gr. 168. 27. Ishtgavs.l. KtilAt desFreitag. 15. Juli 1910.Die CaKtifs im Vahlfechtskampf.IV.Im 4. Teil seines Artikels führt KautSky aus, baß eS, außerden in der Jenaer Resolution angeführten, nur noch einen Grundgeben dürfte, die Ermattungsstrategie aufzugeben und zur Nieder-werfungsstrategie überzugehen: wenn unsere Gegner in eine Klemmegerieten, die es gelte aufs rascheste auszunützen und die durch einenMassenstreik am wirksamsten auszunützen wäre. Ob die heutigeSituation dieser Art, das sei die entscheidende Frage.Dann untersucht Kautskh, welches die Faktoren sind, die diejetzige Situation geschaffen haben. Auf den ersten Blick möge esscheinen, sie sei das Produkt der Straßendemonstrationen. Manmöge sagen, durch ihre schärferen Mittel habe die Sozialdemokratiedie Massen begeistert und die Regierung in die Enge getrieben.Aber diese Begeisterung werde sich schnell wieder verflüchtigen unddie Regierung wieder an Ansehen, Kraft und Vernunft gewinnen,wenn wir nicht auf der einmal betretenen Bahn fortschritten, unsereMittel immer mehr verschärften, dadurch die Rtassen immermehr begeisterten und die Regierung immer mehr in dieEnge trieben, bis sie vor dem überwältigenden Ansturm derMassen zusammenbreche. Wäre das die Situation, so würde sichjeder schwer am Proletariat versündigen, der jetzt nicht mit allenKräften daran arbeitete, es zu schärferen Kampfesmethoden anzu-treiben. Aber die Situation scheine ihm anders zu liegen. Nichtdie Straßendemonstrationen allein hätten die Erregung der Massengeschaffen, sondern die Demonstrationen seien erst möglich geworden,weil Ursachen, die schon seit Jahren wirkten und noch jahrelangtvirken würden, eine gewaltige Erregung und Erbitterung in denMassen erzeugt hätten, die sie zu den Slraßendemonstrationen geneigtmachten.Kautsky entwickelt sodann diese Ursachen: die Teuerung derLebensniittel, den wachsenden Steuerdruck, die Kriegsrüstungen, Er-scheinungen, die überall zu wachsender Erregung der Massen, gleich-zeitig aber auch zu wachsenden Gegensätzen der herrschenden Klassenuntereinander, zu wachsender internationaler Nervosität und zusteigendem Gegensatz der Maffe der bürgerlichen Welt— Kleinbürger, Intellektuelle, Händler und kleine Kapitalisten— gegenGrundbesitz, hohe Finanz und große industrielle Monopolisten führen,die alle Vorteile dieser unerträglichen Zustände einheimsen und alleLasten auf die anderen abzuwälzen suchen. In Preußen werdediese allgemeine internationale Situation noch dadurch besondersverschärst, daß hier das ostelbische Junkertum den Staat beherrscheund dadurch die Vorteile, die es auf Kosten der anderen Klassen ein-heimse, noch größer, deren Lasten noch gewaltiger, die allgemeinenZustände noch unerträglicher mache.Die Herrschast dieser Klasse, der unwiffendsten unter denherrschenden Klassen Europas, die um so schlimmer, frecher undbrutaler werde, je mehr sie ihre privilegierte Stellung bedroht sehe,je schädlicher sie werde, werde auch den bürgerlichen Massen undPancien immer drückender, da sie sehen müssen, wie das JunkertumLebensmittel und Rohstoffe künstlich verteuert, die Steuern von sichabwälzt, alle großen Posten in Bureaukratie und Armee für sichin Anspruch nimmt, Regierung Gericht, Polizei als seine Werkzeugebehandelt, die jede unbequeme Opposition niederzuknüppeln haben. Aberauch selbst sehr entschiedenen Ausbeutern und Gegnern des Proletariatswerde die Junkerherrschaft unheimlich, weil sie zu der Einsichtgekommen seien, daß die Arbeiterklasse eine zu gewaltige Macht ge-worden ist, als daß eS noch möglich wäre, sie mit brutalen Zwangs-Mitteln niederzuhalten, wie die Junker wollen. Sie wünschten diein den meisten anderen Staaten angenommene Methode des an-scheinenden Entgegenkommens