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sich auch die tyrttt&urgische BeNnIenschafk, zWial die GchaltZredisioK von 1907 nur Stückwerk war, mit dem nur die oberen Beamten, die Zulagen bis 2909 M. erhalten hatten, zufrieden sein konnten. In vielen Versammlungen der einzelnen Beamtenkategorien wurde unter Hinweis auf die Entwertung des Geldes durch die Finanz- reform die Notwendigkeit einer ausreichenden Gehaltsaufbesserung dargelegt. Der Inhalt der Gehaltsvorlage läßt sich dahin zusammen- fassen:Oben mit Scheffeln, unten mit Löffeln". In der Begründung sagt der Senat, 1997 sei eine Gehaltsauf- besserung von 12 Proz. erfolgt, die jetzige bringe eine solche von 6 Proz., an Bemtengehältern müßten jährlich 4S Millionen ge­zahlt werden usw. Die Beamten mit akademischer Vorbildung sind ihren preußischen Kollegen stets um einige Tausend Mark voraus gewesen, jetzt sollen sie abermals um mindestens 1999 M. aufge- bessert werden; einige Kategorien haben in drei-Jahren bis 3999 Mark Zulage erhalten. Aus die Kluft zwischen oberen und unteren Beamtengehältern die unteren Gehaltsstufen sollen mit 299 M. Zulage abgespeist werden wies namentlich Genosse Stalten hin, der sich warm der stiefmütterlich bedachten Unterbeamten annahm. Da ein Be- amter, der auch Abgeordneter ist, in einer Versammlung erklärt hatte, es dürften keine kaufmännischen Vertreter und keine Ver- treter engherziger Jnnungspolitik in den Ausschuß zur Prüfung der Vorlage gewählt werden, nahm dieS ein Vertretermittel» ftändlerischer" Interessen zum Anlaß, die Not des Mittelstandes in krassen Farben zu schildern. Er warf einem Abgeordneten mit Beamtenqualität vor, nur eigene Interessen vertreten zu haben, worauf dieser auf einen Schelmen anderthalb setzte. Genosse Stalten nahm sich serner der Diätare und der StaatSarbeiter an, von denen bislang nicht die Rede war. Vor allem müsse man auch die DeckungSfrage behandeln, das Geld müsse doch aufge- bracht werden. Die Debatte endete mit der Ueberweisung der Vorlage an «inen Ausschuß._ Zur Bekämpfung der Prostitutiou hat im badischen Landtage eine Mehrheit au« Zentrum und Sozial­demokraten der Regierung den Antrag empfehlend überwiesen, die sämtlichen im Großherzogtum Baden vorhandenen öffentlichen Häuser zu schließen und neue nicht mehr zu errichten. Da die Regierung sich ablehnend verhielt, kam es im Laufe der Debatte zu einem Zusammenstoß zwischen dem sozialdemokratischen Redner Genossen Frank und dem Minister v. Bodman . Dieser hatte als früherer Polizeiamtmann von Karlsruhe die Kasernierung der Prostitution eingeführt und wollte natürlich als gegenwärtiger Minister von der Aufhebung seiner früheren Maßregel nichts wissen. Gleichwohl wurde die Schließung der öffentlichen Häuser kategorisch verlangt. Dr. Frank wies noch daraus hin, daß gerade die Kasernierung den Mädchenhandel begünstige. In dem angenommenen Antrage waren auch Mittel gefordert zur Anstellung vonJP olizeiassi st ent innen in den größeren Städten. Die Regierung gab auch hier eine ablehnende Antwort. Die mild�Militärjustiz. Die Theorie der Abschreckung wird von den Militärgerichten nur »gemeinen" Soldaten gegenüber in die Praxis umgesetzt; bei Vor- gesetzten namentlich wenn eS sich um Roheitsdelikte handelt 1 kommt diese Theorie selten zur Anwendung. Der Sergeant Boß vom 86. Infanterieregiment in Rendsburg versetzte dem Musketier R-, der sich wegen einer Furunkel am Kopf in Schonung befand, eine Ohrfeige und brauchte eine beleidigende Redensart, Iveit der am Kopf verbundene Soldat wahrheitsgemäß geantwortet hatte, er sei vom