258 128,45 Hektar gebunden, was 24,33 Proz. der Gesamt-fläche der 15 Kreise ausmachte.Von der Gesamtzahl von 258 Großgrundbesitzern warenim Jahre 1909: 64„gewöhnliche" Adelige, 14 Barone undFreiherren, 32 Grafen, 7 Fürsten und Herzöge und 3 Könige(von Preußen, Sachsen und Württemberg).Gewöhnliche Adelige.... 70520,77 HektarBarone und Freiherren... 11458,26„Grafen......... 117 707,56„fiirsten und Herzöge.... 108616,60„önige......... 21-635,89„Das macht im ganzen„nur" 419 939,07 Hektar. Beinahedie Hälfte von Polnisch-Oberschlesien war also im Jahre 1909im Besitze von nur 120 Adels- und Magnatenfamilien.Vergegenwärtigen wir uns, daß viele dieser Magnaten-familien im oberschlcsischen Jndustriebezirk noch mancheKohlen- und Erzgruben, Hütten und andere industrielle An-lagen besitzen, daß die schwere Industrie außerdem in Händenvon ebenfalls riesigen Aktiengesellschaften vereinigt ist, daß derFiskus ebenfalls über ausgedehnte Kohlen- und Hüttenwerkeverfügt, so haben wir vor uns das Bild der gottgewolltenkapitalistischen Ordnung in Polnisch-Oberschlesien. Auf dereinen Seite eine Handvoll von Ausbeutern, auf der anderendagegen Hunderttausende polnischer Industrie- und Land-Proletarier, deren Lebensaufgabe darin besteht, ihren Aus-beutern fortwährend neuen Mehrwert zu schaffen und selbstin Not und Elend dahinzuvegetieren.Polnisch-Oberschlesien ist fürwahr das Land, wo das Un-sinnige der kapitalistischen Wirtschaftsordnung auf die Spitzegetrieben ist._Koloniale Schaodwlrtichaft.Solange Herr Dernburg Kolonialsekretär war, hütete sich dieliberale Presse vor Enthüllungen über die koloniale Mitzwirtschaft.DaS wird nun hoffentlich wieder anders werden, zumal die Zu-stände in unseren Kolonien die schärfste Kritik nach wie vor heraus-fordern. War es doch einfach eine liberale Legende, datz seitDernburgs Amtsantritt ei» anderes System der Eingeborenen-behandlung eingeführt worden sei.Wie es beispielsweise in Kamerun zugeht, erzählt ein HerrPaul Krause ausführlich in der„Verl. Morgenpost". Dieser Herr,der erst am 1. Juni aus Kamerun zurückgekehrt ist, erörtert dieErmordung des deutschen Kaufmanns Bret-schneider durch die Macca-Leute in Süd-Kamerun. Er kommtdabei auf Grund seiner Keiuitnis der Berhältnisse gerade diesesStammes zu der Vermutung, datz Kaufmann Bretschneider deshalbmit seinen Trägern erschlagen worden sei, weil er den Ver-such gemacht habe, sich durch Anwendung von Ge»Walt Träger zu verschaffen. Herr Paul Krause gibtdabei eine so interessante Schilderung der Art, wie in Kamerun vonden Behörden und Kaufleuten die Eingeborenen behandelt werden.datz e« sich verlohnt, diese Enthüllung eines Landeskundigen aus-fiihrlicher wiederzugeben.Der Stamm der Macca steht unter der Herrschaft de? Hänpt-lingS N'Gelle. Dieser Häuptling beklagte sich bei der letzten An-Wesenheit Krauses auf seinem Gebiete bitterlich über sein und denSeinen seiner Los: Die Station verlange eine Kopfsteuervon jährlich 4 Mark, sie verlange ferner Arbeiter zumWegebau und weiter dieAbholzung grötzerer Strecken,um Raum für Farmen zu schaffen. Zum Ucberflntz kämen dannnoch die Kaufleute und wollten Träger haben. Krauseerzählt, datz er den Häuptling so gut wie möglich getröstet habe.Er habe ihm zugeredet, nur ja alles zu tun, um die Stationund die Kualcute zufrieden zu stellen. Bei einem Kon-flikt werde er ja doch den Kürzeren ziehen. N'Gelle habeihm denn