Einzelbild herunterladen
 
Vermehrung des Turnunterrichts. Der Kultusminister hat bestimmt, daß künftig auch auf der Mittel- und Oberstufe der Volksschulen drei obligatorische Turnstunden eingeführt werden sollen. Le- gründet wird diese Bestimmung mit hygienischen Motiven. An sich ist gegen diese Bestimmung natürlich nicht das geringste einzuwenden. Ebensowenig dagegen, daß trotz der Vermehrung des Turnunterrichts die Zahl der Unterrichts- stunden nicht vermehrt werden soll. Eigentümlich ist nur, daß der Turnunterricht auf Kosten des deutschen Unterrichts erfolgen soll. Der deutsche Ausdruck, so wird das begründet, lasse sich ja auch in den übrigen Fächern durch Aufsätze usw. üben. Wäre es aber nicht viel vernünftiger gewesen, lieber eine Stunde Religionsunterricht weniger zu erteilen?! Denn die ethischen Lehren der Religion lassen sich noch viel leichter in den anderen Unter- richtsfächern den Schülern zu Gemüte führen, und das Aus- wendiglernen des dogmatischen Memorierstofses könnte gern eingeschränkt werden. Aber nein, man will die ohnehin so mangelhaste Ausbildung der Volksschüler im Gebrauch ihrer Muttersprache lieber Schaden leiden lassen! Politische Hörigkeit. Der Reichstagsabgeordnete Lehmann- Jlna, der infolge seiner Haltung bei der Erbschaftssteuer aus der national- liberalen Fraktion ausgetreten ist, soll in Jena   wieder auf- g e st e l l t werden. Im Kreise Jena  -Neustadt besteht zwischen Nationalliberalen, Konservativen und Bund der Landwirte ein Vertragsverhältnis, wonach zwölf von den drei Vertrags- schließenden Parteien zu nennende Vertrauensmänner den Kandi- baten bestimmen; von den zwölf gehören vier dem Bund der Landwirte, vier den Konservativen und vier der nationalliberalen Partei an. Wie demJenaer Volksblatt  " zuverlässig mitgeteilt wird, haben die zwölf Vertrauensmänner kürzlich eine Zusammen- kunft wegen gemeinsamen Vorgehens bei der kommenden Reichs- tagswahl gehabt mit dem Ergebnis, daß mit acht Stimmen Herr Paul Lehmann wieder in Aussicht genommen worden ist. Die vier nationalliberalen Vertreter aber haben erklärt, sie werden erst eine abwartende Stellung einnehmen. Das Hörigkeitsverhält- n i s der Nationalliberalen zu den Agrariern erfährt so eine neue interessante Beleuchtung. Die Kommission zur Beratung der Reichsversicherungsordnung beendete in der Sitzung vom Donnerstag die Beratung des zweiten Buches. Darauf wurde die Weiterberatung bis zum 20. Sep- tember vertagt. Den ausführlichen Bericht bringen wir in der morgigen Nummer. Konservativer Vorstoft im Westen. Die Konservativen rüsten unermüdlich zum Kampfe gegen die Sozialdemokratie. Als Ziel haben sie sich die Eroberung der Man« date in Bielefeld  , Bochum   und Dortmund   gesteckt. In einer konservativen Versammlung in Minden   wurde zu dem Zweck ein Zu- sammengchen aller bürgerlichen Parteien angeregt. Die Partei selbst will speziell in der Provinz Westfalen   eine umfassende Agitation ent« falten und im nächsten Winter den Ausbau der Organisation syste- matisch in Angriff nehmen. Es wurde beschloffen, einen konserva- tiven Verein für Minden   und Umgegend zu gründen und eine» Parteisekretär für Westfalen anzustellen. Eine christliche Kennzeichnung der Gelben. ImReich" wird von einer Seite, die offenbar den christliche» Organisationen sehr nahe steht, lebhafter Protest gegen die von reichsverbändlerisch-scharfmacherischen Kreisen versuchte Züchtung gelber Streilbrecherorganisationen erhoben. Die