Gewerfefcbaftlicbe� Die Hufnabme der Hrbeit im Baugewerbe dürfte jetzt mit wenigen Ausnahmen an allen Orten, wo die Arbeiter ausgesperrt waren, vollzogen sein. Auch an solchen Orten, wo zuerst starke Unzufriedenheit mit dem Entscheid des Zentralschiedsgerichts in der generellen Fortsetzung der Arbeits- zeit und der Lohnhöhe herrschte, haben die Bauarbeiter sich schließlich dem Beschluß ihres Verbandstages gefügt und sind auf die Arbeitsstätte zurückgekehrt. In Kassel lehnten die Bauarbeiter in einer stark be- suchten Versammlung erneut die Aufnahme der Arbeit ab. Die Ortsverwaltimgen der Verbände wurden beauftragt, sofort mit der örtlichen Organisation der Arbeitgeber Verhandlungen anzuknüpfen, damit für Kassel eine sofortige Erhöhung des Lohnes um mindestens 3 Pf. herbeigeführt wird. Das sei notwendig, um den infolge der zugestandenen Arbeitszeitverkürzung um zwei Stunden wöchentlich entstehenden Lohnausfall auszugleichen und eine Kürzung des bisherigen Wochenverdienstes zu ver- hindern. Vereinzelt konnten die Bauarbeiter in einigen Orten durch örtliche Verhandlungen mit den Unternehmern nach Darlegung der für sie ungünstigen schiedsgerichtlichen Ent- scheidung auch noch kleine Verbesserungen über diese Ent- scheidung hinaus erlangen. Wo das nicht gelingt, und die Arbeiter sich durch den Entscheid des Zentralschiedsgerichts benachbeteiligt fühlen, sollten sie nicht die Arbeit verweigern, sondern sich an ihren Verbandsvorstand um Rat und Hilfe wenden. Die Arbeit auszunehmen, ist Beschluß des Verbandstages. Berlin und Umgegend. Streik der Former bei der Firma Schwartzkopff. Bei der Firma Schwartzkopff, Scheringstraße, besteht seit dem i>. Juni ein Formerstreik, von dem die Oeffentlichkeit bisher nicht unterrichtet worden ist, weil man glaubte, daß die Direktion ihre eigenartige Haltung bald wieder aufgeben würde, denn man ver- langt von dieser Firma nicht mehr als die Einhaltung einer Berein- barung, die von einem Direktor der Firma selbst mit ausgearbeitet und unterzeichnet worden ist. Die Firma entzieht sich einem ge- schlossenen Vertrage, sie entzieht sich sogar der Entscheidung durch «ine Kommission der Unternehmerorganisation, dem Verband der Industriellen, der in dieser Sache zwischen den streitenden Parteien verhandeln wollte. Die Firma Schwartzkopff aber erklärte plötzlich, sie habe„kein Interesse daran"; sie scheint einzusehen, daß ihr Ver- halten von den anderen Firmen, die den Vertrag mit den Formern halten, nicht gebilligt wird. Der Vertrag datiert vom Jahre 1904 und betrifft die Differenzen über den„Ausschußgutz"; es sind da- mals bestimmte Sätze aufgestellt worden, nach welchen die Bezahlung des Ausschußgusses geregelt wird. Der Deutsche Metallarbeiterverband hatte zum Mittwochabend eine Betriebsversammlung aller bei Schwartzkopff beschäftigten Arbeiter einberufen, die im Kolberger Salon stattfand und sehr gut besucht war. Otto Handle referierte und legte ausführlich die Gründe dar, welche die Former veranlaßten, die Arbeit niederzu- legen, nachdem alle Bemühungen, zu einer Verständigung zu ge- langen, scheiterten. Wie gering der Verdienst der Former bei Schwartzkopff ist, zeigte der Redner durch eine Lohnliste aus der Zeit vom Dezember 1999 bis April 1919, und es ist seitdem nicht besser geworden. Ein Former verdiente während der genannten Zeit pro Woche 22, 23, 21, 14, 14, 16, 13, 32, 29, 17, 12, 27 M. Ein anderer verdiente 39, 28, 23, 24, 24, 29, 19, 13, 17 M. Und wieder ein anderer: 25, 24, 22, 29. 