auch„unter dem üblichen Radau" schließlich50 Träger geben, dabei aber gleich gesagt, datz das die letztenfeien, die er stellen könne, denn jetzt nmsje er erst Farmen anlegenlassen und die Weiber versorgen.Am 21. März etwa, erzählt Krause weiter, sei der KaufmannBretschneider auf 2 Tage sein Gast gewesen. Er habe durch N'GclleSGebiet gewollt, um Träger anzuwerben. Trotzseines AbratenS sei Bretschneider voller Zuversicht abgereist.Seiner, KrausenS. Ansicht nach sei Bretschneider wohl,als er keine Träger erhielt, mit Gewalt vorgegangen.Er habe wahrscheinlich die Weiber gefangengenommen, um die Männer zu erhalten. Die Gefangennahmevon Weibern sei nämlich„eine mit Vorliebe angewandte Methode",um einen Druck auf die Männer auszuüben. Denn daS sei deSSchwarze» empfindlichster Punkt. Nichts könne so sehr seinen Unmutwecken und ihn dem Weitzel, gegenüber feindlich stimmen, als dieEntführung seines Weibes. Nehme der Meitze das Lieblingsweibdes Schwarzen gefangen, so mache er diesen entweder gefügigoder—„wild"!„Dann erhält der Weihe mit seiner Begleitung keinen Pro-viant, es mutz requiriert werden, kein Unterkommen ist zu finden,die Häuser werden gestürmt, die Weiber ausihnen vertrieben. Nirgends aber ist dann der Häuptlingzu finden. Die Kriegslage ist da."Was es aber mit den Trägerdiensten, zu denendie Schwarzen von den Kaufleuten gepretzt werden, auf sich hat, be-weist folgende Darstellung des Herrn Krause:Und noch ein letzter Punkt wäre zu erwähnen. Am25. April 1909 erhielt ein Vertreter einer in Süd-Kamerun an-sässigen Handelsgesellschaft zweihundert Arbeiter von N�Gelle-mandma auf sechs Monate, sechs Mark pro Mann. Als dieKontraktzeit abgelaufen war. da wollte derVertreter der Gesellschaft die Leute zwingen,weiterzuarbeiten.Nun mutz man sich solch einen abgearbeiteten Trägervorstellen. Er kann den Tag kaum erwarten, an dem er in seinDorf zurückkehren und die Freiheit genietzen kann. Schlafendkann er dann auf den Bananenblättern liegen, von seinenWeibern gefüttert und geliebkost. Nun zwingt ihn derWeihe, indem er ihm den wohlverdientenLohn nicht auszahlt, noch weiterzuarbeiten. DieSehnsucht des Schwarzen wird furchtbar groh und unbezwinglich.Da hilft er sich selbst und entflieht. Natürlich ohne Geld, undkann nun, ins Dorf zurückgekehrt, sich bei dem nahen Händler keinneues Hemd, seinen Weibern keine Perlen und Tücher kaufen.Da wird der Meitze verflucht und bei dem Häuptling undZauberer verklagt. So habe ich einen Weißen gekannt, der sichdurch aufgezwungene Ueberarbeit und allerleiSchikane einer Schar von 250 Trägern auf dieseArt entledigte.ES waren dieselben Leute, die jetzt den Kauf-mann Brettschneider ermordet haben. Noch vorherwaren zehn Träger den langen Weg(vier Wochen!) bis zur Küstegegangen, um bei der Hauptleitung der Gesellschaft ihre Bezahlungzu verlangen. Aber auch da wurde sie ihnen mit der Begründungverweigert, datz sie k e i n e n Ausweis von dem betreffendenVertreter hätten. Und sie erhielten kein Geld, trotzdem sieihren Kontrakt, der von der Regierung abgestempeltwar. vorlegten.Kann man eS da de» Eingeborene» verdenken, wenn sie sich mitallen Kräften dagegen sträuben, sich als Träger anwerben zulassen?Und kann man es ihnen verdenken, daß sie selbst zur Gewaltgreifen, wenn der erstbeste weitze Händler die Un-verfrorenheit besitzt, durch Entführung derWeiberdie wider st rebenden Männer gefügig machen zuwollen?Aber nicht nur zn Trägerdiensten der soeben geschilderten Artwerden die Eingeborenen gewaltsam gepretzt, sondern auch zur An-läge von Wegen und Straßen, deren„übermäßige Breite"obendrein unser Sachkundiger als ganz zwecklos ansieht:„Wege, auf denen zwei Mann bequem nebeneinander gehenkönnen, wären genügend. Aber da werden die Hunderte vonSchwarzen zur Arbeit herangetrieben und müsienscharwerken. Wehe dem armen Schwarzen, der auS der Reiheweicht! Mit Kolbenstoßen wird er wieder zurückgetrieben.