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ftiftt Meineide vezw. fWiTelFe einleitet liSriS», SäffrDid IfeS Verfahren nah schwebte, ersuchte Scheuer seine geistlichen Oberen um Urlaub und begab sich nach Amerika . Die Angeklagte Trautsch wurde in Untersuchungshaft genommen und hier gestand sie ein, in der Verhandlung gegen den Monteur Oberhauser einen Meineid geleistet zu haben. Sie gab ferner zu, daß Pfarrer Scheuer sie zu dem Meineide angestiftet habe. Gestern stand die Trautsch wegen Meineides vor den Ge- fchtvorenen. Gegen den eigentlich Schuldigen, den Pfarrer, war das Verfahren wegen seiner Anwesenheit in Amerika nicht fort- gesetzt. Der Arm der bayrischen Gerechtigkeit ist zu kurz, um bis mach Amerika zu reichen. Im amerikanischen Auslieferungsvertrag ist Meineid und Anstiftung dazu nicht als eins der Verbrechen be- zeichnet, bei besten Vorhandensein Amerika sich zur Auslieferung verpflichtet hat. Möglich ist die Auslieferung trotzdem. Die Angeklagte gibt zu, den Meineid geleistet zu haben. Sic habe ihn aber auf Anstiftung und völlig unter dem Einfluß des Pfarrer Scheuer geleistet. Im April 1907. gibt die Angeklagte an. hat der nähere Verkehr zwischen dem Pfarrer und mir begonnen. ,Wir waren abends beide in einer Gesellschaft zusammen gewesen. Nachher erwartete er mich an der Gartentür. Den Schlüssel zu seinem Hause besaß ich später. Im Januar 1908 gebar ich das Kind. Der Pfarrer sagte imr, ich solle den Leuten sagen, ich hätte mit mehreren Männern Berkehr gehabt, einer von ihnen sei der Bat«. Das habe ich auch dann getan. Ich befolgte auch den Rat- schlag des Pfarrers, beim Vormundschaftsgericht der Wahrheit zu- wider anzugeben, ein Photograph in Paris sei der Vater des Kindes. Jür das Kind habe ich vom Pfarrer 3 0 0 M k. erhalten. Als im Dorf das Gerede entstand, dafe doch der Pfarrer der Vater deZ Kindes sei, sagte der Pfarrer, das seien politische Gegner und Sozialdemokraten. Er verklagte dann den christlich organisierten Fabrikarbeiter Bio monte. An diesen schrieb ich einen Brief, be» mir der Pfarrer diktiert hatte. Er wollte, daß ich in dieser Prozeßsache die Unwahrheit aussage, aber ich konnte mich dazu nicht entschließen und bin zu dem Termin nicht gegangen. In dem späteren Prozeß Oberhauser bin ich zwei- mal als Zeugin vernommen und habe falsche Aussage gemaclft Der Pfarrer hatte mir gesagt, ich müsse die Aussage so machen, wie er e» verlange. Er müsse es doch am besten wissen, was ich sagen solle. Er sagte:Schwöre nur ruhig, du tust nichts Unrechtes, wenn du ifchwörst, weil du damit der Religion einen Dienst tost. Denn ich bin in der Religion ein Opfer der Andersgläubigen. Auch brieflich redete er mir in derselben Weise zu. Als die zweite Per- Handlung kam, sagte er. ich müste darauf bestehen. Ich biu ja in der Verhandlung, ich helfe Dir!" Er hat mich immer ermuntert, auch in der Verhandlung durch Gesten auf mich eingewirkt, ich hatte Angst und große Furcht und konnte nicht anders. Nach dem, wa» mir der Herr Pfarrer gesagt hatte, habe ich gedacht; es könne dach nicht strafbar und keine Sünde fein. Ich stand unter seinem Einfluß und hatte gar keinen Willen. Seine Blicke waren ig der Verhandlung auf mich ge- richtet, ich konnte nicht anders. In der Beweisaufnahme bekundet die früher« Haushälterin des Pfarrer» Scheuer Wald- häußl: Der Pfarrer wirkte auf mich ein. daß auch ich die Unwahr- heit sagen solle. Er meinte, ich dürfe die Trauksch nicht meineidig machon. Nachdem dir Trautsch schon geschworen habe, könne ich auch mit