäbische Tagwacht", protestierte natürlich energisch gegen diese Zaudertaktik und wies ihre Unvereinbarkeit mit dem Reglement zum Reichswahlgesetz, mit dem neuerlichen Beschluß des Reichstages und dem dabei abgegebenen Versprechen des Staatssekretärs Delbrück in kräftiger Weise nach. Wegen der skandalösen Verschleppung i die seinerzeit die Nachwahl in Halle erfuhr, wurde im Reichstage bei der zweiten Lesung des Etats von den Sozialdemokraten eine Resolution ein- gebracht, die eine Abänderung des Wahlgesetzes forderte. Danach sollten Nachwahlen innerhalb einer Frist von sechzig Tagen nach der Erledigung des Mandats stattfinden müssen. Am 13. März wurde die Resolution, zu der von der sozial- demokratischen Fraktion die Genossen Kunert und Bebel sprachen, verhandelt. Der Staatssekretär des Innern Delbrück gab die Termin- Verschleppung in Halle stillschweigend preis und erkannte an. daß Nachwahlen möglichst schnell vollzogen werden sollten. Nur erschien ihm die Frist von 60 Tagen etwas zu kurz. Der Reichskanzler sei aber bereit, im Verwaltungswege Weisungen an die untergeordneten Behörden ergehen zu lassen, daß Nach- wählen spätestens 90 Tage nach Erledigung des Mandats anzusetzen seien. Dem Reichstag genügte dies Versprechen nicht. Die Mehrheit, bestehend aus Sozialdemokraten, Fort- schrittlern und Zentrum, nahm die Resolution Albrecht an, nachdem durch ein fortschrittliches Amendement die Frist von 60 Tage auf 70 Tage verlängert war. Trotzdem wollte die württembergische Regierung die Wahl noch über 90 Tage hinaus verzögern, was angesichts der Verpflichtung des Reichs- kanzlers, diesen Termin wenigstens den Behörden vorzuschreiben, geradezu skandalös gewesen wäre. Der stetig wiederholte Hinweis unseres Stuttgarter Partciblattes auf diese Dinge hat endlich Erfolg gehabt. Die württembergische Regierung hat sich eines Besseren besonnen wobei ihr eine Erinnerung der Reichsregierung zu Hilfe gekommen ist. Kurz, der W a h l t e r m i n ist jetzt auf den 30. Juli festgesetzt worden. Im halbamtlichen Teil erklärt derStaatsanzeiger" dazu, daß die Regierung leider ihre gute Absicht, ans die Erntearbeit Rücksicht zu nehmen. nicht ausführen könne, da ein Rundschreiben des Reichskanzlers ergangen sei, worin ersucht werde, Ersatzwahlen möglich st innerhalb 70 Tagen vornehmen z u lassen. Der Reichskanzler hat dem- nach die kürzere Frist, die der Reichstag beschloß, akzeptiert. Die württenlbergische Regierung weiß dieser Wendung übrigens einen Trost abzugewinnen. Sic läßt imStaatsanzeiger" ver- sichern, der Entschluß sei ihr erleichtert worden durch die Gewißheit, daß der Wahlkampf sehr erbitterte Formen an- nehmen wird und daß es gut ist, einen solchen Kampfzustand möglichst abzukürzen. Nur bedauert sie, daß ihre guten Ab- sichten, die sie mit dem Plan der späteren Anberaumung ver- folgte, schnöde verkannt worden sind. Diese Klage wird unsere schwäbischen Genossen wenig rühren. So iveltfremd ist die württembergische Regiening nicht, daß sie nicht wissen sollte, wie erwünscht den bürger- lichen Parteien die Hinausschiebung des Wahltermins gewesen wäre. Die Kampagne derTagwacht" hat die Bahn für den Wahlkampf freigemacht, in dem unsere württembergischen Ge- nossen den stolzen Erfolgen, die die Sozialdemokratie seit dem Sommer des Vorjahres in allen Teilen des Reiches erfochten hat, einen neuen hinzufügen werden. Zugleich mit der württembergischen Regierung ist auch der s ä ch s i s ch e n die Erleuchtung gekommen. Es verlautete sehr bestimmt, sie habe die edle Absicht, mit Rücksicht auf die Bequemlichkeit der in die Bäder reisenden Bourgeois die Nachwahl im Wahlkreise Zschopau-Marienberg, der durch den Tod des Antisemiten Zimmermann frei wurde, bis zum Oktober hinauszuziehen. Das hätte einen Zeitraum von mehr als vier Monaten