— DaSkann das freie Naturvolk nicht vertragen und so bildet sich der Haßgegen den weißen Mann."Trotzdem wird jetzt wahrscheinlich wieder eine Strafexpedition gegendie Mackas entsendet werden. Man wird etliche Dutzend oder je nach-dem auch etliche Hundert Eingeborene niederknallen, wird ihreDörfer abbrennen und damit andere Stämme fürs erste davorzurückschrecken, ihren weißen Peinigern gegenüber ebenfalls zurSelbsthilfe zu greifen!_politifcbe debcrlicbt.Berlin. den 4. Juli 1910.Bethmann und Rheinbaben.Mit Rheinbabens Abhalfterung sind die Konser-vativen sehr unzufrieden und sie lassen das immer stärkermerken. Die„Kreuzztg.", die bekanntlich als erstes Blatt die„Ucberraschung" zu melden wußte, kommt heute wieder aufden Rücktritt des Finanzministers zu sprechen und erinnert anihre Mitteilung, daß Frhr. v. Rheinbaben sich ohne Vor-wissen des Reichskanzlers und Ministerpräsidenten zur Ein-reichung seines Entlassungsgesuches entschlossen habe. Unddann setzt das konservative Organ hinzu:„Aus dieser Tatsache ist zu erkennen, datz zwischen diesenbeiden Staatsmännern Meinungsverschiedenheiten politischer Artbestehen, die nicht auszugleichen find. An parteipolitische Gegen-sätze denken wir dabei natürlich nicht, denn ein Parteiminister warFrhr. v. Rheinbaben nie.(?!) Aber allerdings läßt sein RücktrittSchlüsse zu auf die Richtung, in der sich die Politik des Herrnv. Bethmann Hollweg bewegen will, und die liberale Presse zeigtsich davon recht befriedigt."Was die„Kreuzztg." von politischen Meinungsverschieden-heiten sagt, ist etwas rätselhaft. Es wäre aber auch zuvielverlangt, wenn das konservative Blatt zugeben sollte, daßRheinbaben aus Rivalitätsgründen von Bethmannzur Strecke gebracht worden sei. Daß die liberale Presse be-friedigt sein soll, beweise, auch wenn es wahr wäre, sicherlichnicht, daß der reaktionäre Kurs nicht derselbe bleiben wird,vielleicht mit noch stärkerem freikonservativem scharf-macherischem Einschlag. Die Konservativen scheinenallerdings über die Ausschiffung ihres Vertrauensmannesrecht erbittert. Wenn Herr v. Bethmann sich nicht raschbeeilt, neue Proben seiner Zuverlässigkeit abzulegen, kann ihmdiese Erbitterung noch teuer zu stehen kommen.Herr v. Jagow gegen Beleidigungen.Aus Anlaß der Wahlrechtsbewegung sind zahlreiche An-klagen erhoben worden, weil Wahlrechtsteilnehmer, durch dasunerhörte Vorgehen der Polizeibeamten gereizt, bestimmteBeamte mit dem Ausdruck„Bluthunde" beleidigt habensollten. Es sind auch Verurteilungen erfolgt, wobei in einerReihe von Fällen die Gerichte den Angeklagten ihre berechtigteEmpörung gegen das Vorgehen der Polizei zu gute hielten.Da die Anklagen in der Hauptsache auf Beleidigung lauteten,gelang es nicht, das gesamte Verhalten der Polizei an denWahlrechtssonntagen so zu beleuchten, wie das wünschenswertgewesen. Daß Polizeibeamte gegen die Wahlrechtsdemonstrantennicht nur