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» 158. 27. Hitm- 3.|tdlll|| Partei- Hnc{ elegenkeiten. (Rn die Parteigenossen Berlind und der Mark Brandenbürg. > Die neue Lokal liste lügt der heutigen Nummer des »Vorwärts" bei und wiederrim richten wir an die gesamte Arbeiterschaft dos dringende Ersuchen, die Lokalliste mehr zu be- achten als bisher. Wir können in unserem fortwährenden Lokal­kampfe nur Erfolge erringen, wenn wir unsere Hauptwaffe, den Lokalbohkott, in der wirksoimsten Weise benutzen. Jeden- falls dürfen wir niemals vergessen, daß für«ine fruchtbringende Agitations- und Organisationsari zeit der Besitz freier Lokale die erste Vorbedingung ist. Dies wird uns am deutlichsten bei jeder Wahl vor Augen geführt. Darum ist eS unbedingte Pflicht jedes Ar- beiters, alle Lokale zu meiden, die der Arbeiter- schaft zu Versammlung« n verweigert werden. Beachtet die Arbeiterschaft diesen wiederholt an sie gerichteten Appell und handelt sie streng danach, so mutz es uns ge- lingen, alle Lokale, die durch den Besuch der Arbeiterschaft erst ihre Existenz haben, auch zu Versammlungszwecken zu erobern. Wo unS aber Säle zu Versammlungen zur Verfügung stehen. - bort können wir das Versammlungsrecht erst wirklich ausnützen, darum ist der Kampf um Versammlungsräume auch ein Kampf um das Bersmninlungsrccht. Deshalb: Beachtet stets die Lokalliste! Des weiteren ersuchen wir die Vorstände und Komitees, bei allen ihren Veranstaltungen dafür zu sorgen, daß das notwendige Bedienungspersonal stets vom kostenlosen Arbeitsnachweis des Ver- bandes deutscher Gastwirtsgehilfen bezogen wird.(OrtSverwalwng Berlin, Graste Hamburger Straste 18/19. Tel. Amt III, 1813.) Autzerdem ist es im eigenen Interesse der Vereine selbst dringend notwendig, dost allen Verträgen mit Lokalinhabern eine Klausel angefügt wird, wonach für den Fall, datz das betreffende Lokal später für Arbeiterversammlungen verweigert werden sollte, der Vertrag seine Gültigkeit verliert. Alle sonstigen Anfragen, Mitteilungen usw. sind stets durch die in der Lokalliste angegebenen Kommissionsmitglieder an den Ob- mann der Lokalkommission zu richten, soweit Lokale Berlin ? und der Kreise Nieder-Barnim , Teltow -Beeskow und Potsdam-Ost- Havelland in Frage kommen. Für die übrigen Provinzorte sind alle Anfragen direkt an den Obmann zu richten, in keinem Falle jedoch direkt an die Redaktion des»VorwättS"; dies bitten wir zu beachten. Zum Schlust ersuchen wir die Parteigenossen, die jeweilige Lokalliste stets bis zum Erscheinen der nächsten aufzubewahren, sowie von allen in der Zwischenzeit eintretenden etwaigen Aendc- rungen Notiz zu nehmen. Für verloren gegangene Listen kann jederzeit Ersatz von allen Kommissionsmitgliedern bezogen werden. _ Die Lokalkommission. Dritter Wahlkreis. Sonntag, den 10. Juli, findet ein Ausflug mit Familie nach Pferdebucht bei Köpenick statt. Treffpunkt dortselbst von vormittags 19 Uhr an. RIxdorf. Die Teilnehmer an dem naturwissenschaftlichen Kursus des Genossen Engelbert Graf über:»Die Geschichte unserer Erde " werden ersucht, sich am Sonntag, den 10. Juli, recht zahlreich an der Exkursion nach den Rüdersdorfer Kalkbergen zu beteiligen. Ab- fahrt: Schlestscher Bahnhof früh 7,63 Uhr und 8,04 Uhr vom Bahnsteig nach Erlner. Für Nachzügler Abfahrt: Schlesischer Bahnhof 10,09 Uhr nach Fredersdorf , umsteigen nach Rüdersdorf . Ankunft: 11,16 Uhr. Johannisthal . Sonntag, den 10. Juli, nachmittags 2 Uhr, findet bei Senftleben, Friedrichstr. 