Feldwebel beauftragt worden, auf dessen Hühner zu achten. Die unter diesen Umständen besonders rohe Handlungsweise ahndete das Kriegsgericht, das nur eine vorschriftswidrige Behandlung eine« Untergebenen amiahm, mit ganzen zw et Tagen Mittelarre st. Der Ge- richtSherr legte Berufung ein, weil nicht Bestrafung wegen Miß- Handlung erfolgt fei, auch sei die Strafe zu niedrig. DaS Ober« kriegsgericht des 9. Armeekorps f Altona ) folgte diese» Auffassung und erkannte auf-» acht Tage Mittelarresti Oeltemid). Sozialdemokraten und Schule. Während in Preußen Sozialdemokraten als Mitglieder der Schuldeputationen nicht bestätigt werden, ist Oesterreichs darin doch etwa» kultivierter. In dem oberösterreichischen Städtchen Weis wurde der sozialdemokratische Landtagsabgeordnete Genosse Joseph Hafner von der freiheitlichen Majorität der Lehrerschaft des Bezirks Wels in den Bezirksschulrat gewählt. Im vorigen Jahre verweigerte der Statthalter von Oberösterreich unserem Genossen, der Lehrer in Stadl-Paura ist, die Bestätigung; diesmal ist sie anstandslos und anerkennenswert rasch erfolgt. franfcmcb. Streik-Kugeln. Paris , 19. Juli. (Eig.»er.). Daß die Armee des bürgerlichen Staates, die von den ausgebeuteten Massen im Namen der»Nation" erhalten werden muß, mit in erster Linie gegen deninneren Feind", d. h. tfon gegen diese Massen selbst, sobald sie sich gegen die AuSbeutug wehren wollen, dienen muß, ist dem Proletariat längst kein Geheimnis mehr. Selten aber ist diese Bestimmung des Heeres von den Herrschenden selbst mit solchem Egoismus sichtbar gemacht worden, wie jetzt in der Bourgeoisvepublik. Wie dieHumanite" mitteilt, haben die Techniker der Schieß- schule im Lager von ChälonSbefriedigende" Versuche mit einem neuen Geschoß angestellt, das den charakteristifchen NamenStreikkugel" bekommen hat. Die gewöhnlichen Ge- schösse des Lcbel-Gewehrs haben eine Anfangsgeschwindigkeit von «69 Metern und können auf eine Distanz von 1699 Metern sechs Menschen durchbohren. Aber gerade diese Durchschlagskraft machten sie für Konflikte mit demonstrierenden Volksmengen wenig brauch- bar, denn die Gefahr, daß ganz Unbeteiligte getroffen werden, hält die Führer der Militärabteilungcn in vielen Fällen von dem Gebrauch der Schußwaffen zurück. Damit nun in Zukunft die Interessen der Kapitalisten nicht durch derlei humanitäre Bedenken beeinträchtigt werden, haben die Militärtechniker eine neu« Geschoß- thpe geschaffen. Sie ist aus Aluminium hergestellt, ist hohl und vorn abgerundet. Ihre Tragweite beträgt nur 699 Meter und sie tst in der Art konstruiert, daß sie nur eine einzige Person ver- Wunden kann, da sie beim Aufprallen zerspringt. Sie erzeugt dem» semäß Rißwunden. Die Hülfe des neuen Geschosses ist zum Unterschied von der Patrone V geschwärzt. Mit dieser neuen Patrone sollen die Schildlvachen der Pulvermagazine und Gesang- msse und die in Streikgebieten verwendeten Truppen ausgerüstet werden. Daß diese letzte Bestimmung die eigentliche ist. ist aber so klar, daß das Geschoß auf den Namen »Streikkugel" sofort, nachdem es geboren war. in den Militärkreisen getauft wurde. Tie Reservisten von NimrS vor dem Kriegsgericht. Paris , S. Juli.(Sig. Ber.)' Die»Meuterei der Reservisten von NimeS , die nicht auf durch- nähten Strohsäcken auf sumpfigrm Boden schlafen wollten, hat ver. hältnismäßig milde Folgen für die Beteiligten gehabt. Natürlich mutzte der Götze dermilitärischen Disziplin" versöhnt werden; ober er hat diesmal kein Blutopfer erhalten. Von all den Sol- baten, die sich den Ausgang aus dem Lager erzwungen und unter bem Gesang derInternationale" nach NimeS gezogen waren, Wurden mi«in fißigotfli twd vier SieWiao tsi Gericht gestellt. Die Anklage lautete auf verabredeten belöaffneten Aufruhr'!