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Halten. fotviS Verständnis für den Staat und seine Organe bei- anbringen, ist die Gewährung von Spielraum zu gedeihlicher Mitarbeit. Sie werden Freude empfinden an dem, was sie mitschaffen und miterhalten." In einem offenbar einer nationalliberalen Korrespondenz ent- stammenden Artikel heißt es: Nach ihrer letzten Kundgebung vom Samstag(gemeint ist die Beteiligung an der offiziellen Schlußfeier mit der Ovation für den Großherzog) können die badischen Sozialdemokraten nicht mehr zurück hinter die Linie, die sie so weit vorzuschieben wagten. Wenn sie nicht ruhmlos, des Ver- . trauens zu ihrer Kraft und Fähigkeit beraubt, als Sklaven des von ihnen aufs schärfste verurteilten Radikalismus dahinleben oder in einer neuen Parteigründung ein vorab einflußloses Po- litisches Dasein nach Gerlach-Breitscheidschem Muster führen wollen, dann müssen sie einen Kampf auf Tod und Leben um die Herrschaft in der sozialdemokratischen Partei führen. Das ist die Situation, in der noch un- gewiß, wer siegen wird. Als wichtigstes und gefährlichstes Ar- gument wird man den Revisionisten entgegenhalten, daß nur die Agitation»- und Verhehungspolitik die Kadres der Drei- Millionenpartei gefüllt hat und weiter füllen kann; in der Tat, eine revisionistische Sozialdemokratie würde nicht den Zauber auf das Undefinierbare und Ungreifbare, das man eigentlich Masse nennt, ausüben, auf die Eroberung der politischen Macht wird sie schon verzichten müssen, nach der derstolzeRadikalismus strebt, und wirdsichbe- scheiden müssen mit der Mitarbeit des vierten Standes, mit einer gewissen Anteilnah me an der politischen und gesellschaftlichen Macht. Es wird sich dann fragen, ob dieMasse" reif und verständig genug ist für diese gesunde Enttäuschung." Also diese revisionistisch gewordene Sozialdemokratie wird, so hofft der NationaUiberalismus, auf die Eroberung der politischen Macht verzichten und sich mit einer gewissen Anteilnahme an der politischen und gesellschaftlichen Macht begnügen müssenl Nur der Zweifel, ob die Massereif" ist für eine solche Ent- täuschung, macht den Herren noch einige Sorge! Bezeichnend ist es übrigens, daß in der süddeutschen liberalen Presse die Haltung der badischen Landtagsfraktion nicht mit den besonderen" süddeutschen Verhältnissen, sondern mit den revi- sionistischen Anschauungen erklärt wird., politilcke(leberllcbr. Berlin  , den 21. Juli 1910. Eiue agrarische Blamage. Englische Blätter wußten vor einigen Wochen zu berichten, die aus Deutschland   zur Internationalen Landwirtschafts- ausstcllung nach Buenos Aires   gesandten Rinder wären dort als stark tuberkulös befunden und deshalb sofort nach Hamburg   zurückgeschickt worden. Bon agrarischen Blättern wurde damals diese Meldung bestritten und als ein faules englisches Konkurrenzmanöver hingestellt, dessen Zweck es lediglich sei, die deutsche Landwirtschast zu ver- dächtigen. Tatsächlich scheint jedoch die damalige Meldung völlig richtig gewesen zu sein, denn dasHamburger Frenidenblatt" veröffentlicht in letzter Nummer folgende für das deutsche Agrariertum äußerst blamable Mitteilung: DaS von der Internationalen Landwirtschaftlichen AuS- stellung in Buenos Aires   als verseucht zurückgewiesene deutsche  Sieh ist in Hamburg   wieder eingetroffen. Vor einer von der Regierung in Berlin   unter Führung von Geheimrat Nevermann hier eingetroffenen Kommission von ungefähr Li) Herren wurden sämtliche Stücke am Montag geschlachtet und genau