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Politische Ocbcrlicbt Berlin , den 9. Juli 1919. Wieder eine verunglückte gerichtliche Aktion. Das gegen die Genossen Eugen Ernst und L i e p- mann eingeleitete Vorverfahren wegenVergehens gegen die öffentliche Ordnung" ist durch Ver- fügung des Ersten Staatsanwalts beim kgl. Landgericht I nun- mehr eingestellt worden. Es handelt sich um die seit Jahren unbeanstandet verbreiteten Herweghschen Lieder, in welchen zumKlassenhaß"(§ 130) angereizt sein soll. Wir werden abzuwarten haben, ob das gegen andere Genossen wegen des gleichen Delikts noch schwebende Ver- sahren wirklich zur Erhebung von Anklagen führt. Zuzutrauen wäre es dem heutigen Systeni schon, das die Schöpfungen des großen Dichters vor ein juristisches Tribunal bringt und die Verbreiter vor den Kadi zitiert. Hohenlohes Rücktritt. Der Austritt des Prinzen Hohenlohe aus dem Reichstagspräsidium hat die Presse des schwarz-blauen Blocks in große Wut versetzt. Sie nimmt es dem Prinzen höllisch übel, daß selbst er jede Gemeinschaft mit dem Schnapsblock zurückweist. Gerade weil dieseKrise im Reichstagspräsidium" sicher kein erschütterndes politisches Ereignis ist, und aus dem Schreiben des Prinzen mehr persönliche Stimmung als schlaue taktische Berechnung spricht, fällt es den Klerikalen und Konservativen so unangenehm auf die Nerven. Zeigt es doch, wieweit der Haß und der Abscheu vor der Herrschast des Schnapsblocks reicht. Und noch eins macht die Reaktionäre wütend. Sie haben mit großer Freude und Hoffnung zugesehen, wie sehr die Nationalliberalen bemüht sind, denAnschluß an rechts" zu finden. Jetzt werden die nationalliberalen Draht- zieher ihren Eifer aus Rücksicht auf die Stimmung vieler Wähler etwas zügeln müssen, wenn sie auch nach kurzer Zeit sich umso kräftiger für den reaktionären Abmarsch ins Zeug legen werden. Der Rücktritt Hohenlohes, der übrigens die Absicht haben soll, nicht mehr zu kandidieren und sich aus dem politischen Leben zurückzuziehen, ist auch seinen eigenen ftei- konservativen Parteigenossen ganz überraschend gekommen, die darüber auch sehr unzufrieden find. Dagegen teilen dieKiel . Neuesten Nachrichten" mit, Hohenlohe hätte sein Amt erst nach voraufgegangenen Konferenzen mit dem Reichskanzler niedergelegt. Die Nachricht klingt sehr unwahrscheinlich. Der Aeroplan als Kriegswaffe. DieBreslauer Volkswacht" veröffentlicht den Artikel eines Sachverständigen, der über die voraussichtliche Ent- Wickelung des Luftmilitarismus interessante Betrachtungen enthält. Der Verfasser geht von der Tatsache aus, daß die preußische Militärverwaltung bereits Kriegsaeroplane baut, von denen einer ja unlängst auf dem Döberitzer Exerzierplatz eine Probefahrt gemacht hat. Die französische Regierung sei Deutschland auf diesem Gebiete allerdings weit voraus, denn sie besitze schon ganze Schwärme von Flugmaschinen der ver- schiedensten Systeme. Nach der Ansicht des Gewährsmannes derVolkswacht" dürfte der Aeroplan ein gefährlicher Konkurrent und Gegner der großen Aluminiumluftschiffe werden. Wenn die Gleitflieger in Höhen von 1500 Meter und dar- über aufzusteigen und vermittelst eines Maschinen- gewehrs durch Sprenggeschosse die Lenkballons anzugreifen vermöchten was schon jetzt möglich sei so sollte man es doch endlich aufgeben, für Kriegszwecke riesenhafte Luftkreuzer zu bauen. Das sei hinausgeworfenes Geld, denn ein Aero- plan, der seiner Kleinheit wegen den Luftschiffen �selbst nur eine verschwindend kleine Zielfläche biete, werde im Ernstfalle mit dem Luftkreuzer