Regelung der Arbeitszeit der Ladengehilfen. HerrChurchill. hat die von seinem Vorgänger Gladstone im letztenParlament entworfene Vorlage wieder eingebracht. Es han-dclt sich hier um die Einlösung eines alten Versprechens. DieBill behandelt die Arbeitszeit der Ladengehilfen und die Ge-schäftszeit der Ladengeschäfte. Die wöchentliche Arbeitszeit derLadengehilfen, deren es in Großbritannien etwa 1 Milliongibt, soll auf 60 Stunden festgesetzt werden. Kein Gehilfe sollmehr als an 3 Tagen in der Woche nach 8 Uhr abendsarbeiten; auch soll eine bestimmte Zeit für Mahlzeiten fest-gesetzt werden. Ferner soll der schon vielfach beobachtete halbefreie Tag in feder Woche obligatorisch gemacht werden. DieSonntagsarbeit soll reguliert werden. Schließlich enthält dieVorlage auch noch sanitäre Bestimmungen.Käme die Vorlage zur Annahme, so würden damit vieleder dringendsten Forderungen der so wenig geschützten Laden-gehilsen erfüllt werden. Aber bei der ersten Lesung dieserVorlage konnte man auch wieder in den Worten desMinisters den klagenden Mollton eines der Auslösungentgegensehenden Kabinetts vernehmen.„Obgleich ich mirder Schwierigkeiten der bestehenden Zustände, soweit die An-nähme dieser Vorlage in Betracht kommt, sehr wohl bewußtbin, muß ich dennoch bekennen, daß ich die Aussichten dieserMaßregel nicht als hoffnungslos ansehe." Solche Aussichtenwerden die Ladengchilfen kaum hoffnungsvoll stimmen können.Man tut aber gut, die traurige und bedenkliche Mienedes Herrn Churchill als eine vorzeitige Entschuldigung fürdas Fehlschlagen der erwähnten Vorlage in diesemParlament anzusehen. Die Regelung der Arbeitszeitder Ladengehilfen wird nebst der Revision der Berg-gesetze und der Kranken- und Arbeitslosenversicherungmit herhalten müssen, um die nächsten Parlaments-wählen zu gewinnen. Die Liberalen haben sich als gelehrigeSchüler der F a b i e r bewiesen, die die liberale Partei be-kanntlich mit sozialisttschen Ideen imprägnieren wollen. DerGedanke steht auf einer Höhe mit dem Einfall, einem ein-gefleischten Einbrecher das Schlosserhandwerk zu lehren, umihn zu einem nützlichen Gliede der Gesellschaft zu machen.Die englischen Liberalen haben zwar sozialistische Ideen undgar sozialistische Argumente angenommen, benützen sie aber,nicht um die von den Sozialisten erstrebten Ziele zu erreichen,sondern umgekehrt, um die Verwirklichung des Sozialismusund die zu dieser Verwirklichung notwendige politische Ent-Wickelung der Arbeiterklasse möglichst lange aufzuhalten.polltifcbe CTeberlicbt.Berlin, den 12. Juli 1910.Aus dem nationalliberalen Sumpf.Daß Herr BassermäNn nicht mehr kandidieren werde,Wird jetzt auch von den nationalliberalen Parteiorganen be-stätigt. Wenn als Grund dafür„Parlamentsmüdigkeit" an-gegeben wird, so ist das jedenfalls nicht die ganze Wahrheit.Herr Bassermann ergreift die Flucht, weil er sieht, daß seineVersuche, die nationalliberale Partei von der Rechten u n-abhängig zu machen und bis zur Wiederkehr bessererZeiten eine sanfte Opposition zu markieren, gescheitertsind. Seine Absicht, durch ein Zusammengehen mit demnationalliberal gewordenen Freisinn seiner Fraktion mehrMacht zu verschaffen, ist mißglückt, weil die einflußreichstenund mächtigsten Elemente seiner Partei in Wirklichkeit längstfreikonservativ geworden sind und von einem noch so gemäßigten Liberalismus nichts wissen wollen. Sein Ausscheidenaus dem politischen Leben bestätigt nur, daß die National-liberalen den Versuch, Opposition