ruhigem Gewissen dasselbe beschwören. Er verlangte von mit, ihm eine Ehrenerklärung aufzusetzen; wenn ich das nicht täte, würde ich keine Verzeihung vor Gott finde«. Ich bin dem nicht ge- folgt. Ein anderer Pfarrer sagte mir, ich müßte unter allen Um» ständen vor Gericht die Wahrheit sa�en. Es gelangen Briefe, die der Pfarrer an diese Zeugin gerichtet hat, zur Verlesung. In diesen bedrängt er die Zeugin, die Unwahrheit zu sagen. Es heißt in einem der Briefe:«Es handelt sich nicht bloß um die Rettung meiner Ehre, fondern um die Ehre des Standes, um die Erhaltung der Religion und das Heil von tausend unsterblichen Seelen. Be. denken Sie. daß jedes unbedachte Wort in die.Münchener Post* kommt.* Der Brief schließt mit dem Stoßseufzer: O, diese Sozi! Die Zeugin solle nicht bekunden, daß sie wußte, die Trautsch hatte einen Schlüssel zum Pfarrhaus. In einem Briefe verspricht der Pfarrer Vermögensvorteile und schreibt.Ich hoffe, daß Sie zu meiner Ehrenrettung, zum Sieg der Wahrheit und zum Heil der Religion Ahr Möglichstes tun werden*. Die Angeklagt» erklärt: Solch« Briefe hat d« Pfarrer mir auch geschrieben und mir gesagt, meine ewige Seligkeit steh« auf dem Spiel, wenu ich nicht aussage, wie er wünschte. Der Zeuge Oberhauser hat in der damaligen Verhandlung be- obachtet. daß der Pfarrer der Angeklagten wiederholt mit der Hand und den Augen Zeichen gab und ihr zugeflüstert hat. Andere Zeugen bekunden, Pfarrer Scheuer wirkte faszinierend auf die Leute, die zu ihm hielten. Er hatte sie ganz in seiner Gewalt. Biete waren förmlich willenlos. i» Der Zeuge Alois Biomont« gibt an: die 20 Mk zu denen ich wegen Beleidigung des Pfarrers Scheuer verurteilt bin, hat er bezahlt. Er hat mir außerdem noch eine Entschädigung gegeben. Er hatte mir gesagt, er müsse schon gegen einen»Schwarzen" vor- gehen, gegen einen.Roten* könne er nicht vorgehen, weil diese immer einen Meineid schwören würde«. Auf Befragen erklärt die Angeklagte: Ich habe lange den Einflüsterungen des Pfarrers widerstrebt. Er sagte aber, er müsse als Geistlicher doch wissen, was recht und was unrecht ist. Ich solle ihm nur folgen. Wenn ich ein i» schweres Opfer für die Kirche bringe, dann rechne die Kirche mir den Meineid nicht an. Ich erlange die ewige Seligkeit durch da» Opfer. Außer dem Gericht gelte eine solche Tat nicht als Meineid. Wenn man den Menschen die Unwahrheit sagt, so hat das auf das Leben nach dem Tode keine Bedeutung. Im Himmel werde mi» die Handlung hoch angerechnet werden. Als ich mich doch weigerte, schwor«r. daß er sich da» Leben nehmen werde. Er könne sich nicht anders helfen, nur ich könne ihn retten. Er hätte auch mit bestem Gewissen geschworen. Er sei sich bewußt, nichts Unrechtes getan zu haben. «Es werden mehrere medizinische SachverstLudige über den Geisteszustand der Angeklagten vernommen. Ein Teil von ihnen ist der Ansicht: Die freie Willensbestimmung war bei der Angc- klagten ausgeschlossen. Der Psychiater Freiherr von Schrenk- Nortzing ist der Anficht: Geistesstörung im«Sinne de» 8 VI Straf» gesetzbuchS liegt zwar nicht vor, aber eine hysterische Suggestibilität, die eine mildere Beurteilung fordert. Der Staatsanwalt stellt in seinem Plädoyer den Geschworenen anHeim, wenn sie den Meineid nicht direkt bejahen können, mit Rücksicht auf die Aufregung, in der sich die Angeklagte befand. «ildprgde Umstände zuzubilligen) wäZi&Nd bts BöMdiMr den 'Fr'eisp'ritH d'ft Angeklagkcht?n diesem Falle als Pflicht der Ge- schworenen bezeichnet. Nach kurzer Beratung verneinten die Geschworenen