zwischen Mandatserledigung und Nachwahl bedeutet, da Zimmermann am 30. Mai starb. Das Rundschreiben des Reichskanzlers hat die sächsische Regierung nun wenigstens soweit gebracht, daß sie den Wahltermin auf den 24. A u g u st anberaumt. Das sind zwar immer noch 86 Tage seit der Erledigung deS Mandats, aber es ist doch schon eine Annäherung an die vom Reichstag geforderte Frist. In wessen Interesse hier die Verzögerung der Entscheidung gelegen hätte, das zeigen sehr deutlich die untvirrschen Bemerkungen nationallibcraler Blätter zu der Meldung. Sie finden den Termin wenig geschickt gewählt, weil er in die Erntezeit falle und noch zahlreiche Wähler in- folge Urlaubs vom Kreis abwesend seien. « Die Regierungen Württembergs und Sachsens haben also die fälligen Nachwahlen anberaumt. Wann wird Preußen folgen? Gleichzeitig mit dem Mandat für Zschopau -Marienberg wurde das eines Reichstagswahlkreises in Preußen erledigt am selber: Tage wie der Antisemit Zimmermann starb der Nationalliberale Detto, der den Wahlkreis Frankfurt a. O.- LebuS vertrat. Nachdem in Sachsen die Nachwahl angesetzt worden ist, kann in Preußen nicht gut noch länger damit gezögert werden. Die Reichsregierung wird ja doch auf die ihr viel näher stehende preußische Regierung ebensoviel Einfluß haben wie auf die Württembergs und Sachsens . Man darf also erwarten, daß der Termin für die Nachwahl in Frankfurt a. O.- Lcbus schleunigst bekannt gegeben wird l Die cohndewegung de; lilinifters Burns. Aus London wird uns geschrieben: Es geschehen Zeichen und Wunder. Die Idee der Lohnforderungen, die bisher vom Spießbürgertum als die unangenehmste Lebensäußerung des organisierten Arbeiters cmp- funden wurde, hat Könige und Minister ergriffen. Der letzte, der eine Lohnforderung gemacht und auch durchgesetzt hat, ist der Mi- nister John BurnS. Er beteuerte, er könne mit seinem Anfangs- gehalt jdOOOV M.) nicht mehr auskommen und müsse mindestens noch weitere LlltXX) M. haben, um standesgemäß leben zu können. Stramm wie die deutschen Bauarbeiter standen die amtierenden liberalen Minister und die gewesenen konservativen Minister zu- sammen und unterstützten ihren Kollegen. Und dank dieses Soli- daritätSgefühls, das in der Trade Union der Minister und aller derer, die ein Einquartierungsrecht beim Vater Staat haben, herrscht, gelang es dem wackeren Kämpfer, eine löv prozentige Lohn- erhöhung herauszuschlagen. John BurnS wird künstig ein Jahres- gehalt von 100 000 M. einstecken. Die Bewegung war sehr fein eingefädelt worden. Im vorigen Jahre kam man plötzlich zur Ansicht, daß der Status des Ministeriums für Lokalverwaltung wie auch der des Handeis- Ministeriums gehoben werden müsse. Es hieß, eS fei höchst un- schicklich, daß ein Minister, wie zum Beispiel der Minister deS Innern, 100 000 M. Gehalt bezöge, während sich der Handels- minister und der Minister für Lokalregierung mit 40000 M. be- gniigen müßten; das setzte diese Minister in den Augen der All- gemcinheit herab. Die schlagende Beweiskraft dieses kräftigen Grundes wurde denn auch sogleich von den Herren Churchill und BurnS zugegeben, die damals diese Posten bekleideten. DaS Parlament beschloß, die Gehälter der beiden Minister von 40 000 M. auf 100 000 M. zu erhöhen. Diese gewaltige Erhöhung der Minister- gehälter war einigen Leuten denn doch ein zu starker Tabak. und die Herren Churchill und Burns mußten vorläufig auf eine Gehaltsaufbesserung verzichten, die nun ihren Nachfolgern zugedacht wurde. Herr Churchill hatte nicht lange auf seine Lohnerhöhung zu warten. Er benutzte die günstige Konjunktur nach den letzten Wahlen, sattelte um und wurde Minister deS Innern mit einem Jahres« gehalt von 100 000 Mark. Aber der arme John BurnS, den der Herr ASquith als ein lästiges Ausschmückungsobjekt feines Kabinetts