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wegung, Ivie eS die sozialdemokratische sei, nicht mit Polizeimaß- regeln bekämpft werden könne. Für die Richtigkeit dieser Anschauung spreche auch die Geschichte des Christentums. Gegen diesen Vergleich zwischen Sozialdemokratie und Christen- tum protestierte der Bischof Henle von Regensburg . Er betonte dann weiter: DaS Christentum habe sich Jahr- hunderie lang nicht um die soziale Frage oe- kümmert und sei immer auf dem Standpunkt ge- standen, daß jeder mit seiner sozialenLagesich abfinden müsse.Wer Knecht ist, muß Knecht dleibcu," bis sein Herr ihn aus freien Stücken erhebt. Ersatzwahl in Schwarzvurg-Rudolstadt . Durch den von uns bereits gemeldeten Tod des Genossen August Böttcher wird im Wahlkreis Frankenhausen- Stadt, den der Verstorbene seit 1902 im Landtag vertrat, eine Ersatz- wähl notwendig. Der Wahlkreis ist sicherer Besitzstand unserer Partei, er wurde im Jahre 1903 mit 583 sozialdemokratischen gegen L74 bürgerliche Stimmen behauptet. Ein schäbiges Dennnziantenstnckchen. Professor Hoffmann, der Vorsitzende der Erfurter Fort- schrittlichen Volkspartei, ist unlängst der Gegenstand einer Denun- ziation der bündlerisch-antisemitischen thüringischen Landeszeitung geworden. Eine Unterhaltung, die Hoffmann im Wartesaal des Exlebener Bahnhofes mit einigen Parteifreunden gepflogen hatte, zog ihm in dem genannten Blatte folgenden Angriff zu: Es zeigte sich, daß die Freisinnigen tatsächlich die Vorfrucht der vaterlandslosen, antimonarchischen Sozialdemokratie sind. Wir behaupten das nicht etwa nur, sondern es wurde uns be- wiesen durch ein ergötzliches Bild, das sich uns zum Schlüsse bot: Herr Profefior Hoffmann, der Freisinnsheld, in der Mitte sitzend, um ihn herum ein Kreis der waschechtesten Sozialdemokraten, mit diesen durch i n n i g st e Unterhaltung beim Glase Bier eng verbrüdert. So hatten auch hier sich wieder, wie in der Reichstagswahl Fried- berg-Büdingen und Usedom -Wollin , die gefunden, die zusammen l gehören. Jeder andere rückt weit ab von den Freisinnigen." Daß es sich wirklich um eine schäbige Denunziation dabei handelte, ergibt sich daraus, daß diese Notiz der vorgesetzten Behörde des Professors Hoffmann zugeschickt worden ist. Und vielleicht wäre dem freisinnigen Herrn der ihm angedichtete Verkehr mit den s s s Sozialdemokraten noch sehr unangenehm bekommen, wenn er die thüringische Landeszeitung nicht zu der Berichtigung hätte nötigen können, daß die sämtlichen Exlebener Herren, mit denen er beim Bier zusammen gesessen, ausnahmslos eingeschriebene Mitglieder der Fortschrittlichen Volkspartei gelvesen seien. Nationalliberales. DieNationalliberale Korrespondenz" bezeichnet die Nachricht, daß zwischen dem Bund der Landwirte und den Ratio- nalliberalen in Schleswig-Holstein ein Bündnis für die nächsten Reichstagswahlen zustande gekommen sei, als unzu- treffend. Aber was nicht ist. kann werden. Das Verfahren gegenUnbekannt" wegen der vorzeitigen Ver- öffentlichung des Entwurfs über die Schlffahrtsabgaben in der Kölnischen Zeitung " ist als ergebnislos wieder eingestellt worden. Von einem Zeugniszwangsverfahren hat man abgesehen» Spanien . Keine Amnestie. Madrid , 12. Juli. Deputi ext e�r kämme r. In der Vcratunng über den Antrag auf Amnestie für die im Zu- sannnenhang mit den Vorgängen in Barcelona Verurteil- ten erklärte Ministerpräsident Canalejas , daß er sich einer derartigen Maßnahme widersetzen müsse. Man fordere in revolutionärem Tone eine Amnestie, indem man drohe, die Re- gierung stürzen zu wollen, und man konspiriere im Innern Spaniens unablässig gegen den Staat. Die Verschwörung fei