Gelben werden folgendermaßen charaklerisiert: Der Reichsverband gegen die Sozialdemokratie ist seit einigen Jahren der Hauptförderer der sogenanntenNationalen" Arbeitervereine, das heißt der gelben Werks- und vaterländischen Arbeitervereine. In der Leitung dieserArbeiterbewegung" befinden sich Persönlichkeiten, die allerlei recht peinliche Dinge zum Gandium der Sozialdemokraten auf dem Kerbholz haben. Diese gelbe Be- wegung stagniert trotz der sehr reichlichen Zuschüsse, die die Großindustriellen dafür ausgaben, und gegen die Sozialdemokratie nützte sie rein gar nichts, derweilen eine solche charakterlose Bewegung keine Persönlichkeiten erzieht, sondern Mammonsseelen, die dahin laufen, wo ihnen der meiste materielle Borteil winkt. Unter dem Schutze des geheimen Stimmzettels wählen die Gelben zum größten Teihrot, wie bereits verschiedene Borkonimnisse dargetan haben. Weil nun diese Mache, denn eine Arbeiterbewegung ist dies nicht, in der Industrie versagt, so empfehlen sich die Draht- zieher den Landwirten, um deren Arbeiter durchVaterländische Arbeitervereine" vor der Sozialdemokratie zu bewahren! Auf diesen Versuch sind leider! angesehene hoch achtbare Männer aus der agrarischen und konservativen Bewegung hereinge- fallen. ES ist nämlich einFörderungsausschuß" gebildet worden, der aufruft, Geld zurZ Unterstützung der gelben Vaterländischen Arbeitervereine zu sammeln und sie in ländlichen Bezirken einzuführen. Wir haben diesem untauglichen Versuch mit untauglichen Mitteln keine Beachtung geschenkt. Da sich aber jetzt die sozialdemokratische Presse der Sache bemächtigt und anderer« feits Gefahr besteht, daß noch weitere weniger genau orientierte, sonst aber der christlichen Arbeiterbewegung wohl- gesinnten Kreise darauf hereinfallen, so ist ein offenes Wort am Platze." DasReich" stellt sich so, als glaubt es, daß die Macher des Reichsverbandes die Gelben nur aus Verblendung unter- stützten, in dem guten Glauben, wirklich nur dienationale" Be- wegung zu fördern. So naiv können doch aber auch christliche Gewerkschaftler nicht sein. Auch ihnen müßte doch ein- leuchten, daß die Reichsverbändler und industriellen Scharfmacher die Sozialdemokratie nicht ihrer.antinationalen" Gesinnung wegen hassen, sondern ihrer ehrlichen und energischen Ber- tretung der Arbeiterklasse wegen, und daß sie die gelben Organisationen gerade deshalb unterstützen, weil diese charakterlos" sind undMammonsseelen", will sagen krasse Egoisten und Feinde jeder vernünftigen Klaffensolidaritüt der Arbeiter züchten! Immerhin sei die christliche Kennzeichnung ber Gelben niedriger gehängt!_ Waisenkinder als Versuchskaninchen. Zu der unglaublichen Roheit, die wir dieser Tage fest- nagelten, daß nämlich völlig ungeschützte Waisenknaben bei einer Prüfung von Polizeihunden als Ver- suchskaninchen vorwendetwurden meldetdas Hamb. Echo": Die sozialdemokratischen Stadtverord- n e t e n von Altona   haben an den Magistrat zu der heute, Donnerstag, stattfindenden Kollcgiensitzung folgende I n t e r- pellation gerichtet: Ist es richtig, daß für die Prüfungen der Polizeihunde Kinder de« Baurichen Rettungshauses verwendet werden, die als Versuchs- objekte für die Polizeihunde zu dienen bestimmt sind? Ist bei diesen Vorführungen ein Kind m de» Oberschenkel derart gebissen, daß eine i Zentimeter lange blutende Wunde borhanden war? Welche Behörde trägt die Verantwortung für die Verwendung der Kinder für derartige Zwecke?" Die russischen