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»,. Ii». 27. jmm. i. Keillige des Jotmütls" Kerliner PollisHatt. 29. im flllgemelner Fürtorgccrzicljungstag. Im großen Saale der Philharmonie trat am Montagabend der von der freien Konferenz der Berufsarbeiter und Freunde des Fürsorgeerziehungswesens einberufene Allgemeine FürforgeerziehungS- tag zusammen. Annähernd 1000 Personen hatten sich zu dieser Versammlung eingefunden. Nach einer Begrüßungsansprache des Borsitzenden Pastor Thiele- Magdeburg folgten Mitteilungen über die Bedeutung, Erfolge und Mißerfolge der Fürsorgeerziehung. Das vor zehn Jahren erlassene preußische Gesetz über die Fürsorgeerziehung ermöglichte es bereits einzugreifen, wo es sich um Verhütung der Verwahrlosten handelt, während die Anwendung des früheren Gesetzes eine bereits begangene Straftat zur Voraussetzung hatte. Allerdings enthalte das Gesetz die harte Bestimmung, daß die Zöglinge bis zum vollendeten 21. Jahre der Einwirkung der Eltern vollständig entzogen werden können, die Anstalten müssen ver« suchen, ihnen Elternliebe und Heimat zu ersetzen. In Preußen be- finden sich 42 528 Zöglinge in Fürsorgeerziehung, davon gehören a/3 dem männlichen und'/3 dem weiblichen Geschlecht an. Der Staat gibt über S Millionen Mark für diese Fürsorgeerziehung aus. Doch diese Summe würde ohne die Mitarbeit vor allem der Geistlichen beider Konfessionen, sowie auch der privaten Erziehungsanstalten nichts helfen. Bedauerlich sei, daß die Entgleisungen ungeeigneter Er- zieher in der Blohmschen Wildnis und in Mielczyn kurzerhand als Ergebnisse der Fürsorgeerziehung überhaupt aufgefaßt und hingestellt werden. Auch darf man nicht sagen, die Fürsorgeerziehung hat Fiasko gemacht, wenn einzelne aus dem Sumpf der Großstadt herausgerissene Burschen und Dirnen, die eher ins Zuchthaus ge- hört hätten, durch einige Jahre Fürsorgeerziehung nicht zu ruhigen Staatsbürgern umgewandelt wurden. Aber solche Erfahrungen sind glücklicherweise Ausnahmen. Das Gesamtergebnis bei der Ent> lassung mit der Großjährigkeit lautet: Gerettet 75 Proz., ßweifelhast 16 Proz., ungebessert 9 Proz. Das ist einglänzender Erfolg, wenn man bedenkt, daß beinahe die Hälfte der Zöglinge erst nach der Schulentlassung der Fürsorgeerziehung überwiesen waren. Be- sonders erfreulich sei, daß von den ganz verdorbenen Dirnen nur etwa 25 bis 40 Proz. wieder der Unzucht verfallen find. Die weiteren Erfolge find abhängig von der Mitwirkung des gesamten Volkes. Es darf den Fürsorgezöglingen kein Makel aufgedrückt werden, wie es gegenwärtig leider vielfach geschieht. Wenn Richter das Gesetz als Schreckgespenst der schlimmsten Art benutzen, wenn die Preste jeden einzelnen Mißgriff oder Mißerfolg der Fürsorgeerziehung sensationell aufgebauscht, von ihrer ungeheuren Aufgabe und ihren Erfolgen aber so gut wie ganz schweigt, so wird in den Zöglingen von vornherein jedes Vertrauen zerstört, ohne das die Erziehung unmöglich ist, und zugleich werden die Zöglinge in ihrem späteren Fortkommen aufs schwerste gehindert. (Lebhafter Beifall.) An diesen sozialer Auffassung und gerechter Würdigung recht fernstehenden Vortrag schloffen fich eine Reihe weiterer Mitteilungen über den Stand der Fürsorgeerziehung in Mecklenburg , Rheinland und Hannover . In der Sitzung am Dienstag begrüßte Ministerialrat Krause- Mecklenburg als Vertreter des Großberzoglichen Justiz- Ministeriums die Tagung. Bei der gesunden ländlichen Bevölkerung Mecklenburgs kämen Fälle von Verwahrlosung nur ganz vereinzelt vor. Aber auch diese wenigen Fälle müffen beseitigt werden und deshalb verfolgt die Großherzogliche Regierung die Tagung mit großem Interesse. Oberregierungsrat Schlosser vom preußischen Ministerium des Innern