48, die Generalversammlung des Wahlvereins statt. Zernsdorf . Am Sonnabend, den 9. Juli, abends 8 Uhr, im Knorrschen Lokale Mitgliederversammlung des Wahlvereins. Spandau . Der hiesige sozialdemokratische Wahlverein hält heute, Sonnabend, den 9. Juli, sein diesjähriges Sommerfest in den ge- samten Räumen der Brauerei Pichelsdorf ab, bestehend aus Garten- konzert, Gesang, turnerischen Aufführungen, Verlosung und Ball. Anfang des Konzerts um 8 Uhr. Slocklaternen gibt es gratis. Um 11 Uhr nachts Fackelpolonaise. Eintritt pro Person 26 Pfennig. Die Genossen von Grost-Berlin sind hierzu freundlichst eingeladen. Berliner JVachricbten. Ter unermüdliche Kinderwagen. Kaum einen ähnlich so ausdauernden, helfenden Freund hat die Arbeiterfrau, wie den Kinderwagen. In der Zeit froher Erwartung, wo sie mit Hangen und Bangen, oft unter unausgesetzter, gleichmäßiger Arbeit, der schönsten Erfüllung ihres Daseins entgegenhofft, sucht sie das mühsam ersparte Sümmchen zusammen, das sie zur Anschaffung des Kinder- Wagens bestimmt hat. Recht, recht hübsch soll er sein, wie fie überhaupt ihrem Kinde alles aufs schönste und beste be- reiten möchte,besser als sie es hatte", das ist ihr innigster Wunsch. Gewöhnlich bleibt das nur ein Wunsch, denn die vielen Sächelchen, die der neue, kleine Weltbürger haben muß. erfordern ohnedies eine beträchtliche Extraausgabe, und da bleibt für den Kinderwagen, den Vater launig dieEhe- standsequipage" nennt, nicht viel übrig. Ja, manchmal reicht der Ueberschust. der sich schließlich noch in Mutters Barschast findet, nicht mehr für einen neuen Wagen, und wohl oder übel muß der schwere Entschluß gefaßt werden, einen alten billig zu erstehen. Bevor Mutter bei irgendeiner armen Frau, diedas Gerümpel" los sein will, den Kauf fest mächt, forscht sie ängstlich, ob kein Kind in dem Wagen gestorben ist, denn es gibt kein abergläubischeres Wesen unter der Sonne, als eine junge Mutter, die für das neue Leben zittert. Ist fie über diesen Punkt beruhigt, und das Gefährt einiger- maßen sauber, und leidlich erhalten, so legt sie ihre Groschen hin, und schiebt zum ersten Male mit einem Gefühl, als sei sie plötzlich gewachsen,ihren" Kinderwagen durch die Straßen. Und er, der schon mehrere Generationen von Arbeiterkindern in seinem Inneren herumkrabbeln sah, be- ginnt ernst und gravitätisch seinen rastlosen Dienst bei der neuen Besitzerin. Die ersten Jahre bleibt er fast ausschließlich seinem Spezialamt als Kinderwagen reserviert. Allenfalls, datz Mutter noch außer der strampelnden Nachkommenschaft einen Korb mit Essen in seinem geduldigen Jnnenraum verstaut, wenn sie Vätern Mittag trägt. Sonst wird er höchstens am großen Ziehtag seiner Aufgabe als Kinderhort entzogen, und, mit Geschirr und sonstigem Kleinkram angefüllt, als prak­tisches. TranspoitoiMei Ks m&ten&£ LMe. des Jontirtf und ein halbes bis ein Dutzend kleiner Proletarierkinder schauen nacheinander, oft auch nebeneinander, aus der Ehe- standsequipage. Bis Mutter eines Tages erklärt, daß es nun genug fei, und sie hinfort auf diesem Gebiete streiken müßte. Dann heben aber für den Kinderwagen erst die ernsten Zeiten an. Er, der bisher leidlich gepflegt und äußer- lich ansehnlich erhalten wurde, wird nun bloß noch auf nütz- liche Verwendung hin erzogen. Sein Schicksal gleicht darin aufs Haar dem der kleinen Proletarier, die er beherbergt hat. und die alle, wenn sie einmal alt und arbeitsschwächer geworden sind, zusehen müssen, wie und wo sie sich nützlich machen können, um ihr Dasein zu fristen. Mit