zu spielen, gründlich satt haben.Es ist deshalb gar nicht unwahrscheinlich, daß die National-liberalen die Offerte des schwarzblauen Blocks freudig an-nehmen werden und unsere Prophezeiung, Erms Nachfolgerwerde Paaschs heißen, sich erfüllen wird. Wenn auch die„Köln. Ztg." davon noch nichts wissen will, so drängt derrechte Flügel nunmehr zur Annahme. So schreibt heute die„Magdeb. Ztg.":Induttrle und Arbeiter In Japan.Von C h a g r t n.n.Die Ansänge der Industrie.Nachdem Japan mit Amerika einen Handelsvertrag abgeschloffenhatte(1823). folgten auch Vertragsabschlüsse mit anderen Ländern.Diese Politik trieb die Anhänger des alten Systems zuenergischer Opposition. Der Konflikt zwischen Reaktion und Fort-schritt wurde mit dem Säbel entschieden. Der Fortschritt siegte.Die sichtbarste Folge davon war die Abschaffung des Feudalsystemsund Schaffung einer zentralen Regierung mit dem Mikado an derSpitze. So kam der bis dahin in Kioto in gänzlicher Ohnmacht undIsolierung lebende direkte Sohn des allmächtigenGottes zur Staatsgewalt. Die Freude über das Ende seinesSchattendaseins und über die Einsetzung in volle Macht ließ demMikado seinem Volke eine Verfassung versprechen. An die Erfüllungseines Versprechens mußte ihn Jahrzehnte später erst eine Volks-bewegung erinnern. Was dann gegeben wurde, war ein kon-stitutioneller Wechselbalg preutzisch-asiatischerPaarung.Das erste, was das neue Regime von seinen Freunden voneinigen Tagen, den Weißen, begehrte, waren Militärorganisatorenund Juristen. Die letzteren sollten der neuen Autokratie aus Ge-setzeSparagraphen ein Gewand verfertigen, doS europäischen Kredit-gebern wohlgefällig in die Augen fiel. Hauptsache aber war dieSchaffung eines durchschlagkräftigen Kriegsinstrumentes: dieOrganisation des Heeres und der Marine.Hinterlist. Mordlust, Strategie und Tapfer-keit hatte Japan seit undenklichen Zeitenübergenug besessen. Nur leider ließ sich mit diesen herrlichenEigenschaften allein wenig gegen Repetiergewehre und Schnellfeuer-kanonen ausrichten. Aber jene.Tugenden", verbunden mit der An-Wendung moderner Mordmaschinen, mußten ein Kriegsinstrumenterster Güte geben.Der Moloch Militarismus ist schrecklich gefräßg. Die Mittel,die er heischt, konnte das agrarische Japan nicht schaffen. Der Ertragseiner Landwirtschaft reichte nicht einmal zur Befriedigung der sounglaublich minimalen Bedllrsnisse der eigenen Bevölkerung aus.Während die Einwohnerzahl rapid stieg, blieb die Produktion deshauptsächlichsten, nein einzigen Nahrungsmittels, des Reises, stabil,wenn sie nicht gar abnahm. Der Agrarstaat konnte nicht ein-mal seine Bevölkerung ernähren, geschweige Ausgleichswerte fürden Import von Waffen usw. schaffen. Der Vermehrung derAnbauflächen und einer intensiveren Bearbeitung des Bodenshatte die Natur unübertvindliche Schranken gesetzt. Von der sehrgebirgigen Oberfläche sind nur siebzehn Hundertteile anbaufähig undwaren schon lange bebaut. So konnte das neue Japan nurIndustriestaat sein, wenn es seine Pläne verwirk-lichen wollte.