angewandt, die ihnen allein nochGewähr zu bieten scheine, den Fortschritt der Arbeiterbewegung nochetwas zu hemmen, indem die Reihen der Proletarier gespalten, einTeil ihrer energischsten Elemente korrumpiert und die anderen ent-kräftet werden..Mit Grauen sehen die klügeren Verfechter der kapitalistischenAusbeutung in Preußen und außerhalb Preußen? im übrigenDeutschland, wie die kopflosen Brutalitäten der Junker und ihrerRegierung die Reihen der arbeitenden Klassen immer enger zu-sammenschließen, sie immer mehr erregen, ihr Fühlen und Denkenimmer revolutionärer gestalten.So wenden sich nicht bloß die arbeitenden Mafien, sondernauch weite Schichten der bürgerlichen Welt iinmer stärker gegendas Junkerregime; aus den verschiedensten, mitunter recht wider-kleines Feuilleton.Fußball-Manie in London. Nur zwei Ereignisse im Jahre—und bezeichnenderweise sind es Ereignisse sportlicher Natur— sindimstande, in dem gewohnten Stadtbild Londons eine Aenderungherbeizuführen. London ist so groß, daß ein paar tausend Menschenmehr oder weniger nicht den geringsten Eindruck auf das Alltags-Panorama hinterlassen. Aber diese zwei Ereignisse bringen solcheMenschenmassen in Bewegung, bringen in erster Linie so vielProvinzler nach der Metropole, daß der Anblick der Stadt allerdingsein veränderter wird. Diese zwei merkwürdigen Events sind das-letzte entscheidende Futzball-Match der Saison, das immer auf denGründen des Kristallpalastes ausgetragen wird und das Derby.„TKe final Cup" lockt zumindest immer SO 000 Engländer aus denProvinzen an. Die Eisenbahngesellschaften arrangieren für diesenTag— es ist immer ein Samstag— Extrazüge, die gewöhnlich umMitternacht Wales, Schottland und die Midlands verlassen. Da-durch sind auch Arbeiter und Geschäftsangestellte in der Lage, nachLondon zu kommen, da der Samstag ja ohnedies ein Halbfeiertagist und für diese hervorragende Gelegenheit von jedem Arbeitgeberals Ganzfeiertag freigegeben wird. Den darauffolgenden Sonntagverbringen die Fußball-Liebhaber noch in London und fahren in derNacht wieder in ihre Heimatorte zurück.Fast ohne Unterbrechung— bis ungefähr drei Stunden vorBeginn des Spiels— laufen die Züge in die großen Londoner Bahn-Höfe ein, aus denen sich dann der Strom über die ganze Stadtergießt. Die Hotelfirma, die den Kontrakt auf sich genommen hat,für Erfrischungen im Kristallpalast zu sorgen, hatte folgende Quan-titäten für den einen Nachmittag vorbereitet: 00 000 Butterbrote,LOOOO Semmeln, 24 000 Sandwiches, 8600 Fleischpasteten, 50 000Cakes, 10 000 kleinere Bäckereien, 5000 Stück süßes Gebäck, 22 000Flaschen Mineralwasser, 100 Barrels Bier, 2000 Flaschen Whisky,1000 Gallonen Milch und 1200 Pfund Tee und Kaffee.Die Fußball-Manie ist eine bedrohliche Erscheinung in England.Es ist keine Uebertreibung, wenn man behauptet, daß am Tage desFinal Cup zwei Drittel der Bevölkerung an nichts anderes wie anFußball denkt. Aber es wäre irrig anzunehmen, daß diese Menschenein aktives Interesse an dem Sport nehmen. Keine Spur. Siesind nur als Zuschauer daran beteiligt. Die Fußball-Enthusiasten,die nichts anderes als Fußball denken und sprechen, die bei jedemMatch Wetten schließen, die alle Rekords, jeden Spieler und seineFähigkeiten kennen, sind eine wahre Gefahr für die Nation. EineZeitung, die nicht jede Fußballveranstaltung annonciert, vorbespricht,Tips gibt und sich eingehend mit jedem einzelnen Spieler undseinen Chancen befaßt, wäre hier eine Unmöglichkeit. Es gibteinige Londoner Abendblätter, die nur von Fußballspielern gelesenwerden und daher vom Fußball leben. Die Unsinnigkeit dieserManie zeigt sich auch in anderer Hinsicht. Wenn z. B. ein Teamder Stadt London sich mit der Mannschaft aus Glasgow, oderNewcastlc mit Cardisf messen