untersucht. Die Untersuchung und ihr Ergebnis sucht man mit ängstlicher Peinlichkeit geheimzuhalten. Genaue Angaben lassen sich deshalb nicht machen. Schätzungsweise wurde bei 6V bis 70 Proz. der Tiere ganz stark vorgeschrittene Tuberkulose tatsächlich festgestellt. Die Krankheit zeigte sich teilweise in einem so vorgeschrittenen Stadium, daß man annehmen nmß. daß trotz der Untersuchungen bereits kranke Tiere zur Verschiffung nach Argentinien   gekommen sind. Die Unter« suchungen werden vom Reichsgesundheitsamt in Berlin   an der Hand von Präparaten weiter fortgesetzt. DaS Ergebnis auch dieser Untersuchungen geheim zu halten, liegt nunmehr kein Anlaß vor... Nach landwirtschaftlichen Ausstellungen wird bekanntlich nur das auserlesenste beste Vieh geschickt, und nun stellt sich dieses auserlesenste deutsche Vieh in Buenos Aires  als höchst tuberkulös heraus, so daß ihm dort die Landung verweigert wird und es, um das argentinische Vieh nicht anzustecken, kurzweg zurückexpediert werden muß. Eine größere Blamage für die deutsche Viehzucht ist kaum denkbar! Und doch fordert das Agrariertum strengste Sperrung aller Grenzen, damit nur ja nicht das deutsche an- geblich absolut seuchenfreie Vieh durch das verseuchte hollän- dische, dänische und schweizerische Vieh infiziert wird! Die neue Militärvorlage. Wir haben gestern auf Grund der Mitteilungen der ultra» montanenGermania  " bereits die Ansicht ausgesprochen, daß die Regierung zwar nicht auf die Einbringung einer Militärvorlage im Herbst verzichten wolle, daß sie aber, um das Zentrum und die Kon- servativen nicht in eine arge Klemme vor den nächsten Reichstags- Wahlen zu bringen, vorläufig nur erst einen geringen Teil der zur Durchführung ihrer geplanten Heeresvermehrung nötigen Summen fordern werde, um dann später nach den ReichstagSwahlen um so höhere Forderungen zu stellen. Jetzt bestätigt in ihrer Naivität die Deutsche Tageszeitung", daß die Regierung tatsächlich diese famose Taktik zu befolgen gedenkt. Sie schreibt: Was aber den Umfang der Heeresvorlage anlangt, so wird man nicht fehlgehen, wsnn man der Vermutung Ausdruck gibt, daß die maßgebenden Stellen sich darauf beschränken werden, das zu fordern, was unbedingt notwendig ist. Auch das ist ziemlich sicher, daß die Mehr so rd eru ngen nichtsosort sämtlich in Erscheinung treten, sondern, wie es auch bei der letzten Heeresvorlage der Fall war, nach und nach, im Zeiträume des Jahrfünfts, für das die Vorlage die Stärke» Verhältnisse des Heeres regelt. Es liegt also durchaus kein Grund vor, sich über die Vorlage als solche, ihren Umfang und den Zeit- Punkt ihrer Einbringung besonders aufzuregen. Man darf zu der jetzigen Regierung das Vertrauen haben, daß sie das Notwendige unbedingt fordern, sich aber auch darauf beschränken werde. Für diese notwendigen Forderungen wird sie unzweifelhaft eine Mehr. heit im Reichstage finden; andernfalls kann sie mit gutem Gewissen an das Volk appellieren." Eine saubere Spekulation auf die geistige Beschränktheit. Noch ein Opfer der Kieler Woche  ? Der ultramontanenAugSburger Post-Zeitung" wird aus Berlin   gemeldet, daß zwischen dem Schatzsekretär Mermuth  und dem Staatssekretär v. T r r p i tz wegen der Etatsaufitellung ein erbitterter Kampf ausgebrochen fei. Herr Mermuth   habe einen starken Rückhalt, sowohl am Kaiser als auch am Reichskanzler. Auf. Mig sei e? schvst gewesen, dgß Herr V. Tirpitz bei seiner Anwesen- heil in Kiel   vom Kaiser recht kurz behandelt worden sei. DaS ultramontane Blatt läßt