von Elementen organisiert, die auch in der Kammer vertreten seien. Der Sozialist JglesiaS erklärte, die Svzia- listen könnten sich allerdings nicht verpflichten, innerhalb der Grenzen der Gesetze zu leben. Englanci. Das Frauenstimmrecht. London , 12 Juli. Unterhaus. Die Entscheidung der Frage des F r a u e n st i m m r e ch t s ist dadurch erschwert, daß abgesehen von der Gewährung eines Wahlrechts für die Frauen überhaupt von manchen Seiten scharf Stellung genommen wurde gegen die in dem Gesetz vorgeschlagenen einzelnen Bestimmungen des Wahlrechts. Churchill zum Beispiel erklärte, obwohl er dem Frauenstimmrecht nicht absolut feindlich gegenüberstehe, den Gesetzentwurf in manchen Beziehungen in seiner Wirkung nicht nur für un demokratisch, sondern sogar für antidemo- kratisch. Ebenso besprach Asquith den Gesetzentwurf und führte aus, daß er auf die sozialen und politischen Bedürfnisse des Landes Rücksicht zu nehmen habe. Er halte es für besser, die Scheidewand zwischen den Geschlechtern aufrech tzuer. halten, die bisher wie in England so auch in den Parlaments- rischen Systemen der übrigen großen Kulturvölker bestanden habe. Bezüglich der Warnungen Maclarcns sprach Asquith die drin- gende Bitte aus, eine solche Sprache im Hause zu vermeiden; da- durch würde keine einzige Stimme für die Sack?« gewonnen werden. B a l f o u r befürwortete den Gesetzentwurf, ebenso R u n c i m a n. Lloyd George erklärte, den Gesetzentwurf nicht unter- st ü tz e n zu können, obwohl er ein ausgesprochener Anhänger des Frauenstimmrechts sei. Chamberlain bekämpfte den Gesetz- cntwurf von allgemeinen Gesichtspunkten aus Die zweite Lesung der Vorlage über da? Frauenstimm- recht wurde sodann mit 299 gegen 199 Stimmen angenommen, dagegen wurde schließlich ein Antrag, die Vorlage einer Kommission zur Beratung zu überweisen, mit 329 gegen 175 Stimmen abge- lehnt. Dieser letzte Beschluß bedeutet, daß die Vorlage in dieser Session eine weitere Förderung nhcht finden wird._ Das Arbeitsprogramm. London , 13. Juli. Unterhaus. Asquith setzte das Pro- gramm für diesen Abschnitt der Session auseinander. Zu den Huaptvorlagen, welche das Unterhaus noch vor der Vertagung zu erledigen haben werde, gehörten verschiedene noch nicht erledigte Etats, darunter der Etat für die Schiffsbauten, welcher morgen zur Diskussion gelangen werde; ferner der Gesetzentwurf für die Abänderung der Erklärung bei der Thron» besteigung und der Vorschlag für die Z i v i l l i st e. Aus den Erklärungen des Premierministers geht hervor, daß nur die e r st e L e s u n g der Finanzbill vor der Vertagung erfolgen wird, welche in der ersten Woche des August stattfinden soll, Rußland . Der Vertrag mit Japan . Petersburg, 13. Juli. Die offiziöseR o s s i j a" erklärt zu dem russisch -japanischen Vertrag, daß daö Prinzip der offenen Tür in der Mandschurei bereits durch den Vertrag vom Jahre 1997 festgelegt worden fei. Daher könnten an der wirtschaftlichen Erschließung der Mandschurei mble teilnehmen, die im fernen Osten Handelsinteressen hätten. Für Rußland schwinde die Beunruhigung wegen möglicher Verwickelungen in jener Gegend. Tie Erklärung, der stakus quo solle erhalten tverden, müsse den Verdacht China » beseitigen, daß Rußland von der Nord- Mandschurei und Japan von der Südmanschurei Besitz ergreifen wollten, wenn auch beide Staaten nicht daran dächten, ihre dort erworbenen Rechte aufzugeben, JVIcxifco. Präsidentenwahl. Mexiko , 12. Juli. Die gestrigen Wahlmännerwahlen verliefen in der ganzen Republik in größter Ruhe. Sie ergaben, wie erwartet, mit großer Mehrheit die Wiederwahl Porfirio D i a z zum Präsidenten und Ramon C o r