würde, so könnte man die lokal«patriotische Begeisterung und Parteinahme der einzelnen Städteverstehen; abxp die professionellen Spieles die für eine bestimmtesprechenden Ursachen, aber alle immer mehr einig in der Ueber-zeugung, daß dieses Regime Deutschland einem Abgrund zutreibt.Am stärksten und einheitlichsten ist die Erbitterung in denuntere» Schichten, die am meisten unter Teuerung, Steuerdruckund bureaukratischer Mißhandlung zu leiden haben. Sielenkt diese Schichten naturgemäß der Sozialdemokratiezu, läßt sie in dieser ihren Hort und den Verfechter ihrer Jnter-essen sehen. Das sind die Gründe, die unseren Straßen-demonstrationen eine solche Wucht und Bedeutung geben, die aberauch die Reihen unserer Wähler schwellen, wie jede Nachwahl zumReichstag zeigt, die die allgemeinen Neichstagswahlen im nächstenJahre zu einem furchtbareil Tage des Gerichts für die Regierungder preußischen Junker und deren ganze oder auch nur halbeBundesgenossen zu machen droht. Gegnerische Wahlstatistikerrechnen bereits mit der Möglichkeit, daß wir bei den kommendenWahlen 125 Mandate erobern.Bis dahin können freilich noch anderthalb Jahre vergehen unddas Volk vergißt schnell. Müssen wir nicht befürchten, daß in-zwischen sein Grimm verraucht? Daß die Regierung durch einengeschickten Schachzug eine populäre Wahlparole findet, die ihr An-sehen wiederherstellt und all den Haß, alle die Verachtung von ihrabwäscht, die sie in der letzten Zeit so reichlich überschüttet haben?Begeisterung ist bekanntlich keine Heringsware, die sich einpökelnläßt; wollen wir aus ihr Nutzen ziehen, dann muß es sofort ge-schchen; und da uns heute dazu nicht der Kampshoden derReichStagswahlen zu Gebote steht, müssen wir einen anderenschaffen und der kann nur der deS Massenstreiks fein.So wird also mancher denken, und diese Argumentation hättemanches für sich, wenn wir erwarten müßten, die Ursachen, diedie heutige Erregung der Massen herbeiführten, würden zur Zeitder nächsten ReichstagSwahlen nicht mehr wirken. Zu dieser An-nähme ist aber kein Grund vorhanden."KautSky führt dann weiter ans, daß Teuerung, Steuerdruck undjunkerliche Brutalität in Verhältnissen begründet sind, die sich soleicht nicht ändern, die 1911 ebenso stark wirken wie 1910, eher nochstärker, da das Wettrüsten weiter gehe.Man wird vielleicht einwenden, die Arbeitslosigkeit habenicht wenig dazu beigetragen, die Arbeitermassen zu erbittern,und die werde nach einem Jahre bedeutend zurückgegangen sein.da die Krists überwunden sei. Daran ist so viel richtig, daßdas nächste Jahr wieder das eines g ün sti g e r en Geschäfts-ganges zu werden verspricht. Aber ob eines glänzendenGeschäftsganges, ist zweifelhaft. Und noch mehr als schon in derletzten Prosperitätsperiöde werden diesmal die Unternehmerver-bände den Rahm abschöpfen und die Arbeiter von der Prosperitätnicht viel mehr zu verspüren bekommen als die Teuerung; denndie Prosperität bedeutet ein Steigen der Warenpreise.Andererseits darf man aber nicht meinen, in Zeiten derProsperität seien die Arbeiter so zufrieden, daß Erbitterungüber Entrechtung und Mißhandlung in ihnen nicht aufkomme.Man könnte auch umgekehrt sagen, in Zeiten der Krise seiendie Arbeiter zaghast und kampfunfähig, vor allem zu jedem Streik,also auch politischem Massenstreik, nicht zu haben, weil jeder frohsei, Arbeit zu finden oder zu behalten.Das eine ist, absolut genommen, ebenso falsch wie das andere.An dem einen und an dem anderen ist so viel richtig, daß jedeAktion des Proletariats Hindernisse findet, sowohl zur Zeit derKrise wie zur Zeit der Prosperität, die sie beeinträchtigen. Daßjene seine Kampffähigkeit, diese seinen revolutionären Drangnicht so stark in Erscheinung treten läßt, als essonst der Fall wäre. Ein