Hr. 148. 27. Jahrgang. 2. KcilM des Jormitls" Kerlim WIIlsdlM Dienslltg. 28. Zum l910. Partei- Hngelegenbelten« SchSnrberg. Heute Dienstag, den 28. Juni, abends 8'/z Uhr. findet in den Reuen Rathaussälen, Meininger Str. 8. die Wahl» Vereinsversammlung statt. Tagesordnung: 1. Bortrag:.Die politische Lage". Referent Genosse Max Grunwald . 2. BereinSangelegenheiten. 8. Verschiedenes. Der Borstand. Wilmersdorf -Halensce. Heute, Dienstagabend pünktlich 8>/s Uhr, hält der Wahlverein im Gesellschaftshause. Wilhelmsaue 112, seine Versammlung ab. Auf der Tagesordnung stehen: ein Bortrag der Genossin Gertrud David . Die Genossenschaftsfrage und der Magdeburger Parleitag", Abrechnungen sowie die Be- schwerde gegen den OrtSvorstand des Vereins freier Gastwirte. Der Vorstand. Steglitz . Heute Dienstag, abends 8'/, Uhr, Mitgliederversamm- lung bei Schellhase. Tagesordnung: Vortrag des Genossen S. Katzenstein über: Die Bedeutung der Arbeiter- Jugendheime. Der Vorstand. Lankwitz . Am Mittwoch, den 29. Juni, abends 8'/, Uhr, findet bei Ebel die Mitgliederversammlung des WahlvereinS statt. TageS- ordnung: Bortrag des Genossen Kubig über.Republik oder Monarchie'. Wahl der Delegierten. Vereinsangelegenheiten und Aufnahme neuer Mitglieder. Der Vorstand. SarlShorst. Heute Dienstag, den 28. Juni, abends g'/, Uhr. Generalversammlung im Restaurant»Zum Fürstenbad'. Bericht und Neuwahl deS Vorstandes. Die Bezirksleitung. Friedrichshageu. Am Mittwoch, den 29. d. MtS., abends 8'/, Uhr, findet im Restaurant Wwe. Lerche, Friedrichstt. 112, die General» Versammlung deS Wahlvereins statt. Tagesordnung: 1. Bericht der Bezirksleitung und der Funktionäre. 2. Neuwahlen. 3. Vereins- angelegenheiten und Verschiedenes. Der Vorstand. Rcinickendorf-Ost. Heute abend 8 Uhr findet im Restaurant Sadau, Refidenzstr. 124, die Generalversammlung des Bezirkswahl- Vereins statt. Tagesordnung: 1. Bericht der Funktionäre. 2. Reu- mahl der Funktionäre. 3. VereinSangelegenheilen. 4. Verschiedenes. Am Mittwochabend von den bekannten Stellen aus Flugblatt- Verbreitung. Die Bezirksleitung. Reinickendorf -West. Heute abend T'/j Uhr: Fstigblattverbreitung von den bekannten Lokalen.— Mittwoch, den 29. Juni, abends 8 Uhr: Oeffentliche Versammlung in den»Eichbornsälen', Eichborn- stratze SO. Agitiert für Massenbesuch I Die Bezirksleitung. Nieder-SchSnhausen-Nordend. Heute Dienstag, den 23. Juni, abends 8>/z Uhr, findet im.Lindengarten', Lindenstr. 43, die General- Versammlung statt. Tagesordnung: 1. Geschäfts- und Kassenbericht. 2. Neuwahl sämtlicher Funktionäre. 3. Vereinsangelegenheiten. 4. Verschiedenes. Ohne Mitgliedsbuch kein Zutritt. Die Bezirksleitung. Spandau . Die ordentliche Generalversammlung des Wahlvereins findet heute Dienstag, abends 8>/, Uhr, im Lokal von Emil Kocpnick, Pichelsdorfer Str. 39, statt. Tagesordnung: Bericht des Vorstandes und des Kassierers vom letzten halben Jahr. Bericht der Kommission. An den Vorstand gestellte Anttäge. Neuwahl deS Ge- samtvorstandeS, der Kommissionen und Bezirksführer. Verschiedene». Der Vorstand. KerUner jVacbncbteii. AuS der KrankcnhauSverwaltnng. In der jüngsten Sitzung der Krankenhausdepuwtion wurde zunächst Beschluß gefaßt über die Belegungsziffern der Krankeichäuser, die für den Etat 1911 zugrunde gelegt werden sollen. Die Verwaltung schlug vor, gegenüber den Zahlen vom Jahre 1919 keine Steigerung eintreten zu lassen. Dem widersprach auf das entschiedenste der Vertreter der sozial- demokratischen Fraktion Genosse Dr. Wehl mit dem Hinweis auf die chronische Ueberfüllung aller Heilanstalten und die