Masern. Gröbere Epidemien von Diphtherie und Scharlach kamen nicht vor. Im Anfang der Schulsemester wurden die neueingetretenen Kinder einer ärmlichen Untersuchung unterzogen. Von diesen SSV Kindern waren 357 in gutem, 409 in mittlerem, 199 in schlechtem Gesundheitszustände. Die Untersuchungen bezogen sich auf 7 Schulen. von denen die 5. Schule das beste und die 3. Schule das schlechteste Material aufwies. Bon den in den früheren Jahren durch die Eltern ausgefüllten Fragebogen war in diesem Jahre Abstand genonimen worden, da auch die Herren Lehrer sich von ihrer völligen Wertlosigkeit über- zeugt hatten. In besonderen Fällen hatten die Eltern der Schule ihre Wünsche betreffs der Kinder mitgeteilt, die dann berücksichtigt wurden. An Konsultationen fanden statt in der ersten Schule 169, in der zweiten 131, in der dritten 517, in der vierten 399, in der fünften 36, in der sechsten 574 und in der siebenten 172. Den unbemittelten Kindern wurden Rezepte verordnet, deren Anfertigung häufig leider teils an der Mittellosigkeit, teils an der Nachlässigkeit der Eltern scheiterte. In der Hilfsschule wurde in drei Klassen unterrichtet, jetzt ist die vierte eingerichtet worden. 22 Kinder der Schule wurden einer eingehenden Untersuchung über die Ursachen ihrer zurückgebliebenen geistigen Entwickelung unterzogen. Die Speisung der armen Kinder erfolgte in diesem Jahr« wieder aus der Volksküche. Diese lieferte für ein geringes Entgelt eine nahr- hafte Mahlzeit, die ganz bedürftigen Kinder erhielten außerdem Frühstück, bestehend aus Milch und Schrippen. Eine große Wohl- tat ist 25 Mädchen durch die Einrichtung eines orthopädischen Turnkusus zuteil geworden. Die dabei in bezug auf die Rückbildung von Rückgratverkrümmungen erzielten Erfolge sind bedeutend zu nennen und fordern zu dem weitereu Ausbau dieser segensreichen Einrichtung dringend auf. Auch bei der Berufswahl der zur Entlassung gekommenen Waisen hat der Schularzt mitgewirkt. Ob eine Belehrung über sexuelle Fragen bei Schulkindern zweckmäßig sei, hält der Gemeindearzt für sehr fraglich. Für ganz einwandfrei hält er sie aber auch nicht bei entlaffenen FortbildungSschlllern, zum mindesten ist der Nutzen proble- matisch. Daß jede Art von körperlichem Sport gesund ist, unterliegt keinem Zweifel, besonders günstig wirkt aber der Schwimmsport, der die Kräftigung sämtlicher Muskeln mit dem gesunden Aufenthalt im Woffer verbindet, die Wohltat wurde vielen Kindern zuteil. Die im vorigen Jahre angeschafften Verbandskästen haben verschiedent- lich bei kleinen Verletzungen gute Dienste geleistet. Die hygienischen Einrichtungen der Schulgebäude find im ganzen musterhast. Ideal schön ist das neue Gebäude in der Zalkenberger Straße, dort sind alle Errungenschaften der Neuzeit m Anwendung gekommen, be- sonders fallen die praktischen neuen Bänke auf. Bei plötzlichen Er- krankungen der Kinder hat sich das Fehlen eines verfügbaren Raumes und eines passenden Lagers einige Male unangenehm bemerkbar ge- macht. Die Anschaffung einer leichten Trage ließe sich als Wünschens- wert bezeichnen. Seinen Bericht schließt der Schularzt noch mit einem Hymnus auf die wohlwollende Gemeindevertretung und auf das Baterland. Grost-Lichterfelde. Wegen Liebeskummer hat der Ingenieur Lemke aus Groß« Lichterselde Selbstmord verübt. L. hatte