anzusehen scheint, blieb sitzen und bezog weiterhin nur seine 40 000 Mark. Da legten sich seine Kollegen für ihn ins Zeug und meinten, die Parlamentsauflösung habe der Frage der GehaltSauf- befferung ein ganz anderes Ansehen gegeben und den Minister BurnS könnte man jetzt nicht mehr seine 100 000 Mark vorenthalten. Nun trat unser Genoffe Will Thorne auf den Plan und legte eine Resolu- tion auf den Tisch deS HauseS nieder, in der klipp und klar aus» gesprochen wurde, daß die Dienste deS Ministers BurnS mit 40000 Mark vollauf genügend bezahlt feien. Darob große Entrüstung in der Trade Union der Minister über die materialistische Gesinnung eines Sozialdemokraten. Herr Bäk- four eilte den um seine Aufbesserung seine? kärglichen Lohnes ringenden Kollegen zur Hilfe. Gestern endete der Kampf mit einem glänzenden Siege der Gewerkschaft der Ministerposten- inhaber und Anwärter. Wir haben keine Veranlaffung, dem Minister Bums Tränen nachzuweinen. So gründlich versumpft wie BurnS ist noch keiner der vielen Demagogen, die die Arbeiterschaft nur als Sprungbrett ihres Ehrgeizes benützten. Millerand und Briand haben wenigstens noch den Anstand, daß sie den sozialistischen Ideen Lippendienste er- weisen; Burns aber hat den Rekord geschlagen; er hat sich mit Haut und Haaren, Körper und Geist den Feinden seiner Klasse verkauft. Bielleicht trug zu dieser Entwickelung der Umstand mit bei, daß der eingebildete Mann im Gründe genommen ein eingebildeter Tölpel ist, denn der Honig, den ihm Liberale wie Konservative um den Mund geschmiert haben, trefflich mundete. Dem ftüher sich Sozialdemokrat nennenden John BurnS ist aber auch dasselbe Mißgeschick passiert wie so manchem Renegaten. Als er vor Jahren im Battersea Park mit seiner Löwenstimnie gegen die ungerechte Ungleichheit in unserer Gesellschaft wetterte, pflegte er zu fragen, ob es wohl jemand gebe, dessen Dienste der Gesellschaft mehr als S000 M. wert feien. Die Frage kehrt jetzt mit der Beharrlichkeit der Katze, die man nicht ersäufen kann, nach Hause zurück. Damals warf er sich in die Brust und nannte sich den modemen AristideS, den feine Feinde hauten, weil ihn das Volk den Gerechten nannte. Welch ein Vergleich! Der Sohn deS LyfimachuS, der Held von Marathons Salamis und Plataeae, der, obwohl er im Staate mit großer Gewalt ausgerüstet war, dennoch so arm starb, daß seine Hinterlassenschaft nicht ge- nügte, um ihn zu begraben, und dieser schamlose Streber, der wohl eher als Millionär denn al» Armer enden wird. Wahrlich, gestern wird sich der athenische Archont im Grabe herumgewälzt haben. politiscbe(leberNebr. Berlin , den 23. Juni 1910. Die Regierung hat Zeit. DerBerliner Börsencourier" teilt mit: Wie es mit der wichtigsten Frage, der. V o r l a g e eines neuen Wahlgesetzes werden wird steht noch dahin. Optimisten meinen, sobald der neue Minister des Innern sich geschäftlich eingerichtet habe", werde er an die neue Wahlrechts. Vorlage gehen. Wenn diessobald" eintreten wird wissen sie aber nicht zu sagen." Die Regierung hat also Zeit. Sie wünscht offenbar, eine neue Erörterung der Wahlrechtsfrage vor den Reichstags- wählen zu verhindere Was ihr aber auf keinen Fall gelingen wird. Denn dabei spricht das preußische Proletariat mit! Um Theobalds Skalp. In der letzten Zeit tauchen immer wieder Gerüchte auf, die davon erzählen, daß die Stellung Herrn v. BethmannS erschüttert lei: Namentlich die nationalliberale Presse kolportiert diese Nach- richten. Natürlich hoffen diese Mannesseelen dabei a»f das per- önliche Regiment. So schreibt die rechtsstehendeMagdeb. Ztg." Allerdings hat man hier in letzter Zeit in emste» politischen Kreisen, die sich sonst gut unterrichtet zeigten und von Neugierde nicht gerade geplagt werden, die Frage aufwerfen hören: Wie steht eigentlich Bethmann