Einzelbild herunterladen
 
fr. 158. 37. Iahrgaus. t KeilM des Jstmirls" Knlim MMM ZoNgdevd. 9. Iii!! 1910. Aus der ticicl)sverii(l)erungsordnungs- Kommiiiion. Sitzung vom Freilag, den S. Juli. Vor Eintritt in die Tagesordnung verlas der Vorsitzende zwei Zuschriften. Die eine ging aus von dem Rendanten der Kieler Ortskrankenkasse und die andere von dem Vorstande der Kaste. Beide Schreiben erklärten alle jene Anschuldigungen für unw.ahr. die in einer der ftüheren Sitzungen gegen den Rendanten der Kaste er- hoben worden find. Abg. Pauli wiederholt seine Erklärung, dah er den Beteiligten den Namen seines GewährSmamreS zur Ver- fügung stellt. Die Verhältnisse der Krankenkassen zu de» Apothekern sollen in der Vorlage folgendermaßen geregelt werden: Die Satzung kann den Vorstand der Kaste ermächtigen, wegen Lieferung der Arznei Vorzugsbedingungen mit einzelnen Apothekenbesitzern oder Apothekenverwaltern zu vereinbaren. Dann kann die Kasse, von dringenden Fällen abgesehen, die Bezahlung anderer Apotheker ab- lehnen, wenn diese sich nicht bereit erklären, zu den gleichen Bedingungen zu liefern. Die Verträge sind binnen einer Woche dem Versicherungsamt und außerdem spätens eine Woche. bevor sie den Kastenmitgliedern bekanntgegeben werden, allen Apotheken- besitzern und Apothekenverwaltern des Kastenbereichs mitzuteilen. Genügt die von einer Kasse gewährte Arzneiversorgung nicht, so kann das Oberverstcherungsamr die Kasse zwingen, den Kassenmitgliedern den Bezug der Arzneimittel von mehr Apotheken freizugeben. Die Apotheken dürfen den Krankenkassen solche Arzneimittel, die auch ohne ärztliches Rezept abgegeben werden können, ohne Rücksicht auf die Form der Verschreibung nicht höher als zu den im Handverkauf üblichen Preisen anrechnen. Für die anderen Arzneimittel haben die Apotheken den Krankenkassen nach näherer Bestimmung der obersten Verwaltungsbehörde einen Abschlag von den Preisen der Arznei- taxe zu gewähren. Die Sozialdemokraten wiesen darauf hin, daß das Recht der Kaste, mit einzelnen Apothekenbesitzern Vorzugsbedingungen zu vereinbaren, illusorisch gemacht werde durch den Zusatz, die Be- zahlung anderer Apothekenbesitzer könne die Kasse nur dann ver- weigern, wenn die Apotheker nicht zu den gleichen Bedingungen liefern. Denn selbstverständlich gestehen einzelne Apothekenbesitzer nur dann der Kasse Vorzugsbedingungen zu, wenn ihnen als Ent- schädigung dafür von den Kassen ein größerer Absatz gesichert, das heißt die alleinige Lieferung vorbehalten wird. Die Vorlage gehe auch in der Tat von der Annahme aus, daß es mit dieser Be- ftimmung den Kasten unmöglich gemacht ist, Vorzugsbedingungen von den Apothekenbesitzern zu erlangen. Deshalb soll die oberste Verwaltungsbehörde einen Abschlag von den Preisen der Arzneitaxe bestimmen. Damit sei den Kassen die Bertragsfreiheit zum schweren Schaden der Kasscumitglieder entrissen worden. Hier in Berlin  hätten sich die Kassen einen Abschlag von 20 Proz. erkämpft. Wären schon die in der Vorlage enthaltenen Bestimmungen maßgebend ge- wesen, wäre also der Abschlag von der obersten Verwalwngs- behörde festgesetzt worden, dann hätten die Kasten nie und nimmer diesen Abschlag erreicht. Deshalb beantragten die S o z i a l d e m o- kraten, daß die Verpflichtung, die Kasse müsse alle anderen Apothekenbesitzer zur Lieferung der Arzneien unter den gleichen Be- dingungen zulassen, gestrichen werde. Damit wäre auch die Vor- schrift überflüssig geworden, daß die Verträge, bevor sie in Kraft treten, allen anderen Apothekenbesitzern