überbrachte die Grüße der Bundes» regierungen. Er teilte mit, daß von den vom 1. April 1904 bis öl. Dezember 1909 in Preußen zur Entlassung gekommenen 3879 Fürsorgezöglingen 91 Proz. männliche und 92 Proz. weibliche auf ihren weiteren Lebensweg verfolgt werden konnten und daß davon 74 Proz. männliche und 73 Proz. weibliche später eine ge- sicherte und gute Führung aufzuweisen hatten, ein Erfolg, der sicher zur Weiterarbeit auf diesem Gebiete anregend wirkt. Hierauf sprach Landesassessor Hartman«« Hannover über: Unsere Wünsche zum Entwurf der Strafprozeß- uud StrafrechtS- reform hinfichtlich der Fürsorgeerziehung". Er führte aus: Wenngleich die Straffälligkeit der Jugend schon länger als ein nicht nur straftechllicheS, sondern vielmehr fürsorge- rechtliches Problem erkannt war, so war es doch nach der bis- herigen Gesetzgebung den gegen kriminell gewordene Jugendliche erkennenden Richtern nicht möglich, in Konsequenz dieser Er- kenntniS nun auch die strafrechtliche Behandlung der Gesetz- Übertreter in organische Verbindung mit der Erziehungs- fürsorge zu setzen. Daher wurde schon auf dem letzten allgemeinen Fürsorge-Erziehungstage die Forderung nach Heraufsetzung deS Strafmündigkeitsalters gestellt. Der Entwurf zum Straf« gesetzbuch verwirklicht dieses Verlangen durch Hinaufrücken des Strafmündigkeitsalters vom 12. auf das vollendete 14. Lebensjahr. Diese Heraufsetzung war als eine M i n d e st forderung aufgestellt worden. Denn wir wissen, daß gerade in den Altersstufen von 14 bis 16 Jahren die sittliche Widerstandskraft gegen- über den Verführungen im Erwerbsleben noch fehlt oder stark ver« mindert ist. Diese Forderung nach weiterem Hinausschieben der Strafmündigkeit kann zurückgestellt werden, wenn im Strafgesetzbuch etne möglichst treffende Umschreibung des Begriffs der strafrechtlichen Zurechnungsfähigkeit gewählt wird und die Bestimmungen des Ent- wurfs über die Abgrenzung von Strafe und Erziehung Gesetz werden. Die bisherigen Bestimmungen über die Voraussetzungen der Strafbarkeit der Jugendlichen vom 14. bis zum 13. Lebens- jähre sind verfehlt. Ganz einseifig hatte im Strafgesetzbuch nur die intellektuelle EntWickelung, nicht aber die sittliche Reife Berücksichfigung gefunden. Daß der Entwurf zum Straf- gesetzbuch nunmehr das.Einsichtskriterium' fallen läßt, ist als Fortschritt zu begrüßen. Trotzdem aber werden wir als Beginn der Strafmündigkeit das 16. Lebensjahr statt des 14. wünschen müssen, damit überhaupt die Möglichkeit einer strafrechtlichen Ver- folgung von Kindern ausgeschlossen wird. Kinder sind aber die 14 16 jährigen doch regelmäßig noch. Auch die bedingt straf- mündigen Jugendlichen, zumal im Alter von 1416 Fahren, bedürfen besonders der erziehlichen Behandlung. Daher hatte man die Schaffung der Möglichkeit, statt auf Strafe auf Erziehung in besonderen Fällen erkennen zu können, und daneben die Aburteilung bedingt Strafmündiger durch besondere Jugendgerichte verlangt. Trotz der Angriffe gegen das Institut dieser Jugendgerichte hat der Entwurf den Wünschen der Praxis Rechnung getragen. Jene Angriffe können wir nicht als berechtigt anerkennen, vielmehr empfinden wir es als einen Mangel der Regelung des Entwurfs zur Strafprozeßordnung, daß die Einführung der Jugendgerichte nicht obligatorisch gemacht wird, und daß sie nicht auf die Landgerichte erstreckt wird. Wir müssen die allgemeine Einführung der Jugendgerichte und ihre Errichtung auch bei den Landgerichten dringend wünschen. Indes genügt die Aburteilung der strafbaren Handlungen Jugend- licher durch ein Gericht von pädagogisch geschulten Richtern nicht, um die schwerwiegenden Mängel unseres bisherigen Zustandes zu beheben. Wir müssen auch vor allem vermeiden, zu viel zu