demNütz- lichmachen" gelingt's dem Kinderwagen noch leidlich gut. Mutter muß nämlichzuverdienen", damit man sich mit den vielen Kindern halbwegs durchschlagen kann. Und da er- innert sie sich ihrer alten, treuen Hilfskraft. Sei es, daß sie mit der Nadel oder Nähmaschine irgendeine Heimarbeit macht, oder Wäsche wäscht, oder Zeitungen austrägt, oder einen kleinen Gemüsekram hält bei allem springt ihr der Kinderwagen bei. Der Heimarbeiterin hilft er die schweren, oft recht umfangreichen Arbeitsstöße zum Arbeitgeber zu schaffen, die Wäscherin bettet die glänzend gebügelte Wäsche in ihm, und fährt sie zu ihrenHerrschaften", die kleine Ge- müsehändlerin holt das bißchen Ware, das sie umzusetzen hoffen kann, in diesem, ihrem einzigen, von ihr selbst ge- zogenen Gespann, und auch die Zeitungsfrau erleichtert sich die Verbreitung desAllerneusten" durch die Verwendung der alten Rumpelkarete. Damit sind die Aufgaben, die dem Kinderwagen in seinen alten Tagen blühen können, noch immer nicht erschöpft. Er ist's, der das bißchen Leseholz herbeischaffen hilft, wenn ein guter Zufall diese Ersparnis im Haushalt beschert, oder Kohlen heimführt, die direkt vom Platz entnommen billiger sind. Mitunter wird ihm auf seine alten Tage noch die Ehre zuteil, daß er als fahrbares Waren- lager verwendet wird, wenn seine Besitzerin oder einer seiner kleinen, jetzt schon, ziemlich großen, ehemaligen Fahrgäste zur Weihnachtszeit einen winzigen Handel anfangen, mit Spiel- kram oder Baumschmuck etwa. So ist er rastlos arbeitswillig, bis ihn Arbeit und Zeit ganz zermürbt haben. Und wenn er dann wegen unreparierbarer Schadhaftigkeit absolut nicht mehr zu brauchen ist, dann dient er noch im Vergehen, gerad so, wie die Birke, von der's in dem Gedicht im Schullesebuch heißt:Dann komm' ich noch, und heize Dir ein!" Das kann er aber nur tun, wenn er aus Korbgeflecht ist, nicht etwa aus Blech, wie die allermodernstenl... Die Gemeindcwählerliste legt der Magistrat vom 16. bis 30. Juli d. I. im Wahlbureau Poststraße 16 I zur Einsicht- nähme öffentlich aus. Der Dreiklassencharakter des Kommunalwahlrechts erhellt von neuem durch die Tatsache, daß die erste Abteilung mit einem Mindeststeucrbetrage von 6546,80 M. abschließt, während der zweiten Abteilung zugehört, wer mindestens 191,364,/ioo M. Steuern zahlt. Wer weniger blecht, ist in die dritte Abteilung einrangiert. Die Höchstgrenze der Fahrgeschwindigkeit für Kraftfahrzeuge hat der Regierungspräsident zu Poisdam für gewisse Amtsbezirke auf 26 Kilometer in der Stunde festgesetzt. Im Kreike Teltow sind dies die Amtsbezirke: Grunewald , Schmargendorf , Grunewald- Forst sDahlem), Friedenau , Steglitz . Groß-Lichterfelde , Lank- witz, Mariendorf , Tempelhof , Britz und Treptow : im Kreise Nieder-Barnim die Amtsbezirke: Tegel , Wittenau , Reinickendorf , Lübars-Waidmannslust, Hermsdorf , Rosenthal. Nieder-Schönhausen, Pankow, Franz.- Buchholz, Heinersdorf , Weitzensee, Hohen- Schön- hausen und Friedrichsfelde . Bei Kraftfahrzeugen von mehr als 6,6 Tonnen Gesamtgewicht beträgt die überhaupt zulässige Höchst- geschwindigkeit 12 Kilometer in der Stunde: sie kann, wenn die Triebräder mit Gummi bereift sind, bis auf 16 Kilometer ge- steigert werden. Die Höchstgeschwindigkeit der� Kraftfahrzeuge in den obengenannten Bezirken ist somit der für den Landes- polizeibezirk Berlin zugelassenen angepaßt. Die Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit für Krafffahrzeuge in geschlossenen Ort- s ch a f t e n ist in der