Grenzübergriffe. Angesichts der sich häufenden Greueltaten, die von russischen Grcnzkosakcn auf deutschem Boden verübt werden, verlangt endlich auch die deutsche bürgerliche Presse mit Ent- schiedenheit Abhilfe. Den Anstoß zu diesem Auftreten gab die Ermordung eines polnischen Knaben über die wir bereits in der gestrigen Nummer kurz berichtet. Jetzt wurde offiziell festgestellt, daß der Knabe von dem Kosaken auf deutschem Boden erschossen worden ist. Darüber konnte eigentlich kein Zweifel bestehen, die Hauptsache ist die, ob der Mord seine angemessene Sühne finden wird und ob die Regierung sich endlich einmal bereit erklären will, für den Schutz der deutschen Grenzbewohner Sorge zu tragen. Die Russen haben entlang der deutschen   Grenze einen dreifachen Kosaken- kordon gezogen und verwenden zu diesem Dienst durchweg Leute aus dem Innern Rußlands  , die weder ein Wort deutsch   noch polnisch der st ehe n. Diese Horden werden mit den s ch ä r f st e n In- struktionen versehen, die von ihnen auch rück- sichtslos befolgt werden. Außerdem erhalten sie F a n g p r ä m i e n. die geradezu einen Anreiz zu Grenzverletzungen in sich schließen. Man braucht bloß in einiger Entfernung von der russischen Grenze einen Spaziergang zu machen und man kann bemerken, wie in kurzen Zwischenräumen aus einer Deckung der Kopf eines Kosaken sichtbar wird, der hier stundenlang auf der Lauer liegt in der Hoffnung, jemand zu erwischen, der auch nur einen Fuß breit über die Grenze kommt. Kein anderer Staat würde sich einen derart gemeinfährlichen Zustand ge- fallen lassen!_ Immer noch Steuerreform. München  , 13. Juli.  (Eig. Ber.) Zum zweiten Male schon kam die Steuerreform vom Oberhaus zu nochmaliger Beratung her- unter. Und jede nochmalige Beratung bedeutet natürlich eine weitere Verschlechterung. Bereits ist der Kinderparagraph sehr verschlechtert und das Kapital wesentlich begünstigt worden. Auch jetzt wieder hat die Kammer der Abgeordneten eine Reihe von Verschlechterungen der Reichsratskammer akzeptiert. Insbesondere stimmte sie einer Ausnahmebestimmung zugunsten adliger Besitzer zu, die von unserem Genossen Haller scharf be- kämpft wurde. Nur einem Beschlüsse trat die Kammer der Abgeordneten nicht bei, der Herabsetzung der höchsten Tarifstufe bei der Ein- kommensteuer von S auf iVj Proz. Dadurch würde ein Ausfall von 2% Millionen entstehen, der aus andere Weise nicht gedeckt werden könnte. Das Zentrum gab die Erklärung ab, daß es von diesen 5 Prozent nicht abginge und lieber das Reformwerk scheitern lasse. Die Situation ist nun so zugespitzt, daß heute niemand den endlichen Ausgang voraussehen kann. Es ist nach Lage der Sache also durchaus nicht ausgeschlossen, daß die Steuerreform an dem rücksichtslosen Egoismus der Neichsräte schließlich noch scheitert und diese Herren das fertig bringen, was der sozialdemokratischen Partei nicht gelungen ist._ Die Geschäftsprnxiö eines ultramontanen Rechtsanwalts. Eine eigenartige Beleuchtung erfuhr die Geschäftsgebarung des Rechtsanwalts Dr. Fischer in Augsburg  , des juristischen Schutzengels der dortigen christlichen Gewerkschaften und konfessionellen Arbeitervereine, durch eine Ver- Handlung am Landgericht Augsburg  , die am 11. Juli gegen ihn wegen Vergehens im Amte durchgeführt wurde. Rechtsaiuvalt Dr. Fischer war beschuldigt, in einer Prozeß- fache beiden sich gegenüberstehenden Parteien mit Rat beigestanden zu haben, und daß er sich für seine Tätigkeit von beiden