„Immer dieses beschränkte Territorium als Feldfür die Landwirtschaft verwenden, um so eine vervielfachte Bevölkerungmit Lebensmitteln zu versehen, ist gewiß kein geschicktes Vorgehen. Wir„Praktisch kann die Frage, wie der Posten des zweiten Vize-Präsidenten besetzt werden solle, erst nach vier Monaten gelöstwerden. Bis zum November aber haben sich vielleicht Tat-fachen vollzogen, die die Entscheidung der Frage wesentlicherleichtern werden. Im gegenwärtigen Augenblick ist es des-halb verftüht, die Präsidentenfrage auf die Tagesordnung deröffentlichen Erörterung zu setzen; man wird aber'wohl annehmenkönnen, daß für die nationalliberale Partei fremde Ratgeberschaftauch nach vier Monaten ebenso entbehrlich sein wird wie jetzt."Die Tatsachen, die die„Entscheidung", das heißt dieAnnahme des Vizepräsidentenpostens erleichtern werden,kann man sich schon jetzt vorstellen. Sie werden nur darinbestehen, daß der rechtsdrängende Flügel bis dahin jedenWiderstand überwunden haben wird.Freilich, wenn die Besetzung deS ReichstagspräsidiumSnach der Fraktionsstärke geschehen sollte, würden wohlandere Tatsachen die Entscheidung erleichtern. Denn bis dahingibt es noch einige Nachwahlen und es ist nicht geradeunwahrscheinlich, daß die Nationalliberalen bei Zusammentrittdes Reichstages aufgehört haben werden, die drittstärkstePartei zu sein, weil diese Stelle die Sozialdemokratieeinnehmen wird. Aber an diese Tatsache wollte wohl dasnationalliberale Organ kaum erinnern.Der Encyklika-Humbug.Das Zentrum nutzt den blödsinnigen Enchklika-Rummelschmunzelnd aus. Eine schönere Gottesgabe als diese kindischeHätz, hätte ihm gar nicht beschert werden können. Wie wares in Verlegenheit, um seine infamen Volksverrätereien beider Reichsfinanzreform und der Wahlrechtsfrage bei seinenAnhängern in Vergessenheit zu bringen l Wie mußte es sichabmühen, um einen Vorwand für seine Kulturkampfpaukereizu finden I Denn die Klagen über die konfessionelle Jinparitättatens nicht mehr. Und auch der Jammer darüber, daß dieSchule noch lange nicht genug verpfafft sei, fand kein Echomehr bei den breiten Wählermassen. Da mußten die biedernNationalliberalen und der Evangelische Bund auf den törichtenEinfall kommen, ivegen der Encyklika einen Entrüstungs-rummel zu inscenieren IDas war's, was das Zentrum braucht. Nun konnte eswiederum vom bedrohten Glauben, der gefährdeten Gewissens-freiheit schwafeln, in Gegendemonstrationen den religiösenFanatismus aufpeitschen und in der Presse tagtäglich langeSpalten mit den Albernheiten der protestantischen Zündstoffefüllen! Und das Zentrum tat denn auch, was es irgend tunkonnte. Man braucht sich beispielslveise nur die„Germania"anzusehen, um sich davon zu überzeugen, mit welchemRaffinement die katholische Presse den Encyklika-Nummel zurpolitischen Hypnotisierung ihrer Leser ausnutzt. So bringtdie„Germania" in ihrer letzten Nummer wieder einen mehrals drei Spalten langen Artikel über eine Greifswalder Eingabean den Kaiser, die in den Stoßseufzer ausklingt:„ProtestantischerKaiser, hilf".Man sollte meinen, nicht nur aus dem Kulturkampf,sondern erst wieder aus den Hottentottenwahlen sollten dieprotestantischen Eiferer gelernt haben, daß dem Zentrum nichtsmehr nützt als die Anfachung des konfessionellenHaders, als eine Kulturkampfpaukerei, die demZentrum die Möglichkeit gibt, den Katholizismus als bedrohtoder nur benachteiligt hinzustellen. Der Kulturkampf hat dasentrum groß gemacht und auch die von liberaler Seite zurulturkampfpaukerei benutzten Hottentottenwahlen brachtenihm bedeutenden Zuwachs. Also selbst wenn man von derAbgeschmacktheit des Anlasses des Entrüstungsrummels ganzabsehen wollte, sollten doch die protestanttschen Kreise schonaus taktischen Gründen alles vermeiden, was vom Zentrumzur konfessionellen Hetze ausgenutzt werden könnte.Schon seit den Tagen der Gegenreformation ist allerdings derKatholizismus viel gerissener