durchblicken, daß die Tage der Amtstätigkeit des Herrn v. Tirpitz gezählt seien. Wie steht es«m die neue Wahlreform? Verschiedene bürgerliche Blätter haben die kürzlich von den Kieler Neuesten Nachr." verbreitete Mitteilung bestritten, daß das preußische Staatsministerium sich mit der Frage der Ausarbeitung einer neuen Wahlreformvorlage beschäftigt hat. Demgegenüber hält das Kieler   Blatt seine Mitteilung entschieden aufrecht. Es stünde, versichert es, absolut fest, daß in der letzten Sitzung des preußischen Staatsministeriums der erste Gegenstand der Beratung die Frage der kommenden Wahlreform gewesen sei. Zu den Mel- düngen über die sogenanntemittlere" Politik des Kanzlers tveiß eS aus bester Quelle zu berichten: Von einer Ausschaltung der Konservativen könne absolut kein« Rede sein. Der Reichskanzler suche vielmehr einen Modus zu schaffen, in dem sich unter Ausschal- tung der extremen Elemente auf beiden Seiten die bürgerlichen Parteien begegnen könnten. Mit anderen Worten also: Herr von Bethmann will versuchen, den alten konservativ-klerikal-nationalliberalen Block wiederherzu- stellen._, Wer Knecht ist, soll Knecht bleiben." Die Aufsehen erregenden Aeußerungen des Bischofs Henle von Regensburg   lauten nach dem Stenogramm der Reichsratssitzung vom 12. Juli: Hohe Herren! Ich bin leider veranlaßt, Seiner Exzellenz dem Herrn Verkehrsminister in einer seiner Aeußerungen, die von ganz be- sonderer Tragweite ist, widersprechen zu müssen. Seine Exzellenz haben zwischen Christentum und Sozialdemokratie eine Analogie ge- zogen. Hohe Herren! Zwischen der Sozialdemokratie und dem Christen- tum besteht gar keine Analogie weder in den Zwecken und Zielen, also weder in der Tendenz noch in ihrer gegenseitigen EutwicklungS- geschichte. Seine Exzellenz haben hingewiesen auf die soziale Ent« Wicklung des Christentums. Das Christentum hat sich mit der sozialen Frage Jahrhunderte lang nicht beschäftigt. Wenn Seine Exzellenz die Güte haben wollten, die Paulinischen Briefe nachzulesen, so würden Sie aus denselben entnehmen, daß der Apostel Paulus beständig dahin gewirkt hat, sich in die gegebenen Verhältnisse zu schicken. Wer Knechtist.sollKnechtbleiben, wenn ernichtfrei- willig von seinem Herrn der Knechtschaft ent» hoben wird. DaS Christentum hat also mit der Sozialdemo. kratie in Beziehung auf sein« Entwickelungsgeschichte und seine Stellung zur sozialen Frage auch nicht die geringste Berührung. DaS möchte ich hier konstattert haben." Interessant ist die Tatsache, daß die Zentrums-Zeitungen zu der Rede des Bischofs nichts zu schreiben wußten; interessant auch die weitere Tatsache, daß das führende Organ der Zentrumspartei  , dieAugsburger Postzeitung", die Worte des Bischofs in der Weise fälschte, daß sie in dem Satze das Christentum hat sich mit der sozialen Frage Jahrhunderte lang nicht beschäftigt". das entscheidendenicht" einfach ausgelassen hat. Hie Bassermann hie Schiffer! In der nationalliberalen Partei tobt noch immer der Kampf um Bassermann. Während die einen seinen Rücktritt aus dem parlamentarischen Leben verlangen, damit eine so- genannteBasis" zur Wiederverständigung mit den Konser- vativen geschaffen loerde, drohen die anderen mit schärfster Ab- rechnung, falls ihr unersetzlicher Bafsermann aus der Partei hinausgedrängelt werde. So wird heilte derKöln  . Ztg." ausKreisen der nationalliberalen Partei" geschrieben: Da der Erklärung, daß Ernst Basiermann kein Reichstags- Mandat mehr übernehmen wolle, nicht widersprochen worden