Seiten habe entschädigen lassen. In der Verhandlung wurde dies auch erwiesen und die Zentrums- leuchte zu 200 M. Geldstrafe und Tragung sämtlicher Kosten ver. urteilt. Der Staatsanivalt bezeichnete das Geschäftsgebaren des. Rechtsanwalts als in der Praxis wohl einzig dastehend, und bean- tragte drei Wochen Gefängnis und Absprechung der Fähigkeit, während der nächsten zwei Jahre öffentliche Aemter zu bekleiden. Die Verhandlung förderte übrigens noch ganz nette Bilder aus der früheren Praxis Dr. Fischers zutage. So hat sich der ultrainontane Agitator schon im Jahre 1905 als Hilfsarbeiter in einer RcchtsaiUvaltskanzlei unberechtigterwcise Gelder auszahlen lassen, ließ sich besondere Honorare auszahlen und erhob zuviel Gebühren, so daß er IL06 wegen Betruges zu 300 Mark Geldstrafe verurteilt wurde. Dieses Urteil wurde zwar später in der Berufungsinstanz aufgehoben wegen nicht ausreichenden Beweisen, doch wurde Fischer später wegen den genannten und anderen Fällen von der Anwaltskammer in Augsburg   wegen Verfehlungen gegen die Rechtsanwaltsordnung zu 1000 M. Geld- strafe verurteilt, wobei zum Ausdruck gebracht wurde, daß das rücksichtslose egoistische Vorgehen in der Sucht nach Geld nicht scharf genug verurteilt werden könne. In der Bekämpfung der Sozialdemokratie leistet Rechtsanlvalt Dr. Fischer sein möglickfftes. wie er auch in den Bcleidigungsprozessen, die gegen die ParteizeitungSchwäbische Volkszcitung" im Auftrage ber Schwarzen durch ihn geführt wurden, an Mitteln nicht verlegen war, seinen Gegner herabzu- würdigen._ Ter Todesritr. Die Bespannungsabteilung des in Magdeburg   garnisonie- renden Fußartillerieregiments Nr. 24 unternahm am 8. Juni d. I. eine militärische Hebung, die darin bestand, daß die Alte Elbe, ein nicht schiffbarer Arm der Elbe bei Magdeburg  , durchritten wurde. Bei dieser Ucbung fand der Unteroffizier Fiedler seinen Tod. Vor dem Kriegsgericht der Kommandantur in Magdeburg   hatte sich nun der Ob erleutnant Theodor Tamm gegen die Anklage zu verantworten, als Leiter jener Uebung fahr- lmsigerweise den Tod des Unteroffiziers herbeigcsiihrt zu haben und zwar dadurch, daß er nicht als erster in einem Boote zur Erkundung der Tiefenverhältnisse vorausgefahren sei und auch nicht das Ablegen der schweren beim Schwimmen hinder- lichen Stiefel und Reithosen angeordnet habe. Der Angeklagte er- klärte, sich hinreichend über die Tiefenverhältnisse informiert zu haben. Der verunglückte Unteroffizier sei von seinen» Pferde ab- gerutscht, habe dabei von diesem einen Hufschlag erhalten, durch den er betäubt worden sei, so daß er sich, obwohl er ein guter Schwimmer war, nicht habe retten können. In der Verhandlung bekundete der Pioniersergeant Röder, daß er und ein Pionier, die mit einem Ponton vorausgeschickt worden waren, eine Wasserliefe von zwei Meter emittelt und dies dein Oberleutnant zugerufen hätten. Der Ange- klagte und die übrigen Offiziere wollen diesen Ruf nicht gehört haben. Das Gericht sprach den Angeklagten frei. Darin, daß der Angeklagte in der Tat die Tiefenverhältnisse des Wassers nicht genügend erkundet habe, liege zwar eine kleine Fabrlässigkeit, jedoch sei dies ohne Belang, weil Fiedler gut schwimmen konnte, und es rechtfertige sich die Freisprechung schon dadurch, daß daS Unglück auch dann passiert wäre, wenn der Ange- klagte das Ablege»» der Reithosen und Stiefel angeordnet hätte. franhmeb. Der Rochette-Skandal. v----- Pari«, 14. Juli. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses. Janre«. wacher mit Sex Angelegenheit Rochette bgauftxggt ist, ist gestern in Begleitung dreier anderer Mitglieder nachmittags beim Justizminister gewesen, um mit diesem Rücksprache zu nehmen über die in der Rochette-Angelegenheit in der nächsten Zu- kunft zu ergreifenden Maßregeln. Sie verlangten speziell vom Minister Einsichtnahme in verschiedene Akten des Justizministeriums. Der Minister er- klärte den Mitgliedern des Ausschusses, vorläufig gewisse Doku- mente den Mitgliedern des Ausschusses noch nicht überlassen zu können, da diese nicht nur sein Ressort betrafen, sondern in die der anderen Minister hinübergriffen. Mit diesen Ministern müsse er erst Rücksprache nehmen. Da der Ausschuß großen Wert auf die Durchsicht dieser Doku- mente legt, wird das Verfahren vorläufig so lange ruhen, bis sämtliche Dokumente und Aktenstücke, in die der Untersuchungsausschuß Einblick zu haben wünscht, diesem zu- gestellt werden können. Spanien  . Die Ereignisse von Barcelona  . Madrid  , 14. Juli. Die gestrige Sitzung der Deputierten- kämm er war den Ereignissen in Barcelona   gewidmet. O s s a r i o, der Zivilgouvcrneur von Barcelona   zur Zeit der Un- ruhen, klagte die Radikalen, Republikaner, Sozialisten und Karlisteu an, die wissentlichen oder unwissentlichen Urheber der Unruhen ge- Wesen zu sein. Das Volk habe an den Vorgängen, deren Anstifter verbrecherische Menschen gewesen seien, keinen Anteil gehabt. Er sei überzeugt, wenn die Zivilbchörde ihre Amtsgewalt behalten hätte, wäre es ihr gelungen, die Ordnung aufrecht zu erhalten und die blutige Woche zu vermeiden. Der Mord an Ferrer. Madrid  , 14. Juli. In den nächsten Tagen wird eine Broschüre des Pastors Simarello, Professor an der Universität in Madrid  , erscheinen. Es handelt sich um eine Untersuchung über die An- gelegenheit F e r r e r und über die Ursachen der Unruhen von Bar- celona. Ferner soll diese Broschüre über die Ankläger Ferrers, seine Richter,, usw. Aufschluß geben. Aus der Untersuchung deS Professors Simarello geht hervor, daß Ferrer sich in keiner Weise an den Unruhen in Barcelona   beteiligt hat. Die Broschüre gilt als erster Schritt zugunsten einer Revision des Ferrer-Prozesses. Snglancl. Eine bemerkenswerte Rede. London  , 11. Juli.  (Eig. Ber.) Barnes, der Vorsitzende der Arbeiterpartei, hielt Sonnabend abend gelegentlich einer De- monstration der Gewerkschafter und Genossenschafter in Bristol   eine Rede, die ihrer Aktualität wegen Beachtung verdient. Besonders sei hier hervorgehoben die intransigente Stellung, die der Redner so- wohl gegen die konservative wie gegen die liberale Partei einnahm. Die englischen Arbeiter, so führte er aus, schuldeten kemer der beiden Parteien etwas. Die Alterspensionen seien von beiden Parteien schon vor Jahren versprochen worden, aber erst nachdem die Arbeiter- Partei im Parlament erschienen sei, seien die Alterspensionen aus der nebelhaften Sphäre der Theorie in die praktische Politik ge» kommen. Seit 20 Jahren schwätze die liberale Partei schon davon, das HauS der Lords zu ändern oder abzuschaffen und den unver« dienten Wertzuwachs zu besteuern; dennoch stehe man heute noch fast auf derselben Stelle wü� damals. Vor 20 Jahren ver­sprachen die Liberalen, wie sie letztes Jahr versprochen hätten» sich mit der Frage des Hauses der Lords zu befassen; man könne ihm, dem Redner, glauben, wenn er erkläre, daß heute das HauS der LordS so sicher sei wie die Bank von