gewesen als das tapsige Luthertum.Das Zentrum verlangt Zentrumsminister.Die„Mark. V o l k s z t g.", die Volksausgabe der„Germania", bringt in auffallendem Satz eine Zuschrift, inmüssen die Idee vollständig fahren lassen, in der Zukunft einAckerbau treibendes Volk zu sein. Wir müssen ein Handels- undJndustrievolk werden und die Landwirtschaft China und Koreaüberlassen, sonst können wir Amerika und Europa nicht widerstehen.Zu diesem Behufe muß eine solide Basis in der Mandschureiund Korea etabliert werden und auf diese Art die Exploitationdes Orients beginnen. Das ist ein Recht, das aus der inneren Ent-Wickelung Japans resultiert." Von der Tobo Kyokai(Bereinfür politische Propaganda), zitiert in der„Revue de Paris". 1. Fe-bruar 1905.Ihre Pläne und Ambitionen zwangen also die herrschende Kaste,den Weg zum Industriestaat zu beschreiten. Aber ist denn dasJnselreich von der Natur für einen Industriestaat prä-destiniert? Besitzt eS in seinem Schöße die Rohmaterialien.die die Industrie verlangt? Kohle und Kupfererz find inFülle vorhanden; auch birgt der Boden Petroleum, selbst etwasGold und Silber. Dann gibt es nicht viele Länder, wie dasgebirgige Japan, wo der weiße Diamant so hoch gespeichert liegt.Die Wasserkraft rauscht von allen Seiten. Andererseits mangelt essehr an dem für die moderne Industrie so überaus wichtigenEisenerz; auch will sich der Boden zur Baumwollkulwrnicht eignen. Aber diese Schwierigkeiten sind nicht unüber-steigbar. Der Eisenstein kann von Amerika und China, die Baum-wolle von Indien und China ohne allzu große Kosten eingefahrenwerdem Der Import dieser Rohprodukte wird sich noch verbilligen.wenn der Panamakanal vollendet ist und die Bodenkultur in Formosabessere Resultate gezeitigt hat.Einigermaßen organisiert und gefestigt, schickte die Regierungder„Erleuchtung" die tüchtigsten der gerade aufgelösten Kriegerkasteins Ausland, in die zivilisierten Länder, damit sie derensozialen, industriellen uud politischen Institutionen studierten,um herauszufinden, welche davon gute Früchte versprächen,wenn sie auf japanischen Boden verpflanzt würden." Danebenwurden noch Jnstruktoren aus dem Ausland gerufen, ummoderne Betriebe und technische Schulen aufzubauen und für dieAusbeutung der Minen rationellere Akethoden einzuführen.Von einem Regime, dessen höchstes, wenn nicht einziges Zieldie Schaffung einer soliden Kriegsrüstung war, ist es nur natür-lich, daß es beim Aufbau der Industrie zuerst an seine militärischenBedürfnisse dachte, denken mußte. Die Ministerien deS Kriegesund der Marine wurden Bureaus für industrielle Unternehmungen.Zuerst wurde die Fabrikation von Schießpulver in die Hand ge-nommen. dann wurden Fabriken für Kriegsmaterial und Werftenfür die Marine errichtet.Für so ziemlich alle Industriezweige war die Regierung dieLeben spendende und helfende Mutter. Im Jahre 1372 schuf sieeine Modellspinnerei, 1877 eine Leinwandweberei, 1831 Muster-fadriken für die Textilindustrie; vier Jahr« vorher hatte sie schoneine Glashütte errichtet. Dabei wurde auch die Erbauung vontechnischen Schulen nicht vergessen, die Ersatz für die teueren, ausdem Ausland gekommenen Ingenieure, Techniker usw. liefernsollten.Das Privatkapital nahm eine abwartende Stellung ein. Erstals die Versuche der Regierung günstiger zu werden schienen, dieRechnunaAberichte&£ Rccneryng rajjger zg bcaannen und.der Zentrums minist er, KMffemetfk nlstff wutkatholische Minister, gefordert werden. In der Zu-schrift, der