bestimmten Erwartung erfolgt, datz die Kraft- Wagenführer die in der Bundesratsverordnung vom 3. Februar 1910 enthaltenen Vorschriften sorgfältig beachten und die Fahrgeschwindigkeit überall da entsprechend herabmindern, wo der lebhafte Berkehr ein vorsichtiges Fahren verlangt._ Das Ende des TalerS. Folgende Bekanntmachung, betreffend die Behandlung der noch im Umlauf befindlichen Eintalerstücke deutschen Gepräges, wird zur öffentlichen Kenntnis gebracht: Auf Grund des Z 14 Abs. 1 Nr. 1, 2, Abs. 2, des Münzgesetzes vom 1. Juni 1909 sReichs- Gesetzbl. S. 607) hat der Bundesrat im Verfolg der am 27. Juni 1907 beschlossenenAußerkurssetzung der Eintalerstücke deutschen Ge» prägeS(vgl. die Bekanntmachung vom gleichen Tage, Reichs-Gesetz- blatt S. 401) die nachfolgende Bestimmung getroffen: Die bei den Reichs- und LandeLkassen noch eingehenden Ein­talerstücke deutschen Gepräges sind durch Zerschlagen oder Ein- schneiden für den Umlauf unbrauchbar zu machen und alsdann dem Einzahler zurückzugeben. Ferner hat der Bundesrat sich damit einverstanden erklärt, datz die Kassen der Reichsbank mit diesen Talern in gleicher Weise verfahren._ Fernsprechnachtdicnst in Oberschöneweide . Ununterbrochener Dienst wird vom 8. Juli an in Obersthöneweide abgehalten. Der Nacht­dienst erstreckt sich auf den Ortsverkehr, den Vorortverkehr mit Berlin , Eharlottenburg, Lichtenberg , Reinickendorf-Ost, Rixdorf, Weitzensee und Wilmersdorf sowie auf den Fernverkehr mit den zum Tagesverkehr zugelassenen Orten, die selbst Nachtdienst haben. Eür jede Nachtverbindung im Orts- und Vorortverkehr wird eine ebühr von 20 Pf. erhoben. Im Verkehr mit Ungarn , Belgien und den Niederlanden sind Abonnementsgespräche nicht zulässig. Als Nachtzeit gilt im Orts- und Vorortverkehr die Zeit von 10 bis 7 Uhr, im inländischen Fernverkehr von 9 bis 8 Uhr. Verlegung von Straßenbahnlinien. Die Straßenbahn ist ge- nötigt, wegen Gleisarbeiten auf dem Mühlendamm von 2.30 nachts an folgende Umleitungen vorzunehmen: in der Nacht vom 8. zum 9. Juli Linie 74 in der Richtung nach Schöneberg statt Spittelmarkt, Mühlendamm. Spandauer über Jerusalemer, Oberwallstratze. Wer- derscher Markt, Schloßplatz; 78 nach der Frankfurter Allee statt Spittelmarkt, Mühlendamm, Molkenmarkt , Molkcnmarkt, Stra- lauer, Schickler-, Blumenstraße-über Jerusalemer, Oberwallstraße, Werderscher Markt, Schloßplatz, Königstraße, Alexanderplatz , Alexander-, Blumenstraße. Vom 11. zum 12. Juli geht 74 über Schloßplatz, Werderscher Markt, Oberwall-, Jerusalemer Straße . Der Magistrat genehmigte in seiner gestrigen Sitzung die von der Tiefbaudepntation vorgeschlagene Aenderung der Bau- und vor- gartenfluchtlinie in der Bcllevuestraße. Der standig wachsende Ver- kehr macht eine Verbreiterung der Straße unbedingt nötig. Der Straßendamm, der bisher nur ca. 7>/z Meter breit ist, soll auf Met» verbreitert werden. Dabei müssen leider di» alten schönen ZMabend. 9.?itU1910. Bäume, die jetzt noch einen besonders schönen Schmuck der Bellevue« straße bilden, fallen. Es hat sich allerdings schon seit Jahren die Notwendigkeit herausgestellt, einzelne morsche und windbrüchige Bäume fortzunehmen und durch junge Bäume zu ersetzen, und in wenigen Jahren würden für alle alten Bäume junge gepflanzt lverden müssen. Die verbreiterte Straße wird wieder mit zwei Baumreihen geschmückt werden. Noble Behandlung. E i n st ä d k i s ch e r Aug est elter schreibt unS:Wünsche der städtischen Angestellten können jederzeit durch dieselben vor- gebracht