England  . Ohne im geringsten zu zögern, könne er sagen, daß die Arbeiter weder den Liberalen noch den Tories für die Alterspensionen zu Danl verpflichtet seien; wenn sie jemandem zu danken hätten, so sei denjenigen zu danken, die die Idee propagiert hätten. und der Arbeiterpartei, die im Hause der Commons die öffentliche Meinung zum Siege verholfen und die liberale Partei getrieben habe. Noch gebe es viel Unrecht aus der Welt zu schaffen. Die große Masse des Volkes, die alle Arbeit verrichte, leide unter der Arinut, viele hungerten von der Wiege bis zum Grabe, wogegen die Leute, die die Mittel zur Schaffung des Reichtums besäßen, die da? Land monopolisiert hätten und alles, was zur Nutzciießung de» Volkes da wäre, von Tag zu Tag auf Kosten der Arbeiter fetter und reicher würden. Es sei die Sache der arbeitenden Klasse. dieses Unrecht abzustellen und zu sagen: Zum Teufel mit dem Liberalismus und dem Konser  - vativismuSl Barnes wies darauf hin auf die pharisäische Haltung der liberalen Partei der Arbeiterschaft gegenüber und führte aus, daß die liberale Partei, solange die Vertreter der Arbeiterschaft noch hinter ihr hertrabten, niemals etwa» an der Bezahlung der Arbeitervertreter im Parlament ans der Kasse der Gewerkschaften auszusetzen gehabt habe. Erst nachdem sich die Arbeiterpartei auf die eigenen Füße gestellt habe, habe die liberale Partei plötzlich ein Interesse für das abstrakte Recht der Gewerkschafter bekundet. Die von den Liberalen an- geführten Argumente sind daS reinste Blech. Die englischen Arbeiter müßten jetzt danach streben. 100 Arbeitervertreter und mehr ins Parlament zu schicken. Die Versammlung nahm eine Resolution an zugunsten einer freiwilligen Beitragserhebung für die Arbeiterpartei.   Es ist eine recht erfreuliche Erscheinung, daß zu dieser kritischen Zeit die Bewegung für die freiwillige Organisation recht lebhast wird. Wie nötig diese Propaganda ist. beweist der Umstand, daß erst in der letzten Woche noch drei oder vier Gewerlschaften mit EinhaltSbefehlen bedacht worden sind; unter ihnen befanden sich auch Bergarbeiterorganisationen, die bisher fast gänzlich verschont geblieben sind. Eine der Schwächen der Arbeiterpartei war immer der Mangel an Kritik aus den eigenen Reihen. DaS dürste jetzt wohl besser werden; denn man kann darauf rechnen, daß die energi- schen Elemente innerhalb der britischen Arbeiterschaft, die sich um Politik bekümmern und der politischen Partei ihre Beiträge zahlen. es sich nicht nehmen lassen werden, die Handlungen ihrer Parlaments« »nitglieder zu kritisieren._ Gegen das Wettrüste». London  , 13. Juli. Vierzig bis fünfzig liberale Mit- g lieb er des Unterhauses haben heute abend einstimmig eine energische Protestresolution gegen die Höhe der diesjährigen Flottenforderungen angenommen. Die Resolution wird der Regier, mg übermittelt werden. Es herrschte jedoch Meinungsverschiedenheit darüber, ob es in Anbetracht der schweren VerfassnngSkrise ratsam sei. gegen die Forderungen zu stimmen. Es ist auch zweifelhaft, ob einer der Teilnehmer einen Antrag im Sinne der Resolution ein- bringen wird. Einige Teilnehmer erklärten, sie würden sich zum Zeichen des Protestes der Stimmabgabe� einhalten. Ciirfcd. Das Geheimkomitee.' Konstantiuopel, 14. Juli. Wie öerlautets hat ditz'llsitcrsuchvng ergeben, daß das entdeckte G eh e i m k o m i te e«lue weit größere Ausdehnung hatte, als anfangs angenommen iPüldfi. Dem KMitxx soSei» 30 Deputierte angehören.