sich längere Zeit in Ham- bürg ausgehalten und dort ein junges Mädchen kennen gelernt, in das er sich verliebte. Die Angebetete wollte aber von ihrem Ver- ehrer nichts wiffen und trostlos fuhr L. wieder nach seinem Wohnsitz in Groß-Lichterfelde zurück. Gestern jagte er sich aus einem sechs- läufigen Revolver eine Kugel in die Herzgegend. Tödlich verletzt brach der Lebensmüde zusammen. In hoffnungslosem Zustand fand L. im Kreiskrankenhaus Aufnahme. Nowawes . Die Borardelten zu den Gewerbegerichtswahlen werden von den interessierten Kreisen jetzt eifrig bewieben. Nachdem kürzlich eine vom Gewerkschastskartell einberufene Volksversammlung stattgefunden hat, in welcher Arbeitersekretär Link über die Bedeutung der Gewerbe- gerichtSwahlen referierte, ist nunmehr in einer kombinierten Sitzung des Gewerkschastskartells mit den Vorständen der steten Gewerk- schaften die Aufstellung der Kandidaten erfolgt, und zwar werden für die Arbeitnehmerwahlen folgende Genoffen in Borschlag gebracht: Terttlarbeiter Wenzel. Kupferschmied Dummernix, Zimmerer Lamprecht, Schlosser Adolf Richter, Schuhmacher Pfaff und Transportarbeiter KolaczinSlv, für die Arbeitgeberwahlen die Genoffen Gruhl, Gomoll. Godglück, Singer , Paul Wolter und Jappe. Da die Wahlen nach dem Verhältnissystem getätigt werden, ist eS zweifellos, daß sich auch die christlichen und Hirsch-Dunckerschen Arbeiter mit eigenen Kandidaten daran beteiligen werden. Verfügen diese Gruppen auch nur über eine verhältnismäßig geringe Anhängerschar, so ist doch damit zu rechnen, daß sie große Anstrengungen machen werden, um positive Erfolge bei der Wahl zu erzielen, so daß für die freigewerkschaftlich organisierten Arbeiter die dringende Notwendigkeit besteht, eine intensive Agitation zu entfalten, um vor unangenehmen Ueberraschungen sicher zu sein. Zu den Arbeitgeberwahlen hat auch der Verein für Handel und Gewerbe in einer von einem Dutzend Personen besuchten Versamm- lung Stellung genommen und eine Kandidatenliste aufgestellt. Bei dieser Wahl sind zirka 159 Personen wahlberechtigt. Wenn hiervon auch der größte Teil sich aus bürgerlichen Wählern rekrutiert, so be- steht doch die Wahrscheinlichkeit, daß bei gehöriger Werbe- arbeit unserer Genoffen sich so viel Stimmen auf die Liste des Gewerkschastskartells vereinigen, daß die Kandidaten desselben bei der Verteilung der Sitze im Gewerbegericht berücksichtigt werden müssen. Da die Arbeitnehmerwahlen am 15. und 16. August und die Arbeitgeberwahlen am 17. August stattfinden, ist eS Aufgabe aller Genossen, schon jetzt eine rührige Agitationsarbeit zu entfalten, um eine Zusammensetzung des Gewerbegericht« herbeizuführen, welche eS demselben ermöglicht, seine für die Arbeiterschast außer- ordentlich wichtigen Aufgabe in einwandfreier und gerechter Weise zu lösen. Spandau . Arbeiter- Samariterkolonne Spanda». Am Mittwoch, den 29. d. M., abends S'/z Uhr findet bei Bohle, Havelstraße 20 der UebungSabend statt._ Jugendveranstaltungen. Freie Jugendorganisation Abt . LI. Donnerstag, dm Lt. Juli, Versammlung bei Neidbardt, GörliSerstr. 58.— Sonntag, den 24. Juli: Tag-Svartie nach den Rüdersdorfer Kalkbergen. Treffpunkt: 7 Uhr Schlrsi, ich-S Tor(Urama-Säule). Fahrgeld bb Pf.