große Zahl von Abweisungen, die nach einer amtlichen Auf- stellung der Deputation selbst im letzten Jahre wegen Platz- mangels stattfanden. Allem im Vierteljahr Januar-März 1919 sind in den städtischen Krankenhäusern wegen Platzmangels 1395 Personen abgewiesen worden: 996 Erwachsene, 148 Kinder aus Berlin : 227 Erwachsene, 24 Kinder von außerhalb. Die Abweisung erfolgte, weil die Krankenhausbehandlung nicht erforderlich oder die Aufnahme nicht dringend oder der Kranke wegen der Krankheitsform zur Aufnahme ungeeignet sei. Wir wollen an dieser Stelle nicht darüber rechten, ob der Arzt, der die Aufnahmeuntersuchung vornimmt, den Zustand deS Patienten wirklich besser zu beurteilen vermag als der be- handelnde Privat-, Kassen- oder Armenarzt, der in jedem einzelnen Falle die Einweisung in das Krankenhaus für not- wendig gehalten hat. Ueber die unzulänglichen Wohnungs- und Verpflegungsverhältnisse des Kranken ist doch natur- gemäß der Aufnahmcarzt überhaupt nicht unterrichtet.— Aber trotz der so peinlichen und strengen Sichtung blieben allein im ersten Viertel- jähr 1919 noch 268Schwerkranke übrig, die beim besten Willen nicht in«ine der vorgenannten Rubriken ein- geschaltet werden konnten, sie wurden eben abfle- wiesen, trotzdem ihr Zustand die sofortige Aufnahme in die An st alt dringend er- forderlich machte, weil kein Platz war! Aus der Waisenverwaltung konnte Dr. Wehl mitteilen, daß im Waisenhaus der Scharlach endomisch gleichsam heimisch auftritt, weil es nicht gelingt die scharlachkranken Kinder stets in ein städtisches Krankenhaus zu überführen. Die geschlechtskranken Fürsorgezöglinge werden nicht im Virchow- Krankenhaus« aufgenommen, sondern werden in die Ge- schlechtskrankenstation des städtischen Obdachs eingewiesen, wo ihr Verkehr mit den Dirnen usw. gewiß nicht geeignet ist, ihre Lebensführung günstig zu beeinflussen.— Die Deputation ließ sich durch diese Ausführungen unseres Genossen nicht bewegen, die Belegungsziffern für das neue Etatsjahr zu erhöhen.— Die Besprechung wandte sich alsdann dem Bauprogmmm der Anstalt zu, die für L u n g e n- und Kehlkopf- leidende inBuch errichtet werden soll. Die Anstalt soll tuberkulöse lungen- und kehlkopfleidendc Männer, Frauen und Kinder jeden Grades(auch voraussichtlich Unheilbare) zur Entlastung und Ergänzung der städtischen Krankenhäuser und Heimstätten aufnehmen und für 1999 Krankenbetten angelegt werden. An Tuberkulose anderer Organe leidende und chirurgisch zu behandelnde Kranke sollen nicht aufgenommen werden. Als Bauplatz ist ein zu dem Grundbesitz der Stadt- gemeinde Berlin im Gemeindebezirk Buch gehöriges, nördlich her Stettiner Bahn im Hochwald gelegenes Gelände von etwa 19 Hektar Größe in Aussicht genommen. Die Gebäude für Kranke sind nach dem Pavillonsystem zu errichten, und zwar zweigeschossig. Nach dem Entwurf sind au.Gebäude« für Kranke zu errichten im 1 a) die Männerabteilung: 4 Pavillons mit 2 Ge- schössen für je 38 Betten, mithin 4mal 136 Betten 344 Betten b) die Frauenadteilung: 2 Pavillons mit 2 Ge- schössen für je 68 Betten, mithin 2 mal 136 Betten 272. c) die Kinderabteilung: 1 Pavillon(zweigeschossig) mit................ 02» d) die Abteilung für Kranke der II. VerpflegungS- klasse: 1 Pavillon mit Zimmern bis zu 6 Betten 89» Für Jnfektionskranke sind in einem Anbau an den Kinderpavillon mit besonderem Eingange... 