unter FuLMgung mildernder Umstände zu 100 Mark Geld«st r a f e oder 20 Tagen Gefängnis verurteilt.Eine Dorstragödie.In dem WflnSdorfer TotschlagSprozeß, über dessenAnfang wir gestern berichtet hatten, wurde am gestrigen Spät«nachmittag nach zweitägiger Verhandlung die Beweisaufnahme ge-schlössen. Die Beweisaufnahme hatte einzelne für die beiden An-geklagten, Frau Emma Votz und den 73jährigen Altsitzer FriedrichBritz, sehr belastende Momente ergeben, so daß der Vertreter derAnklage, Staatsanwaltassessor Kehr, die Stellung der Schuldfragenach Mord beantragte. Hierdurch entstand die Gefahr, daß derganze Prozeß einer Vertagung anheimfiel, da die RechtsanwälteDr. Walter Jaffä, Dr. Donig und Dr. Alsberg die Erklärung ab-gaben, daß sie auf diese Erweiterung der Anklage nicht vorbereitetseien. Der Antrag auf Stellung der Scbuldfrage wegen Mordeswurde schließlich von der Staatsanwaltschaft zurückgezogen. DerVertreter der Anklage beantragte Bejahung der Schuldfrage nach ge-meinschaftlichem Totschlag unter Versagung mildernder Umstände.Nach längeren Plädoyers der Verteidiger und der Rechtsbelehrungdurch Landgerichtsdirektor Dr. L i e p m a n n bejahten di� Ge-schworenen bezüglich des Angeklagten Britz die Schuld-frage nach Totschlag, billigten ihm aber dadurchinildernde Umstände zu, daß sie annahmen, daß derAngekagte durch eine ihm oder seinen Angehörigen zugefügteschwere Beleidigung oder Mißhandlung in Zorn versetzt worden war.Bezüglich der Angeklagten Boß bejahten die Geschworenen nur dieSchuldfrage nach Körperverletzung mittels einer das Lebengefährdenden Behandlung. Das Urteil lautete gegen Britz auf4 Jahre Gefängnis und 6 Jahre Ehrverlust und gegendie Voß auf 2 Jahre Gefängnis.VmnifcKtes.Der wirtfebaftUebe Hrm der Kirche.Paris, 30. Juni.(Eig. 23er.) Die Affäre des SchwindlersDupray de la Maherie eröffnet Einblicke in phantastischeKapitel der menschlichen Ko-mödie. Man kennt jetzt den Lebens-lauf des Abenteurers ziemlich genau. Duprah stammt aus eineralten Adelsfamilie der Normandie. Nach Vollendung seiner Rechts-studien wurde er Beamter im Departement Callxidos und brachtees rasch bis zum Rang eines Präfekten. Nach seiner Verheiratungmit der Tochter eines Generals zog er nach Paris, wo er am HofZutritt bekam. Schon damals begann er für from.' Stiftungenzu sammeln. Einen Betrug größten Stil? aber omamperte er, alser die Bekanntschaft des in Duisburg geborenen Marquis vonCroy-Chanel gemacht hatte. Dieser Marquis hatte Ver-bindungen in der hohen Gesellschaft des Kaiserreiches, das ja selbst,wie in der klassischen Schilderung Marxens im 18. Brumaire ge-zeigt wird, auf dem Grund der Hochstapelei errichtet worden war.Er nahm auch an der Revolution in Portugal teil, verhandeltemit Pius IX. über die Gründung einer katholischen Volksbank,mit Pius X. über die Gründung einer katholischen Volksbank,wurde aber bei seiner Rückkehr aus Rom unter dem Verdacht derBanknotenfälschung verhaftet. Die Geschworenen sprachen ihnjedoch frei. Er wurde nun ein Agent des Prinzen Napoleon undtrat mit dem Anspruch auf den Titel eines Marquis v. Este hervor,wobei er sich auf seine Abstammung von Stefan III. von Ungarnpnd Beatrice v. Este berief.Den Prozeß, den er auf Betreiben DuprahS betrieb, verlorer, aber die Sache hatte in den Zeitungen genügend Lärm gemacht,um die Basis für den riesenhaften Humbug, den die neuen Freundeaussannxn, abgeben zu können. Sie gründeten eine„d i p l om a-t i s ch- p o l i t i s ch e" Gesellschaft, die nichts geringeres an-strebte, als den Arpadsprosien auf den Thron seiner Ahnen zubringen. ES gab naive Leute in Menge, die für diese Unter-nehmung Geld hergaben. Millionen flössen in dieKassendesSyndikatS. Der Kassierer der Gesellschaft wurdewegch? riesiger Unterschlagungen vor Gericht gestellt und Duprayde la Maherie als Mitschuldiger in Haft genommen. Der Kas-sierer bekam 6 Jahre Gefängnis, Dupray 7 Jahre Zwangsarbeit,die jedoch in einfaches Gefängnis umgewandelt wurden. DerMarquis Crouy-Chanel selbst ergriff die Flucht, wurde jedoch er-wischt und zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt. Das war im Jahre1866. 