it. 166. Z7.?ahtslms.1. Dtilage des Jomirts" Kerlim WsdlMDienstag, 19. Juli 1919.Sie Grelle uvck Nie Budget'Bewilligung.In schärffter Weise wendet sich die„Wiener Arbeiter'Zeitung", das Zentralorgan der österreichischen Sozialdemo-kratie. die sicher nicht im Rufe besonderer„Intoleranz" und„Dogmengläubigkeit" steht, gegen die Budgetbewilliger. DasÄlatt schrieb am Sonnabend:„Die Abstimmung der badischen Sozialdemokraten steht in einemso schroffen Widerspruch zu dem Beschlust des NürnbergerParteitages und bedeutet einen so ernsten Diziplinbruch, datz die GeNossen der Parteiöffentlichkeit eine ganz andere Erklärung.schulden als die nichtssagende Berufung des GenossenJ?rank auf irgend welche nicht weiter definierten„besondere politischeVerhältnisse", deren Besonderheit anscheinend nur darin liegt, daßdie badischen Genossen den Beschluß des Gesamiparteitages miß-achten zu dürfen glauben. Man muß also vorläufig noch ihrewahre Erklärung abwarten."Und am Sonntag schreibt unser Bruderblatt:„Die Abstimmung der badischen Sozialdemokraten für dasBudget macht in der Partei das größte Aufsehen— umsomehr, alsabsolut kein Grund aufzutreiben ist, der der Abstimmung auch nureinen Schatten von Rechtfertigung verleihen könnte. Mit dem Be-schluß des Parteitages m Nürnberg steht die Abstimmung in demdenkbar schroff st en Widerspruch, und es geschah wohlzum erstenmal, daß innerhalb der deutschen Partei eine sooffene Mißachtung von ParteitagSbeschlüssenzuerblicken ist."Die„Arb.-Zeit." gibt dann die Nürnberger Resolutionwieder und konstatiert:Da die einzige AuSrede nicht vorliegt— daß sonst ein für dieArbeiterklasse ungünstige« Budget zu stände käme, weil ja dasFinanzgesetz in Baden einstimmig angenommen worden ist, dieMehrheit also auch ohne die Stimmen der Sozialdemokraten nichtzweifelhast gewesen wäre—, so bedeutet die Abstimmung dervadischen Frakion eine direkte Berleugnung des Partritagsbeschlusses.„Volksfreund"- Karlsruhe.In einem Artikel über den„Großblock-Landtag" kommtunser Karlsruher Parteiorgan nochmals auf die Gründe zusprechen, die nach Ansicht der badischen Fraktion für dieBudgetbewilligung sprechen:Der Sozialdemokratie sei es gelungen, da? Zentrum im Landtage politisch und parlamentarisch völlig schachmatt zu setzen.„Zumersten Male ist das schwierige politische und taktische Problem, dieseit Jahrzehnten vom Zentruni praktizierte Taktik, seine Gegner zuzerspliuenl, auf diese Weise dem Zentrum eine weit über seinepolitische und zahlenmäßige Stärke hinausgehende Bedeutung zuverschaffen, mit tatsächlichem Erfolg durchkreuzt worden.Fürst B ü I o w hat für die Reichspolitik dasselbe versucht, alleindieser Versuch wurde mit untauglichen Mitteln unternommen undmußte daher notwendigerweise scheitern___ Es gibt keine andereLösung des ebenso schwierigen als wichtigen Problems der Reaktionerfolgreich zu begegnen, als daß man eS der S o z i a l d e m o«kratie ermöglicht, im besten Sinne des Worte? an derErledigung der S ta a t s a u fg a b en positiv mitz u w i r l e n. In dieser Möglichkeit liegt auch zugleich dieandere mit eingeschlossen, dem Liberalismus denihm gebührenden politischen Einfluß zu verschassen. Sozialdemokratie und Liberalismus sind an derLösung des Problem« in gleichem Maße interessiert. Daß dieseTatsache in Baden erkannt und daß die auS dieser Erkenntnis sichergebenden politischen und taltischen Schlußfolgerungen beiderseitsgezogen wurden, ist unzweifelhaft ein großes Verdienst, dessen Trag>weite leider allenthalben noch nicht genügend gewürdigt