werden und finden stets eine wohlwollende Aufnahme und Erfüllung, wenn die vorgebrachten Wünsche billig und Vernunft. gemäß sind," so ungefähr drückte sich in einem Interview der Herr Stadtrat Namslau bei Gelegenheit der Mandatsniederlegung der städtischen Arbeiteravsschußmitglieder einem Berichterstatter gegen, über aus. Hiermit kontrastiert seltsam das Verhalten der Direktion der städtischen Gaswerke, zu der doch Herr Namslau als Vorsitzen- der der Gasdcputation in engster Fühlung steht. Am 16. Februar dieses Jahres, also vor jetzt 414 Monaten, richteten die in den Revierinspektionen beschäftigten Schreiber und Hilfsschreiber an die Direktion das berechtigte Verlangen, entsprechend ihrer Tätigkeit als Handlungsgehilfen anerkannt und dem Handelsgesetz- buch für ihr Verhältnis zur Direktion unterstellt zu werden. Bis heute sind die 9 Unterzeichner des überaus höflich gehaltenen Schreibens ohne Antwort, trotzdem die Direktion von den Revier- leitern am 22. April einen sofort zu beantwortenden ausführlichen Bericht über die in Frage kommenden Personen einforderte. Also auf eine berechtigte Anregung, an deren notwendiger Ein- führung kein Zweifel sein kann, keine Antwort an die Petenten! Kein Versuch, durch die Vertrauensleute Vorschläge zu einer die Arbeitnehmer befriedigenden Umwandlung der jetzigen Stunden- löhne in Monatsgehälter zu erhalten oder überhaupt auch wegen weiterer damit in Zusammenhang stehender Fragen mit diesen in Fühlung zu kommen. Nicht einmal die einfachsten Formen der Höflichkeit hält man im Verkehr mit den Angestellten für nötig; statt dessen setzt es Verfügungen, die nur als Schutzmaßregeln gegen das Eindringen frei gesinnter(nicht freisinniger!) Angestellten in den Dienst der Stadt aufgefaßt werden können. Doch wird das nie gelingen. Jedenfalls bietet die ganze Angelegenheit wieder einmal den Beweis, wie wenig unsere Stadtverwaltung daran denkt, von den in Zeiten der drohenden Streikmöglichkcit gegebenen Erklärungen ihres Wohlwollens für die Arbeiter wirklich etwa? wahr zu machen, wenn sich Gelegenheit dazu bietet. Nur Selbst- Hilfe in der Organisation kann demgegenüber allen städtischen An- gestellten helfen!_ Der feste Kutschersitz. Die Berliner Straßenpolizeiverordnung bestimmt, daß jedes mit Zugtieren bespannte Fuhrwerk mit einem festen Kutschersitz versehen sein muß, von wo aus der Kutscher einen freien Ausblick hat. Gegen die Vorschrift sollte sich der Kuticker N. vergangen haben. Er saß während einer Fahrt mit einem flachen Wagen ans einer Kiste, die angenagelt war. DaS Landgericht ver­urteilte ihn zu einer Geldstrafe, indem eS diese anaenagelte Kiste für keinen festen Kutschersitz im Sinn« der Berordn- ng erachte:»' Ein solcher Sitz müsse dem Kutscher einen Halt geben. Er müsp» entweder eine Lehne haben oder unten Raum gewähren, daß der Kutscher seine Beine etwa? zurückziehen und so einen Halt gewinne» könne. Bei der angenagelten Kiste fehlten diese Voraussetzungen. Das Kammergericht erklärte die Entscheidung für nicht rechlsirrig und verwarf die Revision des Angeklagten. Als Kautivnsschwindler verhaftet wurde gestern der Inhaber de» Novitäteuverlages Victoria". Unter diesem Namen hatte der Schau- spieler und Theaterschriflsteller Rudolf Ely, der in Theater- und Schauspielerkreisen unter dem Namen Rudolf Walden aufgetreten ist, ein Bureau zum Berkauf von kleinen Varietö- oder kleinen Vereins« und Gesellichaftsstücken eröffnet. Er hat angeblich ungefähr 600 Theaterstücke in seinem Verlage, die er