ist, wird man sich der Möglichkeit, diesen bewährten Führer anS- scheiden zu sehen, nicht länger verschließen dürfen. Diese Möglich» keit aber hat in weitesten Kreisen seiner Parteigenossen Sorge und Unwillen erregt. Wenn freilich Gesundheitsrücksichten Basser» mann zwingen, sich zurückzuziehen, so müssen alle anderen Wünsche schweigen, dann wird man sich auch mit der Sorge darum, daß eigentlich niemand da ist, der ihn ganz ersetzen könnte, abfinden müssen. Ist es aber wahr, was hie und da behauptet wird, daß Bassermann unter einem äußeren politischen Druck seinen Platz räume, weil dem rechten Flügel der Partei seine Anschauungen zu radikal seien, und weil sich kein sicherer ReichStagssitz für ihn finden lasse, so ist der Unwille, den ein solcher EgoiSmuS hervorgerufen hat. in der Tat gerechtfertigt. um so mehr, als damit der Schein an Berechtigung gewinnt, als ob Bassermann weichen müsse, weil dieKreuz-Zeitung  " nicht müde wird, seinen Kopf als den Preis zu fordern, che die Konservativen ich dazu verstehen wollen, die Beziehungen zu den Nationalliberalen wieder anzuknüpfen... Ist eS wahr, daß man Basscrmann auf dem Altare der Partei- einheit opfern will, oder auch nur, daß keiner seiner FraltionS» genossen bereit sei, dein Führer auf seinem Rcichstagssitze Platz zu machen, so werden die Wähler und die Oeffentlich» keit das Bedürfnis haben, darüber ein Wort mit» zureden, ebenso wie eS ihr Recht ist, darüber aufgeklärt zu werden, ob Bassermann, mit dem sie im Laufe der Jahre doch auch persönliche Fühlung genomnien haben, wirklich so krank ist, daß er aus dem politischen Leben zurückziehen muß." Elektrisierung der bayerischen Eisenbahnen. Die bayrische Kammer der Abgeordneten hat heute sechs Mil- lionen Mark als erste Rate zum Bau eines Walchenseekraftwerks iir Elektrisierung der Eisenbahnen und zur Abgabe elektrischer Kraft an Private bewilligt._ Die Choleragefahr im Osten. In den russischen Westgouvernements greift die Seuche immer weiter um sich. Daß die russische   Regierung unfähig ist, der Gefahr wirksam entgegenzutreten, ist längst erwiesen. Die preußische Ver- waltung ist zwar bemüht, Vorsichtsmaßregeln zu ergreifen und trifft auch solche, soweit sie den Grenzverkehr angehen; auch die Ueber. gänge an den Gewässern werden sorgfältig übevwacht; aber im Lande selbst mangelt es noch an geeigneten Vorschriften, um der Gefahr vorzubeugen. Als im Jahre 1908 einzelne Erkrankungen im Lande festgestellt wurden, da wurden auch Verhütungsmaßregeln ergriffen, um die Gefahr abzuwenden. So namentlich wurde ver- boten, daß die Schiffer des Netze, und Warthedistrikts Wasser aus diesen Gewässern entnehmen durften. Auch wurde die Brom  » berger Schleppschiffahrt-Aktiengesellschaft angehalten, Trinkwasser. Einnahmestellen zu errichten. Den Schiffern wurden von der Ge» ellschaft Wasserbehälter zur Verfügung gestellt. Im Jahre 1909 wurde bei der sich jedes Jahr wiederholenden Choleragefahr der Genuß von Flußwasser verboten. Aber die Wussergesäße waren außer Betrieb gestellt und blieben außer Betrieb. In diesem Jahre nun steht die Choleragefahr wieder vor den Grenzen, VerhaltungS- maßregeln sind bereits erlassen, aber die Flößer und Schiffer sind nach wie vor gezwungen, Wasser zu Trink- und Kochzwecken aus der Netze und Warthe zu entnehmen. Wie es scheint, müssen erst Choleraerkrankungen vorliegen, ehe die Regierung die Gesellschaft anhält; die Kübel wieder zur Perfügung zu stellen tlüd Wesses» Einnahmestellen zn errichten. Oesierreichische Parteifragen