mitgeteilt werden. Die Regierungsvertreter erklärten, daß die vor- geschlagenen Bestimmungen zum Schutze der Apothekenbefitzer un- bedingt notwendig seien. Die Herren müßten ihre Apotheken für teueres Geld kaufen. Deshalb dürfe ihnen nicht durch die Kranken- kästen die Kundschaft entzogen werden. Die Sozialdemokraten wendeten sich gegen diesen Grund. Die Preise der Apotheker werden umso höher, je mehr die Apotheken- befitzer die Preise der Arzneimittel in die Höhe schrauben können. Das sei die Folge des ganz unhaltbaren Apothekenprivilegs, das die freie Konkurrenz auf diesem Gebiete ausschließe und den Arznei- Wucher immer mehr verschlimmere. Am besten wäre es, wenn man die neuen Bestimmungen streichen und die Vereinbarungen über den Abschlag den Beteiligten selbst überlaste, wie es bisher gewesen ist und sich im ganzen sehr gut bewährt habe. Leider gab auch hier wieder das Zentrum den Ausschlag für die Entrechtung der Arbeiter: die Bestimmungen der Vorlage wurden von dem Zentrum, den Konservativen und den National- liberalen mit einigen unwesentlichen Aenderungen angenommen und damit die Anträge der Sozialdemokraten niedergestimmt. kleines Feuilleton. ZeppeNnS Polarfiudienfahrt. Das Zeppelin- Polarunternehmen, über deren Aussichten wir gestern berichteten, unternimmt diesen Sommer eine Studienfahrt. An ihr nehmen neben Zeppelin und einigen Gelehrten ein wirklicher Prinz als Protektor und einige dekorative Geheimräte teil, welch letztere aber in Bergen bereits Wieder nach Hause geschickt werden. Ueber die Absichten und Pläne der Expedition, die inzwischen in Bergen eingettoffen ist. verbreitet das Wolffsche Bureau folgende Mitteilungen: Die vornehmlichste Aufgabe der Fahrt ist, festzustellen, ob sich auf Spitzbergen   Buchten finden, die Luftschiffen des Zeppelinschen Systems einen sicheren und geschützten Hafen gewähren können und die Bedingungen zu ermitteln, unter denen solche Luftschiffe auf dem Eise im Notfalle oder aus Gründen wissenschaftlicher Unter- suchungen zu landen vennögen, wobei hervorgehoben werden darf, daß die meteorologischen Verhältnisse des arktischen Sommers besonders günstige Bedingungen für die Motorluftschiffahrt darbieten. Um beiden Aufgaben zu genügen, wird der DampferMainz  " zunächst eine Reihe von Buchten der Westküste Spitzbergens anlaufen. darauf bis zum Eise nach Norden dampfen und alsdann an der Eis- kante entlang nach Südwesten, um a» geeigneter Stelle durch den breiten Eisstrom an der Osttüste Grönlands  , etwa in der Breite von Kap Bismarck oder südlicher gegen diese grönländische Ostküste vor- zudringen... Da ein eisernes Schiff von der Große derMainz  " zu Fahrten ins Packeis sich nicht eignet, ist ein bewährtes norwegisches Fang- schiff, der hölzerne DampferPhönix" gechartert, auf den die Mir- glieder übergehen, sobald das Eis die weitere Fahrt derMainz  " hindert. Beide Schiffe sind mit Funkiprucheinrichtungen versehen, um sie in dauernder Verbindung zu halten. Graf Zeppelin mit dem Luftschifführer Lau wird, unterstützt durch die Eiserfahrungen Profestor v. DrygalSkiS, Ankerversuche auf großen Eisschollen vornehmen, Professor Hergesell seine ärologischen Forschungen der Atmosphäre in diesen Breiten mit Hilfe von Registrierballonaufstiegen fortsetzen und die meteorologischen Be- dingungen für die Fahrt mit Luftschiffen festzustellen suchen. Neben diesen Hauptaufgaben werden ozeanographische Arbeiten von Drygalski und Reich, sowie Arbelten MietheS über Absorption Ker Sonnenstrahlen und photogrammetrische Aufnahmen