zum Kaiser? Man sieht und hört nichts von einem Verkehr zwischen beiden wie er unter B ü l o w üblich war. in der W a h l r e ch t s f r a g e hat Bethmann doch elend abgeschnitten und gegen Rom hat er doch auch nur einen mäßigen Erfolg erzielt, der durch die späteren Winkel- züge de» Vatikans noch mehr geschmälert wurde, und was dergleichen Aeußerunaen und Fragen mehr waren. Verbürgte Aeuherungen des Kaiser » über die jüngsten politischen Vorgänge liegen nicht vor, aber der Kaiser wird sich wohl auch seinen VerS zu Verschiedenem gemacht haben, wa« bei seinem lebhaften Jntereffe an allen brennenden Fragen sich eigentlich von selbst versteht. Indes wird man gut tun, aus einem augenblicklichen Mißbehagen des Kaisers über gewisse politische Zustände keine weitergehenden Schlüsse zu ziehen. Herr v. Bethmann ist erst ein Jahr Reichskanzler und sollte schon zurücktreten müssen, weil er seinen Befähigungsnachweis nicht erbracht habe! So un- barmherzig ist der Kaiser nicht. Der Kaiser hat warten gelernt und er wartet ab, was Herr von Bethmann weiter leiste» wird, zumal in der äußeren Politik die Richtlinien so festgelegt sind, daß daran nichts oder doch nicht viel verdorben werden kann. Desto inehr befindet sich die innere Politik auf der schiefen Ebene. Die immerwährenden sozialdemokratischen Siege, die der Ausdruck der allgemeinen Erbitterung über die unerhörte Teuerung aller Lebens- Verhältnisse sind, geben allmählich auch in den leitenden Kreisen zu denken aber leider ist das vorläufig auch alles. An den hohen Preisen stirbt Bethmann jedenfalls zurzeit nicht; wenn er frühzeitig zurücktreten sollte, so könnten für ihn nur R ü ck s i ch l e n auf seine Gesundheit bestimmend sein, die allerdings nicht gerade die beste ist." Das sieht sehr nach höfischer Stimmungsmache aus. Die nationalliberalen Herren spekulieren wieder einmal auf einen Akt des persönlichen Regiments, statt auf die Heber- Windung des reaktionären Regimes durch die eigens Kraft deS Volkes. DaS ist wieder mal echt nationalliberal. Eine tolle Leistung. DieGermania" schreibt in ihrer Abendausgabe vom 23. Juni: Die staatsrechtliche Kommission der Abgeordnetenkammer in Baden hat mit 3 gegen 7 Stimmen einen sozialdemokratischen An- trag angenommen, wonach die Regierung ersucht wird, dem nächsten Landtag einen Gesetzentwurf behufs Einführung der Ver- b ä l t n i s w a h l für die zweite Kammer vorzulegen. Und diese rote Gesellschaft, die den Versuch macht, dem badischen Volke das Wahl- recht zu verschlechtern, um sich bei den nächsten Landtag?- Wahlen, bei denen die Wählerschaft ein scharfes Gericht über sie halten wird, einige Mandate zu sichern, hat die Stirne, anderwärts bürgerliche Parteien des WahlrechtSraubeS zu beschuldigen! Eine widerlichere Heuchelei hat es noch nicht gegeben." Eine frechere Fälschung ist tvohl selten der Oeffent- lichkeit vorgesetzt worden I Die Verhältniswahl, die die badische Landtagskommission beschlossen hat. als Wahlrechts- verschechterung auszugeben, dazu gehört wahrhaftig eine eiserne Stirn. Jedermann weiß, daß das Proportionalsystem das all­gemeine gleiche und direkte Wahlrecht, das schon jetzt in Baden besteht, auf die höchste Stufe der Gerechtigkeit bringen wird. Das tvissen natürlich auch die Redakteure derGermania ". Selbst wenn ihre Unwissenheit in polisischen Dingen größer wäre, als die Polizei erlauben dürfte, so müssen sie doch wissen. was das Verhältniswahlsystem ist, da es gerade von Zentrums- leuten oft genug für Gewerbegerichts- und Krankenkassen - wählen beantragt worden ist. Die freche Fälschung derGer- mania" ist also nur so zu erklären, daß das edle Zentrums- blatt seine Leser für dumm genug hält, um sie mit solcher Lüge gegen die Sozialdemokratte aufputschen zu können! Erweiterung des Einjährigenprivilegs. Im