187S tauchte Dupray, der während des Krieges von 1870verschwunden war, wieder auf. Er nannte sich damals Re g n a u l tund lebte ziemlich bescheiden als Agent für Arzneiartikel. Späterging er nach Rom, wo er wegen illegaler Ausübung der Heilkunstverurteilt wurde. 1881, zur Zeit der ersten Austreibung derKongregationen, kehrte er nach Paris zurück, wo er den„W i r t«s ch a f t l i ch e n Arm der Kirche" ins Leben rief. Das Ge-schaft erwies sich als äußerst einträglich und Dupray lebte baldwieder auf großem Fuß. Ein Zimmer seiner luxuriösen Wohnunghatte er in eine Kapelle verwandeln lassen. Der Hauptschmuckwar eine Christusstatue aus Elfenbein, die 188S von demSchätzungskommissar Meissonier auf 200 000 Frank bewertet wurde.Dupray hatte sie einer Frau D u r e t um 100 000 Frank abgekauft,den Kaufpreis aber nicht bezahlt. Frau Duret hielt sich abergleichwohl nicht für geschädigt, denn Duprah hat ihr großmütigeinen— Schuldschein auf 300 000 Frank gegeben. Ein Geistlicherließ die Statue wegen unbezahlter Schulden pfänden. Sie wurdeim BersteigerungSamt für— 2500 Frank losgeschlagen. Die größteRarität in der Kapelle aber war— eine„Haarlocke von JesusChristus". Er zeigte sie aber nur besonders hochgeschätzten Glau-bigen und— Gläubigern. Duprays getreuester Anhänger, derPariser Pfarrer S i s s o n, fuhr einmal nach Rom, um sich nachdem Zeugnis für die Echtheit dieser Reliquie zu erkundigen, bekamaber ungünstige Auskünfte. Der naive Geistliche hielt trotzdemloeiter zu dem Schwindler, von dem er sich sein ganzes Vermögenund schließlich sogar noch einen Teil seiner mageren Pensionherausfoppen ließ. Sein Neffe hat jetzt durch eine Klage denganzen Schwindel ans Tageslicht gebracht.*Nach einem Telegramm aus Paris unterzeichnete der Unter-suchungsrichter eine Verfügung, wonach die S ch w e st e r C a n-d i d e, deren Gesundheitszustand zu wünschen übrig läßt, vorläufigin Freiheit gesetzt wird._Unzufriedenheiten im italienischen Erdbebengebiet.Genau wie nach dem Erdbeben von Messina wird auch diesmalüber Unzulänglichkeit der Hilfsaktion in dem Gebiet des letzten Erd-beben« geklagt. Der.Avanti" erfährt aus Calitri, dem ammeisten geschädigten Orte, daß man es für gut befunden hat, schonzwei Tage nach dem Erdbeben die Bergungsarbeiten ruhen zulassen, und die Bevölkerung behauptet, daß man damals noch Rufeaus den Trümmern gehört hätte. Nur als die UeberlebendenGewalt anwenden wollten, brachten sie die Soldaten zurWiederaufnahme der Arbeiten, und es wurden auch nochweitere Leichen geborgen und sogar zwei lebendige Esel.Man sagt sich nun, daß man vielleicht statt Leichen noch Lebendigehätte bergen können, wenn nicht während 30 Stunden die Hilfsarbeiten geruht hätten. Die Korrespondenz hebt weiter hervor, daßan einen Ort, wo Brotmangel war, so viele Soldaten gesandtwurden, daß sie allein alles Brot, das von auswärts geschicktwurde, verzehrten. Die Bevölkerung hätte die unreifen Bohnen aufden Feldern gegessen. Dann sollen drei wohnbare Hotelsausschließlich für die Offiziere reserviert worden sein. Ebensowie bei dem unvergleichlich viel größeren Unglück vonMessina hätte man auch diesmal die angebotene Hilfezurückgewiesen. Die Akttengesellschaft, die den großen Aquäduktvon Apulien baut und über Tausende von Arbeitern verfügt,hat unentgeltlich ihr technisches Personal zur Verfügung gestellt, sahaber ihr Anerbieten abgelehnt. Dann schickte das staatliche Bauamtganz großartig drei lebendige Ingenieure in einen Ort mit 0000Einwohnern, in dem die Hälfte der Häuser demoliert werden muß.Der Ingenieur