Spitz- bergens einhergehen, während Graf Zedlitz Beittäge zur Kenntnis der höheren Fauna sammeln wird. Mit einem zur Lusirahme von zwei Personen geeigneten Fesselballon von öbv Kllbik- meler sollen Aufstiege auf Spitzbergen   wie auf dem Packeis, ins- besondere auch Verankerungsversuche vorgenommen werden. Nach Anlaufen von Tromsö  , wo der DampferPhönix" sich der Fahrt der Mainz  " anschließen wird, soll am 12. Juli die Reise nach Spitzbergen  fortgesetzt werden. Die Rückkehr derMainz  " nach Bremerhaven   ist für Ende August vorgesehen. Die nationalliberalen Abgeordneten wollten die Be- stimmungen der Vorlage sogar noch mehr im Interesse der Apotheken- besitzerverbessern". DaS ging jedoch selbst den anderen bürger- lichen Parteien zu weit. Die Anträge wurden mit allen Stimmen gegen die der Nationalliberalen abgelehnt. Außerdem hatten die Sozialdemokraten folgende An- träge gestellt: Die Apotheken sind verpflichtet, den Krankenkassen gegen an- gemessene Kaution Kredit zu gewähren. Diese Bestimmung, so führten die Sozialdemokraten zur Begründung aus, habe die Erfahrung als notwendig erwiesen, um ganz unberechtigte Schwierigkeiten zu vermeiden, die manche Apothekenbesitzer den Kassen bereiten. Ein zweiter Antrag der Sozialdemokraten wollte den Krankenkassen das Recht geben, eigene Apotheken zu errichten und sie durch geprüfte Apotheker verwalten zu lassen. Diese Apotheken sollten Arzneimittel nur an die Versicherten der Kranken- lassen abgeben dürfen, die die Apotheken errichtet haben. Beide Anträge wurden abgelehnt. Mehr Glück hatten die Sozialdemokraten mit dem Antrag, der sich auf das' Verhältnis der Krankenkasse  » zu de» Drogiste» bezieht. Der Antrag wollte den Kassen das Recht geben, durch die Satzung den Vorstand zu ermächtigen, wegen Lieferung von Arznei- mittel», die dem freien Verkehr überlasten sind, Vorzugsbedingungen mit einzelnen Drogisten zu vereinbaren und von dringenden Fallen abgesehen, die Bezahlung anderer abzulehnen. Eine entsprechende Bestimmung sollte auch in bezug auf Badeanstaltsbesitzer gelten. Die Sozialdemokraten stellten fest, daß nach dem geltenden Recht die Rechtslage der Kassen zu den Drogisten zweifel- Haft sei. ES liegen einander widersprechende Entscheidungen der Gerichte auf diesem Gebiete vor. Durch die neuen Bestimmungen der Vorlage würden die Zweifel nicht beseitigt werden. Deshalb sei eine Klärung der Rechtslage, wie sie die Anträge vorschlagen, notwendig. Dem stimmten auch die anderen Redner zu. Bei der Ab- stimmung gelangte aber ein später eingegangener Antrag des Abg. Behrens zuerst zur Abstimmung, der seinem Wortlaute nach das- selbe wie der sozialdemokratische Antrag forderte, nur die Bestimmung nicht als einen neuen Absatz hinzufügen, sondern an einer früheren Stelle einschalten wollte. Der Antrag wurde mit großer Mehrheit angenommen. Damit war der sozialdemokratische Antrag erledigt. Nachdem aber der endgültige Wortlaut des ganzen Paragraphen festgestellt war, ergab es sich, daß durch die Einschal- tung des Antrages Behrens die Aberkennung des BerttagSrechls der Krankenkassen auch auf die Drogisten ausgedehnt worden ist. Diese sehr bedenkliche Verschlechterung des Antrages der Sozialdemokraten hatte kein Redner befürwortet. Sie wird daher zweifellos in der 2. Lesung wieder beseitigt werden. Fortsetzung Sonnabend. HU! der lufMonrniiniOD. Sitzung vom 8. Juli 1910. Arn Freitag wurden die zum§ 330 gestellten sozialdemokrati- schen Anträge abgelehnt. Eine längere Debatte veranlatzte der Verschlechterungsantrag