«Inj Soldat war überdies wegen Gewalttätigkeit und Beleidigung, ver-' übt am kommandierenden Oberstleutnant, angeklagt. Die als Zeugen vernommenen Offiziere ließen es an Tiraden gegen die fremden Hetzer"- nicht fehlen, waren aber loyalerweise bestrebt, die Angeklagten nicht zu stark zu belasten. Ein Reserveleutnant erklärte, daß es ohne den Zustand des Lagers nicht zu der Meuterei gekommen wäre. Das Urteil lautete auf 3 Monate Gefängnis gegen den Korporal und einen Gemeinen, auf 6 Monate gegen den Beleidiger", dessenGewalttaten" sich nach der Aussage des Oberstleutnant selbst darauf beschränkt hatten, daß er diesen Offizier an der Bluse packte und ihm mehrere MaleSchweigen Siel" zurief. Ebensoviel bekam ein andererRädelsführer". Der fünfte Angeklagte kam mit 2 Monaten davon, wobei ihm Straf- aufschub, d. h. die dedingte Verurteilung gewährt wurde. Also alles in allem Urteile, die sich von dem in anderen Armeen Herr- schenden Drakonismus vorteilhaft abheben. Der Militarismus muß eben in Frankreich doch schon mit einer öffentlichen Meinung rechnen, die ihm weit über die organisierte Arbeiterschaft hinaus nicht besonders hold ist. Daß der Bürger dazu da ist, um sich bei einer Waffenübung, weil es der militärische Gehorsam will, einen lebenslänglichen Rheumatismus zu holen, will auch der patriotische Kleinbürger und Bauer nicht mehr glauben. Italien . Das Volksschulgesetz. Rom , 8. Juli 1919.(Eig. Ber.) Die italienische Kammer hat das Volksschulgesetz angenommen und dann ihre Sommerferien an- getreten. Das Gesetz ist zweifellos das wichtigste, das in den letzten Jahren von dem italienischen Parlament gebilligt wurde und ist darauf berechnet, wirksam einem großen Mißstand des Landes zu steuern: dem trotz des offiziellen Schulzwanges fortbestehenden Analphabetismus. Das Gesetz überträgt die Leitung des Volksschulwesens aller Gemeinden, soweit sie nicht Provinzial- oder Kreishauptstädte sind, einer Provinzialschulverwaltuug. Von dieser Heber» nähme ihrer Funktionen durch eine neue Körperschaft können sich die Gemeinden befreien, die bei der nächsten Volkszählung vom Jahre 1911 weniger als 6 Proz. Analphabeten unter der Be» völkerung von über 8 Jahren haben werden. Um nicht ihr Schul- Wesen dem neuen Verwaltungskörper überlassen zu müssen, haben diese Gemeinden die Pflicht, im Laufe der nächsten 19 Jahre die Zahl der Analphabeten auf mindestens 16 Proz. herabzusetzen. Die Provinzialschulverwaltung, in der der Staat eine starke Per- tvetung hat, übernimmt das ganze Schulwesen, verwaltet die von den einzelnen Gemeinden ausgeworfenen Summen und ergänzt sie, soweit sie unzulässig sind, aus der Staatskasse. Nach voller Durchführung werden die aus dem Gesetz erwachsenden Jahresaus- gaben des Staates 41 Millionen betragen. Für die Schulgebäude und das Lehrmaterial wird die Depo- sitenkaffe ermächtigt, den Gemeinden im Laufe von 12 Jahren 249 Millionen vorzustrecken, deren Verzinsung der Staatskasse zur Last liegt, währendßdie Amortisation durch die Gemeindekasie geschehen muß. DaS Minimal ge halt der Lehrer wird für die obli- gatorischen Schulen um 299 Lire jährlich und für die fakultativen um 390 Lire erhöht, beträgt somit 1349 und 1399 Lire im Jahre. Die Mehrausgabe liegt der Staatskasse zur Last. Weiter ordnet das Gesetz die ländlichen Hilfsschulen neu und setzt obligatorische Unterrichtskurse für die Soldaten fest, die nicht den