— W 6 t. III. Heute Mittwoch abends pünktlich 8 Uhr: Versammlung bei Heckert, Schrewerstraße, Ecke Samanterslratze. Köpenick . Am Sonntag, den 24. Juli: Ausflug nach der Krampen- bürg. Treffpunkt mittag» 1 Uhr auf dem Schloßplätze. Um rege Be- teiligung aller jugendlichen Arbeiter und Arbeiterinnen bittet _ Der JugendauSschuß. Gericbtö- Zeitung* DaS gefährliche Grammophon. Die Nähe dcS Friedhofes wäre dem Tischler Eduard Schulze beinahe sehr gefährlich geworden. Schulze wohnt in der Kreutziger- strahe in Lichtenberg . Vom Fenster seiner Wohnung sieht man auf den nahebeilicgenden Begräbnisplatz der Parochialgemeinde. Eines �"nntagnachmittags hatte die Familie Schulze Verlangen »ach musikalischen Genüssen. Schulze setzte sein Grammophon in Bewegung, und dieses brachte den Pariser Einzugsmarsch zu Ge- hör. Da die Fenster von Schulzes Zimmer geöffnet waren, so wurden die Töne auch auf dem Begräbnisplatz gehört, wo gerade eine Beerdigung unter Mitwirkung eines Geistlichen stattfand. Die Teilnehmer an der Leichenfeier fühlten sich durch die lustige Marschmelodie gestört. Einer unter ihnen, Polizciwachtmeister Dommnick, drohte zum Fenster Schulzes hinauf, an dem zwei Männer standen. Als hierauf die Musik nicht sogleich verstummte, ging der Wachtmeister in die Wohnung Schulze«, der inzwischen nach Beendigung des angefangenen Musikstückes fem Grammophon bereits abgestellt hatte.— Der Polizeiwachtmeister erstattete An- zeige. Schulze erhielt eine Anklage aus§ 167. Dieser Paragraph, soweit er hier etwa in Frage kommen könnte, bedroht mit Gefängnis bis zu drei Jahren denjenigen, welcher.in einer Kirche oder in einem anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte durch Erregung von Lärm oder Unordnung den Gottesdienst oder einzelne gottesdienstliche Verrichtungen einer im Staate be- stehenden Religionsgesellschaft vorsätzlich verhindert oder stört". Vor der 19. Strafkammer de? Landgerichts I, die gestern gegen Schulze verhandelte, versicherte dieser, er habe nicht die Absicht der Störung gehabt, habe auch nicht bemerkt, daß zur fraglichen Zeit eine Beerdigung stattfand. Als er darauf aufmerksam gemacht wurde, habe er das Musizieren eingestellt.— Der als Zeuge vernommene Polizeiwachtmeister Dommnick will die Absicht der Störung daraus erkannt haben, daß der Schalltrichter de? Grammophons nach dem geöffneten Fenster gerichtet und später noch mehr nach dem Friedhofe hin gedreht worden sei. Der Staatsanwalt beantragte— vier Monate Gefängnis. Das Gericht aber erkannte verständigerweise auf Freisprechung unter der Begründung, daß zwar objektiv eine Störung einer gottesdienstlichen Verrichtung vorliege, dem Angeklagten aber nicht nachgewiesen sei, daß er die Absicht gehabt habe, eine Störung zu verursachen. Mädchenhändler. In die Geschäftsgeheimnisse internationaler Mädchenhändler wird eine Verhandlung hineinleuchten, die in den nächsten Tagen die 19. Ferienstrafkammer de? Landgerichts I beschäftigen wird. Unter der Anklage, eS versucht zu haben Frauenspersonen zum Zwecke, sie der gewerbsmäßigen Unzucht zuzuführen, unter arg- listiger Verschweigung dieses Zweckes zur Auswanderung verleitet zu haben, sind folgende Personen vor dem Strafrichter angeklagt: 1. der angebliche Pferdehändler Kiwar Meyer Silberreich; 2. der Kutscher Moritz W o l l e r st e i n; 3. die Köchin Manja G e d e i nS k a; 4. der Gastwirt Chaim Oberländer und