fr. 158. 37. Iahrgaus.t KeilM des Jstmirls" Knlim MMMZoNgdevd. 9. Iii!! 1910.Aus der ticicl)sverii(l)erungsordnungs-Kommiiiion.Sitzung vom Freilag, den S. Juli.Vor Eintritt in die Tagesordnung verlas der Vorsitzende zweiZuschriften. Die eine ging aus von dem Rendanten der KielerOrtskrankenkasse und die andere von dem Vorstande der Kaste. BeideSchreiben erklärten alle jene Anschuldigungen für unw.ahr. diein einer der ftüheren Sitzungen gegen den Rendanten der Kaste er-hoben worden find. Abg. Pauli wiederholt seine Erklärung, daher den Beteiligten den Namen seines GewährSmamreS zur Ver-fügung stellt.Die Verhältnisse der Krankenkassen zu de» Apothekernsollen in der Vorlage folgendermaßen geregelt werden: Die Satzungkann den Vorstand der Kaste ermächtigen, wegen Lieferung derArznei Vorzugsbedingungen mit einzelnen Apothekenbesitzern oderApothekenverwaltern zu vereinbaren. Dann kann die Kasse, vondringenden Fällen abgesehen, die Bezahlung anderer Apotheker ab-lehnen, wenn diese sich nicht bereit erklären, zu dengleichen Bedingungen zu liefern. Die Verträge sind binneneiner Woche dem Versicherungsamt und außerdem spätens eine Woche.bevor sie den Kastenmitgliedern bekanntgegeben werden, allen Apotheken-besitzern und Apothekenverwaltern des Kastenbereichs mitzuteilen.Genügt die von einer Kasse gewährte Arzneiversorgung nicht, so kanndas Oberverstcherungsamr die Kasse zwingen, den Kassenmitgliedernden Bezug der Arzneimittel von mehr Apotheken freizugeben. DieApotheken dürfen den Krankenkassen solche Arzneimittel, die auchohne ärztliches Rezept abgegeben werden können, ohne Rücksicht aufdie Form der Verschreibung nicht höher als zu den im Handverkaufüblichen Preisen anrechnen. Für die anderen Arzneimittel haben dieApotheken den Krankenkassen nach näherer Bestimmung der oberstenVerwaltungsbehörde einen Abschlag von den Preisen der Arznei-taxe zu gewähren.Die Sozialdemokraten wiesen darauf hin, daß das Rechtder Kaste, mit einzelnen Apothekenbesitzern Vorzugsbedingungenzu vereinbaren, illusorisch gemacht werde durch den Zusatz, die Be-zahlung anderer Apothekenbesitzer könne die Kasse nur dann ver-weigern, wenn die Apotheker nicht zu den gleichen Bedingungenliefern. Denn selbstverständlich gestehen einzelne Apothekenbesitzernur dann der Kasse Vorzugsbedingungen zu, wenn ihnen als Ent-schädigung dafür von den Kassen ein größerer Absatz gesichert, dasheißt die alleinige Lieferung vorbehalten wird. Die Vorlage geheauch in der Tat von der Annahme aus, daß es mit dieser Be-ftimmung den Kasten unmöglich gemacht ist, Vorzugsbedingungenvon den Apothekenbesitzern zu erlangen. Deshalb soll die obersteVerwaltungsbehörde einen Abschlag von den Preisen der Arzneitaxebestimmen. Damit sei den Kassen die Bertragsfreiheit zum schwerenSchaden der Kasscumitglieder entrissen worden. Hier in Berlinhätten sich die Kassen einen Abschlag von 20 Proz. erkämpft. Wärenschon die in der Vorlage enthaltenen Bestimmungen maßgebend ge-wesen, wäre also der Abschlag von der obersten Verwalwngs-behörde festgesetzt worden, dann hätten die Kasten nie und nimmerdiesen Abschlag erreicht. Deshalb beantragten die S o z i a l d e m o-kraten, daß die Verpflichtung, die Kasse müsse alle anderenApothekenbesitzer zur Lieferung der Arzneien unter den gleichen Be-dingungen zulassen, gestrichen werde. Damit wäre auch die Vor-schrift überflüssig geworden, daß die Verträge, bevor sie in Krafttreten, allen anderen Apothekenbesitzern mitgeteilt