vierjährigen Volksschulkursus absolviert haben. Es werden hierfür, sowie für Abend- und SonntagSkurse 1,7 Millionen im Jahre aus- geworfen. Um den wachsenden Ansprüchen zu genügen, die das neu« Gesetz in bezug auf die Zahl der Lehrer stellen wird, werden Gelder für Stipendien für die Vorbereitung zum Lehrerberuf aus- geworfen. Die festgesetzte Summe beträgt im ersten Jahre 99999 Live und steigt allmählich bis auf 699 999. Jedes Stipendium be- trägt 699 Lire für männliche, und 699 Lire für weibliche Lehr- amtskandidaten. Für die Reform der Lehrerseminare wird im ersten Jahre die Summe von 199 999 Lire bestimmt, die schrittweise bis auf 1 Million jährlich ansteigt. Für die Freunde des Gesetzes ist es eine große Enttäuschung gewesen, daß der Senat seine Beratung bis nach den Sommerferien verschoben hat. dadurch wird eS in Frage gesetzt, ob di« Reform schon am 1. Jangar 1911 in Kraft treten kann,' Spanien . Gegen de» KlerikaliSmnS. Madrid , 10. Juli. Heute fanden in zahlreichen Stödten Spaniens , besonders in Madrid , Tarragona , Saragossa und Toledo antiklerikale Versammlungen statt. In Barcelona wurde ebenfalls eine Kundgebung gegen den Klerikalismus veraustaltet, woran zahlreiche Frauen teil- nahmen; die Teilnehmer übermittelten dem Gouverneur eine Adresse, welch« die Unterschriften von 22 999 Frauen trug. Ei« Protest deö Vatikans. Madrid , 11. Juli. Heute traf eme Note des Vatikans ein, die in der heftigsten Weise gegen den Gesetz-ntwurf, der die Errichtung neuer Klöster verbietet. Protest einlegt und zwar schon aus dem Grunde, weil der Gesetzentwurf vor dem Abschluß der Konkordatsverhaudluugen eingebracht worden ist. CKina. Die Nnrnhe«. Köln , 11. Juli. DieKölnische Ztg." meldet auS Shanghai : Die U n r u h e n in Lai-Uang in der Pravinz S ch a n t u n g richten sich nicht gegen die Ausländer, sondern gegen die chinesischen B e a m t e n und die N o t a b e l n. die durch den Ankauf der Reis- Vorräte die Hungersnot gesteigert haben. Der Zu- sammenhang der Aufftändischen mit den roten Raubern der Mandschurei , der Hunghuye. war unverkennbar. D.ese er- ganzen sich zumeist aus den kriegerischen Bewohnen, von Nord- Schantung Die au» Schantung stamnieuden roten Rauber haben ihren Stamme», und SinneSgenosten in der Heimatprovinz moderne Waffen geliefert. Die chenisische Regierung verfolgt die Angelegen- Heft mit vollem Ernst._ Hii9 der Partei. ReichStagskaudftztur. Der Parteitag für das Herzogtum Sachsen-Alteuhurg. der am 9. und 19. Juli in Aoda tagte, stellte als Kandidaten für die kommende Reichstagswahl den Genossen Hermann Kappler. Vorsitzenden des MuhlenarbeiterverbandeS. auf. Die Partei- und Gewerkschaftsbewegung im Herzogtum hat sich sehr gut entwickelt. Die Partei zählt 4914. die Gewerkschaften rund 29 999 Mitglieder. Die Partei hat im Landtag 7. in den Gemeindevertretungen 142 Vertreter. Die Einnahmen der LandeSkaffe betrugen 8831 M., die Ausgaben 7197 M. Den Antrag auf Erhöhung des monatlichen Beitrages von 89 auf 49 Pf. lehnte der Parteitag ab. Als Ver- treter zum deutschen Parteitag wurde Genosse Rößler-Alten» bürg, zum internationalen Kongreß Dickreiter- Altenburg ge» wählt.