dessen Ehefrau Cäcilie Oberländer. Dieser Anklage wegen Ver- brechens gegen den§ 48, Abs. 1 des Gesetzes über die AuSwande- rung vom 9. Juni 1897 liegt folgender Sachverhalt zugrunde. Die aus Rufsisch-Polen bezw. Oesterreichisch-Galizien gebürtigen An- geklagten stehen schon seit längerer Zeit in dem Verdacht, den Mädchenhandel zu betreiben. Der eigentliche Händler, der die „Ware" erwirbt, soll Kiwar Silberreich sein, während die übrigen Angeklagten ihm Schlepperdienste geleistet haben sollen. DaS Ehe- paar Oberländer betreibt hier in der Grenadierstr. 32 unter dem Namen„Warschauer Hof" ein kleines Hotel, welches hauptsächlich von russischen und polnischen Juden aufgesucht wird. Ende März dieses Jahres stieg hier der Angeklagte Silberrcich, der sich als Pferdehändler ausgibt, ab. Am 9. April erschien die in dem Hotel als Küchenmädchen bedienstete Frida Pietschmann bei einer Frau Maschke, mit der sie näher bekannt war, und ersucht« sie im Auf- trage der Angeklagten Gedeinska, die dort als Köchin bedienstet war, nach dem Hotel zu kommen. Die Frau M., welcher schon seit längerer Zeit das Treiben in dem Hotel verdächtig vorgekommen war, folgte dieser Aufforderung und suchte die GcdeinSka auf. Diese erzählte ihr, daß sie viel Geld verdienen könne, wenn sie schweigen könne. In dem Hotel befinde sich als Gast ein russischer Jude, der junge und hübsche Mädchen brauche, um sie an ein Bordell in Amerika abzuliefern. Die Gedeinska gab ihr den Auf- trag, für jenen Gast junge, hübsche und nicht zu alte Mädchen zu besorgen, und zwar Höchstenz zwei, weil der Händler immer nur zwei mit auf die Reise nehmen könne, da es sonst auffalle. Die Maschke beschloß zum Schein, auf diesen schmutzigen Handel ein- zugehen und benachrichtigte die Kriminalpolizei. Um den Mädchen- Händler recht sicher zu machen, stellte ihr die Kriminalpolizei zwei Polizeiagentinnen zur Verfügung. Als die Maschke diese dem Silberreich vorstellte, erklärte er, daß sie ihm schon zu alt seien, und er ihr höchsten?„pro Stück" 2 M. bieten könne. Für junge und sehr schöne und feurige„Ware" im Alter von höchstens 19 Jahren zahle er dagegen 159 bis 299 M. Auf Anraten der Kriminalpolizei veranlaßte Frau M. nun ihre 17jährige Nichte Gertrud W. und eine junge Frau sich als„Ware" auszugeben und sich dem Mädchenhändler zur Verfügung zu stellen. Silberreich ging auch in die Falle und engagierte die Beiden als„HauS- mädchen". In dem Augenblick, als sein Helfershelfer Wollerstein mit den beiden Mädchen auf dem Potsdamer Bahnhof den Zug be- steigen wollte, wurde er von den Kriminalschutzleuten Gerstenberger und Jaap verhaftet. Am nächsten Tage wurde Silberreich in Pankow festgenommen, nachdem er von dem 14jShrig«n Sohne Abraham der Oberländerfchen Eheleute von der Festnahme feines Komplizen benachrichtigt worden war und noch rechtzeitig die Flucht ergriffen hatte. Wie die Anklage behauptet, soll da? Hotel der Angeklagten Oberländer gewissermaßen eine Art Zentralstelle für den internationalen Mädchenhandel fein.— Den Vorsitz im Gerichtshof« wird Landgerichtsdirektor Unger führen, der An- geklagte Silberreich wird von den Rechtsanwälten Morris und Jul. Meyer I, die übrigen werden von den Rechtsanwälten Artur Levy, Dr. Schwindt und Justizrat Wronker verteidigt.