werden.Die Regierungsvertreter erklärten, daß die vor-geschlagenen Bestimmungen zum Schutze der Apothekenbefitzer un-bedingt notwendig seien. Die Herren müßten ihre Apotheken fürteueres Geld kaufen. Deshalb dürfe ihnen nicht durch die Kranken-kästen die Kundschaft entzogen werden.Die Sozialdemokraten wendeten sich gegen diesen Grund.Die Preise der Apotheker werden umso höher, je mehr die Apotheken-befitzer die Preise der Arzneimittel in die Höhe schrauben können.Das sei die Folge des ganz unhaltbaren Apothekenprivilegs, dasdie freie Konkurrenz auf diesem Gebiete ausschließe und den Arznei-Wucher immer mehr verschlimmere. Am besten wäre es, wenn mandie neuen Bestimmungen streichen und die Vereinbarungen über denAbschlag den Beteiligten selbst überlaste, wie es bisher gewesen istund sich im ganzen sehr gut bewährt habe.Leider gab auch hier wieder das Zentrum den Ausschlag für dieEntrechtung der Arbeiter: die Bestimmungen der Vorlage wurdenvon dem Zentrum, den Konservativen und den National-liberalen mit einigen unwesentlichen Aenderungen angenommenund damit die Anträge der Sozialdemokraten niedergestimmt.kleines Feuilleton.ZeppeNnS Polarfiudienfahrt. Das Zeppelin- Polarunternehmen,über deren Aussichten wir gestern berichteten, unternimmt diesenSommer eine Studienfahrt. An ihr nehmen neben Zeppelin undeinigen Gelehrten ein wirklicher Prinz als Protektor und einigedekorative Geheimräte teil, welch letztere aber in Bergen bereitsWieder nach Hause geschickt werden.Ueber die Absichten und Pläne der Expedition, die inzwischen inBergen eingettoffen ist. verbreitet das Wolffsche Bureau folgendeMitteilungen:Die vornehmlichste Aufgabe der Fahrt ist, festzustellen, ob sichauf Spitzbergen Buchten finden, die Luftschiffen des ZeppelinschenSystems einen sicheren und geschützten Hafen gewähren könnenund die Bedingungen zu ermitteln, unter denen solche Luftschiffeauf dem Eise im Notfalle oder aus Gründen wissenschaftlicher Unter-suchungen zu landen vennögen, wobei hervorgehoben werden darf,daß die meteorologischen Verhältnisse des arktischen Sommersbesonders günstige Bedingungen für die Motorluftschiffahrt darbieten.Um beiden Aufgaben zu genügen, wird der Dampfer„Mainz"zunächst eine Reihe von Buchten der Westküste Spitzbergens anlaufen.darauf bis zum Eise nach Norden dampfen und alsdann an der Eis-kante entlang nach Südwesten, um a» geeigneter Stelle durch denbreiten Eisstrom an der Osttüste Grönlands, etwa in der Breite vonKap Bismarck oder südlicher gegen diese grönländische Ostküste vor-zudringen.. � �.Da ein eisernes Schiff von der Große der„Mainz" zu Fahrtenins Packeis sich nicht eignet, ist ein bewährtes norwegisches Fang-schiff, der hölzerne Dampfer„Phönix" gechartert, auf den die Mir-glieder übergehen, sobald das Eis die weitere Fahrt der„Mainz"hindert. Beide Schiffe sind mit Funkiprucheinrichtungen versehen,um sie in dauernder Verbindung zu halten.Graf Zeppelin mit dem Luftschifführer Lau wird, unterstütztdurch die Eiserfahrungen Profestor v. DrygalSkiS, Ankerversuche aufgroßen Eisschollen vornehmen, Professor Hergesell seine ärologischenForschungen der Atmosphäre in diesen Breiten mit Hilfevon Registrierballonaufstiegen fortsetzen und die meteorologischen Be-dingungen für die Fahrt mit Luftschiffen festzustellen suchen. Nebendiesen Hauptaufgaben werden ozeanographische Arbeiten vonDrygalski und Reich, sowie Arbelten MietheS über AbsorptionKer Sonnenstrahlen und photogrammetrische