17, 16 M. Einige hatten Wochen mit 49, 42 und S9 M., ab« als Ausnahmen und nur, wenn ihnen Lehr- linge beigegeben wurden. Im allgemeinen wiederholten sich immer dieselben Zahlen. Was der Meister Schader— um diesen handelt es sich besonders für die Former— bei Kalkulationen den Formern anbot, zeigte der Redner ebenfalls an bestimmten Bei- spielen; die Preise waren so niedrig gesetzt, daß die Arbeiter nicht zurechtkommen konnten. In bezug auf Ausschußguß hatte Schader eine Methode, die die größte Entrüstung hervorrief. Er machte ohne weiteres Abzüge, und sobald ein Former erklärte, daß er damit nicht zufrieden sei und eventuell das Gewerbegericht anrufen müsse, dann antwortete Schader, daß der Former sein Geld erhalten könne, aber sofort entlassen sei. Der Streik war schließlich unvermeidlich geworden, nachdem die Firma den Bemühungen der Organisation, auf Grund der Vereinbarung von 1994 zu einer Ver» ständigung zu gelangen, in keiner Weise entgegenkam. In der Diskussion wurden die Ausführungen des Referenten noch durch mancherlei Beispiele ergänzt. Die Versammelten ndhmen dann folgende Resolution an: „Die am 22. Juni tagende Versammlung der bei der Firma Schwartzkopff(Scheringstraße 7) beschäftigten Arbeiter erkennt den Streik der Former als vollständig herechtigt an, da derselbe nur dadurch entstanden ist, weil die Direktion jede Verständigung zwecks Sicherstellung der materiellen Verhätltnisse der Former ab- lehnte. Die Versammlung beaustragt den Arbeiterausschuß, bei der Direktion vorstellig zu werden, und eine Beilegung des Streiks herbeizuführen." Die Firma sucht, ohne ihren Namen zu nennen, in verschiedenen Blättern„unorganisierte, tüchtige, selbständige Former bei hohem Lohn", hat aber bis jetzt kein Glück damit gehabt. Die Organisa. tion hat ihre Borkehrungen dagegen getroffen und ersucht auch durch die Arbeiterpresse, Zuzug von außerhalb fern zu halten. Achtung, Metallarbeiter! Bei der Firma Herrmann, Grüner Weg, ist die Arbeit niedergelegt. Der Betrieb ist gesperrt. Deutscher Metallarbeiterverband. Ortsverwaltung Berlin . Beim Streik in der Salomonmühle stellt sich die Polizei wieder einmal in bekannter Weise auf die Seite des Unternehmers. So wurden am Mittwoch sieben der Streikenden siftiert. Sobald sich jemand auf Posten seben ließ, erklärte der Schutzmann ihn als ver« ? ästet. Weil bisher alles wirkungslos gebliehen ist, will man an- cheinend den Streikenden dadurch Schrecken einjagen. Als sich der Vertreter der Mühlenarbeiter an den Revierleutnant wandte, um sich zu erkundigen, weshalb man die Streikposten verhaste, wurde er von dem Herrn Leutnant in einer Weise angefahren, die beim richtigen Namen zu bezeichnen hier aus Gründen der mangelnden Pretzfreiheit unterlassen werden muß. Z« derselben Zeit hatte sich auch Herr Solomon auf dem Revier eingefunden. Und eS muß zugegeben werden, daß der Herr Leutnant auch anders kann. In der liebenswürdigsten und entgegenkommendsten Weise wurde Herr Solomon empfangen, und feinem Wunsche Gehör geschenkt. Neu- gierig darf man sein, was die Kriminalpolizei so eistig im Betrieb sucht. Interessiert sie sich besonders für einzelne unter den Arbeits- willigen? Oder versucht sie, sich über die Geschäftspraktiken des Unternehmers und die Mißstände in diesem Betrieb zu unterrichten? Die Genossenschafts-Bäckerei in der Glogauerstraße hat gegen die Salomon-Mühle Klage angestrengt, weil sie in Erfahrung brachte, daß ihr statt des von der Firma angeblich gelieferten teueren Berliner Mehle« billigeres Provinzmehl geliefert worden ist. Die Firma soll einfach die Plomben von den auS der Provinz bezogenen Mehl- lieferungen entfernt und durch ihre eigenen Plomben und Etiketten ersetzt haben. Für eine größere Lieferung hat die Geschäfts- leitung der Salomon-Mühle diese Manipulation bereits zugegeben. Man darf aus den Ausgang der Klage gespannt sein. Ebenso sparsam wie auf dem Gebiete des LohnwesenS arbeitet die Firma auch tonst. Man läßt dort nichts umkommen.' Die Arbeiter sind aber nicht gewillt, das Opfer dieser kauf- männischen