strafen. Die Forderung nach Einschränkung des Anklagezwanges bei Bagatell- fachen ist daher schon auf dem letzten Allgemeinen Fürsorge- erziehungstage erhoben worden. Die Staatsanwaltschaft soll gegen Jugendliche keine Klage erheben, wenn Erziehungsmaßregeln vor- zuziehen sind. Wenn aber Klage erhoben und Strafe verhängt wird, muß mit der kurzfristigen Freiheitsstrafe ge- brachen werden. Denn für die erziehliche Behandlung des Jugendlichen während der Strafdauer ist eine Frist von mehreren Monaten nöfia. Daneben wird man die Einführung der bedingten Verurteilung fordern müssen statt der bedingten Strafansetzung. die der Entwurf vorsieht. Ferner wird künftig auch die unbestinimte Verurteilung unentbehrlich sein, da sie den großen Vorzug hat, daß die Entlassung aus der Strasbehandlung erst dann erfolgt, wenn die Besserung des Täters erwiesen ist. Wir müffen sie für unsere jugendlichen Zöglinge unter Zugrundelegung eines zeitlichen Höchstmaßes mit der Wirkung wünschen, daß der Angeklagte bei guter Führung nicht als verurteilt gilt. Einen erheblichen Mangel des Entwurfs bildet die Bestimmung, daß die Strafaussetzung bei Geld­strafen ausgeschlossen sein soll. Dagegen sind vom Standpunkt der Fürsorgeerziehung die Bestimmungen des Entwurfs über die neben die eigentlichen Strafen tretenden Nebenstrafen und sichernden Maß- regeln zu begrüßen, da sie dem Richter Handhaben bieten, um einer weiteren Verwahrlosung liederlicher, arbeitsscheuer und trunksüchtiger Eltern, die den Grund zu einer erblichen Belastung und Verwahrlosung der Kinder abgibt, entgegenzu- arbeiten. Bei der Frage der Strafvollstrecknng an Jugendlichen können wir die Bestimmung, daß der Strafvollzug in besonderen Anstalten erfolgen soll, als einen Fortschritt betrachten. Es ist aber ein Fehler des Entwurfs, daß er die Vollstreckung auch in be- sonderen Abteilungen zulassen will. Diese Bestimmung muß weg- fallen, wenn die Absicht, den jugendlichen Kriminellen wirklich sicher vor der Berührung mit anderen Verbrechern zu be- wahren, erreicht werden soll. Eine einheitliche Regelung des Strafvollzuges, den wir dringend bedürfen, bringen die Entwürfe nicht, da der Strafvollzug der Zuständigkeit der Landesjustizverwaltung verbleibt. Deshalb fehlen auch Bestimmungen über die Behandlung der Jugendlichen im Gefängnis. Da der Erlaß solcher Vorschriften Sache der Bundesstaaten bleiben wird, würde sich eine reichsrechtliche Vorschrift wenigstens darüber empfehlen, daß die Landesjustizverwaltungen für Einrichtungen zur erziehlichen Behandlung der Jugendlichen zu sorgen haben. Noch weit mehr Wünsche haben wir hin« sichtlich der Ausgestaltung des JugendfchutzrechteS, in der leider der Entwurf deS Strafgesetzbuches große Lücken aufweist. Allerdings soll die Schwierigkeit nicht verkannt werden, die darin liegt, ein wirklich einheitliches Jugend-, Straf« und Schutzrecht in die allge- meine Strafrechts- und Strafprozeßgesetzgebung hineinzuarbeiten. Deshalb müssen wir für die Zukunft ein einheitliches Sondergesetz, ein Jugendschutzgesetz, das Strafrecht, Strafverfahren, Strafvollzug, Fürsorgeerziehung und Kinderschutz umfaßt, verlangen. In der Diskussion wurde derGedanke scharf bekämpft, die Entscheidung darüber dem Staatsanwalt zu überlassen, ob eine Anklage zu erheben ist oder ob erzieherische kleines feuilleton. Vom edlen Rennsport. Was alle Jahre für die Tierschinderei verausgabt wird, die unter dem Namen Pferderennen Luxus « und Spielbedürfnissen dient, ersteht man aus dem.Jahres-Rennkalender für Deutschland ". Im Jahre 1909 gab es bereits 116 deutsche Renn« Plätze, auf denen 12 694 Pferde in 2163 Rennen liefen. An Preisen und Prämien kamen 7 780126 M. zur Verteilung. Die meisten Gewinne erzielte