der Natioualliberalen und Konservativen, der nach den Ausführungen unserer Genossen im Effekt die R e- Visionen, namentlich gegen Schwurgerichtsurteile, so gut wie gänzlich ausschalten würde. Die Regierung schien diese Ver- schlechterung ihrer Vorlage nicht ungern zu sehen, denn verschiedene Kommissare erkannten dengesunden Kern" des Antrages an; sie sträubten sich nur gegen seine, auch ihnen anscheinend zu reaktiv- näre Form. Sehr energisch sprachen sich gegen den Antrag außer unseren Genossen noch die Redner des Zentrums und der Fort- gjrittspartei aus. Nachdem bei dieser Gelegenheit sich noch eine ebendebatte im Anschluß an eine Berührung des Allensteiner Prozesses über eine strengere Handhabung der beschlossenen Aus- schließung der Oeffentlichkeit angeschlossen hatte, in der unsere Ge- nosten sich gegen jede Verschärfung der Ausschluß- bestimmungen wendeten, wurde der nationall iberal-konser- vative Antrag abgelehnt und der§ 330 in der Fastung der Regie- rungsvorlage angenommen. Zum Z 337 beantragten unsere Genossen, daß die Frist, in der die Revision einzulegen ist, von 8 auf 14 Tage verlängert wird; auch soll die Einlegung der Revision nicht von der Unterschrift eines Rechtsanwaltes, noch von ihrer Entgegennahme durch einen Gerichtsschreiber abhängig sein. Der Antrag wurde abgelehnt. Beim Z 346 beantragte Abg. Groeber, daß bei der Auf- Die Brände in Rußland  . ES ist eine gewöhnliche Erscheinung in Rußland  : sobald der Schnee geschmolzen ist, beginnen die Brände in den kleinen Städten, Dörfern und auch in den Wäldern. Jedes Jahr können die Reisenden der Sibirischen Bahn aus den Waggonfenstern diese eigenartigeIllumination" beobachten, wie ganze Gegenden in Flammen stehen. Und man läßt ruhig brennen oder, wenn irgend ein Dorf, eine Niederlassung direkt vom Brande bedroht wird, treffen die Bewohner Maßnahmen"zu ihrem Schutz. Um die in größerer Entfernung wütenden Waldbrände kümmert man sich nicht. Die Ursachen der Brände sind darin zu suchen, daß das große Reich keine genügende Kultur besitzt. Solange der russische Bauer kaum zu lesen und schreiben vermag, wird und kann er nicht von Trunksucht. Unvorsichtigkeit mit Feuer und Licht usw. abkommen und dieses sind die weitaus häusigsten Ursachen der Feuerschäden. Sodann ist auch die Bauart der Städte und Dörfer ganz unerhört. Wenn in einem Dorfe die Reihe der Holzhäuser mit ihren Strohdächern außerdem noch durch Zwischenbauten verbunden ist. wenn in den meisten Städten dre Bevölkerung in einem hölzernen Häusermeer wohnt, ist es leicht zu begreifen, daß ganze Städte und Dörfer in Flammen aufgehen. Es gibt nur sehr wenige feuersichere Bauten, sogar in der Residenz und in den Großstädten. Also auch hier ist keine genügende Kultur, kein Unternehmungsgeist, kein Fortschritt. Wie die Brände gelöscht werdest, das ist wieder ein eigenes Kapitel. In kleinen Städten und aus dem Lande ist der Urjadnik (Polizist) meist der Kommandant auf der Brandstelle. Gelöscht wird aber zumeist mit Schimpfen, Schreien, Schlagen, oder man hält zur Abwechselung Gottesbilder gegen das Feuer. An ein zielbewußtes Löschen denkt man nicht. Als in der Jrkutsker Stadtduma kürzlich ein Stadtverordneter die Aufmerksamkett der Stadtväter auf diese Tatsache lenkte und darauf hinwies, welcher Schaden dem Staate und welches Elend dem Volke daraus erwüchse, und die Stadtduma zur Bekämpfung der Brände aufforderte, stieß der Antrag auf Wider- sprach in der Stadtduma. Es wurde ihm entgegengehalten, daß die Sorge um die Brände Sache des Staates sei