— Da die Verhandlung infolge der Hinzuziehung von Dolmetschern der russischen und polnischen Sprache sich sehr kompliziert gestalten wird, ist für den Prozeß ein ganzer Sitzungitag anberaumt worden._ Ein Polizist in Notwehr. Bekannt ist die Entscheidung, die eine Notwehr eine? Bürger? gegen ein Polizeipferd ablehnte, weil das Pferd ein.Ausrüstung». gegenständ" des Polizeibeamten fei. Aehnliche falsche Urteile gegenüber Polizeihunden würden ein« weite Perspektive für Schutz- losigkeit der Bürger eröffnen. Bei Besprechung der betreffenden Gerichtsverhandlungen betonten wir, daß nach dem Gesetz ein un- bedingtes Notwehrrecht gegenüber Polizeipferden und-Hunden be- steht. Am Montag fällte das Reichsgericht ein bemerkenswerte» Urteil, indem es sich für weite Auslegung de» Notwehrbegriffs aussprach. Freilich betraf die Sachlage einen angeblich in Notwehr gegen eine Frau handelnden Polizeibeamten. Vom Landgericht Magdeburg ist am 5. April der Amtsdiener K. in Bornstedt wegen Körperverletzung im Amte zu 59 M. Geld- strafe verurteilt worden. Er hatte am 9. Juli vorigen Jahre» die Tanzlustbarkeit auf dem Landwehrfeste zu uberwachen. Die Neben- klägerin Frau M. und ihr Ehemann waren auf ihn nicht gut zu sprechen, weil er einmal eine Anzeige gegen sie erstattet hatte. Nachdem Frau M ihm verschiedene Bemerkungen zugerufen hatte, entstand em Konflikt zwischen beiden. Frau M. faßte den Beamten an. Dieser holte seinen Revolver hervor und gab ihr damit einen Schlag, wobei sich der Revolver entlud. Der Schlag mit dem Revolver führte einen Riß im Kleide der Frau herbei, sowie mehrere Blutergüsse. Da» Gericht hat nicht feststellen können, daß durch den Schuß eine Verletzung bewirkt worden wäre. Da» Ge- richt hat in dem Schlage mit dem Revolver eine vorsätzliche Körper- Verletzung erblickt. Der Angeklagte hat nach Ansicht des Gerichtes zwar einen widerrechtlichen Angriff abgewehrt, ist aber über die Grenze der Verteidigung hinausgegangen, indem er mit dem Revolver schlug. Diese Art der Abwehr war nicht nötig, denn der Angeklagte ist ein kräftiger Mann, und er hatte überdies seinen ebenfalls kräftigen Vetter bei sich. Die vom Angeklagten eingelegte Revision wurde vom Reichs- anwalt und vom Reichsgericht für begründet erachtet. DaS Reichsgericht hob da» Urteil auf und verwies die Sache an da? Land» gericht zurück. Aus dem Urteile ist, so heißt eS in der Begründung, nicht zu entnehmen, daß der Vorderrichter von der zweifellos rechtsirrtümlichcn Ansicht ausgegangen ist, eS habe Notwehr des- halb nicht vorgelegen, weil der Angeklagte einen Revolver benutzt hat. Aber bedenklich ist der Satz, daß dem Angeklagten noch ein kräftiger Mann zur Seite gestanden habe. ES kann aber einem Angegriffenen nicht verlvehrt Werken, sich mit denjenigen Hilst« Mitteln, die er für nötig hält, zu verteidigen. Die Persönlichkeit eineS anderen kann hier nur unter ganz besonderen Umständen mit in Frage kommen. Der Angegriffene hat das Recht, sich selbst zu verteidigen.