Aufnahmen Spitz-bergens einhergehen, während Graf Zedlitz Beittäge zurKenntnis der höheren Fauna sammeln wird. Mit einem zurLusirahme von zwei Personen geeigneten Fesselballon von öbv Kllbik-meler sollen Aufstiege auf Spitzbergen wie auf dem Packeis, ins-besondere auch Verankerungsversuche vorgenommen werden. NachAnlaufen von Tromsö, wo der Dampfer„Phönix" sich der Fahrt der„Mainz" anschließen wird, soll am 12. Juli die Reise nach Spitzbergenfortgesetzt werden. Die Rückkehr der„Mainz" nach Bremerhaven istfür Ende August vorgesehen.Die nationalliberalen Abgeordneten wollten die Be-stimmungen der Vorlage sogar noch mehr im Interesse der Apotheken-besitzer„verbessern". DaS ging jedoch selbst den anderen bürger-lichen Parteien zu weit. Die Anträge wurden mit allen Stimmengegen die der Nationalliberalen abgelehnt.Außerdem hatten die Sozialdemokraten folgende An-träge gestellt:Die Apotheken sind verpflichtet, den Krankenkassen gegen an-gemessene Kaution Kredit zu gewähren. Diese Bestimmung, soführten die Sozialdemokraten zur Begründung aus, habedie Erfahrung als notwendig erwiesen, um ganz unberechtigteSchwierigkeiten zu vermeiden, die manche Apothekenbesitzer denKassen bereiten.— Ein zweiter Antrag der Sozialdemokratenwollte den Krankenkassen das Recht geben, eigene Apotheken zuerrichten und sie durch geprüfte Apotheker verwalten zu lassen. DieseApotheken sollten Arzneimittel nur an die Versicherten der Kranken-lassen abgeben dürfen, die die Apotheken errichtet haben. BeideAnträge wurden abgelehnt.Mehr Glück hatten die Sozialdemokraten mit demAntrag, der sich auf das'Verhältnis der Krankenkasse» zu de» Drogiste»bezieht. Der Antrag wollte den Kassen das Recht geben, durch dieSatzung den Vorstand zu ermächtigen, wegen Lieferung von Arznei-mittel», die dem freien Verkehr überlasten sind, Vorzugsbedingungenmit einzelnen Drogisten zu vereinbaren und von dringenden Fallenabgesehen, die Bezahlung anderer abzulehnen. Eine entsprechendeBestimmung sollte auch in bezug auf Badeanstaltsbesitzer gelten.Die Sozialdemokraten stellten fest, daß nach demgeltenden Recht die Rechtslage der Kassen zu den Drogisten zweifel-Haft sei. ES liegen einander widersprechende Entscheidungen derGerichte auf diesem Gebiete vor. Durch die neuen Bestimmungender Vorlage würden die Zweifel nicht beseitigt werden. Deshalbsei eine Klärung der Rechtslage, wie sie die Anträge vorschlagen,notwendig.Dem stimmten auch die anderen Redner zu. Bei der Ab-stimmung gelangte aber ein später eingegangener Antrag des Abg.Behrens zuerst zur Abstimmung, der seinem Wortlaute nach das-selbe wie der sozialdemokratische Antrag forderte, nurdie Bestimmung nicht als einen neuen Absatz hinzufügen, sondern aneiner früheren Stelle einschalten wollte. Der Antrag wurde mitgroßer Mehrheit angenommen. Damit war der sozialdemokratischeAntrag erledigt. Nachdem aber der endgültige Wortlaut des ganzenParagraphen festgestellt war, ergab es sich, daß durch die Einschal-tung des Antrages Behrens die Aberkennung des BerttagSrechls derKrankenkassen auch auf die Drogisten ausgedehnt worden ist. Diesesehr bedenkliche Verschlechterung des Antrages der Sozialdemokratenhatte kein Redner befürwortet. Sie wird daher zweifellos in der2. Lesung wieder beseitigt werden.Fortsetzung Sonnabend.HU! der lufMonrniiniOD.Sitzung vom 8. Juli 1910.Arn Freitag wurden die zum§ 330 gestellten sozialdemokrati-schen Anträge abgelehnt. Eine längere Debatte veranlatzte