r a l S zum Vizepräsi- denten für die kommende sechsjährige Periode. tili! äer Kelchmikheningsontouiigs- kornmiiiion. Sitzung am Mittwoch, 13. F u l i. Knnppschaftliche Krankenlasseu. Nach der Vorlage müssen die lnappschaftlichen Krankenkassen ihren Mitgliedern durch die Satzung mindestens die Regelleistimgen der Ortslrankenkasse zubilligen. Das Krankengeld können sie mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde in anderen Abschnitten als wöchentlich zahlen. Der zweite Satz wird auf Antrag des Abg. Behrens dahin geändert, daß die.längeren Zeitabschnitte" nicht länger als einen halben Monat sein dürfen und zu solchen Ver- längcrungen die Genehmigung der Anfsickitsbehörde notwendig sei. In einem früheren Paragraphen ist die Bestimmung gegen den Widerspruch der Sozialdemokraten angenommen worden, daß der Arbeiter auf seinen Antrag von der Versicherungspflicht befreit wird, der auf die Dauer nur zu einem geringen Teil arbeitsfähig ist, solange der vorläufig unterstützungspflichtige Arinenverbaiid ein- verstanden ist. Jetzt zeigte sich, daß dies eine sehr gefährliche A u s n a h m e b e st i m in u n g ist. Die Mehrheil der Kommission ging bei der Annahme von der Voraussetzung aus, daß sich die Aus« nähme nur auf fast ganz arbeitslose Arbeiter bezieht. Demgemäß hatte Abg. Behrens, um eine mißbräuchliche Anwendung dieser Bestimmung möglichst zu verhindern, beamragt, daß für den Bereich einer knnppschafllicken Krankenkasse ein Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach jener Bestimmung der Zustimmung der Mehrheit sowohl der Arbeitgebervertreter als auch der Arbeiter- Vertreter im Vorstande bedarf. Gegen diesen Antrag erklärten sich die Vertreter der preußischen Bergwerksbehörde. Dabei zeichnete sich der Geheime Ober- bergrat St ein brück durch besondere Schneidigkeit aus mit dem Erfolg, daß seine.Beweise" entscheidend für die Annahme des von ihm bekämpften Antrage» wurden. Der Herr hielt es denn auch in der weiteren Verhandlung für zweckmäßig, die Schneidigkeit hübsch aus dem Spiele zu lassen. Die Vertreter der preußischen Bergverwaltung stellten es als selbstverständlich hin, daß die Berginvaliden in der Regel nach jener Bestimmung von der Versicherungspflicht befreit werden müssen. Dagegen erhob sich all- gemeiner Widerspruch, weil die Berginvaliden in der Regel noch ungefähr zur Hälfte arbeitsfähig sind und, wenn auch nicht zu Arbeiten im Bergwerke, so doch zu den meisten anderen Arbeiten verwendet werden. Der Antrag Behrens wurde dann auch angenommen. Für die Krankenversicherung gilt im allgemeinen der Grundsatz, daß die Mitglieder, während sie Kranken-, Wochen« oder Schwangeren- geld beziehen, keine Beiträge zu zahlen haben. Da dieser Grund- >atz in einem Teile der knappschaftlichen Krankenkassen nicht durch- geführt wird, so beantragten sowohl die Sozialdemokraten als auch Abg. Behrens, daß der Paragraph, der jenen Grundsatz erhält, auch für die knappschaftlichen Krankenkassen gelten soll. Der Antrag wurde gegen den Widerspruch der Vertreter der preußischen Bergiverksverwaltung ange- n o m ni e n. Ein weiterer Antrag der Sozialdemokraten und ein gleichlautender des Abg. Behren« forderte, daß die neuen Be« stimmungen für die Weiterversicherung de? arbeitslos gewordenen Arbeiters, die viel günstiger sind als die gegenwärtig für die Berg- arbeiter geltende Bestimmung, auf die knappschaftlichen Krankenkassen ausgedehnt werden. Dieser Antrag wurde wiederum von den Ver- tretern der preußischen Bergverwaltung bekämpft, von der Kommission aber angenommen. Endlich hatten die Sozialdemokraten beantragt, daß auch die Wahlen für die knappschaftlichen