die Frage auf Meineid und sprachen die Angeklagte schuldig des fortgesetzten fahrlässigen Falscheides in zwei Fällen. Der Antrag deS Staatsanwaltes lautete auf ein Jahr Ge- fängnis. Der Gerichtshof verurteilte die Angeklagte zu acht Monate» Gefängnis unter Anrechnung von zwei Monaten 10 Tagen Untersuchungshaft. Der Hastbefehl wurde aufgehoben. Soziales* Formalismus der Versicherungsanstalt Berlin . Die Zigarrenarbeiterin Agnes I. war infolge eines Lungen- spitzenkatarrhs und Blutarmut von dem behandelnden Arzt Herrn Dr. Th. als vorübergehend erwerbsunfähig erklärt worden. Am 11. November 1907 stellte sie den Antrag auf Invalidenrente. Der Geheime Sanitätsrat Herr Dr. K. erklärte die I. in seinem Gutachten vom Januar 1908 ebenfalls seit dem März 1907 als vorübergehend erwerbsunfähig. Darauf sprach sich die untere Ver- waltungsbehörde für die Bewilligung der Invalidenrente aus. Die Landesversicherungsanstalt Berlin ließ die Frau indessen noch einmal von ihrem Vertrauensarzt Dr. v. G. untersuchen, und siehe da, dieser Gutachter erklärte, daß Frau I. noch nicht erwerbsunfähig sei. Der Vorstand der Versicherungsanstalt wies den Renten- anspruch der Klägerin durch Bescheid vom 17. März 1907 zurück. Die Berufung gegen den Ablehnungsbescheid hatte Erfolg. Das Schiedsgericht verurteilte die Versicherungsanstalt zur Zahlung der Invalidenrente vom 14. Oktober 1997 ab. Begründend heißt es in dem Urteil:Das Schiedsgericht hat keine Bedenken getragen, sich den eingehend begründeten Gutachten des Dr. Th. und Geh. Sanitätsrat Dr. K. anzuschließen, welche vorübergehende Erwerbs- Unfähigkeit im gesetzlichen Sinne bei der Klägerin annehmen. Die entgegenstehende Auffassung des Dr. v. G. erschien hierdurch ge- nügend widerlegt. Nach der eigenen Angabe der Klägerin war anzunehmen, daß die Erwerbsunfähigleit am 15. April 1997 be- gönnen hat. Unter Berücksichtigung des ß 16 des Jnvalidenver» sicherungsgesetzes steht ihr daher, da die Wartezeit erfüllt ist, vom 14. Oktober 1907 die Invalidenrente zu." Gegen das Urteil legte die Versicherungsanstalt da ihr das Verfahren nicht genügend aufgeklärt war beim ReichSversiche» rungsamt Revision ein. Die Gründe der Revision seien ihrer Charakteristik wegen hier mitgeteilt. ES heißt darin:Mit Rück- ficht daraus, daß daS Gutachten des Dr. v. G., welches die Erwerbs- Unfähigkeit verneint, und später abgegeben ist wie die anderen Gutachten, die die Erwerbsunfähigkeit bejahen, und von dem ärzt- lichen Beirat der Landesversicherungsanstalt abgegeben ist, dem eine große Erfahrung in Jnvaliditätssachen nicht abgesprochen werden kann, durfte das Schiedsgericht dieses Gutachten nicht ohne weiteres übergehen, sondern mutzte, wenn es ihm nicht Folge leisten wollte, ein Obergutachten einholen." Die Revision der Versicherungsanstalt hatte Erfolg. Der Re« Visionssenat de? Reichsversicherungsamts hob durch Urteil vom 8. Januar 1909 die Entscheidung deS Schiedsgerichts auf und wie? die Sache zur nochmaligen Verhandlung und Aufklärung an das Schiedsgericht zurück. Nunmehr holte daS Schiedsgericht noch ein ärztliches Gutachten von seinem Vertrauensarzt SanitätSrat Dr. K. ein. Durch Urteil vom 12. Mai 1909 wurde die Landesversicherungsanstalt abermals verurteilt, der Klägerin die Invalidenrente bereits vom 15. April 1997 ab zu zahlen, weil der ärztliche Sachverständige die Klägerin infolge eines doppelseitigen Lungenspitzen- und LungenkatarrhS der namentlich auf lder linken Seite seit den früheren Unter- suchungen weitere Fortschritts gemacht hat, Blutarmut