12» Im ganzen also............. 1000 Betten vorzusehen. Es wird angenommen, daß die Beheizung und Beleuchtung, die Bewässerung und Entwässerung, die Liefe- rung von Dampf und elektrischer Kraft zum Antriebe von Maschinen und Apparaten von der Zentrale Brich oder der- jenigen der IV. Irrenanstalt erfolgt. Ferner soll die Ver- sorgung der Anstalt mit Arzneien und Backwaren, sowie die Reinigung, das Rollen und Plätten der Wäsche durch die Zentrale in Buch stattfinden.— In der Diskussion wurde von unserm Genossen gefordert, daß die in das Programm hineingeschmuggelte„zweite Verpflegungsklasse" für söge- nannte besser situierte, richtiger«besser gekleidete" Kranke in Fortfall komme, die hierfür vorgesehenen 89 Betten sollten der Frauenadteilung zugute kommen. Nach dem amtlichen Quellen- werk„Preußische Statistik" starben in Preußen auf 19 999 Lebende an Tuberkulose in den Jahren 1999 bis 1993 23.14-, 21,35: 29,72: 21.18 männliche und 19.19: 17,78: 17,41: 18,26 weibliche Personen. Nicht nur tuberkulöse Lungen- und Kehl - kopfleidcnde, sondern tuberkulöse Kranke jeglicher Art, wie etwa mit Darmwberkulöse Behaftete, sollten Aufnahme finden. Für chirurgische Eingriffe müßten entsprechende Vorkehrungen in jedem Pavillon vorgesehen werden. Ein Röntgeninststut zur Erkennung komplizierter Fälle sei notwendig, der Bade- räum mit 4 Wannen und 4 Douchen für einen Pavillon zu 68 Betten sei unzulänglich, wenn die Anstalt, wie es am Schluß des allgemeinen Programms ausdrücklich heiße, allen Anforderungen der modernen Krankenpflege und Wissenschaft entsprechend ausgeführt werden soll. Die Einwände Hinsicht- lich der Vermehrung der Frauenbetten, des Fortfalls der so- genannten zweiten Verpflegungsklasse, der Bereitstellung chirurgischer Hilfe und der Aufnahme Tuberkulöser jeglicher Art wurden anstandslos respektiert. Die Beschaffung der Röntgenapparate und der Ausbau der Baderäume wurde ab gelehnt, im übrigen der Entwurf dem Magistrat herübex gegeben. Wenn er an die Stadtverordnetenversammlung gelangt, wird es unsere dankbare Aufgabe sein, dafür zu sorgen, daß die noch vorhandenen Lücken ausgefüllt werden und die ganze Anstalt wirklich allen Anforderungen der modernen Krankenpflege und Wissenschaft entsprechend aus geführt wird._ Das Berhaltrn der Irrenanstalt Buch bei der Entlassung des geisteskranken Russen Semen Arschakoff Terpetrosow aus Odesia alias Mirski wurde am 4. Mai in der Stadtverordnetenversammlung vom Genofien Cohn gerügt. Die Stadtverordnetenversammlung hatte dann den Beschluß gefaßt, den Magistrat zu ersuchen, die städtischen Irrenanstalten anzuweisen, daß sie vor jeder Entlassung eines Kranken auch seinen gesetzlichen Vertreter in Kenntnis setzen.— Der Magistrat Berlin teilt jetzt der Stadtverordnetenversammlung mit, daß schon bisher, wenn ein Pfleger bestellt worden war, in Fällen, in denen für seine Entlassung oder seinen Verbleib außerhalb der Anstalt die Mit Wirkung deS Pflegers nützlich erschien, nicht nur eine Anzeige vor der Entlassung an den Pfleger erfolgt ist, sondern zunächst mit ihm über die im Interesse deS Kranken zu treffenden Maßregeln ver- bandelt worden ist. Dagegen ist der Kranke ohne die Beihilfe oder Mitwirkung des Klägers zur Entlassung gekommen, wenn er seinem Zustande nach genügend für sich selbst sorgen konnte und die Beil Hältnisse geordnet waren. Das Reglement für die Jrrew anstalten der Stadt Berlin sei ministeriell genehmigt und könne vom Magistrat nicht einseittg geändert werden. Der Magistrat sei gegenwärtig mit der Revision dieses Reglements beschäftigt und werde eine andere Fassung in Anregung bringen. Inzwischen sind die Direktoren der Irrem anstalten angewiesen, regelmäßig in allen Fällen schon vor der Entlassung von Geisteskranken den zur Fürsorge für die Person