Krankenkassen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl stattfinden und geheim sein sollen. Dieser Antrag wurde zwar nicht augenommen, jedoch beschloß die Kommission selbstverständlich wieder, nachdem die Vertreter der preußischen Bcrgverwalrung sich gegen jede Verbesserung ausgesprochen hatten, gemäß einem Antrage des Abg. Behrens, daß die Ver- hältniswahl zulässig sein soll und die Vertreter zur General- Versammlung sKnappschaftSälteste). zum Vorstand der knappschaft - lichen Krankenkassen, zu den KuaPpschaftSvercinen und KnappschaftS - lassen in geheimer Wahl gewählt werden müssen. Wieweit die Bestimmungen über das Verhältnis zu Aerzten, Zahnärzten, Krankenhäusern und Apotheken für knappschaftliche Krankenkassen gelten, sollte nach der Borlage die Landesregierung bestimmen. Die Kommission beschloß, daß die Bestimmung unter allen Umständen auch für die knappschaftlichen Krankenkassen maß- gebend sein sollen. Abgelehnt wurde dagegen der Antrag, daß eine knappschaftliche Krankenkasse in den Bezirken mit einer größeren Zahl von Berg- leuten nur dann errichtet werden darf, wenn sie dauernd mindestens 1999 Mitglieder zählt. Hier war entscheidend, daß ein größerer Teil des Zentrums mit den Konservativen und National- liberalen gegeü den Antrag stimmten. Ersatzkasscn. Die freien Hilfskassen sollen nach der Vorlage als Ersatzkassen nur dann zugelassen werden, wenn sie bereits vor dem 1. April 1999 als solche anerkannt waren, min- bestens 1990 Mitglieder haben und im übrigen den in Betracht kommenden gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. Genosse Hoch wies daranf hin, daß eine planmäßige Ver- einigung der Kräfte in einem ganzen Bezirke durch die vielen Be- trieoö- und Junungskrankenkasjen verhindert sei. Daher liege kein Grund vor. gerade die freien Hilfskassen zu beseitigen. Deshalb fgrderten die Sozialdemokraten die Beseitigung der Be- stimmungen, die den freien Hilfskassen eine fernere günstige Eni- Wickelung erschweren. Schließlich wurde die Minimalzahl der Mitglieder, wie sie die Vorlage vorschlägt s1999). gegen die Stimmen der Sozial- d e m o k r a t e n und Fortschrittler angenommen; dagegen das Verbot, in Zukunft neue Kassen als Ersatzkassen zuzulassen, ge- st r i ch e n. Hinzugefügt wurde dann noch, daß die oberste Ver- waltungsbehörde auf den Autrag einer freien Hilfslasse die Mindest- zahl der Mitglieder auf 259 herabsetzen kann. Der Beitritt Versicherungspflichtiger darf nach der Vorlage von der Beteiligung an andere Gesellschaften oder Bereinigungen nur abhängig gemacht werden, wenn die Satzung eine solche Beteiligung für alle Mitglieder schon bei Er- richlung eines Vereins vorgesehen hat. Genosse Molkenbuhr sprach sich überhaupt gegen die Ver- koppelung der Krankenversicherung mit anderen Bestrebungen aus, indem er ganz besonders auf ungünstige Erfahrungen der HandlnngS» gehilfen hinwies. Die Sozialdemokraten forderten daher das unbedingte Verbot einer derartigen Verkoppeluna. Die Be- stimmung der Lorlage wurde jedoch gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Fortschriltler angenommen. Die Vorlage verbietet eS den Ersatzkassen, solchen VersicherungS- Pflichtigen die Anfiiahme in die Kasse zu verweigern, die dem zum Beitritte berechtigten PersonenkreiS angehören. Insbesondere darf der Beitritt nicht von dem Lebensalter, Geschlecht oder G e- sundheitszustand abhängig gemacht werden. Jedoch kann die Kasse Personen, die sich zum Beitritt meldeten, ärztlich untersuche» lassen und einem Erkrankten für diesen Krankheitsfall die Kassen- leistungen versagen. Der letzte Satz genügt, wie die Genossen Hoch und S ch m r