tätlich vorgingen, sondern sie auch in der gröblichstenWeise beschimpften, ist bekannt; wir selbst haben in unseremBlatt eine Blütenlese polizeilicher Schimpfworte veröffentlicht.Ein Arbeiter, der am 6. März mit seiner Frau ini Tiergartenspazieren ging, mußte hören, wie ein Schutzmann seine Frau„Verfluchte Sau, verfluchte Hexe" titulierte.Es gelang ihm mit vieler Mühe, den Namen des schimpfendenSchutzmanns festzustellen. Er wandte sich beschwerdeführendunter Angabe von Zeugen an den Polizeipräsidenten, der eineUntersuchung einleitete. Der beschuldigte Schutzmann suchtesich auszureden, indem er angab, die Worte hätten sich aufsein Pferd bezogen. Es scheint ihm aber nicht geglaubtworden zu sein, denn dem Beschwerdeführer ist dieser Tagefolgender Bescheid zugegangen:„Ihre Beschwerde vom 6. d. Mts. habe ich nach dem Ergebnisder angestellten Ermittelungen für begründet erachtetund dementsprechend den in Frage kommenden Beamten bis-ziplinarifchbe straft. v. Jagow."Damst ist nun auch offiziell festgestellt, in welcher WeiseBeamte das Publikum behandelt haben. In nur wenigenFällen wird es gelingen, den Namen schimpfender Schutzleutefestzustellen. Immerhin soll anerkannt werden, daß Herrv. Jagow diese Beleidigungen nicht billigt. Wünschenswertwäre allerdings zu wissen, welcher Art die disziplinarischeBestrafung war._Ein„Llnks"-Nationalliberaler.In Frankfurt-Lebus haben die vereinigten liberalen Par-teien bekanntlich den Archivrat Dr. Winter als Kandidatenfür die bevorstehende Reichstagsersatzwahl aufgestellt. Ineiner Kaudidatenrede, die Herr Dr. Winter in Frankfurt a. O.hielt, hat er sich nach einen: Bericht der„Frankfurter Oder-zeitung" eifrig bemüht, den Konservativen Liebens-Würdigkeiten zu sagen. Er hat seiner Sehnsucht nachdem alten Bülowblock den lebhaftesten Ausdruck verliehen undsich zu dem Ausruf hinreißen lassen:„Dieser Blockmutz wieder herge st ellt werden, ob mit oderohne Bülowl" Der liberale Kompromißkandidat hataber nicht nur derartig um die Gunst der Konservativen ge-buhlt, sondern er hat den Konservativen auch seine Unter-stützung für den Fall verheißen, daß es zwischen demkonservativen Kandidaten und dem Soialdemokraten zu einerStichwahl käme.Wie dem„Berliner Tageblatt" aus Frankfurt a. O. mit-geteilt wird, soll die Rede des Herrn Winter die dortigenFreisinnigen einigermaßen überrascht haben. Die Frei-sinnigen des Wahlkreises hätten freilich von vornhereingegen Herrn Winter etwas mißtrauischer sein sollen.Hat dieser Herr doch seinerzeit. als er in Eisenachdurchgefallen war, seinen Parteifreunden empfohlen, in derStichwahl für den Antisemiten Herrn Schack ein-zutreten, eine Wahlparole, die denn auch befolgt wurde. DasEintreten des Herrn Winter für Herrn Schack war um soeigenartiger, als der Herr auch Vorstandsmitglied deS Vereinszur Abwehr des Antisemitismus war I Auf Betreiben Th. Barthssah sich Herr Winter genötigt, seinen Vorstandsposten niederzulegen.Beamtenmahregelung.Der Fall Zollitsch wurde am Montag bor dem Reichs-disziplinarhot in Leipzig verhandelt. Der Oberpostassistent Zollitschwar am 28. Oktober v. F. von der Disziplinarkammer in Potsdamzu Dienstversetzung und Minderung deS DiensteinkommenS um>/„ verurteilt worden, weil er als Vorsitzender des Verbandes mittlererReichSpost- und Telegraphenbeamten nicht verhindert habe, datz indem Organ des Verbandes Artikel erschienen, in denen die Be-Hörde