gerichtlich bestellten Pflegern und den Vormündern von der bevor- stehenden Entlassung Nachricht zu geben, in besonder» gearteten Fällen aber, in denen sie glauben, von dieser Mitteilung Abstand nehmen zu müssen, die Entscheidung der Deputation für die städtische Jrrenpflege einzuholen. Eine Massenverhaftung wurde am Sonnabend in den Räumlich- leiten der städtischen Pfandkammer in der Neuen Schönhauser Straße vorgenommen. Wie uns berichtet wird, wurden gegen 209 Personen nach der Wache am Monbijouplatz eskortiert und dort nach stunden- langem Warten und Feststellung der Personalien entlassen. Nach einigen Mitteilungen zu urteilen, ist man recht wahllos vorgegangen. Alles, was sich eingefunden hatte, wurde mitgenommen, als ob die Leute Verbrecher wären. ES ist richttg, daß unter den Personen, die sich auf dem Hofe der Pfandkammer aufhalten, auch recht zweifel- hafte Elemente befinden, aber andererseits finden sich auch viele Leute ein, die als Händler ihrem Gewerbe nachgehen. Diese empfinden eS als herabwürdigend, wie die Verbrecher durch die Straßen transportiert und stundenlang auf der Wache festgehalten zu werden. Der Polizrisäbel spielte in der Nacht vom Sonnabend zum Sonn- tag und am Sonntag in verschiedenen Teilen Berlins eine große Nolle. An der Ecke der Lüneburger und Flemmingstraße kamen mehrere Arbeiter mit dem Inhaber einer Restauration in Streit, der in Tätlichkeiten ausartete. Zwei Schutzleute griffen ein und machten von der Waffe Gebrauch. Ein Arbeiter Max Pietsch hatte so schwere Kopfwunden davongetragen, daß er in der dharitö verbunden werden mußte. In einem zweiten Falle war an der Ecke Gormann- und Steinstraße zwischen den beiden Arbeitern Richard Knaak und Alfred Gertitz Streit entstanden. Auch hier griff die Polizei mit dem Säbel ein, Knaak erhielt zwei Säbelhiebe über den Kopf und die Schulter. Die Polizei nennt das: er tvurde»kampfunfähig" gemacht. In einem dritten Falle wurde der Polizeisäbel gegen einen Mann auf dem Gesundbrunnen in der Stettiner Straße gebraucht Wir sahen am Sonntag gegen Mittag, wie zwei Schutzleute einen blutüberströmten Menschen nach der Unfallstation in der Hochstraße brachten. Das Blut rieselte aus einer klaffenden Kopfwunde in der Gegend des rechten Buges herab. Das ganze Gesicht, die Weste, die Hose, der Rock waren voller Blut. Die Wunde rührte von einem Säbelhieb eines Schutzmanns her. Unter den Augenzeugen entstand eine große«uftegung und Empörung über dieses sonntägliche Straßenbiw und manche Verwünschung gegen die Polizei wurde laut. Eine Gefahr für spielende Kinder bildet ein Bretterzaun auf dem Gesundbrunnen , der ein Grundstück an der Ecke Bastianstraße und Böttgerstraße umschließt. Dort haben anscheinend Unbefugte ans dem Bretterverschlag einige Bretter entfernt, wodurch ein fteier Ausblick auf das Grundstück entstanden ist. Dieser Ausblick kann aber nicht ohne Gefahr geschehen, da der Boden etwa 2'/z Meter unter dem Straßenniveau liegt. Biegt sich dort ein Kind in seiner Neugierde erwas zu weit vor, kann es leicht abstürzen und sich Hals und Beine brecken. Wenn man- bedenkt, daß vis-a-vis eine Schule belegen ist, wird man die Größe der Gefahr in ihrem ganzen Um« fange ermessen können. Wir sind gespannt-, ob der Bretterzaun erst zugenagelt wird, wenn ein Unglück geschehen ist l Dir trotz aller Warnungen noch immer sehr häufigen Beschäbi- (jungen der städtischen Partanlagen durch das Publikum zwingen die städtische Parkverwaltung zu energischem Vorgehen gegen die Uebel- täter. So hat die Verwaltung neuerdings gegen zwei Personen, welche im