wird.Der Großblock-Landtag 1910/11 hat den Beweis erbracht, daß einpositives Zusammenarbeiten zwischen Liberalismus und Sozialdemo-kratie möglich ist, ohne daß die Grundlage der inFrage kommenden Parteien dabei irgendwiei r r e t i e r t wurden. Freilich, die P r i n z i p i e n r e i t e r e i. einebenso leichtes als bequemes Vergnügen, kommt dabeinicht auf ihre Kosten. Dieses Vergnügen kann man sich immer nurgerade so lange leisten, als man sich den politischen Folgen derselbenentziehen kann.Die badische Sozialdemokratie stand vor der Alternative, endweder auf den Kraft ihrer Stärke auszuübenden politischen undkleines feuilleron.Königliche Hofhaltung in tiefster Not. In diesen Tagen derErinnerung an die Königin Luise, die vor 109 Jahren starb,fließen Bäche der Rührung über Entsagung� Dulden, Opfermut.still getragener Not. Ta ist es nützlich, mit ein paar Zahlen dieGröße der Not der Hohenzollernhaushaltung und der königlichenSelbstopferung in der Mcmelzeit zu veranschaulichen.Flierich Wilhelm III. erhielt einen Hungerlohn von 28 104Talern— monatlich! Die Königin Luise 1900 Taler— monatlich, ihre Kinder 1649, und die Waisen des Prinzen Ludwig566 Taler— monatlich! An diesen kleinen persönlichen Beträgender absoluten Not wagte auch Stein nichts zu kürzen. Dagegenbemühte er sich— nahezu erfolglos!— die hinzukommenden Sachausgaben und die weiteren Personalausgaben für den Hofstaat zubeschränken. Außer jenen Gehältern wurden nämlich noch m dieserschweren Not verausgabt— alle folgenden Zahlen gelten für denmonatlichen Verbrauch— für die Königliche Küche 7339 Taler,die Kellerei 1799, die Silberkammer 699, die Lichtkammer 439. dieKaffeeküche 219, diverse Ausgaben 219, unerwartete Vorfälle 2719Taler. Auch damit waren die Kontributionen für las angestammteHerrscherhaus noch nicht erschöpft. Da war der königliche Marstallmit 1721 Talern monatlich; 87 Pferde wurden verkauft, um etwaszu ersparen. Dagegen ließ man das Gestüt— 5111 Taler— unangetastet, ebenso den Posten:„Noch Personal zum Hofstaat ge-hörig"— mit 1631 Talern, davon 1969 Taler für die Hofapotheke lFerner die Ausgaben für die Prinzen: Die Brüder des Königs,Heinrich und Wilhelm, erhielten 2599 und 6696 Taler monatlichund die auswärtige Vertvandtschaft zusammen 11 946 Taler. Welchein Opfer, daß Wilhelm auf ein Drittel verzichtete und Heinrichvon 39 999 Tg�ern jährlich 19 999 wieder zur Verfügung stellte.Wollte die Königliche Familie nicht auf ihre unmäßige Ein»nähme in einer Zeit verzichten, da der Staat an den Bettelstab ge-kommen war, so noch weniger aus ihren Besitz. Stein hatte schm1896 die Einschmelzung des goldenen Tafelgeräts von Friedrich II.angeregt, das 3 Millionen Taler wert war— umsonst. Er wiederholte die Forderung während seiner zweiten MÜnisterschaft— derGedanke wurde nicht ausgeführt. Auch die bloße Verpfändung derköniglichen Juwelen konnte nicht durchgesetzt werdey. Endlich aberriet Stein den Verkauf der königlichen Domänen, die ja nun199 Jahre später den Vorwand liefern mutzten, um in einer Zeitunerträglichsten Steuerdrucks das Gehalt des Königs um 3M Millionen zu erhöhen. Max Lehmann, der in seiner großen Stein-Biographie diese Verhältnisse mit anerkennenswertem Freimut dar-stellt, weist darauf hin, daß der kapitalisierte Wert der Domänenmehr als ausreichend gewesen wäre, um die ganze französischeKriegskontribution zu tilgen, über die so viel gejammert wurde.Die Hohenzollern kamen darüber hinaus, weil sie'das Wohldes Mnzen Mit ihrem persvistichen Wohl für identisch Kieltech