o> nachwiesen, nicht, um die Kasse vor einer ganz ungerechtfertigten Belastung zu schützen. Daher beantragten die Sozialdemo- k r a t e n in erster Linie Streichung; geschähe dies nicht, daß dann wenigstens der letzte Satz gestrichen und der Kasse die Be« fugnis gegeben wird, die Personen, die sich zum Beitritt melden, ärztlich untersuchen zu lassen und binnen einem Vi onat den Beitritt Erkrankter mit Wirkung von der Meldung an zurückzuweisen. Der letzte Antrag wurde angenommen. Ferner wurde auf Antrag de? Abg. M u g d a n das Verbot gestrichen,, den Beitritt vom Geschlecht des Versicherungspflichtigen abhängig zu machen. Die Ersatzkasse darf ihren Mitgliedern und den Angehörigen derselben ohne Beschränkung der Dauer und Höhe alle Leistungen gewähren, die bei den Krankenkassen zulässig ist. Die Beihilfe an Hinterbliebene ver st orben erMitglieder sollte jedoch den zehnfachen Betrag der Woche nlei st ung nicht übersteigen, auf die der Verstorbene An« s p r u ch hatte. Den letzten Satz beantragten die Sozialdemokraten zu streichen, da kein Grund vorliege, den Mitgliedern der Kasse zu ver- bieten, sich auf ihre Kosten ein höheres Sterbegeld zu sichern. Der Antrag wurde angenommen. Nächste Sitzung Donnerstag. Beschlossen wurde, daß am Freitag der Versuch gemacht Werpe» soll, die Lücke auszufüllen, die durch die Ablehnung der Bestimmung über die Zulassung von Betriebskrankenlassen entstanden ist. ito! der luitizlioinmitflOD. (Sitzung vom 13. Juli.) Am Mittwoch wurde der§ 364, der bestimmt, daß als jugend- liche Personen im Sinne dieser Bestimmungen Personen unter achtzehn Jahren verstanden werden, unverändert angenommen. Z 368 will den im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land, gericht angeklagten Jugendlichen einen Verteidiger stellen. Unsere Genossen beantragen, daß dem Jugendlichen für jedes Ver- fahren ein Verteidiger gestellt wird. Ein Antrag Gröber ver- langte, daß der Verteidiger dem Jugendlichen für das Verfahren vor dem Landgericht und vor dem Amtsgericht zu stellen ist, wenn es sich bei dem letzteren Verfahren um Vergehen schwererer Art (§ 23, 2,' Absatz 4, des Gcrichtsverfassungsgesetzes) handelt. In der Abstimmung wurde der sozialdemokratische Antrag ab- gelehnt, dagegen die Bestimmung angenommen, daß der Verteidiger für jedes Verfahren vor dem Landgericht zu bestellen ist, ebenso wurde der Rest des Antrages Gröber angenommen. Auf einen Antrag Arendt, der besagt, daß im Ermitkelungs, verfahren gegen Jugendliche das Gericht sich der Hilfe der Für- sorger bedienen soll, erklärte ein Regierungsvertreter, daß auch ohne gesetzliche Festlegung dieser Forderung so verfahren werden wird. Der Antrag wurde daraufhin zurückgezogen. Nach dem 8 369 soll dem jugendlichen Angeklagten, der un, verteidigt ist, ein Beistand gestellt werden. Ein Antrag unserer Gen o i se n und des Abg. Gröber forderte, daß dieSoll". in eine ,.Muß"bestimmung umgeändert, und daß ferner bestimmt werde, daß, wenn der Beistand der Hauptverhandlung fern bleibt, ein anderer Beistand zu bestellen und die Hauptverhandlung au», zusetzen ist. Der Regierung ging diese Forderung zu weit, und die Kommission lehnte die Anträge ab. Einen wichtigen Antrag stellten unsere Genossen zum§ 371, der die Bestimmungen regelt, die für jugendliche Verhaftungen gelten sollen. Da forderte der sozialdemokratische An, trag vor allen Dingen: Von der Vollziehung der Untersuchungshaft ist die Vor, mundschaftsbehörd'e in Kenntnis zu setzen. Diese hat das Recht, gegen die Verhaftung Rechtsmittel einzulegen. Ihrem Einspruch ist stattzugeben, wenn die Vormundschaftsbehörde der Ansicht ist, daß aus erziehlichen Gründen oder aus Gründen der Sorge für das körperliche, geistige und sittliche Wohl des Jugend, lichen die Hast nicht angebracht ist."