bald fertig werden. Ueber die Versuche der deutschen Militärverwaltung sagt der Verfasser: .Juleressieren werden noch einige kurze Angaben über die Aeroplane und die Einrichtung derselben, welche die deutsche Militärverwaltung zu beschaffen gedenkt. Es handelt fich in erster Linie um Eindecker: außerdem sollen auch Wright-Maschinen erprobt werden, schließlich ein von Major vonParseval speziell für die Heeresverwaltung konstruierter Aeroplan. Bei allen aber werden mindestens zwei Mann vorgesehen, von welchen jeder im Falle einer Berwundung des anderen die Flugmaschine führen kann. Die Ausrüstung besteht aus zwei Magazingewehren. deren Geschone kleinen Granaten ähnlich sind, und hauptsächlich dazu dienen, feindliche Luftschiffe zu zerstören. Fernerhin dienen zwei sehr sinnreich konstruierte photographische Apparate dazu, eine fortlaufende Reihe Aufnahmen deS Geländes zu machen, welches der Flieger überstreicht. Einige Flugmaschinen erhalten auch versuchsweise zwei Motoren, welche zusammen arbeiten, von denen aber derjenige. welcher havarieren sollte, abgekuppelt werden kann, so daß ein Absturz vermieden wird, weil der intakt gebliebene Motor immer noch imstande ist, den Flieger in Bewegung zu halten, und somit der Mannschaft Gelegenheit gibt, einen günstigen Landungsplatz zu suchen, oder sich in langsamerer Fahrt durch veränderte Flächen« stellung in Sicherheit zu bringen. Ueber alle Versuche wird unbedingte? Stillschweigen be« obachtet, sollten die Proben aber günstig verlaufen, so werden wir bald eine ganze Schar solcher Luft« jäger besitzen." Bis sich die Ueberlegenheit der einen oder anderen Gattung der Luftfahrzeuge in der Praxis erwiesen haben wird, dürfte inzwischen der Wettkanrpf zwischen Lenkballon und Aeroplan 'nunter fortgehen. Soviel steht fest, daß uns auch der Luft- Militarismus gar bald erkleckliche Summen kosten wird. Bettelsuppe für ostpreufjische Kriegsveteranen. Bei der Anwesenheit des Kaisers in Königsberg während der diesjährigen im August stattfindenden Kaisermanöver soll am Nach- mittage des Tages der Kaiserparade ein allgemeiner Kriegsveteranen- Appell im Königsberger Tiergarten stattfinden. Zu diesem Zwecke hat sich ein Komitee gebildet, dessen Ehrenmitglieder die Herren Fürst zu Dohna-Schlobitten, Graf zu Eulenburg-Wicken und General« major Brausewetter-Königsberg sind. Nach den Feststellungen dieses Komitees sind in der Provinz Ostpreußen rund 9000 Kriegsveteranen vorhanden, von denen über 7000 Mitglieder von KrieaSvereinen sind. Das Komitee nahm ursprünglich an, daß auf eine Beteiligung von etwa 500 Kriegsteilnehmern bei dem Appell zu rechnen sein würde. Zur großen Ueberraschung der Arrangeure haben sich nun aber jetzt bereits über ö()09 Veteranen zur Teilnahme am Appell ge- meldet. Dem Komitee ist nun bekannt, daß unter diesen Veteranen der allergrößte Teil in den denkbar d ürftigsten Ver- h ä l t n i s s e n lebt und daß so mancher alte ehemalige Krieger fich die größten Entbehrungen auferlegen muß. um seinen krunimen und gebrechlichen Körper nach der Residenzstadt zu befördern. Als Entschädigung dafür, und wahrscheinlich als Ersatz sür die Ablehnung der Erhöhung der Veteranen beihilfe. wollen nun die hohen Herrschasten, die diesen Veteranenappell arrangiert haben, die alten Veteranen im Tiergarten bewirten. Eine Mark pro Mann will das Komitee dafür ausgeben. Für 3009 Mann erfordert das 5000 M., die nun, weil die hohen Herren selbst ungern in die Tasche fassen, zusammengebettelt werden! Auf Antrag des Herrn Landeshauptmanns bewilligte der