proletarischer Politiker wird aufdiese Verhältnisse wohl Rücksicht nehmen müssen bei derWahl seiner Kampfcsmittel. In der Zeit der Krisewerden große Straßendemonstrationen leichter durchzuführen seinals Massenstreiks. In der Zeit der Prosperität dürfte der Ar-beiter sich für einen Massenstreik leichter begeistern, als währendder Krise.Wir haben aber nicht bloß mit Prosperität und Krise zurechnen. sondern auch mit dem Wechsel zwischen Prosperität undKrise, und diese Perioden des UebergangeS, scheint es, sind jene,in denen der Arbeiter am aktionslustigsten ist; namentlich scheintdies der Fall zu fein in den ersten Zeiten der Prosperität. wennnoch die Erinnerung an die Entbehrungen, die quälende Unsicher-heit, die Degradation der Krise in ihm lebendig ist, gleichzeitigaber auch das Kraftgefühl und die Kampfeslust, die der Prosperitätentspringen.So sei die revolutionäre KampfeSstimmung des deutschen Prole-tariats am Ende der 80er Jahre, die den Zusammenbruch desStadt spielen, sind in den meisten Fällen gar nicht Söhne der be-treffenden Stadt. Die Spieler werden nämlich von den Klubs an-gekauft und je reicher ein Klub ist, desto bessere Spieler kann er be.zahlen. Die Erregung einer Stadt, ob ihr Team gewonnen hat odernicht, ist demnach ganz unverständlich, da das Ganze einfach eineGeldangelegenheit ist. Der Fußballklub in Chelsea, einer westlichenVorstadt Londons, hat z. B. erst vor kurzem 80 000 Mark für denAustausch einiger hervorragender Spieler gezahlt. Diese Männersind aber aus allen Teilen Englands zusammengewürfelt und könnendaher der Ehre Chclseas nicht ein Ruhmesblatt hinzufügen. Fuß-ball ist nämlich in England ein Geschäft geworden und die ernsteGefahr liegt darin, daß Hunderttausende allwöchentlich Zeit undGeld und alle anderen Interessen opfern, um bezahlten Geschäfts«spielern zuzusehen.Das Blutheer. Eine merkwürdige Naturerscheinung, die einenDichter zur Erfindung mancher schönen Ballade begeistern könnte,beschreibt Dr. Wilhelm Roth aus Zürich in der„Deutschen Fischerei-Korrespondenz". Wenn der Sommer stirbt und Nebel den schönenZüricher See umlagert, färbt sich das Wasser, plötzlich rot. Dieserote Farbe fließt hinab in die Limmat und weiter in den Rhein.Aber nur, wenn die Sonne nicht am Himmel steht oder verhüllt ist,zeigt sich dies„rote Heer", verschwindet aber wie mit einem Zauber-schlage, wenn die Strahlen der Sonne auf das Wasser wirken.Dr. Roth knüpft daran die poetische Frage:„Ist'S wohl der Nibe-langen Heer, das auf Alberichs Geheiß in Nacht und Nebel schwei-gend dahineilt, den fröhlichen Rheintöchtern den goldenen Hort zurauben?" Läßt man nun solche phantastische Gedanken beiseiteund geht diesem Wunder mit dem nüchternen Rüstzeug der Natur-Wissenschaft zu Leibe, so bleibt es zwar auch ein Wunder, aber dochnur solches, das einer poetischen Verherrlichung kaum zugänglichist. Das Bluthcer wird nämlich erzeugt von einer winzigen Alge,die in den meisten Schweizer Seen, aber auch in anderen Gegenden,beispielsweise in Schottland, vorkommt. Sie tritt trotz ihrer ge-ringen Größe in so ungeheurem Maße auf, daß sie die Farbe desWassers bestimmt. In der Gegend von Marten wird sie alsBurgunderblut bezeichnet, in Erinnerung an die Niederlage Karlsdes Kühnen, bei der auch in den dortigen See mancher Bluts-tropfen geflossen sein mochte. Der rote Schwingfaden, so heißtdas winzige Pflänzchen in der Wissenschaft, braucht eine niedrigeTemperatur und kommt daher erst am Ende der wärmeren Jahres-zeit an die Oberfläche und zieht sich auch aus demsewen Grundevor der Sonne zurück. Seine Gestalt ist die eines langen Fadens,der in eigentümlicher Weise hin- und herschwingt und sich dadurchvon der Stelle bewegt. Die jährlichen Wanderungen des Blut-Heere? sind ein