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Bergleichen wir z. B. den Köhler von heute mit dem Köhler Aon 1803. Damals hat Herr Köhler in 3 Heften ein kleines Werk herausgegeben überLandwirtschaft und Sozialdemokratie". Auch diese Schrift verfolgte dcnZweck, die Sozialdemokratie zu bekämpfen. Aber wie ganz anders machte es Herr Köhler damals! Es lag ihm daran, das Eindringen der Sozialdemokratie in die ländlichen Gegenden zu verhindern. Das Rezept aber, das er zu diesem Zweck gab, ist kurz zusammengefaht dieses: die Gutsbesitzer sollen dafür sorgen, daß es den Landarbeitern nicht mehr gar so erbärm- lieh schlecht geht! Dann, aber auch nur dann, könne es verhindert werden, daß die Sozialdemokratie auf dem Lande festen Futz fasse. Er selbst schildert in überaus eindringlicher Weise die traurige Lage der Landarbeiter ungeschminkt und fügt Mahnungen bei wie diese: Solche Notstände bilden für die sozialdemokratische Agita- tion eine unerschöpflich« Fundgrube und geben ihr eine gewisse sittliche Berechtigung." £)der: Wir verargen es der(sozialdemokratischen) Agitation ganz und gar nicht, wenn sie dergleichen Uebelstände schonungslos auf- deckt, in scharfer Tonart behandelt und auf Abhilfe dringt." Oder man vergleiche folgende Worte: Wo liegen denn die Ursachen der vielbeklagten Landflucht? Sollte Ueberdrust an dem einförmigen Landleben und Ver- gnügungösucht wirklich eine so bedeutende Rolle spielen, wie ge- meinhin behauptet wird?... Nein, es ist vielmehr die Hoff- nunaslosigkeit und das Gefühl der Zurücksetzung, das ihn(den Landarbeiter) veranlaßt, der allermeist doch lieben und teuren Heimat Lebewohl zu sagen. Gebt und verbürgt dem Land- arbeiter durch nicht ermüdende aufruHige Fürsorge die Hoffnung auf bessere Zeiten, schafft ihm die Möglichkeit, durch Fleiß und Sparsamkeit ein kleines Besitztum zu gewinnen, helft ihm zu einer menschenwürdigen Wohnung, nehmt euch in Krankheit seiner wie seiner Familie kräftiger an, gewährt ihm bei der Arbeit sorgsameren Schutz für Leben und Gesundheit, vor allem aber macht ihn frei von dem drückenden Bewußtsein, ein Arbeiter zweiter Klasse und dem Industriearbeiter nicht gleichberechtigt zu sein... Die Leutenot wird schwinden in dem Maße, wie auf feiten der Besitzer das Verständnis zunimmt für die Not der Leute, und zwar nicht bloß die materielle, sondern auch die vielleicht noch schwerer drückende soziale." Das schrieb der Köhler von 1903. Man sieht, so weit eS die Schilderung und Bewertung der Tatsachen betrifft, unterscheidet er sich kaum von den Sozialdemokraten. Man vergleiche z. B., was der soeben erscheinendeNeue Weltkalender" für 1911 über dieselbe Sache sagt: Und doch gibt es Mittel, der Landflucht Einhalt zu tun. Man bessere die Lohn- und Arbeitsbedingungen der Landarbeiter, beseitige ihre unwürdige Abhängigkeit, stelle sie mit den Be- sitzern und den Arbeitern in der Stadt unter gleiches gesetzliches Recht. Und vor allem: man behandele sie wie gleichberechtigte Menschen. Dann und nur dann wird es gelingen, diese moderne Völkerwanderung(der Landarbeiter in die Stadt) zu hemmen." Inhaltlich sagt hier die sozialdemokratische Schrift genau das- selbe wie der Sozialistenfeind Köhler. Und nun halte man neben einander die sittliche wie die geistige Höhe, mit der Herr Köhler diese Dinge vor 7 Jahren behandelte, und die hysterische Aufregung, die ihn heute ergreift wegen einer höchst gleichgültigen Kanalgeschichte in der Nähe von Kötzschenbroda  , eine Aufregung, die ihn zu sinnlosen albernen Scharfmachereien aufstachelt. Da hat man es greifbar vor sich, wie mit dem Aufstieg der SozialdeMkrgtie Hand in Hmnd geht ein rapider Verfall ihrer Gegner Der Bochctte-Shandal. Paris  , 12. Juli.  (Eig. Ber.) Ein Vertrauensvotum und ein Untersuchungsausschuß das sind die Ergebnisse der Kammerverhandlung über den Rochette-Skandal. Briand  hätte den Untersuchungsausschuß gern erspart, aber er hatte angesichts der Stimmung der Kammer nicht den Mut, daraus eine Vertrauensfrage zu machen. Eigentlich hat er schlimmeres nur dadurch beschworen, daß er den Progressisten und Links- republikanern durch giftige Ausfälle gegen die Sozialisten genug tat und über die Bürgertugenden des Polizeipräfekten Lupine, des Schutzpatrons der Gesellschaftsretterei, einen tönenden Hymnus losließ. Seine Antwort auf die Jnter- pellation I a u r d s war auffallend schwach. Sie beschränkte sich fast nur auf pathetische Beteuerungen der eigenen Makel- losigkeit und auf die Behauptung, daß den Anklägern alle Beweise fehlten. Immerhin vertrat Briand   das Recht der Polizei, gegen einen Verdächtigen wie Rochette im Interesse des gefährdeten Publikums selbst einen Kläger zu suchen. Das Prinzip mag höchst anfechtbar sein, schon weil seine An- Wendung alle Mißbräuche möglich macht, den Schein einer Rechtfertigung aber gewinnt es nur aus dem plutokratischen Charakter der französischen   Justiz, der so weit geht, daß angeblich wegen der Ueberbürdung der Gerichte Betrugs- anzeigen gewöhnlich nur dann Folge gegeben wird, wenn der Anzeiger eine Kaution stellt, so daß gerade die zugrunde- gerichteten Opfer eines Betrügers wehrlos sind. Indes handelte es sich nicht um dieses angebliche Recht, Anzeigen zu provozieren, sondern darum, daß eine Anzeige mittels Fälschungen, nämlich auf Grund der fiktiven Uebertragung von Aktien Gaudrions an Pichereau angefertigt worden ist. Briand   behauptet, das Lspines Kapinettschef Durand, indem er Gaudrion aufsuchte, unklug, aber im übrigen nicht un- korrekt gehandelt habe. Gaudrion. der ausgesagt hat, daß Durand an der Präparierung der Klage selbst tätigen Anteil genommen habe, mag in der Tat kein unbedingt glaub- würdiger Zeuge sein, aber immerhin ist es höchst eigentümlich, daß die ob ihres vervollkommneten Schnüffelsystems be- rühmte französische   Polizei keine Ahnung davon gehabt haben soll, von welchem Kaliber ein Geschäftsmann wie Gaudrion. der bald darauf wegen Betruges zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden ist, und einPrivatier", wie der in einen vermöglichen Aktienbesitzer verwandelte Pichereau waren. Aber um das wichtigste hat sich Briand   einfach heumgedrückt, nämlich darum, daß der unklugeDurand" mit dem Senator Prevet, dem notorischen Gegner desFinanziersRochette, zusammenoperiert hat. Als Briand   seinerzeit in der Kammer wegen der der- meintlich verspäteten Verhaftung Rochettes interpelliert wurde, erklärte er wörtlich:Denunziationen sind oft ver- dächtig. Sie können von Konkurrenten oder zurückgesetzten Beamten herrühren." Und nun stellt sich heraus, daß der Kabinettschef des Polizeipräfekten, um die vom Präfekten  gewünschte Klage zu erlangen, just den Haupt» konkurrentenRochettes, Prevet, zum Führer gewählt hat! Davon hat Briand   kein Sterbenswörtchen gesagt, und im Gemeinderat hat L6pine gestern