und allgemeiner Körperfchwäche, seit dem 15. April 1997, dem Tage. seit welchem sie Arbeiten nicht mehr verrichtet hat, für dauernd für invalide hält. Die VerstchterungSanstalt Berlin legst« indessen auch gegen dieses Urteil Revision ein. Fetzt bisstritt sie nicht mehr das Vor- liegen der Invalidität. Die Revisicm bemängelte, daß das SchiedS- gericht in dem jetzt angefochtenen Urteil der Klägerin die Rente bereits vom 15. April 1907 zuerkannt habe; dazu sei eS nicht be» rechtigt gewesen. Die Revision hatte Erfolg. Der erkennende Senat sagt, daß die angefochtene Entscheidung aus der unrichtigen Anwendung deS bestehenden Rechts beruht. In den Gründen heißt es unter an» derem:Der Klägerin war durch die Entscheidung deS Schieds« gerichts vom 17. Juni 1908 erst vom 14. Oktober 1907 ab die Rente zugesprochen worden. Da nur die beklagte Versicherungsanstalt, nicht aber auch die Klägerin gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel eingelegt hatte, so war da» Urteil insofern rechtskräftig und damit unabänderlich geworden, als der Klägerin für die Zeit vor dem 14. Oktober 1907 die Rente versagt worden ist. Dai Schiedsgericht war daher nicht befugt, in dem jetzt angefochtenen Urteil vom 12. Mai 1909 der Klägerin die Rente schon vom 15. April 1907 ab zuzuerlennen." Die Landesversicherungsanstalt Berlin betätigte im vorstehend geschilderten Rechtsstreit einen Grad sozialer Rückständigkeft, der mit ihrer Verpflichtung, für soziale Fürsorge einzutreten, in krassem Widerspruch steht. Die erstrittene Kürzung der Rente um ein halbes Jahr besteht formell zu Recht, ist materiell aber«in große» Unrecht. Um ähnlichen Extravaganzen wenig beschäftigter, aber hoch besoldeter Beamten der Versicherungsanstalten vorzubeugen. wäre die Aufnahme einer Bestimmung in der ReichsversicherungS- ordnung am Platz, die bestimmt, daß, ähnlich wie im Strafprozeß. stets zugunsten des Angeklagten entschieden werden kann, auch wenn nur der Ankläger Berufung«ingelegt hat. auch in BersicherungS- fachen eine Entscheidung, die lediglich vom Versicherungsträger an- gegriffen ist, stets auch zugunsten de» RentennachsucherS geändert werden kann. Zur Lage der ausländischen Arbeiter in Dtvtschland. Bei einer Straflammer-Verhandlung zu Eisleben wurde wieder einmal ein überaus trauriges Bild vom Elend der durch gewissen- lose Agenten nach Deutschland gelockten ausländischen Landarbeiter entrollt. ES handelte sich um eine Russenkolonne, die beim Ritter- gutSbesitzer Wendenburg in Seeburg beschäftigt war. Di« Russen hatten Bauschutt zu karren; einer von ihnen, der noch Meinung des Inspektor» nicht genug geladen hatte, wurde kurzerhand an die Lust gesetzt. Die Ausländer besaßen soviel Solidaritätsgefühl, für ihren gematzregelien Kollegon einzutreten, sechs von ihnen gingen zum Inspektor und baten um seine Wicdereinstellung. Der In- spektor entließ auch sie. Nun beschlossen sämtliche Arbeiter über Nacht, die Arbeit nicht eher aufzunehmen, bis die Entlassenen wieder eingestellt seien und da» ungenießbare Esse» ein besseres würde. Inzwischen hatte der Inspektor aber auch schon einen Gendarmen zitiert, der dann auch prompt gegen dieHetzer und Aufwiegler" vorging. Bei der Auseinandersetzung zwischen In- spektor und Arbeitern kam es zu Handgreiflichkeiten, die in einen regelrechten Kampf ausarteten, d. h. der Gutsbesitzer» dessen In- spektor, der Gendarm und etliche Aufseher schlugen furchtbar auf die Leute ei«, so daß Blut floß. Der Hauptangeklagte und mit ihm sämtliche russische Zeugen gaben an. daß der Gendarm ihm sofort ohne ersichtlichen Grund mit der Faust einen Hieb inS Gesicht ver- fetzt habe. Auf den Mann wurde auch ein Hund gehetzt. Als er diese»«ftt einem Steinwurf abwehren wollte, erhielt er solch» Prügel, daß er vier Stunden ohnmächtig lag! Einer der Russen leidet noch heute am Kopfe, der von der Reitpeitsche deS Inspektors getroffen wurde. Der Gendarm hatte den Säbel gezogen und gab vor Gericht zu, vielleicht.unabsichtlich* einen damit getroffM zu 5��®* J»..