das königl. preußische Hauptgestüt Grabitz, das 31 Pferde laufen ließ und 657 378 M. einheimste. Die nächst hohe Ziffer erzielte mit 343 001 M. ein privater Rennstall irgend eines Börsianers. Ein einziges Roß brachte in zwei Flach- rennen 93 400 Mark ein. Unter den.Herrenreitern" tat sich ein Leutnant hervor, der in 154 Rennen 63 mal siegte, während der siegreichste Jockey in 235 Rennen 61 Siege aufzu- weisen hatte. Der ganze Erfolg dieser verrückten Rennerei, zu deren Recht- fertigung immer die Verbesserung der Pferderaffen durch Vollblut- zucht herhalten muß, ist ein weiterer Rückgang der Vollblutzucht. Aber der feudale Sport, dem sich alle aufsteigenden Börsenjobber und Häuserspekulanten mit Eifer widmen, dieser Tummelplatz von dekadenter Lebewelt und großstädtischem Aniüsierpublikum, wird ttotz- dem natürlich weiterblühen und sich ausdehnen. Ein neues Golkonda in Kanada . In Kanada will man ein neues Golkonda entdeckt haben. Die Nachricht wurde von einem in Toronto lebenden Berichterstatter derTimes" nach London telegraphiert. In der Nähe der Stadt Stewart fand man ein ungeheueres Lager von goldhaltigem Quarz; es wird behauptet, daß man dieses Goldlager Hunderte von Jahren hintereinander ausbeuten könnte, ohne daß auch nur die Oberfläche vollständig erschöpft würde. Das Lager erstreckt sich in einer gebirgigen E--nd, die sich 600700 Meter über den Meeresspiegel erhebt. viele Meilen weit. Die Goldadern haben eine Länge von 10 bis 600 Meter und werden von großen Porphyrfelsen durchschnitten. Die Ingenieure, die die wichtige Entdeckung gemacht haben, er- klären, daß es sich um die fruchtbarste Goldmine handelt, die je gefunden worden ist. Man kann sich denken, daß die Nachricht in Kanada gewaltiges Aufsehen erregt hat. Das Goldfieber, das so lauge schlummerte, hat von neuem Tausende von Abenteurern, die schnell reich werden möchten, ergriffen. Ein an denGlobe" gerich- telxS Telegramm meldst, daß in vielen Städten die Axbeiter in Massen die Arbeit niederlegten, um nach dem neuen Goldlande zu ziehen. Die Stadt Stewart selbst ist von ihren Bewohnern ver- lassen worden: sie haben sich alle zu dem Orte begeben, wo der gold- haltige Quarz gefunden worden ist. Man hat vorläufig festgestellt, daß das Goldlager eine Fläche von mindestens 20 Quadratmeilen umfaßt; es ist aber wahrscheinlich noch viel größer. Wer es entdeckt hat, weiß man bis jetzt noch nicht. Japanische Studenten. Es gibt in Tokio 60 000 Studenten; sie kommen aus allen Teilen des Reiches. Der Unterricht, der den lernbegierigen jungen Leuten erteilt wird, umfaßt alle Gebiete menschlichen Wissens; des größten Zulaufs aber erfreuen sich die Vorlesungen über fremde Sprachen. Der Sprachunterricht, den die Japaner für die wichtigste aller Doktrinen halten, wird in einer Staatsschule erteilt.Es geht hier zu wie beim Turnibau von Babel I" schreibt dasJapan Magazine".Englisch , Französisch, Deutsch . Russisch , Spanisch, Italienisch, Chinesisch, Koreanisch, Ta- mil, Hindustani, Mongolisch. Malaiisch, alle Sprachen, alle Dia- lckte, die in Europa und in Asien gesprochen werden, werden in diesem Institut, das in der ganzen Welt nicht seinesgleichen haben dürfte, gründlich gelehrt. Der Saal, in dem sich die Professoren der Schule versammeln, gibt einen Begriff von dem künftigen Par- lament der Nationen. Bärtige Slawen, elegante Franzosen, massige Deutsche, Italiener , deren ausdrucksvolle Gesten und deren außer- ordentliche Beweglichkeit die Japaner aus dem Staunen nicht herauskommen lassen, majestätische Spanier, korrekte Engländer das ist so eine kleine Blütenlese aus Europa . Und dann erst die Asiaten I Da ist zuerst der Chinese mit jener stolzen Würde und jenem Hochmut, die für die ganze