erzählt, Durand habe Gaudrion und Pichereauentdeckt". Nach Briands Darstellung aber hätten Clenienceau und er selbst erst vom Staatsanwalt erfahren, daß eine Klage gegen Rochette eingebracht fei, so daß Herr L6pine als der sM- fttodige Leiter der DuraMchw SzpMka erscheint. Herr Durand ist freilich als Sündendo'ck trt die Wüste gejagt worden. Er hat ebenunklug" gehandelt: er war zu naiv. Wie überhaupt die Polizei sich als Stätte einer un- geahnten Harmlosigkeit herausstellt. Denn wie der auf Entdeckung" ausgeschickte Herr Durand nicht entdeckt hat, was für Kumpane die Herren Pichereau und Gaudrion waren, so hat Herr L6pine selbst bis zuletzt die, wie er sagt, bedauerliche Tatsache nicht entdeckt, daß Herr Durand im Nebenberuf Kommanditär eines Bankgeschäftes ist, was doch sogar im offiziellen Anzeigenblatt zu lesen war. Was wird die Untersuchungskommission herausbringen? Wenn man nach dem Aerger, den Blätter wieTemps" und Journal des T6bats" über ihre Ernennung kundgeben, schließen wollte, wären unangenehme Enthüllungen nicht aus- geschlossen. Man wird indes nicht zu viel erwarten dürfen. Vorläufig hört man nur beteuern, daß alle Persönlichkeiten, die in dieser Affäre genannt wurden, tadellose Ehrenmänner sind. Und in der Tat muß man nicht gleich annehmen, daß dies Netz der kapitalistisch-politischen Intrigen diesmal zu grob gesponnen war, um dem Strafrichter aus der Hand zu gleiten. So mag es gelingen, den Brunnen zuzudecken, dessen Düfte das Volk allerdings schon deutlicher verspürt hat, als den Beschützern und Beschützten des kapitalistischen   Staates lieb sein mag. Die Untersuchungskommission. Paris  , 12. Juli. Die von der Deputiertenkammer eingesetzte Kommission zur Untersuchung der Angelegenheit Rochette hat sich konstituiert und mit 29 gegen 3 Stimmen I a u r e s zum Vor- sitzenden gewählt. Die parlamentarische Session ist beute ge» schlössen worden._ poUtifcbe OcberHcbt. Berlin  , den 13. Juli 1010. Zentrumstaktik. Das Zentrum betreibt jetzt Wahlpolitik. Und da kann es vor allem eines nicht brauchen: das Eingeständnis, daß selbst die neuen enormen Steuerlasten, die es im Bunde mit den Kon- servativen dem Volke aufgebürdet hat, für die Anforderungen Molochs nicht ausreichen. Und deshalb wünscht die Zentrumspresse mit allzu großen Anforderungen für Mili- tarismus und Marinismus vor den Wahlen verschont zu werden. Nach den Wahlen wird sich schon alles finden. In diesem Sinne sind auch die Ausführungen gehalten, die der Führer des Zentrums Freiherr   v. Hertling in der bayerischen Kammer der Reichsrüte kürzlich gemacht hat. Er erklärte, die Reichsfinanzreform habe durchaus nicht Fiasko gemacht, dielmehr seien die Neichsfinanzen in fort- schreitender Gesundung begriffen. Das schließe aber nicht aus, daß der Etat für 1911 nur schwer zu bilanzieren sei. Deshalb müsse man sich unter allen Umständen ent- schieden dagegen wehren, daß an den Reichstag neue große Forderungen gelangen, besonders Militär- und Marineforderungen. Der Anleihewea dürfe nicht beschritten werden, die Matrikularbeiträge seien begrenzt. Neue Steuern aber dürsten dem schwer belasteten deutschen   Volke unter keinen Umständen auf- erlegt werden. Es müsse daher im Bundesrat alles aufgeboten werden, damit wenigstens für den nächsten Reichshaushaltsetat solche Forderungen nicht kommen. Der F i n a n z m i n i st e r erwiderte, die Regierung werde im Bundesrat alles