derVerschlechterungsantrag der Natioualliberalen und Konservativen,der nach den Ausführungen unserer Genossen im Effekt die R e-Visionen, namentlich gegen Schwurgerichtsurteile, so gut wiegänzlich ausschalten würde. Die Regierung schien diese Ver-schlechterung ihrer Vorlage nicht ungern zu sehen, denn verschiedeneKommissare erkannten den„gesunden Kern" des Antrages an; siesträubten sich nur gegen seine, auch ihnen anscheinend zu reaktiv-näre Form. Sehr energisch sprachen sich gegen den Antrag außerunseren Genossen noch die Redner des Zentrums und der Fort-gjrittspartei aus.— Nachdem bei dieser Gelegenheit sich noch eineebendebatte— im Anschluß an eine Berührung des AllensteinerProzesses— über eine strengere Handhabung der beschlossenen Aus-schließung der Oeffentlichkeit angeschlossen hatte, in der unsere Ge-nosten sich gegen jede Verschärfung der Ausschluß-bestimmungen wendeten, wurde der nationall iberal-konser-vative Antrag abgelehnt und der§ 330 in der Fastung der Regie-rungsvorlage angenommen.Zum Z 337 beantragten unsere Genossen, daß die Frist, in derdie Revision einzulegen ist, von 8 auf 14 Tage verlängert wird;auch soll die Einlegung der Revision nicht von der Unterschrifteines Rechtsanwaltes, noch von ihrer Entgegennahme durch einenGerichtsschreiber abhängig sein. Der Antrag wurde abgelehnt.Beim Z 346 beantragte Abg. Groeber, daß bei der Auf-Die Brände in Rußland. ES ist eine gewöhnliche Erscheinungin Rußland: sobald der Schnee geschmolzen ist, beginnen die Brändein den kleinen Städten, Dörfern und auch in den Wäldern. JedesJahr können die Reisenden der Sibirischen Bahn aus denWaggonfenstern diese eigenartige„Illumination" beobachten, wieganze Gegenden in Flammen stehen. Und man läßt ruhig brennenoder, wenn irgend ein Dorf, eine Niederlassung direkt vom Brandebedroht wird, treffen die Bewohner Maßnahmen"zu ihrem Schutz.Um die in größerer Entfernung wütenden Waldbrände kümmertman sich nicht. Die Ursachen der Brände sind darin zu suchen, daßdas große Reich keine genügende Kultur besitzt. Solange derrussische Bauer kaum zu lesen und schreiben vermag, wird und kanner nicht von Trunksucht. Unvorsichtigkeit mit Feuer und Licht usw.abkommen und dieses sind die weitaus häusigsten Ursachen derFeuerschäden. Sodann ist auch die Bauart der Städte und Dörferganz unerhört. Wenn in einem Dorfe die Reihe der Holzhäuser mitihren Strohdächern außerdem noch durch Zwischenbauten verbundenist. wenn in den meisten Städten dre Bevölkerung in einemhölzernen Häusermeer wohnt, ist es leicht zu begreifen, daß ganzeStädte und Dörfer in Flammen aufgehen. Es gibt nur sehr wenigefeuersichere Bauten, sogar in der Residenz und in den Großstädten.Also auch hier ist keine genügende Kultur, kein Unternehmungsgeist,kein Fortschritt.Wie die Brände gelöscht werdest, das ist wieder ein eigenesKapitel. In kleinen Städten und aus dem Lande ist der Urjadnik(Polizist) meist der Kommandant auf der Brandstelle. Gelöscht wirdaber zumeist mit Schimpfen, Schreien, Schlagen, oder man hält zurAbwechselung Gottesbilder gegen das Feuer. An ein zielbewußtesLöschen denkt man nicht. Als in der Jrkutsker Stadtduma kürzlichein Stadtverordneter die Aufmerksamkett der Stadtväter auf dieseTatsache lenkte und darauf hinwies, welcher Schaden dem Staateund welches Elend dem Volke daraus erwüchse, und die Stadtdumazur Bekämpfung der Brände aufforderte, stieß der Antrag auf Wider-sprach in der Stadtduma. Es wurde ihm entgegengehalten, daß