großes Glück, weil sonst der Züricher See durch dieverwesenden Pflanzenmassen wahrscheinlich bald verpestet werdenwürde.Humor und Satire.Der kranke Bauherr.Die Szene spielt auf einem Neubau. Dieser ist bis zum Kellergediehen. Die Arbeit stockt, da das Eisen fehlt. Maurermeister.Sozialistengesetzes und den glänzenden Aufschwung der Reichstags�wähl von 1890 herbeiführte, mit durch die Prosperität bedingt ge-wesen, die damals einsetzte. Kautsky vergleicht jene Zeit, diemanche Aehnlichkeit mir der jetzigen Situation habe, mitdieser, weist nach, daß die heulige Lage weit gefahr-drohender für die herrschenden Klassen, weit hoffnungsvollerfür das Proletariat ist. Damals sei der leitende Staatsmann ein Geniegewesen, der auf glänzende Erfolge luxrückblickte, heute sei der Reichs-kanzler ohne jedes Ansehen bei Freund und Feind, der Gefangeneder Minister und rückständigsten Partei. Damals schien die Gefahreines Krieges mit Rußland und Frankreich die Nation selbst zu be-drohen, so daß die Regierung stm Kriegsfall das ganze Land hintersich zu haben rechnen konnte, heute hätten wir die Gefahr einesKrieges mit England, wobei weder hier noch dort die Nation be-droht sei, nicht Lebensfragen der Nation, sondern Fragen drSkolonialen Besitzes, nur Lebensfragen einiger Ausbeutercliquen au?»gefochten würden. Bei einem solchen Kriege, der furchtbare Opferkosten würde, trenne sich leicht die Maffe des Volks von derRegierung und wende sich beim Ausbleiben von Erfolgengegen sie. Komme eS aber nicht zum Kriege, so stachelten dieRüstungen den Widerstand an. Während in den 80er Jahren niemandaußer der Sozialdemokratie Abrüstung verlangte, sei dieses Ver-langen heute schon weit über die Kreise unserer Partei hinauslebendig. Und diese selbst sei inzwischen gewaltig gewachsen.„... Von 1887 bis 1907 hat sie ihre Stimmenzahl der-vierfacht. Gelänge es ihr, bei der Wahl von 1911 einen gleichenSprung zu machen wie 1890— und die Situation ist viel«verheißend—, das heißt ihre Stimmenzahl zu verdoppeln,so könnte sie die absolute Mehrheit aller ab«gegebenen Stimmen erreichen.Selbstverständlich sind wir nicht so sanguinisch, mit einemsolchen Sprunge zu rechnen. Aber darin ist alle Welt einig, daßwir einen gewaltigen Sprung vorwärts machen werden, der dieErreichung der absoluten Mehrheit der abgegebenen Stimmen zueiner Frage weniger Jahre macht.Wird dies in der nächsten Reichstagswahl offenbar, dann be-deutet das mehr als einen gewöhnlichen Wahlsieg. In der heutigenSituation, angesichts der gewaltigen Erregung der Volksmassen,der gespannten inneren und äußeren Situation bedeutet ein solcherSieg nichts Geringeres als eine Katastrophe des ganzen Herr-schenden RegierungssystemS.Es unterliegt für mich gar keinem Zweifel, daß die nächstenWahlen dieses System in seinen Grundfesten erschüttern werden.Entweder pauken die Wahlen den herrschenden Elementenendlich Dialektik ein, daß sie begreifen, in der bisherigen Weisenicht weiter wirtschaften zu können, und sich entschließen, westlicheMethoden zur Abwehr der steigenden Flut des Sozialismus inAnwendung zu bringen; daß sie versuchen, größere Schichten desarbeitenden Volkes durch Konzessionen zu gewinnen.Angesichts der hochgradigen Erbitterung und der gewaltigenZuspitzung der Gegensätze müßten das schon erhebliche Konzessionensein, sollten sie einige besänftigende Wirkung üben: mit Ge-ringerem als der Gewährung des ReichStagswahlrechts für Preußenwird's da nicht getan sein.Oder aber, und das ist daS Wahrscheinlichere', unser Siegübt die entgegengesetzte Wirkung: er stachelt die herrschendenKlassen an, durch brutale Gewaltstreiche die Bewegung nieder-? uschlagen, mit der sie auf dem Boden des geltenden Rechts nichtertig werden.Endlich ist noch eine