undparlamentarischen Einfluß zu verzichten, was aber gleichbedeutendgewesen wäre mit der U n m ö g l i ch k e i t, die klerikal-konservativeReaktion schachmatt zu setzen, oder aber ihren Einfluß in die Wag«schale zu werfen und damit auch einen Teil derjenigen Verantwortungzu übernehmen, die bei den Dogmatikern des starren Prinzipsstets verpönt war. So einfach wie in der Theorie gestaltensich in der Praxis die Dinge niemals. Es muß deshalbden Männern, welchen die Wähler ihr Ver-trauen schenken, im gegebenen Falle möglich sein,ohne Rücksicht auf ü berlieferte Traditi onen, dienötigen taktischen Maßregeln zu ergreifen. Ohnemehr oder weniger große Reibungen und Konflikte wird es dabeinicht abgehen, aber schließlich sorgt der Erfolg dafür, daß die richtigeBasis für die weiteren politischen Aktionen gefunden wird. JedeAenderung an einer traditionellen Taktik stößt anfänglich aus Wider-spruch. Allein wo sich die veränderte Taktik als richtig erweist, wirdder Widerspruch gegen dieselbe überwunden. Das war in Badender Fall. Die große Mehrheit der badischen Sozial-demokratie billigt die von der s o z i a l d em o kr a t i-schen Fraktion praktizierte Taktik, wir zweifelnauch keinen Augenblick daran, daß sie die Zustinummg zum Budgetbilligen werden, und zwar aus dem sehr einfachen, naheliegendenGrunde, weil sie wissen, daß durch die entgegengesetzte Taktik unsereganze politische Arbeit in den letzten Jahren, der man den Erfolgnicht wird absprechen können, paralysiert und auf Jahre hinaus diepolitische Aktionsfähigkeit aufs schwerste gefährdet worden wäre.Unsere politische Arbeit soll und darf nicht zur bloßen Agitations-arbeit degradiert werden. Ueber die Zeit der bloßen Agitations-Politik sind wir in Baden hinausgewachsen, das muß jederwissen, der sich kritisch über die von der badischen Sozial«demokratie und ihrer parlamentarischen Vertretung befolgten Taktikäußern will.Von diesen Gesichtspunkten aus muß auch die parlamentarischeArbeit des verflossenen Landtags, speziell diejenige der sozialdemo-kratischen Fraktion beurteilt werden. Was bei uns in Baden sichseit etwa 6—7 Jahren in der politischen Entwickelung abspielte, istweiter nichts als die Ouvertüre zu dem großen poli-tischen Problem, das nolsns volens auch für die Reichs-Politik in absehbarer Zeit gelöst werden muß. Wer nichtpolitisch erblindet ist. der sieht jetzt schon die Anfänge dieser Eni-Wickelung auch für die Politik im Reiche.Auf die Arbeiten des heute geschlossenen Landtags Wird nochzurückzukommen sein; im großen und ganzen bedeuten sie einenFortschritt, der insbesondere auf dem Gebiete der GemeiudepolitikIchon in Bälde sich bemerkbar machen wird. Soviel steht fest, nochaus keinem Landtag hat das Zentrum taklisch und politisch so schlechtabgeschnitten, wie auf dem nun zu Ende gegangenen Großblock-landtag. Der Wahlniederlage vom Oktober 1999 ist die politischeund parlamentarische Niederlage auf dem Fuße gefolgt. Wenn esüberhaupt eines Beweises für die Nichtigkeit der von unserer Parteibesolgten Taktik bedarf, so wäre er mit dieser unbestreitbaren Tat-fache erbracht."Wir haben diesen Artikel wie den früheren unseres badischenOrgans so ausführlich wiedergegeben, um unseren Lesern dieGründe, die die Budgetbewilliger anführen, möglichst voll-ständig vorzuführen. Wir haben aber den dringenden Wunsch,daß auch die badischen Parteiblätter ihren Lesern die Gegen-r ü n d e in ähnlicher Vollständigkeit vorführen, um ihnene l b st ein Urteil zu gestatten.„Bolksblatt"-Kassel.