> Nach dem 2. Absatz des s 371 soll der gesetzliche Vertreter, der Beistand oder die Vormundschaftsbehörde von der Verhaftung des Jugendlichen alsbald benachrichtigt werden. Unsere Genossen beantragten auch hier die dieM u tz"vorschrift. Der 3. Absatz besagt, daß jugendliche Verhaftete nur vorüber- gehend mit erwachsenen Verhafteten in einem Raum untergebracht werden sollen. Unsere Genossen forderten hier aufs energischste. daß nur in dem Fall der Jugendliche mit dem Erwachsenen zu- sammen vorübergehend in Haft gehalten werden dürfe, wenn der geistige oder körperliche Zustand deS Jugendlichen dies erfordert. Unsere Anträge zu Absatz 1 und 2 wurden gegen die Stimmen unserer Genossen und eines Polen , der Antrag zum Absatz 3 gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, Fortschrittler und Polen a b, gelehnt. Der ß 372 läßt im 2. Absatz zu, daß das Gericht nach eigenem Ermessen die Oeffentlichkeit ausschließen kann. Da» gegen wendeten sich unsere Genossen, die die StreickMg dieser Bestimmung beantragten. Abg. Gröber beantragte, daß die Oeffentlichkeit auch dann ganz oder teilweise ausgeschlossen werden kann, wenn die Oeffentlichkeit«inen nachteiligen Einfluß auf den Jugendlichen besorgen läßt. Doch muß der Ausschließungsgrund öffentlich verkündet werden. Nach einem Antrag Arendt soll der Jugendliche auch aus erziehlichen Gründen unter Zustimmung seines Beistandes zeitweise aus der Hauptverhandlung entfernt werden können. Ein Antrag Engelcn forderte, daß der Ver- Handlung gegen einen Jugendlichen Angeklagte und Zeugen, die in einem anderen Falle geladen sind, nicht beiwohnen dürfen. In der ausführlichen Debatte über diese Frage neigte die Mehrheit der Kommission zu einer Einschränkung der Oeffentlichkeit. In der Abstimmung wurde der sozialdemokratische Antrag und der Antrag Gröber abgelehnt, die Anträge Arendt und Engelen da, gegen angenommen. Der§ 373 gibt dem Gericht das Recht, nach den Ergebnissen der Hauptverhandlung das Verfahren einzustellen, wenn es zu der Ansicht kommt, daß Erziehungsmaßregeln einer Bestrafung vorzu- ziehen sind. Dann soll die Sache der Vormundschaftsbehörde über- wiesen werden. Ein sozialdemokratischer Antrag forderte, daß bei dieser Entscheidung die sozialen Verhältnisse, in denen der Jugendliche lebt, besonders berücksichtigt werden. Vom Abg. H« i n z e lag ein Antrag vor, nach dem das Gericht in jedem Stadium des Verfahrens aus den oben angeführten Gründen da» Verfahren einstellen und die Sache der Vormundschaftsbehörde über- weisen kann. Doch soll der Staatsanwaltschaft das Recht der so- fortigen Beschwerde zustehen. Gegen die letztere Forderung de» Antrages Heinze wendeten sich unsere Genossen. Die Diskussion über diese Anträge mußte auf Donnerstag vertagt tverden._ 1' Hub der Partei. Strafkonto der Partcipresse. Zu 59 Mark Geldstrafe wurde am Dienstag Genosse L i m be r h- Essen verurteilt, weil er gelegentlich einer März- feierrede einen höheren Polizeibeamten durch die Worte beleidigt haben soll:Der Beamte, der das heute verbotene Theaterstück gelesen, hat es nicht verstanden, weil er zu d u m m ist. Die beiden überwachenden Polizeibeamten bekundeten, daß sie nach jedes» maliger vorheriger Verständigung dieKraftstellcn" aus der Rede notiert hätten. In den dem Gericht vorliegenden Orignialnotizcn fand sich aber kein Wort von der inkriminierten Aeußerung, erst bei Abfassung ihres Berichts am anderen Tage ist den Beamten eingefallen, daß der Redner auch diese beleidigende Wendung noch gebraucht hqbe,