--wCcblvw., i.l.V'' Wie miseräSrl däS den Lenken gefleferft Effe« gewesen, werde ebenfalls festgestellt. Es ist sehr unsauber gewesen und war viel- fach mit Würmern durchsetzt; die gelieferten Erbsen waren von Mäusen angefressen, den versprochene» Kaffee gab es nicht, Bei diesem Essen konnten die Leute natürlich nicht arbeiten. Auf die Anklagebank kamen die Mißhandelte», die kaum ein Wort Deutsch sprechen können. Von den vier Angeklagten erhielten zwei einen Monat Gefängnis, einer eine Woche und einer wurde freigesprochen. Die also Abgeurteilten werden von der Gerechtigkeit im Junkerstaate Preußen eine besonders hohe Meinung mit heim» nehmen und außerdem fest überzeugt sein, daß Deutschland ein ..Kulturreich" ist. Die ausländischen Arbeiter, die durch Werbe- agenten nach Deutschland gelockt werden sollen, mögen aus diesem Beispiel wieder einmal erkennen, wie recht», und schutzlos sich in Deutschland ausländische Arbeiter fühlen./ Heimarbeitausstellung in Brüssel , i Am Freitagnachmittag ist die Heimarbeitausstellung in Brüssel eröffnet worden. Sie wird von einem gemischten Komitee geleitet. welches Mitglieder von drei großen politischen Parteien umfaßt, und dem u. a. der liberale Oberbürgermeister von Brüssel , Marx, der klerikale Abbe Rutten und der sozialdemokratische Abgeordnete Camille Huysmans angehören. Die Ausstellung verfolgt den Zweck, den sozialen Tiefstand und das Elend der Heimarbeit in Belgien aller Welt vor Augen zu führen und dadurch für die Abschaffung der bisherigen groben Mißstände Propaganda zu machen. Die Heimarbeitausstellung führt die ArbeitÄedingungen in der Heim» arbeit grell vor Augen und läßt jeden Besucher einen Einblick in das Milieu einer Anzahl von Zweigen der Heimarbeit tun. Be- sonders hervorzuheben ist die Abteilung für die Herstellung von Papierdüten, von Schuhwaren. Spitzen, Zigarren und die Bearbei. tung und die Schleiferei von Marmor, der auf den GesundheitS - zustand der Bevölkerung verheerende Wirkungen ausübt. Auch die Wäschefabrikation ist dargestellt, an der Tausende pon schlecht- bezahlten Arbeitskräften beteiligt sind.- Gerichts-Zeitung Hoch das freie Wahlrechtl Die Danziger Strafkammer hob dieser Tage die durch daS Schöffengericht ausgesprochene Verurteilung eine? Genossen wegen groben Unfugs auf. Der grobe Unfug sollte darin liegen, daß der Angeklagte bei der Wahlrechtsdemonstration am 13. Februar ein Hoch auf daS allgemeine, gleiche und geheime Wahlrecht ausgebracht hatte. Die Strafkammer brachte, in Uebereinstimmung mit der Rechtsprechung des Kammergerichts, zum Ausdruck, daß Demonstra- tionen und die öffentliche Betätigung politischer Gesinnung an sich niemals groben Unfug darstellen können. Die politische Borrin- genommenheit des Vorsitzenden des Schöffengerichts, Amtsrichters Dr. Philippsen, geht aus der Begründung des schöffengerichtlichen Urteils deutlich hervor. Diese Gründe verdienen deshalb niedriger gehängt zu werden. Sie lauten:.Eine gewisse Unruhe wird schon an sich beim Publikum vorhanden sein, wenn große sozialdemakra- tische Massen sich die Straßen entlang bewegen, um zu demon- strieven, eine Unruhe, die nicht in gleicher Weise vorhanden ist, wenn patriotische Bürger dasselbe tun. Die Sozialdemokratie will den Umsturz, wie jedermann bekannt ist. Sie will eine andere Staats» form an die Stelle der bestehenden setzen, waS sich nur durch Ge- walt erreichen läßt. Von der Massenkundgebung auf der Straße bis zur offenen Revolution ist nur noch ein kleiner Schritt.