__• Es wäre zu wünschen, daß die Gerichte in gleicher Weise ent- scheiden, wepn«S sich um Notwehr gegen einen Polizeibeamteg handelt»_ Vermischtes. Eine nationalliberale Ordnnngssänle geborsten. Der nationalliberale Arbeitersekretär und Stadtverordnete Theodor Hugo B u n z e l in Leipzig wurde am Dienstag wegen Mißbrauchs eines öffentlichen Amt? zu zwei Monaten Gefäugnis verurteilt. Die Ver- Handlung wurde wegen Besorgnis der Gefährdung der öffent- lichen Sittlichkeit hinter verschlossenen Türen geführt. In der Urteilsbegründung wurde gesagt, daß keine Milde am Platze gewesen sei. da Bunzel sich in zwei Fällen als Sittenbeamter ausgegeben, die Notlage der Frauens- Personen ausgenutzt und die Sittenbeamten in schlechten Ruf gebracht habe. Buuzel hat durch die Verurteilung sein Stadtverordnetemnandat verloren, das er seit 1'/, jähren inne hatte._ Eine Arbeiterausstellung in Mähren . Unsere tschechischen Genossen in Plößnitz, der Stadt deS Konfektionsschneiderelends, haben eine ArbeiterauSsiellung mit 17 Ab- teilungen eröffnet, die auf eine Anregung des leider verstorbenen Genossen Krapka zurückgeht. An der Eröffnungsfeier im Arbeiter- heim beteiligten sich 1599 Menschen, darunter außer den Vertretern der deutschen und tschechischen Partei Abgesandte der städtischen und staatlichen Behörden. Besonders interessant ist die Ausstellung slowakischer und mährischer Volkskunst in Keramik- und Slickcrei. Namhafte Künstler haben sich ebenfalls beteiligt. Explostonskatastrophe in Friedrichshafeu. In dem GaSspaltraum der Karboniumfabrii. G. m. b. H, fand Dienstag vormittag gegen 11 Uhr au« bisher unbekannter Ursache eine schwere Expl-sion statt, die unter fnrchlbarem Knall sämtliche Umfassungsmauern deS Fabrikgebäudes zer« störte und eine große Rußsäule emportrieb. Die Fabrik, welche in der Nähe der Gebäude der Luftscbisfbau- Gesellschaft Zeppelin liegt. und für diese Gesellschaft das notwendige Gas liefert, ist vollständig zerstört. Der technische Leiter der Fabrik war im Augenblick der Explosion nicht anwesend, da» gegen sind sechs bis sieben in der Fabrik beschäftigte Leute verletzt worden. Die Fensterscheiben der wenigen Häuser, welche in der Umgebung der Fabrik liegen, find zertrümmert. Eine weitere Meldung besagt: Die durch Explosion zerstörten Gebäude der Karboniumfabrik bilden jetzt ein wüsteS ChaoS. Bisher sind fünf Verletzte, darunter zwei schwer Verletzte auS den Trümmern hervorgezogen worden. Man vermutet jedoch noch zwei weitere Arbeiter unter den Trümmern. DaS Dach des Gebäudes liegt auf dem Zeppelin- Gelände. ES besteht die Gefahr weiterer Explosionen, da die Fabrik sich in vollem Betriebe befand. Ob die geplante Füllung des„L. Z. VI", die für Ende der Woche beab« sichligt war, stattfinden kann, ist fraglich. Ein au? den Trümmern hervorgezogener Arbeiter ist nach- mittags seinen Verletzungen erlegen. Ein Geisteskranker als Kerkermeister feiner Familie« Ro«, 17. Juli. (Eig. Ber.) AuS Neapel wird von einem äußerst merkwürdigen Fall berichtet, bei dem ein Geisteskranker ein- mal den Spieß umgedreht und anstatt sich von seiner Familie ein« sperren zu lassen, seine Familie in Kerkerhaft gehalten hat. Vor fünf Jahren sing der Weinhändler Rea m Cosel« nuovo, Provinz Neapel , an. sich von den Seinen für verfolgt zu halten. Da seine Krankheit nicht sofort erkannt wurde, war eS ihm möglich, seine Frau und seine e l f Kinder in eine einsam gelegene Villa zu überführen, deren Fenster er hatte zumauern lassen. Dort hat der Geisteskranke die Seinen fünf volle Jahre gefangen gehalten. Entdeckt wurde die traurige Lag« der Gefangenen dadurch, daß die beiden ältesten Söhne, al» sie erwachsen waren, den