„Nachdem wir die Motivierung nunmehr kennen, müssen wirsagen, daß sie für uns nicht von befondererUeber-zeug un gs kraft ist. Einen Tags!) vor der Abstimmungwaren die Genossen entschlossen, gegen das Budget zu stimmen, siestimmten dann schließlich dafür, wie gesagt wird: aus zwingendenpolitischen Gründen. In der Hauptsache müssen diese zwingendenGründe wohl gesehen werden in der Hetze der Schwarz-Blauengegen den Minister v. Bodman. Diese komplizierte Natur aber nichtstürzen zu lassen, hielten unsere Genossen für einen Akt politischerKlugheit, u. a. um deswillen, weil Herr v. Bodman„manche"Forderung der Sozialdemokratie für berechtigt hält. Uns ist in derJahrzehnte langen Parteitätigkeit bis auf den heutigen Tag nochkein Mensch begegnet, der nicht manches aus unserem Pro«gramm für berechtigt gehalten hätte. Die Bescheidenheit unsererGenossen im badischeu Landtag ist uns wirklich unver-st ä n d l i ch.Dann ist der Schluß der Motivierung in gar keinen Ein-klang zu bringen mit den, Anfang. Einen Tag vor derAbstimmung war die Fraktion entschlossen, gegen das Budgetzu stimmen und damit im Einklang zu bleiben mitnicht dcrrcm dachten, das dynastische Vorrecht der Staatsidee zuopfern. Friedrich Wilhelm III. konnte zu jener Zeit mit Stolzdas Familienwort zitieren, daß er ein König der Bettler war.Wer die Bettler, über die er regierte, hinderten ihn nicht, einenköniglichen Haushalt zu führen. Das war sein Martyrium, aufkeinen Pfennig zu verzichten, da tu den Provinzen das Saatkornfehlte, um das Feld zu bestellen.Eine Wanderung durch die Sahara. In London ist der CaptainA. H. W. Hahwood nach einer kühnen Reise, die ihn von Westafrikaquer durch die Sahara bis zum Nordrande des dunklen Weltteilsgeführt hat, soeben eingetroffen. Forschungsdrang und Freude ander Abenteuerlichkeit seines Vorhabens waren es gewesen, die ihnam 6. Januar von Free Town in Sierra Leone aufbrechen ließen.Er folgte dem Lanfe des Nigers und von Timbuktu aus wollte erin gerader Richtung nach Norden durch Afrika vordringen.„Aberdie Hitze versperrte mir den Weg, ich konnte keinen Führer finden.und man riet mir, den Weg über Goa zu wählen." Nach mühsamerWanderung war endlich am 18. April Goa erreicht; hiermietete der Reisende ein Reitkamel und vier Lastkamele.Mit einem schwarzen Boy und einem Koch, von sechsSenegalschützen begleitet, brach er in der Richtung nach Kidal auf.„Die ersten drei Tage passierten wir noch des öfteren Wasserlöcher.und die Vegetation war verhältnismäßig üppig. Aber dann wurdendie Büsche und Sträucher immer seltener, die Hitze wuchs, stürmischeNordostwinde bliesen uns unausgesetzt Sandmcngen ins Gesicht.In Kidal endlich verabschiedete ich meine Eskorte, und nur voneinem' arabischen Führer begleitet, trat ich den langwierigstenund schlinrmsten Teil meiner Reise an, die Wanderung nachIn Salah." 899 englische Meilen Sahara waren zu durchqueren.Nördlich von Adrar kam man in eine Wüstengegend, wo alleSpuren von Wasser aufhörten, nirgends Solz für ein Laqerfeuer,nirgends Blätter oder Sträucher, die den Kamelen als Nahrung ge-dienten hätten. Der Wind nahm nicht ab, er war glühend heiß, undohne Unterlaß schleuderte er den Reisenden die scharfen Sandkörnerentgegen. Der Sand drang in Mund und Nase, die Schleimhäutebluteten, eS war unmöglich ein Zelt aufzuschlagen oder Lebensmittelzu kochen.