tun, um die Sparsamkeits- bestrebungen zu unterstützen. Ob die Regierung auf diese Mahnungen eingehen wird. ist allerdings sehr fraglich. An sich hätte sie sicher nichts da- gegen, ihre Mehrfordcrungen zu verschieben, in der Gewiß- heit das, was sie jetzt nicht erlangen könne, dann von den bürgerlichen Parteien und vor allem vom Zentrum mit Zins und Zinseszinsen bewilligt zu erhalten, worauf dann eine neue Steuervermehrung alsunabweisliche. nationale Notwendigkeit" sich einstellen würde. Aber die Nationalliberalen und ein Teil der Kon- servativen schicken sich bereits an, jede Sparsamkeit in milstärischen Dingen als nationalen Verrat zu bezeichnen. Und so wird Wohl das Resultat sein: Mehrforderungen für Moloch vor und nach den Wahlen. Von einer Bilanzierung des Etats aber wird weder vor noch nach den Wahlen bei solcher Wirtschaft die Rede sein. Das Zentrum gegen Sozialpolitik. Wir haben wiederholt darpuf hingewiesen, daß der Bund mit den Konservativen das Zentrum nicht nur zum Verrat an den Forderungen des allgemeinen gleichen Wahlrechts in Preußen, sondern ebenso zu einem Verrat an seinen sozialpolitischen Forderungen zwingt. Der Bund mit den Junkern hat ja den Verrat an den Ar- beitern zur unumgänglichen Voraussetzung. Wir haben ebenso bereits darauf hingewiesen, daß sich das Zentrum in der Frage der Reichsversicherung bereits anschickt, das Gesetz mit den schlimm st en Feinden jeder Sozialpoliik, mit den Konservativen und den Nationallibe- ralen gegen Sozialdemokratie und Fortschrittler zu machen. Dies wird jetzt neuerlich bestätigt durch einen Artikel der klerikalenMärk. Volksztg.". Das Blatt fragt, welche Mehr- heit das Gesetz machen soll und antwortet darauf: .Der Kern der Mehrheit wird das Zentrum sein müssen, und der Bundesgenosse? Nach links kann das Zentrum sich nicht angliedern. Der Freisinn hat bereits erklärt. dah er das Gesetz nicht wolle, und er verhält sich danach. Die Sozialdemokratie kann man nie als sicher bei der Be- rechnung einstellen. Zudem bringt sie solche Anträge ein, auf die man gar nicht eingehen kann. Der ganze Mittelstand würde darunter leiden. Die Nationalliberalen halten im allgemeinen eine vernünftige Mittellinie ein; aber sie genügen nicht für eine Mehrheitsbildung. Es mutz diese rechts gesucht werden. Die Konservativen sind auch entschlossen, das Gesetz zustande zu bringen, und so ist die Hoff- nung begründet, datz sich am Ende eine Mehrheit finden wird. Alle positiv arbeitenden Parteien haben ein Interesse daran, diese Materie vor den Wablen zu erledigen. Und wir find daher der Ansichts, datz das Gesetz durch ein umfassendes Kompromiß unter den Parteien mit der Regierung zustande kommen wird." Also der schwarz-blaue Block unter Zuhilfenahme deS rechten Flügels der Nationalliberalen soll die Vorlage unter Dach und Fach bringen I Die Sozialdemokratie wird ausgeschaltet, da siesolche Anträge stellt, auf die man nicht eingehen kann". Dabei haben unsere Vertreter nur Forderungen gestellt, die im Interesse der Arbeiter unum- gän glich sind. Aber für das den Junkern ergebene Zentrum sind eben A r b e i t e r forderungen unerfüllbar, die Wünsche nationalliberaler und agrarischer Scharfmacher seiner sozialpolitischen Weisheit letzter Schluß geworden! In Wohlgefallen avfgekSst hat sich nach den neuesten Darstellungen der deutsch  -amerikanische Zwischenfall" wegen der kaiserlichen Antwortnote an den