Rasse charakteristisch sind; neben ihm erscheint der Koreaner, der immer so aussieht, als wenn er selbst einen Herrn und Lehrer suchte, der mongolische Lama mit dem Priestergesicht, der revolutionäre Hindu, der muselmanische Malaie, der bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit reli- giöse Propaganda macht.., Die Schüler der Hochschute für Sprachen verlieren ihre Zeit nicht: sie haben wöchentlich nicht weniger als dreißig Unterrichts- stunden. DiesesBüffeln" erstickt in ihnen natürlich jeden Keim, jeden Ansatz von Originalität: sie werden schließlich zu Maschinen, die sich mechanisch Notizen machen l Es muß allerdings gesagt werden, daß nicht alle Studenten von Tokio den Ehrgeiz haben, sämtliche Sprachen der Welt zu erlernen. Achttausend etwa lassen sich Privatunterricht geben und lernen nichts weiter als Englisch. Im allgemeinen sind die japanischen Studenten sehr arm; es gibt kein Opfer, bps eine japanische Fgnftlie njcht bpinge» würde, wenn Maßnahmen am Platze sind. Direktor Blunk von der Er- ziehungsanstalt in Hamburg betonte nachdrücklich, daß die Staats- anwaltschaft diese Entscheidung gar nicht treffen könne und regte die Errichtung eines Erziehungsrates oder eines Er- ziehnngsamtes an, das den Vormundschaftsgerichten an- zugliedern sei und das dann die Entscheidung zu treffen habe. Amtsgerichtsrat Bandstöner- Berlin, der seit längerer Zeit Jugendrichter in Berlin ist, trat dem Gedanken entgegen, daß der Staatsanwalt die Entscheidung darüber haben könne, ob Strafe oder erzieherische Maßnahmen am Platze sind. Diese Entscheidung müsse in der Hand des Richters, eventuell im Verein mit einem Erziehungsamt liegen. Professor Klumk er- Frankfurt a. M. wandte sich gegen den Gedanken, die Einrichtung der Jugendgerichte obligatorisch zu machen. Dazu sei diese Einrichtung noch viel zu jung und in manchen Ländern wie Mecklenburg und Württemberg sei überhaupt kein Boden dafür vorhanden. In Amerika sollen die Jugendgerichte unsere dort fehlenden Vormundsckiaftsgerichte ersetzen, bei uns aber stellen sie in keiner Weise einen Fortschritt dar. Schließlich wurde die ganze Materie dem geschäftsführenden Ausschuß übergeben, der sie weiter verfolgen und die Wünsche des Erziehungstages an geeigneter Stelle zur Sprache bringen soll. Hierauf wurden drei von dem Vorstand vorgelegte R e s o« lutionen angenommen. In der e r st e n fordert der allgemeine FürsorgeerziehungStag seine Mitglieder und Freunde auf, für eine solche Verbesserung des FürsorgeerziehungSgesetzes zu wirken, wie sie der preußische Minister des Innern im Herrenhaus in der Sitzung vom 31. Mai 1910 in Aussicht gestellt hat. Eine weitere der zur Annahme gelangten Resolutionen verlangt von den staat- lichen Behörden die Bereitstellung ausreichender Mittel, um Jugendstaatsanwälte und Jugendrichter planmäßig zu orienfieren und ihnen regelmäßige JnformationSkurse zu ermöglichen. Die dritte Resolution fordert ausreichende Mittel zur Durchführung einer planmäßigen Fachausbildung der Berufsarbeiter der Fürsorge« erziehung durch Facherziehungsscminare und regelmäßige Fort« bildungskurse. Heute geht voraussichtlich die Tagung zu Ende. _\ Frau von Schönebeck vor den Gefchworenen. (19. Verhandlungstag.) Berichtigend bemerken wir zu unserem gestrigen Bericht. daß es in dem telegraphisch uns übermittelten Gutachten des Sanitätsrats Dr. Stoltenhoff heißen muß: Deshalb ist jedoch nicht jeder Homosexuelle als geistig krank zu betrachten. Die Angeklagte hatte am Montagnachmittag in ihrem Hotel einen schweren Krampfanfall. Auch in der Dienstag- sitzung wurde sie wiederholt von Anfällen heimgesucht, die teilweise Pausen von einer halben und einer vollen Stunde erforderlich machten. Sie bat aber