Friedrichshain blühende Zweige abgebrochen und mit sich genoinmen haben, die Einleitung eines Strafverfahrens bei der Staatsanwaltschaft beantragt. Bor Schreck gestorben ist in der vergangenen Nacht die 33 Jahre alte Ehefrau Marie des Tischlermeister Gericke aus der Greisen» Hagener Straße 36. Die Leute besitzen in der Kolonie Müllersruh eine Laube und einen Stall, in dem sie Hühner und Kaninchen haben. In der vergangenen Nacht schliefen sie in der Laube. Plötzlich er» machte der Mann durch ein Geräusch. Einbrecher hatten sich an den Stall herangeschlichen, um das Vieh zu rauben. Gericke sprang auf und verscheuchte sie. Er sah noch, wie drei Kerle davonliefen und entkamen. AIS er nach der Laube zurückkehrte, lag seine Frau schwer krank da. Sie hatte vor Schreck einen Herzkrampf bekommen. Nach» barn holten rasch einen Arzt von der Rettungswache in der Gaudy- straße, dieser konnte aber nur feststellen, d«ß die Frau unterdessen schon gestorben war. Der„Direktor" der„Seifenzenttale" verhastet. Ein guter Fang ist der hiesigen Kriminalpolizei geglückt. Kürzlich wurde über die raffinierten Schwindeleien eines Betrügers berichtet, der sich als Direktor einer Seifenzentrale, die er in der Wilhelmstr. 139 be- gründet haben wollte, ausgab. Er erließ Annoncen und suchte kautionsfähige Herren und Damen für seine Zentrale. Sobald sich Leute meldeten, wurden sie tüchtig ausgebeutet, worauf dann der Gauner verduftete. Die Polizei hatte nun in Erfahrung gebracht, daß der angebliche Direktor, der 29 Jahre alte Kaufmann Karl Bartsch , am Sonnabendabend bei einem Rechtsanwalt Sch. am Hackeschen Markt zu tun hatte. Dort wurde er von einem bereit stehenden Beamten in Empfang genommen und abgeführt. Auflösung der Freien Volksbühne Charlottenburg. Die F. V. C. hat in ihrer Generalversammlung am 23. Juni die Auflösung be- schlössen. Der Verein hat sechs Jahre bestanden, hat sich aber in den letzten Jahren kaum noch vergrößert. Da nun auch die Bei- wäge infolge höherer Forderungen des Schiller-TheaterS, auf welche» der Verein ja angewiesen war. abermals hätten erhöht werden nmssen, haben Vorstand und Mitglieder eS für das beste gehalten. auf die Eonderexistenz zu verzichten, um sich dem großen Berliner Verein Freie Volksbühne anzuschließen, der die künstlerischen Be- strebungen der Arbeiterschaft Groß-BerlinS in einer seinem Alter und seiner Größe entsprechenden machtvollen und würdigen Weise pflegt und vertritt. Die Mitglieder der F. V. C., welche sich sogleich zum Uebertritt in die Berliner Volksbühne in den Zahl- stellen Will, Kirchstt. 39, und Schmidt. Wilmersdorfer Straße 139, melden, genießen die unter Arbeiterorganisationen in solchen Fällen übliche Vergünstigung, daß ihnen das Einschreibegeld erlassen wird. DaS Vermögen deS Vereins F. V. C. fällt laut einstimmigem Beschlutz der Generalversammlung dem Dispositionsfonds des Volks» Hauses zu. Die Liquidationskommission besteht auS Dr. Lindheimer, Will, Rob. Schmidt, Busse, Burezilowsky; als Revisoren der Kom- Mission wurden gewählt: Sasse, Frau Hopp. Arbeitslosigkeit und Krankheit haben den 64 Jahre alten Fabrik- arbeiter Wilhelm Hermann aus der Birkenstratze 66 in den Tod ge» trieben. Der Lebensmüde erhäiigte sich im Wohnzimmer an der Türklinke. Er hatte seine Angehörigen vor Ausführung der Ver« zweiflungStat fortgeschickt und als Frau H. einige Zeit darauf mit ihren Kindern wieder zurücklehrte, fand sie ihren Mann bereits als Leiche auf. In den Fahrstuhlschacht hinabgestürzt. Das Opfer eine» ver- hängnisvollen Unglücksfalles wurde am Sonnabendabend der 23 jahrige Fahrstuhlführer Max Richter aus der Gipsstt. 