Kultusministerium sollen neue Bestimmungen über eine Reform der Mittelschulen aufgestellt werden. ES wird erwogen, ob eS möglich ist, den Schülern der Mittelschulen nach dem neuen Reformplan die Berechtigung zum einjährigen Dien st durch Ablegung eine? Examens vor einer Kominission zu verleihen. Die Schüler der Mittelschulen sollen unabhängig von dem Lebens- alter nach Absolvierung der Schule zu dem Examen vor einer Kommission zuzulassen sein. Eine solche Maßregel bedeutet einmal eine außerordentliche Entlastung für die höheren Schulen, da eine große Zahl von Schülern, deren Ziel von vornherein nur die Berechtigung zum einjährigen Dienst ist, sich gleich den Mittelschulen zuwenden würde, die dadurch einen außerordentlichen Aufschwung nehmen dürften. Auch für leistung»« schwache Gemeinden würde diese Neuregelung eine wesentliche Er- leichterung bedeuten, da sie vielfach an Stelle von Realschulen Mittelschulen errichten würden, die eine geringere finanzielle Be- lastung verursachen, weil sie keine akademisch gebildeten Lehrkräfte erfordern. Die Maßregel würde naturgemäß eine wesentliche Vermehrung der Einjährig-Freiwilligen ver- Ursachen, und aus diesem Grunde soll die Heeresverwaltung der Frage nicht sehr wohlwollend gegenüberstehen. Eine solche Ausdehnung des Privilegs müßte den schärfsten Widerstand herausfordern. Nicht eine Ausdehnung, sondern die Abschaffung des Einjährigenprivilegs und die all- gemeine Herabsetzung der Dienstzeit muß immer wieder gefordert werden._ Ein überflüssiges Telegramm. DaS rumänische Blatt.Adeverul" berichtet, nach einer Meldung deSBerl. Tagebl.", daß W i l h e l m IL in der Angelegenheit deS UeberfalleS auf den rumänischen Dampfer.Jmparatul Trojan' im PiräuS ein Telegramm an den rumänischen Tbron» f o l g e r gerichtet hat. worin er den Zwischenfall als eine schwere Beleidigung deS gesamten Herrscherhauses Hohenzollern bezeichnet und die Kinder des kronprinzlichen Paares, die sich zur Zeit des UeberfalleS an Bord des Schiffes be- fanden, zu der glücklichen Errettung vor den rohen Ausschreitungen der Angreifer in überaus herzlichen Worten beglückwünscht. Wir sind der Meinung, daß dieser Zwischenfall nur Rumänien und Griechenland künimert. Der zufällige Umstand, daß der rumänische König auf den Namen Hohenzollern hört, ist kein Grund, das Deutsche Reich in diese Affäre hineinzuziehen. Rosttäuschcrkünste. Die in Aussicht stehenden Reichötagswahlen und die sich immer mehr steigende Erbitterung weiter Kreise der Zentrums- arbeiter über die volksfeindliche Haltung des Zentrum? zwingt die Zentrumsführer, ihre verräterische Taktik bei der Beratung des an allgemeiner Entkräftung verschiedenen Wahlrechts- Wechselbalges in den Versammlungen nach Möglichkeit zu verschleiern. Daß den Verbündeten des schwarzblauen Blocks zur Erreichung dieses Zweckes jedes Mittel recht ist. wenn es nur ihren Taschenspiclerkunststticken dient, zeigt eine Ver- sammlung in Essen, in der vor einigen Tagen der Abg. Dr. Bell zu seinen Wählern gesprochen hat. Nachdem der Zcntrnmsmann einen großen Teil seiner Ausführungen zu Angriffen gegen die Sozialdemokratie benutzt hatte, ließ er das angebliche innige Verlangen des Zentrums nach Ueber- tragung des ReichstagLwahlrechts auf Preußen im hellsten Lichte erstrahlen, um dann zu erklären: WieeSda noch jemand wagen kann, die Haltung der Zentrums- fraklion in Zweifel zu ziehen, daö ist mir unerklärlich, und es ist eine Täuschung der ganzen Wählerschaft, wenn von sozialdemo- kratischer Seite gewagt wird, zu sagen, daß da» Zentrum die Ein- führung des Reichstagswahlrechts auf Preußen verhindere. (Sehr richtig.) Ich glaube ja allerding«, daß eS der Sozial- bemokrati« und dem sozialdemokratischen Frakttönchen im Ab- geordnetenhause recht unangenehm und unbequem ge»