__ Totenliste der Parkes. Wie unS auS Frankenhausen am Kyfshänfer telearaphisch ge- meldet wird, ist am Montag Genosse Böttcher. Mitglied deS SÄöZSrzbjug.AMlstgdtifchev LavblggS, iffl Liter fififl 64 JghAll gestorben. Die Genossen werden dem brassen Streiter für&k prs- letarische Sache ein ehrendes Angedenken bewahren- Parteiliteratur. Im Verlage der Ersten Wiener Volksbuch Hand- lung sind neue Arbeitererzählungen erschienen unter dem Titel: »Die Namenlosen." Geschichten aus dein Leben der Arbeiter und Armen. Der österreichische Parteigenosse Hanusch, der heute der Leiter einer der größten Arbeiterorganisationen Oesterreichs sowie ein Vertreter des Proletariats im Parlamente ist, hat von frühester Jugend bis ins Mannesalter hinein am Webstuhl gear» bellet. So schöpft er aus eigener Erfahrung und Beobachtung, wenn er dieNamenlosen" darstellt. Das Werk wird in IL Heften zum Preise von ca. 12 Heller vollständig vorliegen. Alle acht Tage gelangt ein Heft zur Ausgabe. Die komplette Ausgabe kostet broschiert 2 M.. elegant gebunden 2,69 M. Alle Buchhandlungen und Kolporteure nehmen Bestellungen an. flu; der kelchMrlicheniMordlMg!» kommiiiio». Sitzung am 11. Juli 1910. Von den Bestimmungen für die Landwirtschaft sind ganz besonders schlimm die über die sogenannte erweiterte Krankenpflege. Die oberste Verwaltungsbehörde soll näm- lich nach diesen Bestimmungen das Recht haben, für das Gebiet des Bundesstaates oder Teile davon den Landkrankenkassen zu ge- statten, durch die Satzung für arbeitsunfähig Erkrankte erweiterte Krankenpflege einzuführen. Der Unterschied zwischen der gewöhn- lichen Krankenpflege und der erweiterten Krankenpflege besteht darin, daß die Kassen verpflichtet und nicht nur berech» tigt sind, die Krankcnhauspflege zu gewähren. Diese Verbesse» rung ist aber in der Vorlage sehr abgeschwächt worden durch die Bestimmung, daß die Kasse die Krankenhauspflege verweigern kann, wenn diese nach ärztlichem Gutachten die Heilung nicht fördern würde. Trotzdem sollt« nach der Vorlage auf die Ver- sicherten ein unbedingter Zwang ausgeübt werden, sich in das Krankenhaus zu begeben. Für alle anderen Versicherten be- steht die Bestimmung, daß dann, wenn der Kranke verheiratet ist oder einen eigenen Haushalt hat, oder Mitglied des Haushalts seiner Familie ist, der Zwang, ins Krankenhaus zu gehen, nur auf besonders wichtige Fälle beschränkt ist, in denen die Be- Handlung im Krankenhaus entweder im Interesse deS Kranken oder zur Verhinderung der Simulation notwendig ist. Für die Landarbeiter aber sollte auch in diesen Fällen, in denen alle anderen Arbeiter sich nicht ins Krankenhaus gegen ihren Willen zu begeben brauchen, der Zwang bestehen. Fügt er sich dem Zwange nicht, dann soll ihm zur Strafe das Kranken­geld entzogen werden. Gegen diese Strafbestimmung wendeten sich unsere Genossen Hoch, Molkenbuhr und S ihm i d t. Das Recht, das allen anderen verheirateten Versicherten gewährt wird, sich in gewissen Fällen nichts ins Krankenhaus zu begeben, müsse auch den Land- arbeitern gewährt werden. Sei es doch geradezu ein Gebot der Menschlichkeik, einem Sterbenden den Wunsch zu erfüllen, seine letzten Stunden in dem Kreise seiner Familie zu verleben. Die Landarbeiter seien doch auch Menschen. Sie müßten daher das Recht haben, ohne sich eine Strafe zuzuziehen. Deshalb beantragten die Sozialdemokraten, daß auch den Landarbeitern in derartigen Fällen die volle Krankenpflege und das Krankengeld gesichert wird. Abg. Mugdan stellte sich auf denselben Standpunkt. Auch die Zentrumsabgeordneten hielten diese Be- stimmungen für zu hart. Bei der zweiten Lesung würden sie am besten gestrichen werden. Da aber die eriveiterte Kranken- pflege bereits im Prinzip angenommen sei. müsse jetzt auch die Strafbestimmung angenommen werden. Sie beantragten aber� die Strafe auf das halbe Krankengeld herabzusetzen. Dieser Antrag wurde dann auch angenommen, nachdem der Antrag der Sozialdemokraten vom Zentrum, den Konservativen und den Nationalliberalen