Vater zwangen, ihnen eine gewisse Freiheit zu gewähren. Dabei entfernten sie sich aus dem Garten der Villa und benachrichttgten Dritte, die die Polizei in Kenntnis setzten. Die Ergreifung deS Irren war sehr schwierig, da er in dem Garten seiner Villa mehrere bisfige Hunde hielt und auch von einem großen Hunde verteidigt wurde. Die Karabinieri erschossen die Tiere, während zwei Jrrenwärter sich des Kranken bemächtigten. Die Ge- fangenen waren jeder in ein besondere« Gelaß eingesperrt worden, sodaß die Mutter sett fünf vollen Jahren ihre Kinder nicht mehr gesehen hat._ Kleine Notizen. Bei« Bade« in ber Ruhr ertrunken ist in der Nähe von Nelling« hausen der Kanzleigehilfe Hermann Kocks au? Essen. Ein Boot gekentert. Zwischen Peenemünde und Hollen- d o r f ist bei dem Versuch, einen Notanker an dem Dampfer»August CordS", der mit einer Holzladung von Riga hier einttaf, anzu- bringen, da» zu diesem Zweck benutzte Boot gekentert. Die drei Insassen erttanlen. Pilzvergiftung. In Lünen in Westfalen erkranlten nach dem Genuß von Pilzen der Maurer Blum, seine Frau, zwei Kinder und ein Tischgast. Blum, der Tischgast und die Kinder sind gcstordm. Der Zustand der Frau ist hoffnungslos. Brand in einem Kohlenlager. In dem Magazin de» Heil« bronner Kohlenhändlers Mayer explodierte heute ein Motor, wo« durch ein Brand in dem Raum entstand. Mayer wurde tot auf« gefunden. Er hat schwere Brandwunden erlitten und ist an deren Folgen gestorben. Bier Bergleute verschüttet. Auf der Zeche Ludwig bei Essen löste sich gestern während der Reparaturarbeit unter Tage eine größere GesteinSmasie und begrub vier Bergleute, von denen zwei getötet wurden. Ein anderer wurde leicht und der vierte schwer verletzt. In der Kirche irrsinnig geworden. AnS T a m p a wird berichtet, daß während der Predigt in der Kirche der methodistischen Ge- meinde«in plötzlich irrsinnig gewordener Neger seine Schwicger- wutter, den Prediger und den Organisten durch Rrvolverschüsse tötete und drei andere Personen verletzte. Schließlich erschoß er s i ch durch einen Schuß auS seinem Revolver selbst. Vom Zuge überfahren. Bei Meggen wurden zwei von der Nachtschichr heimkehrende Arbeiter von einem Zuge überfahren. Sie wollten die Gleise unmittelbar hinter einem vorbeifahrenden Zuge überschreiten, zu gleicher Zeit aber kam von der entgegen« gesetzten Seite«in Zug heran, der den einen der Arbetter sofort tötete und den anderen schwer verletzte. Die Opfer der Eisenbahnkatastrophe bei Melbourne . Nach den letzten Feststellungen beträgt die Zahl der bei dem Eisenbahn» Zusammenstoß auf der Station R i ch m o n d verletzten Personen 114. Unter ihnen befinden sich 83 Schwerverletzte. Brand auf einem Petrolrumdampfer. Der Dampfer»Standard� der Deutsch-Amerikanischen Petrolenmgesellschast in Hamburg ist DienStag vormittag im Hafen von Kopenhagen in Brand geraten, und zwar durch Ausströmen de» Petroleums auS den Tanks in die Schiffsfeuerung. Auf dem brennenden Schiffe finden andauernd Explosionen. Es ist wahrscheinlich samt der Ladung verloren. Die aus 34 Mann bestehende Besatzung ist ge« rettet. LrrantivortliSer Bedalteitr Nivard Barth. Berlin . Mr des LnsergtesteiliLwotS-i Th.Glickk, Berlia. Verlag: Ceiaäuälu&ötw&fji lt, SalaaSanstall Sma«& Co.. Berlin SW,
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