* Das unreife Gestammel des Urteils über die Erreichung de» sozialdemokratischen Ziels erinnert an die famose Begründung eines Verbots durch die Offenbacher Polizeiverwaltung. Sie meinte kurzerhand: Wenn auch die Sozis keine Gewalt wollen, so würden doch ihre Gegner Gewalt anwenden, also reize die Sozialdemo­kratie zur Gewalt auf. Das klare Bekenntnis des Danziger Schöffenrichters, daß das Gericht gegenSozialdemokraten* ander» urteilt als gegen.Patrioten* ist wertvoll. Und zu Richtern, die mit zweierlei Maß messen, deren oberster Rechtsgrundsatz dahin geht:.Wenn zwei dasselbe tun, ist es nicht dasselbe' soll das Volk Vertrauen haben!_ s Frau von Schönebeck -Weber.>- f hat die Provinzialanstalt Kortau verlassen ynd sich nach ein«» Scmats.YZW in EKlachtenfee begeben. Vermischtes. Der achte Bundestag des Arbeiter-RadfaHrerbundeS Solidarität" findet vom 6.-9. August in Frankfurt a. M. statt. Der Tagung geht ein großes Massenmeeting und Volksfest im Palmengarten, der der Arbeiterschaft bisher zu einer der­artigen Veranstaltung noch nie zur Verfügung stand, voraus. Auf der Tagesordnung des Bundestages steht neben der üblichen Berichterstattung u. a. ein Referat des Bundes- syndikus über den Rechtsschutz im Bund. DaS Interesse für die Tagung zeigen die vielen Anttäge, die von den Orts- vereinen gestellt worden sind, und die bisher schon sehr zahl- reich eingelaufenen Anmeldungen. Lawinenunglück au der Jungfrau. Zwölf Personen verschüttet. Bei S ch n i b e g g in der Wengernalp ereignete sich Freitag- abend gegen S Uhr ein schwere« Touripenunglück. Wie ein Telegramm von dort meldet, wurden zwei deutsche Touristen, die Herren Kühn aus Straßburg und Barthold aus Saarbrücken und sechs fie begleitende Führer unweit der B e r g l i h ü t t e von einer Lawine»erschüttet, desgleichen eine von dieser Kolonne unabhängige Gruppe von vier Führern, die Proviant nach der Bergli- und der Konkordiahütte trugen. Die letzteren konnten sich mit leichten Verletzungen retten; ebenso find geborgen drei Mann der ersten Kolonne, jedoch lebenS - gefährlich verletzt. Die fünf anderen, darunter die beiden deutscheu Touristen, liegen unter der Lawine begraben. Nach einem späteren Telegramm find bei dem Unglück siebe» Personen umgekommen und zwar außer den beiden genannten deutschen Touristen der Führer Alexander Lurgener und dessen Sohn aus Saas sKanton Wallis ) und die Grindelwaldner Führer Christian Bohren und Rudolf und Peter Jnebnit. Die schwer verletzten Führer Fritz Brawand und Adolf Burgen er sind in das Spttal Jnterlakeu gebracht worden und dürsten mit dem Leben davonkommen. Bon de» vier Proviant- Wägern ist einer erheblich verletzt worden, zwei Träger find die Sohne des tödlich verunglückten Christian Bohren. Heute früh ist eine Kolonne von 30 Grindelwaldner Führern nach der Station Eismeer zur Bergung der Leichen abgegangen. Weitere Triumphe der Flugmaschwe. Auch am Freitag gab eS auf dem Flugmeeting in Rheim» ausgezeichnete Flüge. OlieSlager». ein Belgier, stellte einen neuen Schnelligkeitsrekord für einen Zweistundenslug auf. in*