16. Richter hatre den auf dem Grundstück Bülowstr. 66 befindlichen Personen- auszug zu bedienen. Am Sonnabend wollte er im dritten Stock- werk das Tau deS Fahrstuhls emporziehen, als er sich zu weit vor- beugte und in die Tiefe stürzte. Der Bedauernswerte erlitt schwere innere Verletzungen sowie Armbrüche und wurde in recht bedenk- lichem Zustand nach der Charitö gebracht. Eine teure Bierreise. Ein peinliches Malheur hat einen Brenn- meister betroffen, der sich in Afrika ein Kapital von 23 999 Mark zusammengespart hatte. Er glaubte jetzt genug Geld zu besitzen, um sich in der Heimat selbständig zu machen. Gestern kehrte er nach Berlin zurück und trat, wie so man-ber. der Berlin zum erstenmal wieder sieht, eine Bierreise an. Schließlich geriet er in eine kleine Gastwirtschaft im Norden Berlins . Dort mag er mit seinem Gelde zu sehr geprahlt haben. Er erregte dadurch die Gier des Witte» und eines anderen Gastes. Beide tranken mit dem Afrikaner Brüder- schaft und machten ihn angeblich völlig betrunken. Als der Fremde eingeschlafen war, zogen sie ihm sein Portefeuille ans der Tasche und verschwanden. Der Afrikaner erwachte aber bald auS seinem Schlafe, entdeckte den Verlust de» Geldes und lief zur Polizei. Der Witt und ein Drogist konnten noch gestern abend verhaftet werden. Ein schwerer Straßenbahnunfall hat sich am Sonntag am Sene- feldcrplatz zugetragen. Dort versuchte eine etwa 69 jährige Dame, deren Personalien bisher noch nicht festgestellt werden konnten, vor einem herannahenden Straßenbahnwagen der Linie 47 das Gleis zu überschreiten, wurde jedoch von dem Bahnwagen umgestoßen und geriet mit den beiden Füßen unter den Schutzrahmen. Mit Hilfe von Slraßenpassanten wurde die Verunglückte befreit und in be- sinnungsloscnt Zustande nach der Unfallstation in der Gaudystraße gebracht, wo der Arzt eine klaffende Wunde am Hinterkopf, Gehirn« erschütterung, Quetschung der Beine und anschemend auch innere Verletzungen feststellte. Nach Anlegung von Notverbänden wurde die Frau nach dem Nudolf-Virchow-Kranlenhaus übergeführt. DaS Opfer einer Kartenlegerin ist die 24 Jahre alte Studentin der Musik Marie Sterba ans der Ncttelbeckstraße 6 geworden. DaS junge Mädchen, daS aus Böhmen stammt, weilte seit dreiviertel Jahren in Charlottenbnrg und nahm dort auf einem Konservatorium Unterricht im Cellospiel. Seit einem halben Jahre hatte es ein Ver- hältnis mit einem 39 Jahre alten Kaufmann. Dieser ist oft auf Reisen, versäumte aber bisher niemals, seiner Geliebten jeden Tag zu schreiben. Am vergangenen Montag verreiste er wieder. Jetzt blieben aber die Briefe auS. Die Studenttn glaubte nun, daß er sich von ihr ab- und einer anderen zugewandt habe. Voller Sorge und Eifersucht zugleich ging sie am Sonnabendnachmittag zu einer Kartenlegerin. um sich Gewißheit zu verschaffen. Ganz aufgeregt kehrte sie zurück und erzählte einer Nachbarin, ihre Vermutung habe sich bestätigt, auch die Kartenlegerin habe ihr gesagt, daß ihr Bräutigan, sie hinter- gehe. Die Nachbarin erwiderte, sie solle doch an so dummes Zeug nicht glauben, und gab sich alle Mühe, sie zu beruhigen. Alles war jedoch umsonst. Gestern morgen um 6 Uhr hörten Hausgenossen in der Wohnung, die da» Mädchen allein bewohnte, einen Schuß fallen. Man ließ durch einen Schlosser öffnen und fand die Studentin tot aus dem Bette liegen. Sie hatte sich eine Revolverkngel in die Brust geschossen. Irgendwelche Aufzeichnungen hat die Selbst- morderin nicht hinlerlaffen.
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