und dleDeutsche Tageszeitung". Es mag für die tschechischen Sozialdemokraten, die jetzt in Oesterreich   daran sind, die Partei zu spalten und die Gewerkschaften zu zersplittern, recht unangenehm sein, daß sie sich mit ihrem Tun die Sympathie derDeutschen Tageszeitung" erwerben, die sich am Dienstag in einem Leitartikel mit demKrach in der öfter» reichischen Sozialdemokratie" befaßt. Der Schreiber dieses Ar» tikels ist angeblich ein Deutschösterreicher, nach manchen seiner Ver- drchungen möchte man ihn sogar für einen Deutschradikalen Oester» reicher halten. So, wenn er behauptet, daß die bürgerlichen Tschechen im Wiener   Parlament die tschechischen Genossen stets an ihrer Seite haben, selbst wenn sie noch so wahnwitzige vöMsche For- deruagen stellten. Das ist nicht wahr; der Schreiber bringt auch keinen Beweis dafür. Er vergißt aber auch, festzustellen, daß die tschechischen Sozialdemokraten gemeinsam mit denen der anderen Nationen die tschechisch-bürgerliche Obstruktion bekämpften. Lächer- lich ist es, wenn der Krachstudent des Oertelblattes die tschechischen Arbeiter gleich Hussitenschwärmen inS deutsche   Sprachgebiet ein­fallen läßt, ohne mitzuteilen, daß die deutschen   Unternehmer durch ihre Schandlöhne, ihren Terror und ihre Ausbeutung die einge- sessenen deutschen   Arbeiter zu Tausenden über die Grenze nach Deutschland   und Amerika   treiben, wie man dies in den Hochsitzen der Deutschnationalen, in Asch, Trautenau  , Braunau   usw. am besten bestätigt finden kann. Aber wozu denn in die Ferne schweifen? Vielleicht beschäftigt sich das edle OrganFür deutsche Art!" doch endlich mal mit der Frage, warum die deutschen   Großgrundbesitzer alljährlich Zehntausende billiger und oft noch sehr unkultivierter Feldarbeiter aus Mähren  , Galizien  , Ungarn   und Rußland   inS deutsche   Land hereinziehen und warum das urdeutsche, nieder« sächsische Westfalen zu einem neuen Polenlande werden mußte. Die Frage dürfte derDeutschen Tageszeitung" näher liegen und ihre Untersuchung nützlicher sein als das Kopfzerbrechen über die« kunft dex österreichischen Sozialdemokratie. franfemch. Eine Auslieferungsaffäre. Paris  , 20. Juli.  (Eig. Der.)' 1 Die fraanzösische Regierung hat an das Auswärtige Amt   in Lon« don eine Note gerichtet, in der sie die Freilassung des Inders Sa« v a r k a r oder seine Ueberstellung an die französischen   Behörden fordert. Hoffentlich wird dieser Schritt genügen, den Mißgriff gut zu machen, den französische   Gendarmen in Marseille   begangen haben. Savarkar, ein junger Schriftsteller, der der indischen Na» tionalistenpartei angehört und unter anderem der Verfasser eines Buches über den Ausstand von 19S7 ist, war in England verhaftet und auf ein Schiff gebracht worden, das ihn nach Bombay tranS- Portieren sollte. Im Hafen von Marseille   gelang eS ihm indes, eine Luke zu öffnen und schwimmend zum Kai zu gelangen. DaS Geschrei der englischen Detektivs, die dem Gefangenen zur Aussicht beigegeben worden waren, lockte Gendarmen herbei, die auf die lügnerische Versicherung hin, daß es sich um einen Deserteur handle, Savarkar sofort auslieferten. Glücklicherweise konnte der Tat, bestand rechtzeitig festgestellt werden. DieHumanite" erhob nach» drücklichen Protest gegen die gesetzwidrige Auslieferung eines po» litischen Flüchtlings und Genosse JaureS   intervenierte beim Mi, nister des Auswärtigen. Die von diesem angestellte Untersuchung ergab die völlige Rechtswidrigkeit der Auslieferung. Selbst wenn es sich