die Redaktion offenbar zustimmt, heißt es:„Es ist eine ganz eigenartige Erscheinung im DeutschenReiche, daß jene Parteien, welche die positive Arbeit leisten, inder Regel am schlechtesten behandelt werden, die Konservativenausgenommen. Durch Tradition und Familienbeziehungenhaben sie einen festen Stamm von Beamten und Aemtern. Wieaber steht es mit dem Zentrum? Seit 30 Jahren nimmt manseine Arbeiten an; aber daß man diese Partei nun auch bei derVerteilung der Staatsämter berücksichtigen würde, das kenntmrm in Preußen-Deutschland nicht. So kann und darf esnicht weiter gehen, wenn das Zentrum auf seine Ehreund die Gleichberechtigung mit anderen Parteien etwas hält.Diese geflissentliche Zurücksetzung des Zentrums muß ein Endehaben. Man soll dem Pferde, das den Hafer verdient, dasMaul nicht verbinden.Wir müssen mit dem Satze brechen, daß wir keinen Zen-trumsanhänger in der Regierung sehen wollen. Wir müssen mitallem Nachdruck die Forderung aufftellen: die Ministerämtersind auch Zentrumsanhängern zu öffnen. Das Zentrumkann es auf die Dauer nicht ertragen, daß esArbeit leistet und andere den Lohn erhalten.daß es die Blumen erhält, und oppositionelle Parteien die Früchtseinstecken dürfen. Wenn die regierenden Kreise nach dem Satzehandeln:„Mein Sohn, behandle die Liberalen gut, die Katho-liken machen keine Revolution!" so ist dies für unsere Ueber-zeugung ehrend, aber wir ertragen eine solche Behandlung nichtmehr. Politik muß mit dem Kopfe gemacht werden, nicht mitdem Herzen; wer seine Kraft nicht gebraucht, der tvird miß«braucht und ausgelacht. Die harten Ellenbogenmüssen in der Politik eine größere Rollespielen als die sanften Glacehandschuhe ausSchafsleder. Die Zentrumswähler fordern dies undalle Zentrumsabgeordneten, mit denen wir dieserTage sprachen, sind darüber einig."Diese Forderung läuft aus nichts anderes hinaus, alsauf die parlamentarische Regierung, Und Vachhat das Zentrum diese Regierungsform bisher stets ent-schieden abgelehnt. Was soll da die Forderung von Zen-trumsministern? Soll das etwa nur die persönlicheBelohnung ehrgeiziger ZentrumspolitjkerseinT_Der wirtschaftliche Ausschutz.Im Jahre 1897 ist ein„Wirtschaftlicher Ausschuß zurVorbereitung und Begutachtung handelspolitischer Maßnahmen' mitder Aufgabe gebildet worden, der Reichsverwaltung für Entscheidungenauf wirtschaftlichem und handelspolitischem Gebiete als sachverstän-biger beratender und begutachtender Beirat zu dienen. Wiederholtsind Wünsche nach einer Erweiterung und Ergänzung deS Ausschussesgeltend gemacht worden, namentlich nach der Richtung, daß dieFertigwaren-Jndustrie eine stärkere Vertretung erhalte. Wie die„Nordd. Allg. Ztg." mitteilt, ist den Wünschen nach Erweiterung durcheine Vermehrung der Mitglieder um 12 entsprochenworden. Soweit es sich bei den Wünschen um eine OrganisationS»änderung oder eine andere Zusammensetzung deS Ausschusses oderum die Einberufung von Vertretern von SpezialVerbänden handelt,konnte ihnen im Hinblick auf den Zweck, den der Ausschuß zu er«füllen bestimmt ist, nicht entsprochen werden.Uns interessiert an der Meldung vor allem, daß man eS wiedernicht für notwendig gehalten hat, in diesen Ausschuß auch Bertteterder wirklichen Produzenten, der deutschen Arbeiter zu be-rufen. Die preußisch-deutsche Regierung behandelt eben innner, so»bald sie es kann, die Arbeiter als Objekte der Gesetzgebung.Das hindert nicht, daß der Ausschluß der Arbeiter ein Skandalsondergleichen ist._Vom