Bozzoli soll gar einen behördlichen Rüffelerhalten haben, weil er Holz zum Barackenbau mit Eilfracht schickte.Die Bevölkerung wünscht dringend die Entsendung eines Deputiertenund hat auch gebeten, daß man Journalisten an Ort und Stelleschicke, um genauere Kenntnis über die angerichtete Verwüstung unddie notwendige Hilfsaktion zu verbreiten.Furchtbare Ueberfchwemmung des Huangkiang.Wie ein Telegramm aus Schanghai meldet, sind inder Umgebung von Tschangte(Provinz Hunan) infolgeUrberschwemmung durch den Huangkiangfluß über tausendMenschen ertrunken. Ein großer Teil der Bevölkerung istan den Bettelstab gebracht, da die Reiscrnte vernichtetist. Die Lage in der Provinz Hunan hat sich dadurch ver-schärft._Verheerender Waldbrand.Aus Winipeg wird nach einem Telegramm gemeldet, daß ander amerikanisch-kanadischen Grenze große Waldfeuer wüten, die be«reits viele Millionen Dollar Schaden verursacht haben. Auch diekleinen Waldstädtchen Devlon und Lavalles in Ontario sind demFeuer zum Opfer gefallen. Hunderte von Ansiedlern sollen verbranntsein. S it Wochen ist kein Regen gefallen, und aller Wahrscheinlich«keit nach wird der ganze mit Wald bedeckte Distrikt, hundert Meilenlang entlang der Grenze, von den Flammen überflutet werden.Kleine Notizen.Infolge Hitzschlages sind gestern in New Dork vier, inPhiladelphia sechs, in Pittsburg vier, in Chicago vier und inDetroit eine Person gestorben. Auch aus anderen Orten werdenderartige Todesfälle gemeldet.Krieg im Frieden. In Cattaro wurden beim Scharfschießenmit 21 Zentimeter-Mörsongeschützen der 5. Festungsartillerie zweiSoldaten schwer und mehrere leichter verletzt.Der gesunkene„Pluviose". Da es nach Ansicht der Ingenieuremöglich ist, den„Pluviose" auszubessern, so wird das Unterseebootdemnächst nach Cherbourg gebracht werden. Der Marineminister hatden Auftrag gegeben, die Arbeiten zu beschleunigen. Der„Pluviose"dürfte demnach im Dezember wieder in den Dienst des menschen«mordenden Militarismus gestellt werden.Uebcrfahren und getötet. Der 42 jährige Berliner KaufmannTheodor Renk geriet aus dem Bahnhof Hagen �Westfalen) unter dieRäder eines einfahrenden Zuges und wurde sofort getötet.Eine entsetzliche Familientragödir hat sich, wie ein Telegrammaus Rom meldet, in C o l l a l t o bei Gubbio abgespielt. Ein ver«mögender Bauer benutzte die Llbwesenheit seiner Frau, um seinedrei Kinder im Alter von vier, fünf und sieben Jahren in einennahen Wald zu führen. Nachdem er dort stundenlang mit denKindern gespielt hatte, schnitt er plötzlich mit einer Sichel allendreien die Hälse ab, legte die Leichen dem Alter und der Größe nachnebeneinander und verschwand.Selbstmord eines Börsenspekulanten. Der frühere BerlinerBankier Ludwig Thalmessinger hat infolge großer SpekulationS-Verluste mit seiner Frau in Hamburg Selbstmord verübt. Die un«erstillten Verpflichtungen wurden an der Börse auf 400000 M. beziffert und sollen hauptsächlich aus Engagements an der LondonerBörse herrühren.flnupfffäReBr Ausnahme- AnaebofieKelh«Ausnahme- AngeboteJJ Herren-Anzüge OMtrelft«r and kariertar Q~ Stoff............................ �Barn-CharakterReiheReihe 41 Herren- AnZÜgC bewährte Meltom and O*7Kammflarn-Mischunnen.................*-•«/»Loden-Pelerinen Loden-Pelerinenstarben.Durch wegDurchwegfür Herren und Damen 7 caReihe...............».50für Herren und Damen 1Reihe 10............ U-50Gummi-MäntelEcht englisch. ModefarbenReihe 11............. 1�.90Alle Schüler-Wasch- Anzüge==7�I�wNÄ!l«ea� sind erheblich herabgesetztBaer-Sohn'Beginn: Sonntag. 3. Juli£ade: TUontog,*7. JuflChausseestraße 29-30Gr. Frankfurterstr. 20□□□□11. Brückenstraße 11Schöneberg, Hauptstr. 10verantwortlicher Redakteur Richard Barth, Berlin. Für den Inseratenteil verantw.: Th. Glocke, Berlin. Druck». Verlag: Borwärt» Buchdruckerei u. Verlagsanstalt Paul Singer& So., Berlin SW.