wiederholt, der Verhand- lung Fortgang zu geben, sie wolle, soweit es ihr möglich, sich aufrecht halten. Es konnte denn auch die Sitzung trotz einer höchst überflüssigen Vernehmung eines Zeugen und zeit- raubender Verhandlungen wegen Zulassung eines Oberst- leutnants a. D. zur Verhandlung die Verhandlung so weit geführt werden, daß nunmehr sämtliche Zeugen und Sach« verständigen vernommen sind. Zu Beginn der Sitzung teilt der Borfitzende mit, daß der Oberst« leutnant a. D. Döring, der bereits als Zeuge vernommen war, gebeten hat, den Gutachten und Plaidohers beiwohnen zu dürfen. Die Verteidigung wendet sich dagegen. Der Borfitzende betont, der Prozeß sei doch in psychologischer Hinsicht für jeden, der sich für kriminalisttsche Fragen interessiert, von großer Bedeutung. Es liege auch ein begreifliches Interesse vor, die Berliner Verteidiger zu hören. Die Verteidigung beharrt auf ihrem Standpunkt und hebt hervor. daß die Angeklagte gegen die Zulassung des Oberstleutnant? sei. Das Gericht beschließt, ihn zuzulassen, später jedoch, als das Gutachten des Königsberger Medizinalkollegiums ver- lesen werden soll, hebt das Gericht mit Rücksicht auf den Wunsch der Angeklagten den Beschluß auf: der Oberstleutnant muß das Sitzungszimmer verlassen. Darauf beantragte der Staats« anwalt de« völligen Ausschluß der Orffentlichkeit. Das Gericht be- schließt, diesen Antrag abzulehnen. ES nimmt an, daß die Ver- tteter der Presse auf die sexuellen Einzelheiten, die in dem Bericht zur Sprache kommen, nicht eingehen werden. Ein Zeuge vom Hörensagen. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wird ein Rechtsanwalt Schöne aus Berlin über den Leumund der Zeugin Neubauer ver» nommen, wiewohl die Verteidigung dagegen protestiert, weil keine Tatsachen mitgeteilt sind, über die der Zeuge sich auslassen soll. Der Zeuge erklärt dann: Ich bin Vormund des unehelichen jfindeS es sich um die Erziehung ihrer Kinder handelt. Eines Tages so berichtet der Gewährsmann desJapan Magazine" weilte ich als Gast in einem elenden kleinen Dorfwirtshause. Der Gastwirt knüpfte mit mir eine Unterhaltung an und erzählte mir, daß er seine Kinder in England erziehen lasse." Humor und Satire. Hamburg und Longchamp. WaS wälzt das Volk?... DaS Pferdchen rennt I In LongchampNuage"; in Hamburg Orient". Zwei heimische Siege mit Schenkel und Peitsche, Froh ist der Franzmann, beglückt ist der Deitsche. In Longchamp schlug unter Jubelgeheule Der gallische Gaul zwei britische Gäule. In Hamburg blieben Oestreicher und Russen Etsch! vom Siege ausgeschlussen. Der Preis für Röster, die so schlau sind? Hier hunderttausend, dort dreihunderttausend. ES kriegt der Gaul heut, Gott sei Dank, Für einen Meter: dreihundert Frank..., Ein Lyriker seufzt. Er fragt sich betrübt, Ob's eine Seelenwanderung gibt. Und hat sich eisern vorgenommen, Künftig als Pferd auf die Welt zu kommen. _(Gottlieb imTag") Notizen. Theaterchronik. Im Lessingtheater wird die K a s e r n e n l u f t" auch während des ganzen Juli aufgeführt. Der italienische Astronom Schiaparetli, dem wir besonders Sternschnuppen- und Marsforschungen verdanken, ist in Mailand unter Lähmungserscheinungen schwer erkrankt. Sch. vollendete im März sein 75. Lebensjahr. Vulkantause in Sizilien . Auf Veranlassung der sizilischen Abteilung des italienischen Alpenklubs wurden dieser Tage mehrere neue Vulkangipfel, die sich während der letzten seismischen Erschütterungen und während des Ausbruchs des Aetna auf Sizilien gebildet haben, feierlich getauft. Ein neuer Aetna - gipfelt erhielt den Namen Recupero, nach einem berühmten Geo» logen aus dem vorigen Jahrhundert. Die Tauffeier fand in einem Zelte statt, dgS lgaii in fess Nahe vgn Nicolysi exrichtet hatte,