gegen Gebühren abzusetzen versucht. Das Geschäft ist aber nicht besonders gut gegangen. Ely hatte für seinen Verlag Buchhalter, Bureauvorstehcr und Reisende angenommen. Die Leute hatten aber bei dem Geschäftsgange nichts zu tun und bekamen auch kein Gehalt oder nur Raten ausgezahlt. Wenn diese Tätigkeit den kautionsfähigen Leuten nicht zusagte und sie ihr Geld zurückverlangten, warb er schleunigst Ersatz, dem er dann wiederum die Kaution abnahm, um auf diese Weise den alten Gläubiger zu befriedigen. Er ließ sich Kautionen in Höhe von 200 bis 1000 M. geben. Seit Herbst vorigen JahreS, seitdem er das Geschäft dort betreibt, sind ihm 20 Opfer in die Finger ge- laufen. Ein Eifersuchtsdrama hat sich in der vergangene» Nacht um 1'/, Ubr in dem Hause Sedanstraße Nr. 1 zu Schöneberg abgespielt. Der 21 Jahre alte Eisenbahnanwärter Otto Ambrosius verwundete den 42 Jahre alten Bankbeamten Heinrich Marwede durch einen Schutz in den Unterleib und hat sich dann selbst durch einen Schuß in die rechte Schläfe getötet. Trotz des ungleichen Alters waren beide befreundetlmd unternahmen öfter gemeinsame Ausgänge. In der letzten Nacht um 1'/, Uhr kehrten sie aus einem Wirtshause zurück. Ambrosius begleitete seinen Freund die Treppe des HauseS Sedanstr. 1, wo der letztere wohnt, hinauf. Frau Marwede war ebenfalls zugegen. Als sie bis in das dritte Stockwerk des Hauses hinaufgestiegen waren« kam eS zwischen den beiden etwas angetrunkenen Männern zu einem eigenartigen Streit. Ohne besondere Veranlassung warf Marwede seinem jungen Freunde vor, daß er ein Liebesverhältnis mit seiner Frau unterhielte. Ambrosius wies diese Zumutung zurück, geriet aber dabei so in Wut. daß er einen Revolver zog und seinen Freund und Begleiter durch einen Schutz schwer verwundete. Frau Marwede holte einen in demselben Hause wohnenden Arzt zu Hilf». Als beide zurückkamen, hatte sich Ambrosius durch einen zweiten Schuß in die rechte Schläfe niedergestreckt und war tot. Der Arzt sorgte für die schnelle Uebersührung des lebensgefährlich verletzten Marwede nach einem Krankenhause. Die Marwedeschen Eheleute sind 11 Jahre verheiratet und leben in kinderloser Ehe. Zwischen ihnen sollen oft Streitigkeiten stattgefunden haben. Auch nachträglich weist die 30 Jahre alte Frau Marwede die Beschuldigung, mit dem jungen Ambrosius in näheren Beziehungen gestanden zu haben, mit Ent» rüstung zurück. Der gestern niedergegangene stundenlange Regen hat auch im Strotzenbahnbetriebe verschiedene Störungen verursacht. Besonder» empfindlich machte sich die Verkehrsstockung geltend, die in der Greifswalder Straße am Vormittag eingetreten war. Hier waren die Gleise derartig überschwemmt, daß während der Zeit von 8 Uhr bis gegen l/z12 Uhr die Wagen der Linien 69 und 62 in beiden Richtungen durch die Prenzlauer Straße und Prenzlauer Allee ab« gelenkt werden mußten. Einen großen Auflauf gab es in der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag in der Friedrichstraße vor dem Cafü National. Dort war aus angeblich nichtiger Ursache ein Architekt von den zwei Portters in recht unsanfter Weise auf die Straße expediert worden. Hier entspann sich nun zwischen den Nattonalhütern und dem Hinaus- spedierten ein lebhafter Wortwechsel. Ein herbeigerufener Schutzmann nahm den Architekten fest, um ihn nach der Wache zu bringen. Auf dem Wege dahin kam ein zweiter Schutzmann hinzu, der den Arrestanten packte und vor sich her stieß, daß die Augenzeugen ihrer Empörung über die Behandlung lauten Ausdruck gaben.