Präsi- denten Madriz. Wiie aus Washington   gemeldet wird, hat das Staatsdepartement die Mitteilung des deutschen   Kaisers von Ansang an füv einen reinen Formalitätsakt gehalten, weshalb es keine Basis dafür gegeben sieht, irgend welche Aufklärung zu ver-- langen. In den maßgebenden amerikanischen   Kreisen hat also die kühle Vernunft die Oberhand behalten, was auch bei dem größten Teil der amerikanischen   Presse der Fall zu sein scheint. Auch die englische Presse legt zum größten Teil der Affäre weiter kein Gewicht bei, so daß die Aktion einiger Jngoblätter völlig verpufft ist. Wenn auf der anderen Seite in deutschen   Blättern daraus hin- gewiesen wird, datz die deutsche Antwortnote um so verzeihlicher sei, als ja auch andere europäische Staaten, wie Oe st erreich, Bel. gien, die Schweiz   usw. gleichfalls offizielle Glückwunschnoten an Madriz geschickt hätten, so vergessen sie, daß es keineswegs das gleiche ist, ob ein derartiger weltpolitisch gar nicht in Frage kommender Staat, wie die Schweiz   oder Oesterreich, etwas tut, was als Unfreundlichkeit oder auch nur als Mangel wünschenswerter Rücksichtnahme von den Bereinigten Staaten aufgefaßt werden kann, oder eine Macht wie Deutschland  , dessen Zukunft ja aus dem Wasser liegen soll! Gut, daß diesmal der Mangel an diplomatischer Geschicklichkeit. den unser Auswärtiges Amt   bewiesen hat, keinerlei Folgen haben wird. Das sollte aber die Regierung für die Zukunft von der Pflicht der größten Vorsicht nicht entbinden! Das prinzliche Wtld. Den Potsdamer Bezirksausschuß beschäftigten am Dienstag drei Klagen, in denen Wildschadenersatzansprüche verfochten wurden. Uebereinstimmend wurde in den drei Klage- antrügen die Tatsache festgestellt, daß alljährlich in dem Revier des Prinzen Friedrich Leopold bei Zehlendorf   ein erheblicher Wildschaden angerichtet wird, da der reiche Wlldbeftand im Westen Berlins   nicht zum Abschuß kommt und das Rehwild hauptsächlich schon so zahm geworden ist, daß es sich kaum von den Grundstücken verscheuchen läßt. Aber auch die Hirsche und allen voran die Schaufler richten ganz gewaltigen Schaden an. von dem die Klage des Landwirtes Siggel gegen die Zehlendorfer   Jagdgenossenschaft ein Bild gibt. Siggel hat ein zwischen dem Königsweg und der Potsdamer Thaussee gelegenes und an das Rittergut angrenzendes Areal gepachtet und darauf Kartoffeln angebaut. Ungefähr 29 Zentner Kartoffeln wurden durch oie Hirsche vernichtet. ES kam zur Klage, weil die Jagdgenossenschaft nur einen Schaden von LS Mar! anerkennen wollte, während der Kläger   seinen Schaden auf S19 Mark beziffert. Der größte Teil deS sieben Morgen großen Kartoffelfeldes war v e r w ü st e t. Aehnlich hauste das Rehwild auf dem benachbqzMn Grundstück der Frau Garteninspektor HermeS aus Zehlendorf  . In der der Klägerin gehörigen Baumschule wurde durch Wildverbiß ein Schaden angerichtet, der auf 1999 Mark beziffert wurde. Die Klägerin begnügte sich aber mit-einer Entschädigung von 189 Mark. Ueber ihre Baumschule ging regelrechter Wild» Wechsel und es wurde beobachtet, wie Rehe über mannshohe Um- zäunungen sprangen und unbekümmert um die Anwesenheit von Personen es war die Wildschadenabschätzungskom» Mission an Ort und Stelle ihre Aesung suchten, ßwei» mal wurde bereits die Jagdgenossenschaft verurteilt. In diesem Jahre allein ist bereits ein Wildschaden tum mehr als 1S99 Mark auf dem Grundstück der Frau