„Die letzten zwei Tage aßen wir überhaupt nur Datteln.Das Wasser in unseren Schläuchen begann zu faulen, unddabei immer der Gedanke an die Möglichkeit, denrechten Pfad verfehlt zu haben. Von 24 Stunden waren wir 19ohne Pause unterwegs; kaum daß wir uns täglich fünf StundenRast könnten. In recht trauriger Verfassung erreichten wir endlichdie Gegend von Tanez. Das Schlimmste war damit überstanden,am 12. Juni war In Salah erreicht. Dann ging es über Wraglanach Tugurt und am 6. Juli, nun endlich in einem Wagen, bis nachBiskra. wo der Schienenweg den Anschluß mit der Kulturwelt wiederherstellte. Insgesamt hat der verwegene Wüstenwanderer 3769 eng-lische Meilen zurückgelegt, von denen 1699 auf die nackte, wasserloseWüste entfallen.der Partei und ihren Beschlüssen. Einen Tag nach der Abstimmungspricht man von kleinlicher Demonstrationssucht, durch die manpositive Erfolge aufs Spiel setze.Es will uns scheinen, daß nicht nur der Ladische Minister v. Bodmaneine komplizierte Natur ist, daß vielmehr auch die Politikuir serer badischen Genossen komplizier t'er ist,als sie bei einer Vertretung des klaff enöewaßtenProletariats sein sollte. Die Zustiminung zum Budgetin Baden stellt sich für uns dar als ein schwerer Verstoß gegenParteitagsbeschlüsse."Der„Hessische Volksfreund"(wenn die bürgerliche Pressedas Blatt ein Organ Dr. Quessels nennt, ist das un-richtig; bisher war es so, daß unsere Parteiblätter das Or-gan der Partei und nicht einzelner Genossen waren, wennauch Ton und Inhalt des Artikels den Irrtum erklärlichmacht) zitiert die progranim«tischen Sätze unseresArtikels, unser Bekenntnis zu unseren sozialistischen End-zielen und zur Republik und schreibt dazu:„Das sind so ziemlich dieselben Worte, mit denen HanSR. Fischer seine blöden Hctzartikel gegen die Sozialdemokratie zuschließen pflegt, sodaß man förmlich auf den Gedanken kommenkönnte, der Verfasser jenes Artikels habediesen Passus aus einer Nummer der„N.H. V o l k S b l." abgeschrieben. Wir meinen, daß es wirklich nichtAufgabe des„Vorwärts" sein sollte, unseren Gegnern Waffen in dieHand zu drücken. Wenn die Gegner diese Aus»lassungen des„Vorwärts" beim nächsten Wahl»kämpf als Flugblätter verbreiten, wie sie daS mitderartigen scharfmacherischen Stilübungen schon früher getan haben,so darf man sich wirklich nicht wundern. Wirksamerkann den Wählern des Mittelstandes die angebliche„roteGefahr" gar nicht plausibel gemacht werden."Also die Darlegung unserer Ziele wagt der Verfasser alsPlagiat aus einem Hetzblatt darzustellen und fürchtet, daß dieScharfmacher unseren Artikel als Flugblatt verbreitenwerden. Aber wir können dem Verfasser das eine bestimmtversichern: Die Darlegung unserer Ziele wird im künftigenWahlkanipf mit aller Offenheit und Rücksichts-losigkeit erfolgen, und Millionen von sozialdemo-kratischen Flugblättern werden hinausgehen, die genau das-selbe sagen wie unser Artikel. Auf Mittelstandsfang undWahldemagogie lassen wir uns nicht ein und wenn versuchtwird, das sozialistische Programm zu Wahlzwecken zu ver-leugnen, so sind wir wirklich stark genug, das zu verhindern.Wenn der Verfasser unser Programm nicht anerkennt, sobraucht er eS nicht zu vertreten, er kann aber auch dann ehr-licherweise nicht Mitglied der Partei bleiben.Chemnitzer„Volksstimme".Das Blatt, das sich so gern den Anschein der Sachlichkeitund Objektivität zu geben sucht, beginnt mit einer Ver-dächtigung unserer Mottve und schiebt alle Schuld für die ein-setzende Debatte auf den„Vorwärts":„Geht es nach dem Willen des„VorwättS", so hat also anStelle ernster sachlicher Arbeit an der Reichsversicherung undGenossenschaftsfrage der kommende Magdeburger Parteitag.der letzte ordentliche Parteitag vor den kommenden Reichs-tagswahlen, eine Wiedcrauflage der Nürnberger Budgetbe»willigungsdebatte zu erleben. Wir warnen vor solcher Tor»heit mit aller Energie."