Tätigkeit zu sein. Sie harren fest im Streik aus._ «eräntw. Redakt.: Richard Barth , Berlin . Inseratenteil verantw.: Achtung, Rabltzputzer, Spanner und Träger i Die Firma O. S t ü w e, welche aus dem Neubau Winter-Velodrom, Potsdamer Straße , die Rabitzarbeiten ausführt, ist seitens unserer Organisation gesperrt. Auf dem Neubau Potsdamer Straße werden zehn Stunden gearbeitet und Klasicnlöhne von 7S bis 90 Pf. für Putzer, 65 bis 79 Pf. für Spanner und 69 bis 79 Pf. für Träger bezahlt. Wir ersuchen alle Kollegen, die Firma Stüwe streng zu meiden. Der Vorstand der Sektion der Gips- und Zementbranche. Deutsches Reich . Tarifamt der Chemigraphen und Kupferdrucker Deutschlands . Aus dem Geschäftsbericht über das abgelaufene Jahr ist hervor- zuHeben, daß das erste Jahr der zweiten Tarifperiode im allgemeinen im Rahmen der vorgeschriebenen tariflichen Ordnung verlaufen ist. Von beiden Parteien sPrinzipalen und Gehilfen) wurden die Be- stimmungen des Tarifs respektiert, Klagen vor dem Schiedsgericht gab es nur vereinzelt. Dagegen war die Durchführung der V e- stimmungen der Preiskonvention sehr erheblichen Schwierig- leiten ausgesetzt. Eine Anzahl der größten Bundesfirmen kündigte ihren Austritt aus dem Bunde an, wen» nicht endlich Garantien für die Durchführung der Preiskonvention geboten würden. Sie wollten dann lieber aus eigener Kraft und nach Gutdünken ihre Maßnahmen treffen. Bei de» Mitgliedern der Tarifgemeinschaft bestand kein Zweifel darüber, daß das Vorhaben dieser Firmen nicht nur zu einer allgemeinen Unterbietung der bisherigen Produktionspreise führen würde, sondern daß dadurch die Tarifgemeinschaft selbst sehr gefährdet werden könnte. Die Gehilfen hielten. sofort eine Konferenz ab, deren Beschlutz dahin ging, daß sie das Vorhaben dieser Firmen, sich von der Preiskonvention zu befreien, als einen beabsichtigten Tarifbruch ansehen müßten und ihre Maß- nahmen dagegen treffen würden. Daraufhin hielten die Prinzipale eine Bundesgeneralversammlung ab, in der die Einsetzung von vereidigten Bücherrevisoren beschlossen wurde, deren Aufgabe es sein sollte, festzustellen, ob die von ihnen revidierten Firmen sich an die Bestimmungen der PreiSkonveution halten oder nicht. Inzwischen haben diese Revisoren ihres Amtes gewaltet und werden nach und nach sämtliche tariftreue Firmen einer Revision unterzogen. In jedem Falle von Preis- fchleuderei oder Konventionsverletzung hat eine von Prinzipalen und Gehilfen zusammengesetzte Prüfungskommission zu entscheiden, die aber bisher erst in vier Fällen zusammenzutreten brauchte. Das Tarifamt hat diese vier Entscheidungen gutgeheißen und haben sich auch diese vier Firmen bereit erklärt, der Entscheidung zu ent- sprechen. ? ferner wird berichtet, daß für Rheinland und Westfalen ein neuer kreis V mit dem Sitze in Düsseldorf gegründet wurde. Der Tarifausschutz hat bei Regelung der Lehrlings- fkala beschlossen, ab Januar 1911 eine Aenderung der bestehenden Skala eintreten zu lassen, falls sich erweisen sollte, daß die in der Skala enthaltenen Ziffern inzwischen zu einem ungesunden Verhält- nis der Lehrlinge zu der Zahl der beschäftigten Gehilsen geführt hat. Zu diesem Zwecke werden zurzeit Erhebungen angestellt über die Zahl der beschäftigten Gehilsen und Lehrlinge in den Chemi« graphischen Anstalten und Kupserdruckereien Deutschlands . ES wird sodann noch eine tabellarische Zusammenstellung über die wohltuende Wirksamkeit der bestehenden Arbeitsnachweise gegeben und zum Schluß das Verzeichnis der tariftreuen Firmen abgedruckt, deren Zahl von 88 im ersten Geschäftsbericht inzwischen auf 142 gestiegen ist. Alles in allem läßt der Bericht erkennen, daß man auf beiden Seiten �Prinzipalen und Gehilfen) ernstlich bestrebt ist, den Frieden im Gewerbe durch das tarifliche