Pro- vinzialausschuß als erste Rate 1000 M. Kiderlens Nachfolger. Wie dieNordd. Allg. Zeitung" mitteilt, ist der bisherige kaiser - liche Gesandte in Tanger , Dr. Rosen, als Nachfolger des zum Staatssekretär des Auswärtigen Amts berufenen Wirklichen Geheimen Rats v. K i d e r l e n- W a e ch t e r auf den Gesandtenposten in Bukarest in Aussicht genommen. Dr. Rosen wird in Tanger durch den kaiserlichen Gesandten Freiherrn v. Seckendorfs ersetzt werden, der jetzt in Sofia tätig ist. Noch eine Abfuhr derGermania ". Wir haben schon darauf hingewiesen, daß die Einführung deS Proporzes zur b a d i s ch e n LandlagSwahl, deffen Befürwortung durch die sozialdemokratische Kammerfraktion die Germania " als ein Attentat auf das Volkswahlrecht verpönte, eine alte Forderung auch des Zentrums war. Jetzt nimmt auch der badische Zentrumsführer Wacker in seinemVolksboten" dazu Stellung, fertigt die zweifelhafte Haltung der badischen National- liberalen zum Proporz ab und schreibt dann: Maßgebend soll nur die Antwort auf die Frage sein, was an sich gut und wünschenswert ist. Sobald man aber auf diesen Standpunkt sich stellt, kann man nur wünschen, die Ver« hältniswahl möge eingeführt werden." DieGermania " dürste damit wohl genug haben. Jntereffante Enthüllungen über die nun schon seit vier Jahren fortdauernden Kämpfe um den verwaisten Stuhl des ErzbischofS von G n e fen und Posen bringt in einem Leitartikel die.Schles. Volkszeitung" in Breslau . Das Zentrumsblatt schießt damit einen besonders scharfen Pfeil ab auf den Reichskanzler, der immer noch nicht bereit ist, den Wünschen der Schwarzen in allem nachzukommen. Es stellt zunächst fest, was bisher noch nicht bekannt war, daß die Nachfolge Stablewskis deshalb noch nicht geregelt ist, weil die Regierung die Domkapitel von Gnesen und Posen auf ihre 1907 eingereichte Kandidatenliste bis heute noch nicht einmal einer Ant« wort gewürdigt hat I Jetzt komme der vierte Sommer heran und immer noch bleibe der erzbischöfliche Stuhl verwaist. Wie es scheine, wolle die Regierung überhaupt auf die lvorgeschriebene I) Mitwirkung der Domkapitel verzichten, was einzig dastehe und stüher noch nie vorgekommen sei. Noch nie außer in der Zeit des Kulturkampfes habe ein Erzbischofssitz so lange leer gestanden. Ja, das Blatt läßt durchblicken, daß Man bereits gar nicht mehr auf einen rein polnischen Nachfolger des polnischen Stablewski be- steht, daß man auch mit einem.deutschsteundlichen Polen" vorlieb zu nehinen bereit ist. Die Regierung fühle sich bei diesem Zustande der Dinge ganz wohl, undRom " habe keine Eile, sich einzumischen, zumal ja Roms Wünsche in Berlin doch nicht erfüllt würden. Uns interessiert hieran hauptsächlich das eine: Vier Jahre sind jetzt bereits dieD i ö z e f a n e n ohne H i r t e n". die Re- gierung fühlt sich ganz wohl dabei, das Volk wohl auch, ergo ist doch der Beweis erbracht, daß es auch ohne Erzbischof geht. Wozu da überhaupt die kostspielige Institution noch aufrechterhalten, die Millionen verschlingt und in der A r m e n p f l e g e weit nützlicher verwendet werden könnten?.Bedenk' ich die Sache recht genau, so brauchen wir gar keinen Kaiser!" sagt Heine. Auch keinen Bischof._ Wies gemacht wird. In Märzdorf i. Schi, merkten im Frühjahr die OrdnungS« leute, daß bei der kommenden Wahl zur Gemeindevertretung ein Sozialdcmokrar gewählt werden würde. Dem mußte abgeholfen werden. Einige Stellenbesitzer, die nicht wollten, daßein ganz gewöhnlicher Arbeiter" ins Dorfparlament einziehe, hetzten den Gemeindevorsteher so lange auf, bis er