dritte Möglichkeit vorhanden, und sie istdie wahrscheinlichste von allen: das herrschende Regime verliertden Kopf, schwankt ratlos hin und her zwischen Brutalitäten undKonzessionen, verfolgt keine der beiden Richtungen konsequent, sodaß seine Brutalitäten nur erbittern, seine Konzessionen nur denEindruck der Schwäche hervorrufen, die einen wie die anderen dieFlamme nur anblasen, die sie ersticken wollen.Wie immer die Verhältnisse sich gestalten mögen, die Reichstags-Wahlen müssen eine Situation schaffen, die für unsere Kämpfeeine neue und breitere Basis erzeugt; eine Situation, die, wenneine der beiden letzterwähnten Alternativen eintritt, allerdings durchihre innere Logik rasch sich immer mehr zuspitzt zu großen Ent-scheidungskämpfen, die wir aber auf der neuen, breiten Basis ganzanders auszukämpfen imstande sein werden als heute.Nur eins, fährt Kautskh fort, könnte diese glänzende Situation füruns verpfuschen,„eine Unklugheit von unserer Seite". Eine solchewäre es, weirn wir die Früchte pflücken wollten, ehe sie reif ge-worden, wenn wir eine Kraftprobe provozieren wollten, auf einemTerrain, aus dem der Sieg uns keineswegs sicher fei. AllerdingsZimmermeister, Architekt und Polier beratschlagen, tvaS getan werdensoll. Der Bauherr wird gesucht.Der Erste wird nach ihm geschickt.— Er kommt zurück: DerBauherr soll krank sein....Der Zweite wird abgeschickt: Der Bauherr soll krank sein....Der Dritte wird abgeschickt: Der Bauherr soll krank sein....Maurermeister, Zimmermeister, Architekt und Polier begeben sichnach seiner Wohnung:D.. B...... s... k.... s.Die Arbeiter murren. Der Moment wird kritisch. AllgemeinesRufen:„Eisen I"„Eisen II"„Eisen III"Der Eisenlieferant erscheint auf der Bildfläche. Er wird um»ringt. Er will nur liefern, wenn er bares Geld bekommt.— DerBauherr ist krank.Eiseiilieferant, Maurermeister. Zimmermeister, Architekt und Polierbegeben sich in die Kneipe gegenüber. Niemand weiß Rat. Dieinteressierten Geschäftsleute wollen bürgen. Der Eisenmann legteinen Wechsel vor; alle schreiben quer. Nur der Bauherr nicht—der ist krank.Das Eisen wird angefahren. Die Arbeit wird fortgesetzt. DaSEisen ist vermauert. Der Bauherr ist wieder gesund. Er soll daSEisen bezahlen und behauptet,— nichts bestellt zu haben. Er ver-bittet sich ein für allemal die Einmischung in seine Angelegenheitenund stellt es anHeim, daS Eisen wieder herauszureißen.Ein plötzlicher Schwindelan fall zwingt ihn, den Bau zuverlassen.Der Bauherr beschließt, öfter krank zu werden.Notizen.— Bach-Feier in Heidelberg. Das 2öjährige Jubiläumdes Heidelberger Bacbvereius und akademischen Gesangvereins wirdmit vier, ausschließlich I. S. Bach gewidmeten Konzerten vom 23.bis 25. Oktober dieses Jahres begangen werden. Dirigenten sindPhilipp Wolfrum und Felix Mottl.— Arbeitsteilung am Südpol. Die Londoner„Morning Post' veröffentlicht eine Unterredung mit dem deuffchenForschungsreisenden Filchner. Filchncr, der ebenfalls eine Südpol-expedition vorhat, erklärte, er beabsichtige. nicht mit Scotts Ex-pedition zu rivalisieren. DaS Ziel seiner-igenen Expedition seinicht der Südpol selbst, sonder» die Erforschung des Meeres unddes Landes am Pol. Die anfänglich geplante ergänzende Expeditionnach dem Roß-Meer sollte nicht ein Einbruch in Scotts Forschungs-gebiet sein. Er habe sie außerdem aufgegeben, obwobl Scott ihmerklärt habe, daß er eine zweite Expedition nach~"".......der Basis King Edwards-Land keineswegs � iLwürde. Filchner erklärte ferner, er wolle ebesLder schottischen Expedition von Dr. Bruce stören.eine Aussprache mit Bruce und erhoffe eine ebensoVerständigung wie mit Scott.Die englische Angst vor wissenschaftlichem Weitüberaus komisch.toß..-Meer mit'lich aui'ehen-die KreisebeabsichtigeIchaMche