Verhältnis zu fördern. Berichtigung. In Nr. 143 brachten wir unter.Gewerkschaft« licheS" eine Notiz über Lohndifferenzen in der Metallindustrie Rem- scheidS. ES darf da nicht heißen Maschinenbauer, sondern Maschinenhauer. Da dies ein wesentlicher Unterschied ist, stellen wir es hiermit richtig. Die Brauereiarbeiter von Rheinland und Westfalen treten in eine Bewegung ein. Eine große Brauereiarbeiter-Versammlung in Dortmund beschloß nach einem Vortrage des Berbandsvorsitzenden Etzel, den bestehenden Tarif zum 30. September zu kündigen. Mit der Erhebung eines Extrabeitrages wird sich die nächste Versammlung befassen._ Husland. Syndikalistische Streiktaktik. Me anarchoshndikalisttsche Lohnkämpfe geführt werden, zeigt recht lehrreich ein Bericht des.Vollsrechts" über ein« Bewegung der Bauarbeiter in Lausanne . Dort traten die Maurer und Bauhandlanger in einen Streik ein. Weil sie aber keine Organisation haben, veranlaßten sie alle übrigen Bauarbeiter, in einen General« streik aus Solidarität einzutreten. Die beiden Arbeiterunionen, die es gibt, ließen die Dinge gehen. Forderungen wurden erst ge- stellt, als der Streik schon proklamiert war. Inzwischen haben die Organisationen der Metall- und der Steinarbeiter bereits beschlossen, vom Streik zurückzutreten, und auch unter den zahlreichen Italienern, die keine Unterstützung erhalten, weil keine Streikkasse da fft. herrscht Unzufriedenheit. So ist der ganze Streik kläglich im Sande ver« laufen. So wird es dann wohl bleiben— bis zum nächsten„Genal- streik" gleicher Sorte. Oder bis auch den syndikalistisch umnebelten Köpfen einmal die Notwendigkeiten der Organisation klar geworden sind._ Soziales« Die Besprechung der Neichsvrrsicherungsordnung keine Ausgabe der Krankenkassen! Am Montag fällte das OberverwaltungSgericht ein Aufsehen erregendes Urteil in einer Krankenkassensache. Der Magistrat der Stadt Kassel als Austichtsbehörde sprach sich erst telephonisch, dann in einer schriftlichen Verfügung an den Vorstand der Ortskranken- kaffe Nr. 9 zu Kassel gegen die Verwendung von Kassenmitteln für eine Delegation zur Bremer Tagung der Deutschen Ortskranken- lassen aus. Der Vorstand hatte einen Vertreter zur 16. Jahres- Versammlung des Zentralverbandes von deutschen OrtSkranken- kaffen im August 1999 nach Bremen geschickt und dazu 99 M. bewilligt. Der Kassenvorstand focht die Verfügung aus formellen und materiellen Gründen an. Materiell machte er geltend, daß eS im Interesse der Kassen liege, derartige Jahresversammlungen zu beschicken. Namentlich fei auch die Stellungnahme zum Entwurf einer Reichsversicherungsordnung, die mit auf der Tagesordnung stand, für Krankenkassen sehr wichtig. Bei vielen Kassen handle eS sich um das spätere Sein oder Nichtfein. Der Bezirksausschuß gab der Klage au » materiellen Gründen statt, hob die Verfügung de? Magistrats auf und führte u. a. aus: Zu der strittigen Frage, ob solche Delegationskosten unter die Verwaltungskosten der Kassen fielen, habe das Oberverwaltungsgericht dahin Stellung genommen, daß es auf Reisekosten dann zutreffe, wenn es sich darum handle, den Kassenorganen die AufNärunz über die gesetzlichen Aufgaben der Kassen und über die eigenen Aufgaben der Organe gegenüber den Kassen, sowie gegenüber ihren Mitgliedern zu ermöglichen. Da- gegen erkläre das Oberverwaltungsgericht für unzulässig die Ver- Wendung von Kassenmitteln zur Entsendung von Vertretern zu Kongressen, die sich mit anderen, als den gesetzlichen Aufgaben der Kassen beschäftigen sz. B. die Bekämpfung des Alkoholismus, der Tuberkulose , der Wohnungsfrage). Der Bezirksausschuß stelle sich nun auf den Standpunkt, daß nur, soweit es nach den gesetzlichen Bestimmungen nötig fei, die Krankenkassen in der gewährten Selbswerwaltung zu beschränken wären. Die