ihnen den Willen tat: Er schrieb einen noch nicht wahlberechtigten Arbeiter in die Wählerliste ein, machte die Wahl nicht in ortsüblicher Weise", wie vorgeschrieben, be» k a n n t, ließ durch den Polizisten die Nichtsozialdemo- kraten von Haus zu HauS einladen usw. AIS dann trotz alledem der Sozialdemokrat gewählt wurde, legten die schlauen Stellenbefitzer Protest ein,weil ein Nichtwahlberechtigter gewählt und weil der Gemeindevorsteher die Wahl nicht in orts- üblicher Weise, sondern nur durch Aushang in der Kneipe 0) bekannt gemacht" habe I Richtig erklärten auch die übrigen Gemeindevertreter die Wahl des einen Gewählten, des Sozi, für ungültig, die anderen aber, die auf ebendieselbe ungesetzliche Weise gewählt worden waren, für gültig! Unsere Genossen zogen gegen diese Willkür eines preußischen Semstwo -Oberhauptes energisch zu Felde und erreichten jetzt, daß dieses Oberhaupt abgesetzt wurde? O nein! Erreichten, daß der Kreis au Sschuß in Ohlau nicht nur die Wahl deS Sozialdemokraten, sondern auch die der übrigen Vertreter sür ungültig erklärte. Da unser Genosse mit 37 gegen 29 Stimmen gewählt wurde, werden ihn die Arbeiter wohl wieder heraushauen. Aber der Fall zeigt, was sich unter einem preußischen Landrat ein Gemeindevorsteher alles erlauben darf, ohne wegen Amtsmißbrauchs(worauf Zuchthaus steht Ij angeklagt zu werden I Ein anderes Bild: In H a a s e l, einem Dorfe bei Jauer, ge- lang es endlich den Arbeitern,! während der verflossenen Reichstags- wähl im Juni ein paar sozialdemokratische Versammlungen abzu- halten. Die Folge war eine schöne Zunahme der sozialdemokratischen Stimmen, die zum größten Teil von Kleinbauern stammten. Die weitere Folge war, daß Baron v. Richthosen, einer aus der bekannten Junkerfamilie, die für die Prügelstrafe schwärmt, den Gasthof aufkaufte, damit die Sozialdemokraten dort keine Ver- sammlungen mehr abhalten könnten! Aber er hat Pech gehabt: Der Gasthof ist nach dem eigenen Geständnis des Verkäufers das Geld nicht wert; der bisherige Besitzer lacht sich in« Fäustchen, weil er die alte Bude so günstig und schnell verkaufen konnte, die fast gar nichts mehr einbrachte. Inzwischen hat Junker v. Richlhosen das ebenfalls eingesehen, er läßt die Wirtschaft eingehen und ein Wohnhaus daraus herstellen. Unsere Genoffen aber find die lachenden Dritten. Ist ihnen auch derRote Hirsch" entgangen die Roten selbst nehmen nun erst recht an Zahl zu und freuen sich schon auf die n ä ch st e Reichstags- wähl. Und nun noch eine dritte Illustration zu dem Kapitel: Wie es gemacht wird: Jn Koberwitz, Bezirk Breslau , sollte eine Ver» sammlung unter stetem Himmel stattfinden. Der Gartenbesitzer Heinig hatte vor Zeugen feierlich versprochen, da» Grundstück zur Verfügung zu stellen. Kaum war das bekannt geworden, als der Amtsvorsteher Urban zu Heinig lief, ihm Vorhaltungen machte, ihm wohl auch mit den üblichen Folgen drohte: Kurzum, Heinig zog daraufhinfreiwillig" die Zusage zurück. Aber er wagte nicht, das den Einberufern mitzuteilen, und schämte sich wohl auch ein wenig. Und so war denn der Amtsvorst eher gezwungen, dem Einberufer der Versammlung mitzuteilen, daß Heinig ihm ge- sagt habe, er gebe seinen Garten nicht her; auö diesem Grunde könne er also die Genehnngung nicht erteilen. D a S Verfahren ist freilich noch bequemer, als nach faulen Ausreden zu suchen, um die famose»Gefährdung drr öffentlichen Sicherheit" zu kon- struieren.... Zur RekchSverficherÄttgSordmrog nahmen am Freitagabend in Hamburg Stadt und Land, sowie Altona , Ottensen , Wandsbeck und Schiffbeck 