usw. Aber die Brände tümmem sich nicht um diese Kompetenzfragen und das Feuer nimmt seinen verderblichen Weg weiter. Humor«nd Satire. Ent- und verhüllte Denkmäler. Der Märchenbrunnen wird nie fertig; Er schläft noch hinter'm Bretterzaun. DaS Virchowdenkmal gegenwärtig Ist endlich doch enthüllt zu schau'n. Erst brachte Virchow   man figürlich Zur Darstellung zunächst Modell Die Beine schienen unnatürlich Und Klimsch   schuf dann was andre? schnell. Ein Herkules kam zur Erscheinung; Stark muskulös, nackt wie ein Splint; Da sprach die öffentliche Meinung: ,Det kann unmöglich Virchow sind P Hebung eines Urteiles das Revisionsgericht die Sache immer an ein! anderes Gericht zu verweisen hat. Auch sollen die Gerichte, die sich nach der Aufhebung des Urteils mit der Sache zu beschäftigen haben, bereits auf ein Jahr voraus vom Präsidium des Revision�- gerichtes bestimmt werden. Gegen diesen Antrag wurden die ver­schiedensten Bedenken laut, so auch das, daß die Form des Antrages es möglich erscheinen lasse, daß eine Verweisung an ein dem Ange- klagten ungünstiges bekanntes Gericht erfolgen könnte. Nach dem bestehenden Recht kann die Sache an ein anderes Gericht ver- wiesen werden; es wird aber meist dem erkennenden Gericht zu-c geteilt. Der Antrag wurde abgelehnt. Ein sozialdemokratischer Antrag, zum§ 350 gestellt, forderte, daß das Gericht, an das eine Sache vom Revisümsgericht verwiesen wird, auch auf eine Verminderung des Strafmatzes nach der ersten Entscheidung erkennen kann, wenn eine Straftat oder die Annahme einer Jdealkonkurrenz, oder bei einer forrgesetztcn Hand- lung Einzelakte entfallen, wodurch eine Milderung der Strafe be« dingt würde. Der Antrag wurde abgelehnt, ebenso ein ähnlicher aber nicht so weitgehender Antrag Groeber. Der fünfte Abschnitt des dritten Buches handelt von der Wiederaufnahme des Verfahrens. Einige zu den ZZ 351 und 352 gestellte Anträge unserer Genossen wurden ab» gelehnt. Nach einem zum§ 353 gestellten Antrag Groeber soll ein Ver- fahren auch dann wieder ausgenommen werden, wenn sich das Urteil auf ein unter Verletzung der Zeuger.- oder Sachverständigen- Pflicht abgegebenes Zeugnis oder ein Gutachten stützt. Unsere Ge- nosten beantragten, daß der 2. Absatz des Paragraphen gestrichen wird, nach dem die Wiederaufnahme wegen der Berücksichtigung einer falschen Urkunde oder einer falschem Aussage erst dann statt- finden kann, wenn diese sirafbaren Handlungen rechtskräftig fest- gestellt sind. Der Antrag Groeber wurde angenommen, der sozial- demokratische Antrag abgelehnt. Fortsetzung am Sonnabend. Hus Induftm und Ftandd. Der schnelle wirtschaftliche Aufschwung Japan  ? zeigt sich an der rapiden Zunahme seiner Industrie. Nach einer Zusammenstellung des amtlichenDeutschen HandelS-Archivs" stieg der Wert der in Japan  (ohne Formosa) hergestellten hauptsächlichsten Waren in der Zeil von 1903 bis 1907 wie folgt(die von uns ab- gerundeten Zahlen bedeuten Millionen Den; 1 Den ist ungefähr so viel wert wie 2.10 M.): 1903 1904 1905 1903 1907 Seidengewebe....II öb'/z 5? 60'/« 93»/, 94'/« Gewebe aus Seide und Baum- wolle gemischt..... 14»/, Baumwollgewebe..... öl1/, li 52 2-/4 1»»/, 10'/, II/4 «°/4 7 iv, 43/4 18'/« ?'/« IS'/, 71'/, »'/, l?u 12'/« 8'/« 7'/« ß'/a 5'/, 16'/« 9 20/4 86'/, SV, 15'/, 13'/2 lb'/, 13»/, 10'/« 6'/« 4'/« 10°/. 11'/, L4 lOZl/, 10'/, 12'/, 15 13 "/, 11 Hanfgewebe....... 2»/« Japanisches Papier.... 12'/, Europäisches Papier.... 7 Streichhölzer...... 10 Porzellan- und Töpferwaren. 7 Matten........ 8'/, Lackwaren....... 