um einen Deserteur gehandelt hätte, der gemäß dem für De- serteure geltenden Auslieferungsvertrag zwffchen Frankreich   und Großbritannien   zu übergeben gewesen wäre, hätten die französi- scheu Polizeiorgane der englischen   Regierung nicht direkte Hand, langcrdienste leisten dürfen, sondern den Flüchtling der franzöfi, scheu Behörde überstellen müssen. Als politisch Verfolgter aber war Savarkar   durch das Betreten französischen   Territoriums ohne weiteres den strafrechtlichen Ansprüchen der englischen Justiz ent, zogen. Es liegt also eine offenbare Verletzung des Afhlrechts vor, an der neben dem instruktionswidrigen Verhalten der französischen  Gendarmen die falschen Angaben der englischen Polizisten schuld tragen. Die englische Regierung wird wohl nicht umhin können, dem ftanzösischen Protest Folge zu geben und dem Gefangenen die Freiheit zurückzugeben, die er durch seine Flucht auf französijdjeq Boden rechtsgültig erlangt hat. Lelgien. Ein jubilierendes vlämisches Parteiblatt. Man schreibt uns aus Brüssel  : Gestern hat der Gent  'er Vooruit"(Vorwärts"), der Namensbruder der mächtigen Genter Arbeitergenossenschaft, der Anwalt des armen, versklavten. unwissenden Vlämenvolkes, sein LbjährigeS Bestehen gefeiert. Wie die Cooperative hat auch er aus winzigen Anfängen, aus dem IftchtS sich emporarbeiten müssen. Mit 700 Lesern fing derVooruit" sein Dasein an eh» Exemplarnicht größer als ein Taschentuch". Heute für das arme, ausgesogene Flandern   kein kleiner Triumph hat er eine feste Leserschar von 31 000 Personen. Sein EnttoickelungKweg ist der typische der proletarischen Presse, nur noch verschärft durch die besonderen, den Auswirkungen der klerikalen Fesselung des GessteS geschuldeten Verhältnisse. Man hat seine Redakteure verleumde� inS Gefängnis geworfen, ihn mit Geldstrafen zugrunde zu richten. seine Verbreitung in schimpflichster Wesse zu hintertreiben ver» sucht. Wer er hatte etwas von der sehnigen Kraft deS vlamischen Volkes, das nach einem vtelzitierten Wort seines poetischen Ver, herrlicherS, Charles de CosterS, schlafen,aber niemals sterben kann".... Heute ist derVooruit", mit dem A n s e e l e S Namen wie mit der Cooperative verknüpft bleibt, nicht nur An- walt und geistige Nahrung für die Arbeiter der beiden Flandern  , er ist auch ein Organ, das eine ansehnliche und beachtete Stellung genießt. Wenn es heute auf der vlamischen Linie, von Brüssel über Gent   und Brügge   bis nach Courtrai   zur französischen   Grenze hin, heller geworden ist, wenn in dem ärmsten, euSgesogensten Stamm des Landes, das neben seinem KlerikaliSmuS noch den Ruhm der längsten Arbeitzeiten und schlechtesten Löhne genießt, in den Vlamen, der Wille zur Freiheit und Vermenschlichung auflebt, so ist das im wesentlichen ein Verdienst desVooruit". Mit echter Begeisterung ist denn auch don der belgsschen Arbeiterbevölkerung sein Jubiläumsfest begangen worden, in dem neben dem Ernst der Festreden, die. rückschauend und vorwärts weisend, der Arbeiter» kämpfe gedachten, die tiefwurzelnde Fröhlichkeit des vlamischen Volkes. Sang und Musik, und der übrige bunte Festaptzzrat zu reichster Geltung kamen.,» Cnglanck. Kein Erfolg der Arbeiterpartei. London  , 20. Juli. Im Wahlbezirk Kirkdale- Liverpovl wurde für den verstorbenen Unionistcn Mac Arthur der Unionist Kyffin Taylor mit 4263 Stimmen gegen den Arbeitertandidaten Eameron gewählt, der 3427 Stimmen erhielt. Bei der letzten Wahl betrug die Mehrheit der Unionifteu über die der Arbeiterpartet 423 Stimmen.