19 stark besuchte Ver« sammlungen Stellung, in denen überall eine Resolution zur An- nähme gelangte, in der die Stellung der Sozialdemokratie zur Reform der Arbeiterversicherung eingehend dargelegt ist. Die gleich« lautende Resolution soll dem Bureau des Reichstages zugestellt werden. In den nächsten Tagen finden in dem zum früheren nördlichen Belagerungsgebiet gehörenden Orten noch acht weitere Ver- sammlungen mit derselben Tagesordnung statt. Die Lage der badischen Eisenbahner. In der DonnerStagfitzung beschäftigte sich die Zweite badische Kammer mit einer von dem Badischen und dem Süd» deutschen Eisenbahnerverband gemeinsam eingereichten Petition um Aenderung der Lohnordnung. Die Eisenbahner wünschen anstelle der einseitig von den Ver- waltungen festgesetzten Lohnordnung einen mit den Arbeitern z u vereinbarenden Lohntarif. Zur Begründung wird an- geführt, daß seit dem Jahre 1907, wo die letzte Lohnregulierung der Eisenbahner erfolgte, die Lebensmittelpreise sehr wesentlich gestiegen seien, für welche Behauptung einwandfreies statistisches Material beigebracht wird. Die Regierung entgegnete, daß die Generaldirektion der badiscben Eisenbahnen im Dezember v. I. eine gemeinsame Sitzung mit Vertretern der Arbeiterausschllsse abgehalten und deren Be- schwerden entgegengenommen habe. Das Resultat sei gewesen, daß den Wünschen der Arbeiter in mehreren Punkten Rechnung getragen worden sei. Nach einer dem Bericht als Anlage beigegebenen Tabelle sind die Löhne der badischen Eisenbahner höher als die der anderen Bundesstaaten. Danach war das Verhältnis der einzelnen Bundes- staaten zu einander folgendes: Zahl der Durchschnitts« Arbeiter einkommen Baden...;. 17 381 1333 M. Württemberg.... 11394 1206, Bayern ...... 28 450 1 176» Sachsen ...... 28 047 1133, Elsaß-Lothringen ... 19142 1111, Preußen-Hessen ... 299 142 l 994» Die Einführung von Tarifverträgen lehnt die Generaldirektton ab. indem sie behauptet, daß die Lohnordnung, an welche fich die Verwaltung steiwillig binde, den Arbeitern eine sichere Gewähr dafür biete.'daß ihnen,das darin Zugesicherte' ungeschmälert zu» komme. Der Arbeiterschaft sei im vollen Umfang Gelegenheit ge- boten, durch Vermittelung der ArbeiterauSschüffe oder der Arbeiter« verbände ihre Wünsche vorzubringen. Die Zweite Kammer beschloß dem Antrage der Budgetkommisfion entsprechend, die Petttion der Regierung in dem Sinne empfehlend zu überweisen, daß eine Verminderung der Ortsgruppen von vier auf drei vorgenommen, die Rentenzahtung an Wilwen und Waisen nach Maßgabe der finanziellen Verhältnisse ausgedehnt, der Zuschuß bei militärischen Hebungen für die ganze Dauer gewährt, bei Urlaub der Lohn in voller Höhe fortgezahlt und bei Urlaubsreisen ein Freischein gewährt wird. Gleichfalls be- schloffen wurde, die Regierung zu ersuchen, die Eisenbahnbetriebe durch die Fabrikinspektion unerwartet revidieren zu lassen. Ferner soll die Regierung im Bundesrat dahin wirken, daß die Ruhezeit für alle Eisenbahnbedienstete ohne Verminderung ihrer Bezüge gesetz- lich festgelegt und annähernd ebenso normiert wird, wie dies zurzeit in der Schweiz der Fall ist. Die Arbeitszeit der Hallen-, Magazin« und Streckenarbeiter sowie deren gleichen Arbeiterkategorien soll, so- weit sie eine ununterbrochene Arbeitszeit haben, auf neun Stunden täglich festgesetzt werden._ Juden in der Armee! Herr v. Heeringen, durch des Kaisers Wille und Gottes Zu« laffung kgl. preußischer Kriegsminister, sieht bekanntlich die Disziplin im preußischen Heere wanken, wenn Juden Offiziere würden. WaS