abge- lehnt worden war. Noch ungeheuerlicher ist die Bestimmung der Vorlage, daß die Kasse sogar den Angehörigen des Landarbeiters, der zwangsweise ins Krankenhaus gebracht worden ist, daS Hausgeld, die Unter­stützung für die Familie, entziehen darf. Auf Antrag der So» zialdemokraten wurde die Bestimmung gestrichen und da- für im Gesetz ausdrücklich erklärt, daß auch den Landarbeitern in solchen Fällen das Hausgeld gewährt werden muß. Ferner sollten die Kassen das Recht haben, in solchen Fällen sogar den Höchstbetrag des Sterbegeldes für die Landarbeiter auf 30 M. herabzusetzen. Auch dies wurde auf Antrag der Sozial, demokraten gestrichen. Diese bedenklichen Bestimmungen sollen nach dem Entwurf auch für die Dienstbote» gelten. Dagegen erhoben die Soziialdemokraken vnt- schieden Einspruch und beantragten, daß die Ausdehnung der Be- stimmungen auf die Dienstboten gestrichen wird. Der Antrag wurde leider gegen die Stimmen der Sozial- demokraten, Freisinnigen und der Polen abgelehnt und dafür ein Antrag des Abg. Hitze angenommen, nach dem ein Dienstbote dann nicht ins Krankenhaus mutz, wenn dies sowohl vom Dienstboten und von dem Dienstberechtigten gefordert wird, und der Arzt dagegen nichts einzuwenden hat. Auch wo die erweiterte Krankenpflege durch die Satzung nicht eingeführt ist. soll die Krankenkasse die Krankenhauspflege auf Antrag des Dienstberechtigten dem in die häusliche Gemeinschaft aufgenommenen Dienstboten gewähren, wenn die Krankheit� an- steckend ist, oder wenn der Dienstbote im Haushalte des Dienst- berechtigten nicht oder nur unter großer Belästigung des Dienst» berechtigten behandelt oder verpflegt werden kann. Die Sozialdemokraten wendeten sich dagegen, daß hier, wo eS sich um einen erkrankten Dienstboten handelt, einzig und allein nach dem Willen des Dienstberechtigten gefragt wird. Sie verlangten, daß in derartigen Fällen der Dienstbote auch aiTf seinen Antrag im Krankenhaus verpflegt werden muß. Der Antrag wurde gegen die Stimmen der Konservativen und Nationalliberalen angenommen. Eine sehr ausgedehnte Debatte fand über die Bestimmung statt, daß die Krankenhauspflege dem Dienstboten nur so lange gewährt werden soll, wie der Dienstbote Ansprüche nicht nur gegen die Krankenkasse, sondern auch gegen die Dienstberechtigten bat. Die Sozialdemokraten legten die Folge dieser Be- stnmmung dar. Ein Dienstbote ist im Krankenhaus, weil er bei dem Dienstberechtigten kein Unterkommen finden konnte. Eines TageS läuft die Zeit ab. für die der Dienstberechtigte zur Für- sorge für das kranke Mädchen verpflichtet ist. Dann soll daS Mädchen auf die Straße geworfen werden, obgleich es jetzt erst recht kein Unterkommen hat und fein Anspruch an die Krankenversicherung weiter besteht. DaS Mädchen ist vann auf die wenigen Pfennige Krankengeld angewiesen, für die eS sich wo- möglich ein passende? Unterkommen verschaffen kann. ES ist da» her dem schlimmsten Elende preisgegeben. Die Sozialdemokraten beantragten daher, daß die Bestimmung gestrichen wird und dem Dienstboten in sollen Fällen Unterkunft im Krankenhause für die ganze Zeit zu gewähren ist, in der es Anspruch aus Krankenhilfe an die Krankenkasse hat. Die Regierungsvertreter versuchten immer wieder die Kommission zu überzeugen, daß die Bestimmung aus Rück- ficht- auf diejuristische Konstruktion" deS Gesetzes unbedingt angenommen werden müsse. Schließlich wurde jedoch mit allen Stimmen gegen die der Konservativen und National» liberalen der sozialdemokratische Antrag angenommen und di« Bestimmung der Vorlage gestrichen, LMetzung am Duvitag,/.