Herme» anerkannt. Diese Tatsachen bieten kein erfreuliches Bild von dem Wildreichtum im Mesten der Metropole, der allmählich zu einer Gefahr für die Landwirtschaft wird, da die Geschädigten die größten Schwierigkeiten zu überwältigen haben, um annähernd durch den Wildschadenersatz befriedigt zu werden. DaS Arbeitskammergesetz. Um ein Scheitern des Arbeits kammergvsetzenWurfeS pr Ver« hindern, soll die R e g i e r u n g nicht abgeneigt sein, Vermitte» lungsvor schlage anzunehmen. Die Kommission hatte be- kanntlich beschlossen, daß auch die Arbeiter der Fabriken und Werkstätten der E i f e n b a h n e n den Arbeitskammern unter- stellt werden sollen. Hiergegen sträubt sich die Regierung ganz energisch. Einen weiteren Streitpunkt bildete die Wählbar- keit der Arbeitersekretäre, die ebenfalls von der Re- gierung bisher abgelehnt wurde. Jetzt soll ein Ausgleich dadurch geschaffen werden, daß die Regierung in dem letzteren Punkte nachgibt. An maßgebender Stelle soll man sich dahin geäußert haben, daß zwar bei den ersten Wahlen zu den Arbeitskammern die Arbeitersekretäre nach wie vor ausgeschlossen werden sollen, daß ihre Wahl jedoch bei allen weiteren Wahlen zulässig sein soll. sofern Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeder Kammer damit einverstanden sind. Wir meinen, daß da von einem Kompromiß überhaupt nicht gesprochen werden könnte, sondern nur von einem Versagen und einem Rückzug der ReichStagSkommission. Di« Unterstellung der Eisenbahnen unter daS Gesetz ist eine ebenso wichtige als unerläßliche und selbstverständliche Bestimmung; da- gegen verliert daS Zugeständnis der Wahl von Arbeitersekretären durch die daran geknüpfte Bedingung jede praktische Bedeutung. Das Arbeitskammergesetz bietet den Arbeitern ohnehin so wenig, daß zu irgendwelchen Verschlechterungen, wie sie die Regierung will, selbst für die bürgerlichen Parteien wirklich kein Raum sein sollte.___ Kosakenbluttat. Aus Beuthen   wird vom 13. Juli gemeldet: Ein vier- zehnjähriger deutscher Knabe wurde heute von Kosaken   an der russischen Grenze aus unbekannten Gründen erschossen. Es wurde ein Lokaltermin abgehalten, an dem der preußische Landrat, der russische Gouverneur, sowie der preußische und der russische Staatsanwalt teilnahmen. Dabei wurde f e st g e st e l l t. daß der deutsche   Knabe von den Kosaken auf preußischem Gebiete erschossen worden war. Der Fall Langhammvr. Die Spaltung der Nationalliberalen in Sachsen  ist nunmehr unvermeidlich geworden. Am Dienstag tagte in Chemnitz   der nationalliberale Verein, der vor kurzem dem Land» taasabgeordnetcn Langhammer ein Vertrauensvotum aus- gestellt hatte. In Konsequenz dieses Beschlusses wählte man jetzt einen Lanahammer freundlichen Vorstand. Daraufhin konstituierte sich die Minorität als Sondergruppe des nationallideralcn Landesvereins. Ob diese Neugründung vom Hauptverein in Sachsen  aber bestätigt werden wird, bleibt immerhin noch abzuwarten; nach den Satzungen des Vereins ist es jedenfalls unzulässig. Katholische Sozialpolitik. Ein interessanter Vorgang spielte fich am 12. Juli in der bayert- schen Reichsratskammer ab. Zur Diskussion stand der Eisen» bahn« Etat und daS OrgamsationS- und Streikrecht der Eisen- bahner. Der Verkehrsminister führte au«, daß es keinen Zweck habe, den der sozialdemokratischen Partei nahestehenden Eisenbahner» verband zu unterdrücken. Er erinnere daran, daß eine so große Be»