Beschickung der Bremer Tagung erfolgte aber im Interesse der Kassen. Das Gericht halte auch die Beteiligung der Kassen an den Verhandlungen über die Reichsversicherungsordnung auf Kassenkosten für zulässig. Mit Recht verweise der Vorstand darauf, daß der Entwurf dev Reichsversicherungsordnung gerade zu dem Zwecke veröffentlicht worden sei, damit allen Interessenten eine Gelegenheit zur Stellungnahme vor dem Eintritt der Gesetzeskraft gegeben sei- Wenn also den Kassen die Aufwendung von Kasscnmitteln zur Be- sprechung der heute geltenden, die Kassen berührenden Gesetzgebung als Verwaltungskoften im Sinne des§ 29 des Gesetzes gestattet sein solle, dann müsse ihnen dies auch für die Besprechung des zur öffentlichen Kritik gestellten Entwurfs der neuen Gesetzgebung erlaubt werden. Das Oberverwaltungsgericht, vor dem den Standpunkt der Kasse der Genosse Simanowski vertrat, gab der vom Magistrat ein- gelegten Revision statt, hob die Vorentscheidung auf und erklärte die Verfügung des Magistrats für berechtigt. Begründend wurde ausgeführt: Auf die Frage, ob die telephonischc Mitteilung des Standpunktes des Magistrats, die zwei Tage vor dem Beginn der Bremer Tagung an den Kassenvorstand gelangte, als eine aus- reichende Verfügung gelten könne, komme es hier gar nicht an. Denn der Sinn der später auch schriftlich wiederholten Anordnung sei, daß die Ausgaben für die Delegation nicht zu den Verwaltungs- kosten gehörten. Nicht aber habe gehindert werden sollen, daß der Vorstand jemand hinsende; das wäre ja sein freier Wille. Es komme nur darauf an, ob die Kosten aus Kassenmitteln entnommen werden dürften. Diese Anordnung sei angefochten, und zwar ohne Friswersäumnis. Damit erledigten sich die formellen Bedenken des Kassenvorstandes.— Was nun die materielle Frage:„Verwal- tungskosten oder nicht?" angehe, so bleibe der Senat bei seinem, schon vom Bezirksausschutz erwähnten Standpunkt. Wenn man aber davon ausgehe, so könnten unmöglich die Kosten für die Be- ratung eines künftigen Gesetzes, einer Abänderung bestehender Gesetze, zu den Verwaltungsausgaben der Kassen gerechnet werden. Die Stellungnahme zum Entwurf der Reichsversicherungsordnung berühre nicht die Aufgaben der Kassen innerhalb des Rahmens des bestehenden Gesetzes. Die Kosten der Beschickung des Kongresse? in Bremen könnten nicht als Verwaltungskosten angesehen werden. Deshalb müsse unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage der Kasse abgewiesen werden. Die Dortmunder Handelskammer und der Acht-Uhr-Ladenschluß. In ihrem Bericht über das letzte Geschäftsjahr teilt die Han- delskammer Dortmund mit, daß sie von der Gegnerschaft gegen den allgemeinen Acht-Uhr-Ladenschluß zurückgekommen ist. Die Aus- nahmen in dem einen Gewerbe zögen unzweifelhaft die gleichen Forderungen in den anderen Branchen nach sich. Es bleibe nichts übrig, als mit den Ausnahmcbewilligungen einmal aufzuhören. Interessant ist folgende Feststellung des Berichts. Auch namhafte Kolonialwarenhändler wünschten den Acht-Uhr-Ladenschluß. Selbst diejenigen Detaillisten, die früher gegen den Acht-Uhr-Ladenschluß gestimmt und auch die Handelskammer veranlaßt hätten, gegen den Acht-Uhr-Ladenschluß verschiedentlich Stellung zu nehmen, seien jetzt, da der teilweise Acht-Uhr-Schluß auf dem Wege der Verord- nung eingeführt sei, für die möglichst einheitliche Durchführung desselben. Die Kolonialwarenhändler forderten schon aus Rück- ficht auf die Erhaltung eines zahlreichen und guten Gehilfenstandes jetzt den Acht-Uhr-Ladenschluß. Sie fürchteten, daß die Gehilfen ihrer Branche, sobald sie in bezug auf den Ladenschluß so ziemlich allein schlechter gestellt würden als ihre Kollegen in anderen Branchen, eben zu den anderen Branchen übergehen würden, und so leicht eine Verminderung