sagt aber Seine kriegerische Exzellenz zu folgenden Worten, die sein bayerischer Kollege. Freiherr v. Horn, vor kurzem im bayerischen Landtage gesprochen hat:Wir haben in der Armee 86 Offiziere de« Beurlaubtenstandes und 199 SanitätSoffizieee jüdischer Kon«. f e s s i o n. ES kann also nicht behauptet werden, daß in Bayern die Zugehörigkeit zu der genannten Konfession allein die Beförderung zum Offizier unmöglich macht." Wenn die bayerische Armee 86 jüdische Offiziere und 199 jüdische Sanitätsoffiziere ohne Schaden für die Disziplin vertragen kann, so muß doch die preußische 300 jüdische Offiziere und 1000 Sanitätsoffiziere vertragen können. Das ist eben auch eine sonderbare Spezialität der preußischen Minister. daß sie da» preußische Volk indirekt möglichst schlecht machen. Der Ministerpräsident und der Minister deS Innern behaupten, in Preußen ginge bald alles dmnter und drüber. wenn Preußen ein Wahlrecht nach süddeutschem Muster erhielte, und der Kriegsminister sagt, die preußische Armee ginge aus dem Leim, wenn in ihr, wie in Bayern , Juden Offiziere würden. Hamburg Universitätsstadt . Seit Hamburg das Kolonialinstitut besitzt, wird der Ausbau des Vorlesungswesens der Oberschulbehörde in Verbindung mit dem Kolonialinstitut zu einer Volluniversität propagiert. Eine andere Richtung will eine Hochschule, die der hamburgischen Eigenart ent» spricht, deren Mittelpunkt daS Kolonialinstitut bleibt. Der Senat selbst scheint sich noch nicht auf einen bestimmten OrganisationS- plan festlegen zu wollen, denn in der letzten Sitzung der Bürger- schaft, die sich mit der Frage des Ausbaue« des Vorlesungswesens und des Kolonialinstituts(Bewilligung neutr Profcssuren) beschäf- tigte, erklärte der Senatskommissar, daßwir eine derartige Hoch- schule(von der geschilderten Eigenart) erstreben". Der Herr gab aber nur seiner persönlichen Meinung Ausdruck. Damit den Stu- denten die hier absolvierten Semester in Anrechnung gebracht werden, so sei, erklärte der Senatskommissarpersönlich", die Schaffung einer mathematischen Abteilung zur Abrundung deS imturwissenschaftlichen Unterrichts erforderlich; später könne eine philosophische und vielleicht eine historische, vielleicht auch eine jurstische und eine medizinische Abteilung ins Leben gerufen werden. Den Standpunkt unserer Fraktion legte Genosse Krause dar, der ausführte, seine Fraktion habe an sich nichts gegen eine Universität, aber zunächst müsse das Volksschulwesen aus». gestaltet werden. Habe doch selbst der Chef des Schulwesens erklärt, die Durchschnittsfrequenz in den Bolksschzilen müsse herabgesetzt tLtzlkdep. Spanien . Keine neue» Orden. Madrid , 8. Juli. Senat. Ministerpräsident CanalejaS der» laS den Entwurf zum sogenannten CadenaSgesetz(Sperrgesetz), das die Niederlassung neuer religiöser Gesell» s ch a f t e n in Spanien untersagt, bis die Verhandlungen zwischen Madrid und dem Vatikan über die Reform deS Konkordats beendet find._ Eine Erklärung des Vatikans. Rom , 9. Juli.Offervatore Romano" veröffentlicht eine Note. die hervorhebt, daß, seitdem die Frage der rechtlichen Lage der reli- giösen Orden in Spanien aufgeworfen sei, mehrere Blätter zu Un- recht den Heiligen Stuhl der unversöhnlichen Festigkeit beschuldigten. Osscrvatore Romano" ist ermächtigt, zu erklären, der Heilige Stuhl habe sich bezüglich wichtiger Konzessionen dem gegenwärtigen Kabinett gegenüber ebenso wie den früheren gegenüber günstig disponiert gezeigt. Da» Blatt zählt einige dieser Konzessionen «Ys und schließt, dies zeige, Wie unkgrxekt Lud ungerecht es VB»