...„Es bleibt also nnr ein Weg zuwürdiger Erledigung des Konflikts gangbar, nämlich der, daß ohnejede Debatte der Parteitag seinen Nürnberger Beschluß aufrechterhält und daS Verhalten der süddeutschen Landtagsfraktione» miß-billigt, von Zwang und Strafe aber absieht. Nur so kann die Pein-liche Angelegenhett ohne Schaden für die Partei aus der Weltgeschafft werden."Schließlich erklärt es seinen Lesern, daß eS in eine Er-örterung der Frage bis zum Parteitage nicht eingehenwerde und führt für das Totschweigen die kuriose Begründungan, wir wären ja der„Generalstreikhetze", wie das Blatt dieArtikel und Reden der Genossin Luxemburg tauft, nichtentgegen getreten. Das zeigt jedenfalls von einer erstaunlichen Fähigkeit, ganz verschiedene und unvereinbare Dingegleichzusetzen, eine Fähigkeit, die allerdings logisch kaumgenannt werden kann.Tee-Erzengung und Tee-Brrbrauch. Eine jüngst veröffentlichteStatistik der englischen Regierung über Teeproduktion und Tee-konsumtion zeigt, daß in Deutschland dieses gesündeste und billigsteGenußmittel noch sehr wenig verbreitet ist. Tee gilt bei uns—sehr zu unrecht— noch immer als das Luxusgetränk der Be».mitielten, obwohl namentlich im Sommer kalter Tee das best«Durstlöschungsmittel ist. Die Teeproduktion beträgt jährlich1266 Millionen Pfund, davon bringt China 799, Indien 248,Ceylon 181 Millionen Pfund hervor. Der Verbbanch ist am stärkstenin China mit 489 Millionen Pfund, in Großbritannien mit 276,in Rußland mit 169, in den Vereinigten Staaten mit 114 Mill>lionen Pfund. Teutschland konsumiert nur 9 Millionen, wenigmehr als— Neu-Seeland. Allerdings ist in Deutschland auch dieKunst des Tvekochens nicht sehr verbreitet, und doch bedeutet derTeeaenuß schon wegen des starten Zuckerverbrauchs Hebung derVolksernährung._Notizen.i—« Vorträge. Auf der Tr e p tow-St erNKartizfindet am Mittwoch, 29. Juli, abends 8'A Uhr. ein Vortrag vonDr. Grober über„Die Eroberung der Luft" statt(mitLichtbildern und Demonstrationen). Mt dem großen Fernrohrwird am selben Abend der Sternhaufen im Herkules gezeigt.— Der 17. Kongreß des Deutschen Schach»bundes, veranstaltet vom Hamburger Schachtlub aus Arr-latz seines achtzigjährigen Bestehens, wurde am Sonntag eröffnet.Als nächster Borort ist 1911 Köln in Aussicht genommen. DieTeilnahme der ersten Schachspieler aus Deutschland und fremdenLändern ist groß.— Zu Land nach Indien heißt HedinS neues Buch.das in diesem Herbst dei Brockhaus erscheinen wird, die Erzählungfeines Karawanenzuges durch PersienS Sumpftrusten, durch dassteinige, schwer zugängliche Seistan und das heiße Belutschistan bisan die Grenze des Indischen Reiches. Auch diese Hinreise war reichan Gefahren� so im fanatischen Persien, dem klassifchen Land derRäuber, und im pestverseuchten Seistan. Aber auch reich an Er.folgen in den nur wissenschaftlich fruchtbaren Ealzwüsten undSandwüsten.— Der vacuum-Straßenreiniger. In New Dorkrnden, wie die„Umschau" berichtet, zurzeit Versuche zur Staub-enlfernung von den Straßen nach dem System des Vacuum-reinigerS statt. Die neue Reinigungsmaschine ist ein großesAutomobil, an dessen Vorderseite der Vacuumreiniger angebracht ist.Einer der Hauptvorteile besteht darin, daß der Staub durch denSauger sofort gebunden und dem Staubkasten zugeführt wird. DieBedienung des neuen ReinigungsautomobilS erfordert nur zweiMann, von denen der eine als Chauffeur, der andere zur Be»aufstchtigung des Saugapparates dient.