böswillige Angriffe und Verunglimpfungen erblickte. DieDisziplinarkammer sah von einer Strafe auf Dienstentlaffung da-mals nur deshalb ab, weil Zollitsch sich 21 Jahre hindurch gutgeführt und von seinen Vorgesetzten ein vorzügliches Leumundszeugniserhalten hatte.Der kaiserliche Disziplinarhof bestätigte das Urteil derPotsdamer Disziplinarkammer. Zollitsch sei nach den Statuten desVerbandes verpflichtet gewesen, den Redakteur zu überwachen. Er«habe deshalb die Veröffentlichung der Artikel verhindern müssen. Ob-wohl Nicht festgestellt sei, datz die betreffenden Artikel unwahreTatsachen enthielten oder die Tatsachen entstellt wiedergegebenseien und dem Angeschuldigten der gute Glaube beizumessen wäre,enthielten die Artikel zweifellos eine unzulässige Kritik derMatznahmen der Postvcrwaltung, die geeignet gewesen sei, denGedanken an Auflehnung und Haß gegen die Be-Hörden zu schüren!Danach steht also den Beamten nicht das Recht zu, eine denTatsachen angemessene rückhaltslose Kritik an behörd-lichen Matznahmen zu üben!_Flucht aus den Reihen der Konservativen.In einem Artikel des„Berliner Tageblatt" war die„DeutscheMittel st andsvereinigung" den Konservativen zugerechnetworden. Dagegen erhebt nun der Vorstand dieser Bereinigung,Landtagsabgeordneter Rahardt, ganz entschieden Protest. In demSchreiben heißt es:„Es ist eine bei den linksstehenden Politikern häufig anzu-treffende Ansicht, unsere Vereinigung als ein Bestandteil der kon-servativen Partei anzusehen. Unsere Stellung zur Reichsfinanz-reform, insbesondere zur Erbschaftssteuer und zum Hansabundsollte unseres Erachtens doch endlich gezeigt haben, datz unsereVereinigung weder ein Bestandteil der konservativen Partei ist,noch in dem Fahrwasser irgend einer anderen Partei segelt."Das scharfe Abrücken der Mittelständler von den Konservativen.die sich bisher stets als die berufensten Anwälte deS Mittelstandesaufgespielt haben, verdient aber als symptomatisch vermerkt zuwerden.Der Nachfolger Dallwitz'.Wie die«Nordd. Allg. Ztg." mitteilt, ist der bisherige Unter»staatssekretär des Staatsministeriums, Dr. v. Guenther zumOberpräsidenten der Provinz Schlesien ernanntworden.Auch die Ernennung Herrn v. Rheinbaben? zum Ober-Präsidenten der Rheinprovinz ist gestern amtlich vollzogen worden.Birchow und Wilhelm»I.In verschiedenen Blättern wird behauptet, datz der Ausschuß fürdaS Birchow-Denlmal auf seine Anfrage beim Hofmarschallamte,wen der Kaiser als Vertreter zur Denkmalsfeierentsenden werde, die Antwort erhalten habe, datz der Monarch sichbei der Feier nicht zu ver tretenlassen gedenke.Virchow ist als Gelehrter ein Stolz der deutschen medizinischenWissenschaft. Die NichtbeteUigung Wilhelms II. ist offen-bar eine Demonstration gegen die politische Ge-sinnung— Virchow war bekanntlich Fortschrittler— desgroßen Pathologen. Wenn die Geschichte wahr ist, ist sie wirklichsehr charakteristisch._Unberechtigtes Vcrsammlungsverbot.In N e u e n h a g c n bei O d e r b e r g in der Mark wolltenunsere Genoffen auf einem Grundstück eines Parteigenossen eineöffentliche Versa in mlung unter freiem Himmelabhalten. Der Amtsvorsteher zu Oderberg-Bralitz versagte aberdie Genehmigung, indem er in der üblichen schematischen Weiseeinfach erklärte, die öffentliche Sicherheit erscheinegefährdet. Genosse Ebel beschwerte sich vergeblich wegendes Verbots beim Landrat und beim Regierungspräsidenten inFrankfurt a. O. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hatte derAmtsvorsteher in einem Bericht als einen Grund für seine Furchteine Atesserstecherei zwischen zwei Aiännern angegeben und behauptet. der eine der beiden sei von einem Turnfest in Bralitz ge-kommen. Der Vorfall passierte auf der Dorfstratze. Dann mutzteder Ueberfall eines Nachtwächters herhalten. Es sei anzunehmen,meinte der Polizeiverweser, datz sich unter den Leuten, die denNachtwächter überfielen, Besucher einer Versammlung in Oder«berg befunden hätten.— Der Regierungspräsident mutzte in seinemBeschwerdebescheide zugeben, doch die angebliche Versammlung inOderbcrg überhaupt gar keine Versammlung gewesen, sondern einFest.Bei Rechtfertigung der Klage, die gegen den RegierungS-Präsidenten angestrengt wurde, wies Rechtsanwalt KurtRosenfeld auf diese Unstimmigkeit hin und machte außerdemdarauf aufmerksam, datz nicht der geringste Anhalt gegeben seifür einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Messerstechereisowie dem Ueberfall des Nachtwächters einerseits und dem kleinenFest bezw. dem Turnfest in Bralitz. Im übrigen sei ein Turnfestauch nicht mit einer Versammlung auf eine Stufe zu stellen. Wasvorgebracht sei. wären nur Mutmaßungen, die ein Verbot derVersammlung nicht rechtfertigen könnten. Konkrete Tat»fachen, aus denen für den Fall der Abhaltung der Versammlungunter freiem Himmel auf die nahe Verwirklichung einer Gefahrfür die öffentliche Sicherheit geschloffen werden könnte, seien inkeiner Weise vorgebracht.DaS Oberverwaltungsgericht gab am Freitagder Klage st att und erklärte die Versagung der Genehmigungfür nicht gerechtfertigt. Der Senat, hieß es in dem Urteil, könnedie Gründe der Behörden nicht für durchgreifend erachten.Sperrung der rusfischen Grenze.Wegen der i n Deutschland an den russischen Grenzgebieten(Johannisburg-Lyck) ausgebrochenen Maul- und Klauenseuche ist diepreußische Landesgrenze für sämtliche russischen Einfuhrartikelgesperrt. Wohlverstanden: nicht etwa Rußland schützt sich vor der inDeutschland ausgebrochenen Seuche, sondern Preußen benutzt dieseSeuchengefahr, um ihre Landesgrenze für sämtliche aus Rußlandbisher bezogenen Lebens- und Bedarfsartikel für längere Zeit abzn»sperren. Das bedeutet besonders für die ärmere Bevölkerung derpreußischen Grenzgebiete eine schwere wirtschaftliche Schädigung.Es müssen insbesondere für Milch und Molkereierzeugnisseerst neue Bezugsquellen geschaffen werden. Das werdendie ostpreutzischen Agrarier natürlich sofort zur Schröpfung der Kon-sumenten ausnutzen. Und wenn nun wirllich, was ja nicht ver-ivunderlich wäre, die Maul- und Klauenseuche auch in Rußland infolge von Verschleppung ausgebrochen ist, dann wird das ein will-kommener Anlaß sein, die Grenzsperre recht lange aufrecht zu er-halten. Haben die Junker doch erst vor einigen Wochen in land-wirtschaftlichen Zentralvereinen beraten, auf welchem Wege dasPrivileg der preußischen Grenzbewohner, kleine Ouantitäten Fleischzollfrei über die russische Grenze zu holen, abgeschafft werden konnte IJetzt haben sie noch niehr als das erreicht.Die Angelegenheit Langhammer, die in der n a t i o n a l l i b e-ralen Partei Sachsens schon so große Erregung hervorgerufenhat, wird noch weitere Kreise ziehen. Der nationalliberaleVerein in Chemnitz lehnte nach einer, sehr lebhaft ver-laufenen Versammlung ein Mißtrauensvotum gegen den