dieSorge um die Brände Sache des Staates sei usw. Aber die Brändetümmem sich nicht um diese Kompetenzfragen und das Feuer nimmtseinen verderblichen Weg weiter.Humor«nd Satire.Ent- und verhüllte Denkmäler.Der Märchenbrunnen wird nie fertig;Er schläft noch hinter'm Bretterzaun.DaS Virchowdenkmal gegenwärtigIst endlich doch enthüllt zu schau'n.Erst brachte Virchow man figürlichZur Darstellung— zunächst ModellDie Beine schienen unnatürlichUnd Klimsch schuf dann was andre? schnell.Ein Herkules kam zur Erscheinung;Stark muskulös, nackt wie ein Splint;Da sprach die öffentliche Meinung:,Det kann unmöglich Virchow sind PHebung eines Urteiles das Revisionsgericht die Sache immer an ein!anderes Gericht zu verweisen hat. Auch sollen die Gerichte, diesich nach der Aufhebung des Urteils mit der Sache zu beschäftigenhaben, bereits auf ein Jahr voraus vom Präsidium des Revision�-gerichtes bestimmt werden. Gegen diesen Antrag wurden die verschiedensten Bedenken laut, so auch das, daß die Form des Antrageses möglich erscheinen lasse, daß eine Verweisung an ein dem Ange-klagten ungünstiges bekanntes Gericht erfolgen könnte. Nach dembestehenden Recht kann die Sache an ein anderes Gericht ver-wiesen werden; es wird aber meist dem erkennenden Gericht zu-cgeteilt. Der Antrag wurde abgelehnt.Ein sozialdemokratischer Antrag, zum§ 350 gestellt, forderte,daß das Gericht, an das eine Sache vom Revisümsgericht verwiesenwird, auch auf eine Verminderung des Strafmatzes nach derersten Entscheidung erkennen kann, wenn eine Straftat oder dieAnnahme einer Jdealkonkurrenz, oder bei einer forrgesetztcn Hand-lung Einzelakte entfallen, wodurch eine Milderung der Strafe be«dingt würde.— Der Antrag wurde abgelehnt, ebenso einähnlicher aber nicht so weitgehender Antrag Groeber.Der fünfte Abschnitt des dritten Buches handelt von derWiederaufnahme des Verfahrens. Einige zu denZZ 351 und 352 gestellte Anträge unserer Genossen wurden ab»gelehnt.Nach einem zum§ 353 gestellten Antrag Groeber soll ein Ver-fahren auch dann wieder ausgenommen werden, wenn sich dasUrteil auf ein unter Verletzung der Zeuger.- oder Sachverständigen-Pflicht abgegebenes Zeugnis oder ein Gutachten stützt. Unsere Ge-nosten beantragten, daß der 2. Absatz des Paragraphen gestrichenwird, nach dem die Wiederaufnahme wegen der Berücksichtigungeiner falschen Urkunde oder einer falschem Aussage erst dann statt-finden kann, wenn diese sirafbaren Handlungen rechtskräftig fest-gestellt sind.— Der Antrag Groeber wurde angenommen, der sozial-demokratische Antrag abgelehnt.Fortsetzung am Sonnabend.Hus Induftm und Ftandd.Der schnelle wirtschaftliche Aufschwung Japan?zeigt sich an der rapiden Zunahme seiner Industrie. Nach einerZusammenstellung des amtlichen„Deutschen HandelS-Archivs" stiegder Wert der in Japan(ohne Formosa) hergestellten hauptsächlichstenWaren in der Zeil von 1903 bis 1907 wie folgt(die von uns ab-gerundeten Zahlen bedeuten Millionen Den; 1 Den ist ungefähr soviel wert wie 2.10 M.):1903 1904 1905 1903 1907Seidengewebe....II öb'/z 5? 60'/« 93»/, 94'/«Gewebe aus Seide und Baum-wolle gemischt..... 14»/,Baumwollgewebe..... öl1/,li522-/41»»/,10'/,II/4«°/47iv,43/418'/«?'/«IS'/,71'/,»'/,l?u12'/«8'/«7'/«ß'/a5'/,16'/«920/486'/,SV,15'/,13'/2lb'/,13»/,10'/«6'/«4'/«10°/.11'/,L4lOZl/,10'/,12'/,1513"/,11Hanfgewebe....... 2»/«Japanisches Papier.... 12'/,Europäisches Papier.... 7Streichhölzer...... 10Porzellan- und Töpferwaren. 7Matten........ 8'/,Lackwaren....... 5»/«Strohgeflechte...... 3°/«Leder 4Oel.......... 8Der teilweise Rückgang im Jahre 1904 war natürlich durch denKrieg verschuldet. Unmittelbar darauf zeigt sich der Aufschwung inden meisten Branchen um so deutlicher.— Es versteht sich, daß auchder plötzliche gewaltige Mehrbedarf an Leder im Jahre 1904 durchden Krieg verursacht war._Wofür der Deutsche Ausfuhrprämien bezahlt.Unter dieser Ueberschrift erzählt die Handelszeitung des„B. T." folgende Dinge, die man kaum für möglich halten sollte:Wenn Roggen ordnungsmäßig gemahlen wird, so ergibt er zirka65 Proz. Mehl und 30 Proz. Kleie, zirka 5 Prvz. gehen verloren.Jedoch, seit der letzten Zollerhöhung für Brotgetreide von 35 auf50 MI. bis 65 MI. per Tonne ist es ein sehr lukratives Geschäft ge-worden, deutschen Roggen nach Rußland auszuführen,jenseits der Grenze zu vermählen, aber nur etwa 35 bis 40 pCt.Mehl auszubeuten und die restlichen 55—60 pCt. als„Kleie" zollfreiwieder in das Inland einzuführen. Es ist das eineFolge der deutschen Einfuhrscheine. Bei dem heutigen Roggenpreise von 15 Mk. per 100 Kilo frei Kalisch kosten diese 100 Kilo nachNun ist'S für jedermann verständlich:Am Postament prangt VirchowS BildAls Brust-Relief, und so ward's endlichAm KarlSplatz feierlich enthüllt.Zwar gab'S noch einige Weiterung«»:Ein Häuschen stand an seiner FrontzWo ein Bedürfnis notgedrungenMan ab und zu befried'gen könnt'.Nach Ueberlegunaen, noch reifen,Setzt man dies Haus wo anders hin;Zwar— sich Bedürfnisse verkneifen,Lag wohl nicht recht in Birchow's Sin».Am Märchenbronn ist'S angenehmer;—In dem verpönten FriedrichshainKann man am Bretterzaun bequemervon allen Lasten sich befrei'»._ R. Oergler.Notizen.— DaS Schicksal von GoetheS Nr-Meister. der inZürich wieder aufgefundenen ersten Fassung seines RomanS WilhelmMeister, scheint ein trostloses zu werden. Alle Welt freute sich be-reits auf die nachträgliche Gabe des frischen jungen Goethe, eswurde auch eine billige Ausgabe zugesagt. Aber vorläufig wird derentdeckte Schatz wieder eingesargt. Dank der Neberspannung deskapitalistischen Erbrechtes hatten ein Nachkomme des berüchtigtenRinaldini-Verfassers Vulpius, mit dem Goethe nur die Schwagerschaftgemein hatte und der Fürst Henckel von DonnerSmarck die Hand-schrift reklamiert. Diese„Erben" haben die erste Veröffentlichungdes Ur-Meisters der großen Weimarer Goetheausgabe überlassen, dieecht byzantinisch nach der ganz gleichgültigen Großherzogin Sophiebenannt ist. Da diese Ausgabe nur insgesamt abgegeben wird undverschiedene hundert Mark koster, ist alio der Ur-Meister für dasdeutsche Volk vorläufig verschollen. Hosientlich wird er nicht auchnoch zu Ehren der Großherzogin Sophie kastriert, wie es den Vene-zianischen Epigrammen erging.— Die Kunst- Ehrenpreise der Stadt verlinwurden, nachdem sie in der Großen Berliner Ausstellung bereitsfrüher verteilt waren, nun auch in der Sezession verliehen. Siefielen den Malern K. von Kardorff und Theo von Brockhusen zu.— Die Totenfeier als Lustbarkeit. Was wir vonder Lustbarkeitssteuer, die Berlin bedroht, etwa zu erwarten hätten,darauf bereitet ein Vorgang aus Dresden vor: Dort existiertseit vorigem Jahr gleichfalls eine Lustbarkeitsverordnung." AufGrund dieser erklärte der Dresdener Rat eine am 28. April inPrivaträumen abgehaltene Totengedenkfeier für Liliencron, zu dereinige Karten ausgegeben waren, für eine„Lustbarkeit" und fordertjetzt nachträglich(unter Androhung von Bestrafung) 10 M.„Lust-barkeitssteuer".