LuftmilitarismuS.Bekanntlich hat sich unser Militarismus auch bereits der Flug-Maschine als Kriegswaffe bemächtigt. Und sicherlich wird es bereitsbei dem nächsten Kriege, sofern er sich zwischen zwei zivilistettenNationen abspielt, zu Luftgefechten zwischen Leukballon und Seroplankommen.Vom Standpunkt des Militarismus aus ist eS ja begreiflich,daß auch die deutsche Militärverwaltung Versuche mit Leroplaneuanstellt. Nur sollte sie auch hier mit möglichster Vorsicht verfahrendie offiziellen Schornsteine qualmten, daß es eme Freude war,wurde auch das Privatlapital unternehmungslustig. Die Regierungwar weise genug(vom Jahre 1880 an), ein Etablissement nachdem anderen zu verkaufen und nur die zu behalten, die Armee,Marine und Monopole heischten.Die Unternehmungslust ist zuweilen bis zur Fieberhitze ge«stiegen. Insonderheit nach dem Kriege mit China(1894) schössendie Fabriken wie Pilze nach einem warmen Regen aus dem Boden.Der Goldregen, den die Kriegsentschädigung entfacht, hatte kaumaufgehört, als zahlreiche Gründungen wieder dem Wog inS geschäst-liche Jenseits antraten.Ohne Zweifel hat die Industrie in Anbetracht der kurzen Zeit,die ihr zu ihrer EntWickelung zur Verfügung stand, einen betracht-lichen Aufschwung genommen. Man darf nicht vergessen, daß ihreKeime erst in den siebziger Jahren deS vorigen Jahrhunderts ge»legt wurden. Das alte Japan wußte nichts von einer Industrieim europäischen Sinne. Was vor dem Eintreffen der europäischenIngenieure an Betrieben bestand, war nicht der Erwähnung wert.Selbst die Ausbeutung der Minen, die über zwei Jahrhundertealt sein mag, wurde noch mit handwerksmäßiger Rückständigkeitund asiatischer Gemächlichkeit betrieben. Erst mit der Einführungmoderner Betriebsmethoden und rationeller Verwertung des Roh-Materials konnte von einer ertragfähigen Produktion gesprochenwerden; erst dann erhielten die Zahlen von dcx fortschreitendenIndustrie reellen Wert.Die numerische Stärke der Industrie.Nach der offiziellen Statistik vom Jahre 1906 gab e» in Japan10361 Fabrikbetriebe, wovon 4656 Maschinenbetriebe, 5707 Hand-betriebe warein. Darin waren 437101 männliche und 369 233weibliche, zusammen 806 334 Personen beschäftigt.Man kann nun der Tatkraft, die in ein paar Jehrzehnten fastzehntausend Fabriken aufbaute und in Tätigkeit setzte, alle An-erkennung zollen, man kann den Fortschritt der Industrie groß-artig nennen, ohne daß man zu verschweigen braucht, daß dieseZahlen denn doch die geringe Bedeutung der Industrie augenfälligdartun. Und die Lichtseiten des auf Grund der Zahlen gewonnenenBildes werden dunkel, wenn solche Gebilde, die in der Statistikals Einheiten aufmarschieren, mit technisch geschultem Auge be»trachtet werden.Von dem Fünfzig-Millionen-Volk ist kaum mehr als ein Zwan-zigsiel direkt oder indirekt mit der Industrie(und den Minen)verknüpft. Dann setzt sich die Arbeiterschaft zum guten Teil ausFrauen, Mädchen und Knaben zusammen. Fast 46 Proz. derin den Fabriken tätigen Personen sind Frauenund Mädchen. Und wenn erst die Berichte für daS letzte Jahr-zehnt vollständig vorliegen, wird sich eS zeigen, daß die Jugendund die Frauen heute einen noch viel größeren Teil ausmachen.In der Textilindustrie allein stellen die FrauenlzumgroßenTeilschulpflichtigeMädchen)90Proz.der Arbeiterschaft.Eine einfache Dividierung zeigt, daß im Durchschnitt sechzigPersonen auf einen Betrieb fallen. Das wären immerhin nochMittestetrüfte. jebffifr Uft Riesenbetriebe bei Textil-,