5»/« Strohgeflechte...... 3°/« Leder 4 Oel.......... 8 Der teilweise Rückgang im Jahre 1904 war natürlich durch den Krieg verschuldet. Unmittelbar darauf zeigt sich der Aufschwung in den meisten Branchen um so deutlicher. Es versteht sich, daß auch der plötzliche gewaltige Mehrbedarf an Leder im Jahre 1904 durch den Krieg verursacht war._ Wofür der Deutsche   Ausfuhrprämien bezahlt. Unter dieser Ueberschrift erzählt die Handelszeitung des B. T." folgende Dinge, die man kaum für möglich halten sollte: Wenn Roggen ordnungsmäßig gemahlen wird, so ergibt er zirka 65 Proz. Mehl und 30 Proz. Kleie, zirka 5 Prvz. gehen verloren. Jedoch, seit der letzten Zollerhöhung für Brotgetreide von 35 auf 50 MI. bis 65 MI. per Tonne ist es ein sehr lukratives Geschäft ge- worden, deutschen Roggen nach Rußland   auszuführen, jenseits der Grenze zu vermählen, aber nur etwa 35 bis 40 pCt. Mehl auszubeuten und die restlichen 5560 pCt. alsKleie" zollfrei wieder in das Inland einzuführen. Es ist das eine Folge der deutschen Einfuhrscheine. Bei dem heutigen Roggen­preise von 15 Mk. per 100 Kilo frei Kalisch kosten diese 100 Kilo nach Nun ist'S für jedermann verständlich: Am Postament prangt VirchowS Bild Als Brust-Relief, und so ward's endlich Am KarlSplatz feierlich enthüllt. Zwar gab'S noch einige Weiterung«»: Ein Häuschen stand an seiner Frontz Wo ein Bedürfnis notgedrungen Man ab und zu befried'gen könnt'. Nach Ueberlegunaen, noch reifen, Setzt man dies Haus wo anders hin; Zwar sich Bedürfnisse verkneifen, Lag wohl nicht recht in Birchow's Sin». Am Märchenbronn ist'S angenehmer; In dem verpönten Friedrichshain  Kann man am Bretterzaun bequemer von allen Lasten sich befrei'». _ R. Oergler. Notizen. DaS Schicksal von GoetheS Nr-Meister. der in Zürich   wieder aufgefundenen ersten Fassung seines RomanS Wilhelm Meister  , scheint ein trostloses zu werden. Alle Welt freute sich be- reits auf die nachträgliche Gabe des frischen jungen Goethe, es wurde auch eine billige Ausgabe zugesagt. Aber vorläufig wird der entdeckte Schatz wieder eingesargt. Dank der Neberspannung des kapitalistischen   Erbrechtes hatten ein Nachkomme des berüchtigten Rinaldini-Verfassers Vulpius, mit dem Goethe nur die Schwagerschaft gemein hatte und der Fürst Henckel von DonnerSmarck   die Hand- schrift reklamiert. DieseErben" haben die erste Veröffentlichung des Ur-Meisters der großen Weimarer Goetheausgabe überlassen, die echt byzantinisch nach der ganz gleichgültigen Großherzogin Sophie benannt ist. Da diese Ausgabe nur insgesamt abgegeben wird und verschiedene hundert Mark koster, ist alio der Ur-Meister für das deutsche Volk vorläufig verschollen. Hosientlich wird er nicht auch noch zu Ehren der Großherzogin Sophie kastriert, wie es den Vene- zianischen Epigrammen erging. Die Kunst- Ehrenpreise der Stadt verlin wurden, nachdem sie in der Großen Berliner   Ausstellung bereits früher verteilt waren, nun auch in der Sezession verliehen. Sie fielen den Malern K. von Kardorff und Theo von Brockhusen   zu. Die Totenfeier als Lustbarkeit. Was wir von der Lustbarkeitssteuer, die Berlin   bedroht, etwa zu erwarten hätten, darauf bereitet ein Vorgang aus Dresden   vor: Dort existiert seit vorigem Jahr gleichfalls eine Lustbarkeitsverordnung." Auf Grund dieser erklärte der Dresdener   Rat eine am 28. April in Privaträumen abgehaltene Totengedenkfeier für Liliencron  , zu der einige Karten ausgegeben waren, für eineLustbarkeit" und fordert jetzt nachträglich(unter Androhung von Bestrafung) 10 M.Lust- barkeitssteuer".