oder Verschlechterung der Gehilfen im Kolonialwarenfach eintreten könnte! Damit dokumentiert sich also wieder die Unzufriedenheit der Arbeiter, hier der Handlungsgehilfen, als Hebel des Fortschritts. Versammlungen. Deutscher Metallarbeiter-Berband. Am Freitag fand eine große Versammlung der in den Schraubenbetricben beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen statt. Handle gab eien Resümee von der Lohnbewegung, die mit einem guten Erfolge geendet hat. Besonders hob der Redner her. vor, daß alle Arbeiter Zulage erhalten hätten und zwar bis zu 15 Pf. die Stunde. Außerdem sei es das gute Recht eines jeden Kollegen, auch mehr als 79 Pf. Stundenlohn zu fordern. Des- gleichen brauchen die Ausgelernten nicht für 69 Pf. zu arbeiten. wenn sie sich bewußt sind, mehr zu verdienen. Ter Erfolg der Lohnbewegung ist um so höher anzuschlagen, als hierdurch eine ganze Anzahl von Nichtorganisierten dem Verbände beitraten. In der Diskussion waren zwei Redner der Meinung, daß Handle den Erfolg zu hoch anschlage, alle anderen Redner er. klärten sich jedoch mit den Ausführungen Handkes durchaus einver. standen. Eine Kollegin vertrat die Ansicht, daß die ganze Lage innerhalb der Branche besser gestaltet sein könnte, wenn die Kol. legen noch energischer wären. Handle ging auf die Kritik ein und wie? eingehend nach, daß seine Angaben sehr wohl zuträfen. Sollten einzelne Unter- nehmer versuchen, Abzüge vorzunehmen, dann stände die Organi- sation auf feiten der betroffenen Kollegen. Andere Redner wiesen auf die mangelhaften technischen Ein. richtungen hin, wodurch es oft genug selbst tüchtigen Arbeitern nicht möglich sei, einen annehmbaren Lohn zu verdienen. Folgende Resolution nahm die Versammlung am Schlüsse einstimmig an:„Die am 17. Juni tagende Versammlung aller in der Schraubenbranche beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen nimmt Kenntnis von dem Verlauf und dem Ende des Kampfes der Einrichter an Automaten und Einzelbänken. Die Kollegen an den Schraubenbänken haben den festen Willen, durch die Lohn- erhöhung der Automateneinricht'er sich keine Abzüge gefallen zu lassen und dafür Sorge zu tragen, daß die Organisation sich noch mehr festigen wird, damit es auch den Schraubendrehern möglich ist. sich in Zukunft einen Mindestlohn zu sichern."' letzte jVacbricbten und Oepefchen. Todessturz aus der Ballonhalle. Halle, 23. Juni. (B. H. ) Ein schwerer Unfall ereignete sich hier auf dem Neubau der Ballonhalle. Der mit dem Kehren des Daches beschäftigte 23jährige Arbeiter Richard Höhne auS Küstrin stürzte infolge eine? Fehltrittes 32 Meter tief herunter und erlitt dabei so schwere Verletzungen, daß er bald darauf starb. Den Nebenbuhler erschlagen. Ulm , 23. Juni. (B. H. ) In Ochsenhausen (schwäb. Oberland)) hat der Tagelöhner Zobel den 65jährigen AuSgedinger Schmander aus ErlenmooS , der mit Zobels Frau im Walde ein Stelldichein hatte und dabei von dem Ehemann überrascht wurde, mit einem Prügel erschlagen und die Frau schwer verletzt. Eine Feuersbrunst. Smolensk (Rußland ). 23. Auni.(W. T. B.) In Gshatsk stehen drei Hauptstraßenzuge in Flammen. Infolge des heftigen Windes dehnt der Brand sich immer weiter aus. Revolte in Adrranopcl. Konstantinopel , 23. Juni. (B. H. ) Nach Meldungen aus Adrianopel kam es dort zu einer Revolte seitens der israelitischen Bevölkerung. Dieselbe widersetzte sich der von der Munizipalität angeordneten Niederreißung eines israelitischen Hauses. Die Gendarmerie und die Polizei griff mit blanker Waffe ein. Mehrere Demonstranten wurden dabei verwundet. Uh. Glocke, Berlin . Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u. BerlagSanftav Paul Singer& Co., Berlin SW. Hierzu 2 Beilagen n.Unterhaltungsbl.
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten