CürkeuDer Gehcimbund.Konstantinopel» 20. Juli. Es verlautet in türkischen Kreisen,daß ein ehemaliger Grotzwesier die Oberleitung desGcheimkomitees hatte. Die Polizei nahm weitere Verhaftun-gen vor, die sich auch auf die Kreise zur Ruhe gestellter Ossi-ziere erstrecken. Es verlautet, daß weitere Verhaftungen be-vorstehen, auch werden die Namen einiger mitschuldiger Deputiertengenannt,''Hus der Partei.Aus der holländischen Partei.Der außerordentliche Parteitag der S. D. A. P. zu Deventer,der den Ausschluß der drei„Tribüne"-Redakteure und die Spaltungder holländischen Partei zur Folge hatte, gewährte der in der Parteiverbliebenen marxistischen Minderheit eine einmal wöchentlich er-scheinende Beilage zu.Het Boll�. Die Genossin Frau Henr. R o-land-Holst und Genosse F. M. W i b a u t hatten gemeinschaftlichdie Redaltion dieses Wochenblattes übernommen. Seine Kritik derPartei und speziell der Kammerfraktion, insbesondere jene, die von derGenossin Roland-Holst herrührten, fanden auf dem diesjährigenParteitag der S. D. A. P. zu Leuwarden seitens der übergroßenMehrheit der revisionistisch gesinnten Delegierten scharfe Zurück-Weisung. Seit Mitte Mai wurden dann keine Artikel von Roland-Holst mehr veröffentlicht und vor einigen Tagen teilte.Het Volk"auf Ersuchen der Genossin mit, daß sie in keiner Weise mehr alsRednerin in der Arbeiterbewegung auftreten könne.— Ihr Mit-redakteur, F. M. Wibaut, teilt nunmehr im letzterschienenen.Weekblad" mit, daß die Genossin Roland-Holst dem Parteivorstandeder S. D. A. P. mitgeteilt habe, daß sie ihr Amt als Redaktriceniedergelegt habe. Er selbst, der bei Antretung der Redaktionerklärt habe, daß er diese Aufgabe ohne Frau Holst nicht über-nommen hätte, habe beschlossen, die Redaktion von„Het Weekblad'weiterzuführen und habe sich mit dem Parteivorstand wegen einesneuen Mitredakteurs in Verbindung gesetzt.»Der Parteivorstand der S. D. A. P,, der durch UrWahl gewähltwird, ist nunmehr nach verschiedenen Wahlgängen wie folgt zu-sammengcsetzt: W, H. V liegen, erster Vorsitzender; I. G. vanK u y I h o f, Schrift- und Kasscnführer; F. M. W i b a u t, zweiterSchriftführer: diese bilden den Ausschutz. Ferner I. H. Schaper,zweiter Vorsitzender; H, Spiekman; L. M. HermanS;F. van der Goes; P. I. T r o e I st r a und M. Mendels.•Als Delegierte zum Internationalen Kongreß zu Kopenhagenentsendet die holländische Sektion: die S. D. A. P. sieben Delegierteund zwar die Genossen van Kol, Schaper, Troelstra, Vliegen,Wibaut, Duys und Mendels; die S. D. P. zwei Delegierte undzwar die Genossen Herm. G o r t e r und D. I. W y n k o o p; derVerband der Diamantarbeiter zwei Delegierte, der der Zigarren-und Tabakarbeiter einen Delegierten.Aus dem österreichischen Partcilebcn. In einem Rückblick aufdie seit dem letzten Parteitag zu Reichenberg verflossene Zeit unter-sucht die„Wiener Arbeiterzeitung�, welchen Einfluß diese Tagung ge-übt und inwieweit ihre Absichten ausgeführt wurden. DaS Zentral-organ unserer deutschen Genossen in Oesterreich konstatiert Günstiges.Die N e u o r g a ni sa ti on ist selbst in Wien, wo sie amaller-schwierigsten war, so weit gediehen, daß in den politischen Vereinen30 000 Mitglieder vereinigt sind, zu denen natürlich noch etwa diegleiche Zahl jener Genossen kommt, die bloß daS Wochenblatt derniederösterreichischen Landespartei, die„VolkStribiine* abonniert haben.Sehr viel ist aber für die B i l d u n g s a r b e i t geleistet worden.In der Provinz, die mangels der Großstädte viel ärger daran istals die Provinz im Deutschen Reiche, wurde überall daS menschen-möglichste geleistet. Selbst sechs und mehr Schuellzugstunden vonWien entfernt ivurden durch drei bis sechs Sonntage Vortrags-zykleu von Wiener Genossen, von Dr. Nenner, Dr. OttoBauer, Dr. Danneberg, Winarsky u. a. ab«gehalten, von der Arbeit, die in der Provinz selbst geleistet wurde,gar nicht zu sprechen. In den nächsten vier Wochen wird in Boden-dach eine Parteischule für das nördliche Böhmen abgehalten werden.Der UnterrichtSanSschuß der Wiener Arbeiterorganisationen aber,dessen Sekretär Genosse Danneberg ist, hat vom 1. Juli 1909 bis30. Juni 1910 nicht weniger als 2000 Vorträge abhalten lassen, dieBibliotheken werden dank planmäßiger Förderung besser benutzt undOttakring, der 16. Bezirk, ist mit der Errichtung einer Kinder«bibliothek vorangegangen. Diese Arbeit ist auch wahrlich nötig;forderte doch letzthin die.Christlichsoziale Arbeiterzeitung' diePriester— nicht die des Gottes Nimm, sondern die in denSchulen die Religion lehren— ganz ernstlich auf, schon in derSchule auf die klerikalen Jünglingsvereine auf-merksamzumachen. In dem gleichen Jahre hat der WienerUnterrichtsausschuß auch Unterrichte in Elementarfächern, Schrift-zeichnen, usf. niit 2000 Unterrichtsabenden veranstaltet.polizeiliches, Ocrichtlichcs uftr.Verurteilter Staatsverbrecher. Zu einer Geldstrafe von 60 M.oder 6 Tagen Gefängnis verurteilte die Strafkammer des Land-gerichtS in Danzig den Parteisekretär Genossen August Horn ausStettin wegen Beleidigung des Polizeikommissars Schlickriede.Die Beleidigung soll bei Auflosung einer öffentlichen Versammlungam 26. November 1909 in Danzig durch die Worte:„Sie dürfendie Versammlung wegen Eintritts der Polizeistunde nicht auf-lösen, Sie haben keine Ahnung von dem neuen Vcreinsgesetz,'begangen sein. Der Angeschuldigte bestritt, die Redewendung:„Sie haben keine Ahnung' gebraucht zu haben. Der Polizei-iommijsar Schlickriede beschwor als Zeuge, daß diese Worte ge-fallen sind, und so erfolgte die Verurteilung. Der Staatsanwaltwollte dieses Verbrechen sogar mit 150 M. gesühnt wissen.Freigesprochen wurde Genosse S ch o ch von der.Niederrhein.Arbeiter-Zeirung' in Duisburg von der Anklage, die Gemeinde-Verwaltung in Hamborn beleidigt zu haben. In einem Artikelunseres Duisburger Parteiorgans wurde die Kanalisation in Hain-born einer Besprechung unterzogen und dabei klargelegt, daß dieGemeinde mit dem Kanalbau durch die betreffende Unternehmer-firma bemogelt werde und daß der die Kanalanlage beaufsichtigendeBeamte nicht nur den Sachverhalt kenne, sondern die Mogelei auchnoch begünstige. Es war auch in dem Artikel genau angegeben, inwelcher Weise die Unternchmerfirma auf Kosten der Sicherheit derKanalschächte den Extraprofit herausschlage.In der Verhandlung wurde der Wahrheitsbeweis inVollem Umfange erbracht. DaS Gericht sprach aus, daßzweifellos der Beamte, der die Aufsicht über die ordnungsgemäßeAusführung des Kanalbaues hatte, durch G e Ich g e f dj e n k e vomUnternehmer seine Unabhängigkeit diesem gegenüber eingebüßt, mitihm.Hand in Hand' gearbeitet und die„Augen zugedrückt' habe.Der Bauführer, Walgenbach ist sein Name, hatte unter Eidbekundet, daß er von den Ordnungswidrigkeiten nichts wisse unddaß, wenn wirklich so wie die Zeitung behauptet habe, gearbeitetsei. dann ja Gefahr bestehe, daß der Schacht zusammen-stürze! Daher sei eS.ganz ausgeschlossen', daß die Angaben richtigsein könnten. S o d i e erdliche Aussage des Beamten! Unddann das Resultat I Selbst der Staatsanwalt erklärte, daß die Staats-j anwaltschaft wahrscheinlich keine Anklage erhoben haben Würde, wennfie den Sachverhalt genauer gekannt hätte.Metzehde orbeMcheSetteralvttsaWjlltits desDeuWuTabMrbeittroertmdes.Braunschweig, 20, Juli.Tritter BerhandlungStag.Am Mittwoch morgen begann die Generaldebatte über die zumStatut, Streik- und Wahlreglement gestellten Anträge. Anträge,die sehr weitgehende und schtverwiegende Aenderungen herbeiführenwollten, lagen nicht vor. Da die Situation im allgemeinen einerBeitragserhöhung wohl nicht günstig ist, io waren nur aanz der-einzelte Anträge eingegangen, welche die Beiträge um ein'Geringeszu erhöhen bezweckten. Dagegen suchten eine größere AnzahlFilialen eine A e n d e r u n g in der Beitragszahlung, an Stelleder gegenwärtigen sechsklassigen Beitragsstaffelung eine solche invier oder gar in zwei Klassen(eine für männliche und eine fürweibliche) einzurichten. Wohl war verschiedentlich eine wesentlicheErhöhung des Eintrittsgeldes gefordert, ein Antrag Kre-fcld ging so weit, 1 Mark als Normalsatz und 2 Mark für wieder-holt Eintretende zu fordern. Dem Antrag wurde in zutreffenderWeise entgegengehalten, daß es für eine moderne Gewerkschaft nichtangängig ist, sich gewissermaßen mit einer chinesischen Mauer abzu-schließen durch ein fast unerschwingliches Eintrittsgeld.Wenn zwar nicht die Beiträge, so hatten die Sähe der der-schiedenen Unterstützungsarten zu erhöhen um so mehr Filialenbeantragt. H e i l b r o n n hatte der geforderten Erhöhung derStreik-, Gemaßregelten- und Krankenunterstützung den jedesmaligenausdrücklichen Vorbehalt angefügt:„ohne die Beiträge zu erhöhen',jedoch nicht gesagt, wo der Verband denn die Mittel hernehmensollte, die erhöhten Unterstützungen zu zahlen. Zwei Filialen hattenallerdings auch beantragt, die obligatorische Krankcnunterstützungzu einer fakultativen zu machen, eine andere, die Sterbeunter-stützung ganz abzuschaffen, während drei weitere Orte die Karenz-zeit zum Anrecht auf Krankenunterstützung für Neueintretende von26 Wochen auf ein Jahr heraufgesetzt wissen wollten. Diese letzteNeuerung wurde von Hübsch(Generalkommission) dringend zurAnnahme empfohlen. Er wies darauf hin, daß heute nur noch ganzwenige Organisationen diese einjährige Karenzzeit nicht eingerichtethaben. Dann warnte er nochmals vor jeder stärkeren Unter-stützungsbelastung und berechnete, daß allein durch den Wegfall derdreitägigen Karenzzeit bei der Krankenunterstützung, wie verjchie-dene Filialen es wollen, eine Mehrausgabe von mindestens 12 000Mark entstehen würde.Ein Antrag wollte, daß Werkmeister in Zukunft nicht aufge-nommen würden, da man verschiedentlich die böse Erfahrung machte,daß Werkmeister ihre Mitgliedschaft benutzen, um in den Verfamm-lungen zu horchen und Mitglieder und Verband zu schädigen. Voneinem Breslauer Delegierten wurde die Bildung einer Jugend-abteilung erwogen, nach dem Muster, wie sie kürzlich der Tex-tilarbeiterverband geschaffen. Ebenfalls war lebhafte Stimmungfür die Beschickung der von der Generalkommission eingerichtetenGewerkschaftskurse vorhanden, an denen der Tabakarbeiterverbandbisher aus den verschiedensten Gründen noch nicht teilnehmenkonnte. Den so zahlreich beantragten Erweiterungen der Unter-stützungseinrichtungen traten aber viele Delegierte energisch ent-gegen mit der Darlegung, daß die Hebung der Lage der Arbeiterdurch Unterstützungseinrichtungen immer nur Mittel zum Zweck,der eigentliche Selbstzweck des Verbandes aber die Hebung der Lageder Arbeiter durch die schärfftmöglichste Führung des Kampfes sei.Eine Richtung strebte zur stärkeren Gewinnung weiblicher Mit-glieder eine ganz niedrig« Beitragsklasse an, in der nur Streik-und Arbeitslosenunterstützung, dagegen keine Kranken- und Wöch-nerinnenunterstützung zur Auszahlung kommen sollte. So zeigtendie Meinungen und Bestrebungen, wie dem Verbände am bestenvorwärts zu helfen ist, eine bunte Vielseitigkeit, die aber in der Ver-schiedenartigkeit der Verhältnisse begründet liegt, unier denen inden einzelnen Bezirken die Produktion vor sich geht und die Agita-tion zur Gewinnung der Berufsgenossen von den verschiedenstenFaktoren beeinflußt wird.Den Standpunkt des Vorstandes vertrat in ausgiebiger Weiseder Vorsitzende Deich mann. Er warnte � vor grotzen—Experi-menten. nach denen die Zeit nicht angetan sei, und ersucht, alle dieAnträge auf Aenderung der Beitragsklassen, des Wahlreglementsusw. dem Vorstand zu überweisen, damit der nächsten Generalver-sammlung dann eine entsprechende Vorlage unterbreitet werdenkann. Er war bei der Wöchnerinnen-, Kranken- und Arbeitslosen-Unterstützung mit kleinen, von ihm näher erläuterten Erweiterungeneinverstanden. Damit jedoch die Mittel zur Führung der Kämpfedadurch nicht geschmälert würden, empfahl er als Aequivalent dieErhebung von Lokalbeiträgen und die scharfe Jnnehaltung der nachder Dauer der Mitgliedschaft gezogenen Staffelung bei der Aus.zahlung der Arbeitslosenunterstützung.— Sämtliche Anträge wur-den schließlich an eine Dreizehnerkommission verwiesen.Soziales.GewerbegerichtSwahl in Etolp.Einen glänzenden Sieg erzielten die freien Gewerkschaftenbei der Gewerbegerichtswahl im Stolp in Pommern. Bekanntlichwar die Wahl im vorigen Jahre, wo die Gewerkschaften mit einerMajorität von 30 Stimmen den Sieg davontrugen, für ungültigerklärt worden. Nach einem Jabre fand nun am 19. Juli die Neuwahl statt. ES erhielten die Kandidaten der freien Gewerkschaftendiesmal 878 Stimmen, der nationale Mischmasch brachte eS nurauf 645 Stimmen, trotz wüstester Agitation.In Pommern wird'S hell.Unfallursachen.Die Oberflächlichkeit so mancher ärztlicher Gutachten zu un-gunsten deS verletzten Arbeiters lehren recht viele Unfallprozcsse,so auch der nachstehend geschilderte:Der Lokomotivführer Paul L. hatte am 6. August 1908 durchBetriebsunfall eine Quetschung der rechten Schulter und Brust so-�wie eine Kontusion des Kopfes erlitten. Am 25. Januar 1909 istL. verstorben. Die Witwe des L. stellte bei der Tiefbau-Berufs-genossenschaft den Antrag auf Hinterbliebenenrente. Gleichzeitigbeanspruchte sie als Erbin ihres Mannes bis zu seinem Todestagedie Vollrente, da ihr Ehemann nach der 13. Woche bis zum Todes-tage völlig erwerbsunfähig gewesen ist. Die Berufsgeiiossenschaftlehnte die Entschädigungspflicht für die Witwe sowohl wie die biszum Todestage verlangte Vollrcnte ab. Den ablehnenden Stand-punkt begründet sie damit, daß L. seit dem 8. Dezember 1908 nurnoch an geringer Behinderung in der Beweglichkeit des rechtenSchultergelenks und Herabsetzung der rohen Kraft des rechtenArmS gelitten habe. Dafür sei eine Rente von 30 Proz. auS-reichend. Das Magenleiden stehe mit dem Unfall in keinem ur«sächlichen Zusammenhange.Für diese Annahme stützte sich die Berufsgenossenschaft aufdaS Gutachten des ersten behandelnden ArateS Dr. I., der bekun-dete,„von einer Kopfverletzung wurde nichts wahrgenommen, ob-gleich auch dieser Körperteil untersucht wurde", und des ProfessorsDr. Sch., der es für ausgeschlossen hielt, daß der Schädelbruch am6. August stattgefunden habe. Es müsse die Kopfverletzung sich derEhemann später außerhalb des Betriebes zugezogen haben.Die Witwe legte gegen den Bescheid Berufung beim Schieds-gericht für Arbeiterversicherung in K. ein. Sie machte geltend, daßder Schädelbruch bei dem Unfall stattgefunden hat. Denn ihrMann sei. als die Maschine mit den vier Wagen die Böschungherunterstürzte, im letzten Augenblick, ehe die Maschine in den Fluß(die Murg) kippte, abgesprungen. Hierbei ist L. mit dem Kops ausSteine aufgeschlagen. Wenn nun auch eine offensichtliche Kopf-Verletzung nicht festgestellt werden konnte, so scheine es dennoch hin-reichend wahrscheinlich, daß bei dem Sturz ein Schädelbruch statt»tzefmide» bat. Dafür spricht der»Mimt», daß der VerstorbeneunmiftelbÄ nach d'eK Unfall über starke Kopfschmerzen klagte unLsobald er den Kopf nach unten beugte, starken Schwindel und Uebel«keitsgesühl mit Erbrechen hatte. Das Erbrechen, welches von denAerzten der Berufsgenossenschaft auf ein Magenleiden zurück-geführt wurde, müsse als ein rein nervöses Leiden aufgefaßtwerden, das seine Erklärung in dem durch die Obduktion sest«gestellten Schädelbruch finde.Das Schiedsgericht forderte ein ärztliches Obergutachten vondem Herrn Professor Dr. C. B. in Berlin ein. Dieser bejahte denursächlichen Zusammenhang zwischen Tod und dem am6. August 1908 erlittenen Betriebsunfall. In dem Schluß-resümee des Obergutachtens heißt es:.. in Anbetracht endlichdes Umstandes, daß weder vor noch nach dem 6. August 1903 einanderer ähnlich gearteter Unfall, der als Ursache der Verletzungenin Frage kommen könnte, nachgewiesen ist, begutachte ich aufGrund des Sektionsergebnisscs und der sonstigen Feststellungennach bestem Wissen und Gewissen, daß die bei der von mir vor»genommenen Sektion des L. gefundenen Schädel-, Hirnhaut- undGehirnverlctzungen, die durch Hinzutreten von Hirnhautentzündungund Gehirnwassersucht den Tod des L. bedingten, mit größterWahrscheinlichkeit als Folgen des am 6. August 1908 erlittenenBetriebsunfalles angesehen werden müssen.'Nunmehr erklärte sich die Tiefbau-BerufSgenossenschaft— aufGrund des ärztlichen Gutachtens— bereit, den Tod als Unfallfolgeanzuerkennen. Die Witwe erhält ihre Rente.Auffallend ist die Oberflächlichkeit der Aerzte der Berufs-genossenschaft. Selbst Laien ist bekannt, daß auch da, wo einSchädelbruch nicht stattfindet, heftige Erschütterungen, wie siebeim Sturz und Fall sich ereignen, Gehirnerschütterungen, innereBlutungen und Erbrechen nach sich ziehen. Den Aerzten der Be-rufsgenossenschaft genügte aber, daß äußere Verletzungen deSKopfes nicht wahrgenommen wurden, um ein der Witwe un-günstiges Gutachten abzugeben.Eue Industrie und Kandel.Ein Vankbruch?Seit einiger Zeit verlautet an der Börse, daß die Nieder-deutsche Bank mit Schwierigkeiten zu kämpfen habe. Die Ge«rüchte wurden zuerst dementiert, bald aber mußte die Bank-leitung bekanntgeben, daß Aufsichtsrat und Vorstand des Institutsauf Anregung der Banken dieDeutscheTreuhand-Gesell«s ch a f t beauftragt habe, unverzüglich eine Revision derGesamtverhältnisse auszuführen. Weiterhin gab die Bankbekannt, daß sie für alle Fälle gerüstet sei; es verlautete, daß ihrvon Mitgliedern des Aufsichtsrates und von Großbanken erheblicheMittel zur Verfügung gestellt worden waren. Es herrschte viel-fach die Anschauung vor, daß eine Ordnung der Verhältnisse sichnunmehr in Ruhe vollziehen werde. Allein am 14. Juli teilte dieBank mit, daß infolge der Revision durch die Deutsche Treuhand«Gesellschaft ihre Kassen drei Tage lang geschlossenbleiben. Daß die Kassenschließung auf die Dauer von drei Tagennicht allein durch die Revision bedingt wurde, konnte keinem Zweifelunterliegen, ähnliche Revisionen in noch viel größerem Umfangeerfolgen häufig genug, ohne daß dadurch etwa eine Stillegung desBetriebes erforderlich wird. Bald stellte sich nun die Notwendigkeiteiner Hilfsaktion heraus und die Reichsbank ergriff dazuselbst die Initiative. Herr Bassermann forderte noch dazuin einem Telegramm die Regierung auf, alles zu tun, um derBank zu Hilfe zu kommen. Bis jetzt haben die Beratungen derBanken noch zu keinem Resultat geführt. ES scheint aber sicherzu sein, daß das Aktienkapital von 12 Millionen Mark alSverloren anzusehen ist. Fraglich ist nur. ob wenigstens disGläubiger voll befriedigt werden können.Man chckt die Enkwickelüng det Niederdeutschen Bank, die inden letzten Jahren in einem Eiltempo Erweiterungen vornahm,in Fachkreisen vielfach mit Skepsis betrachtet, der Ausdehnungs-drang schien schon früher nicht unbedenklich. Sie ging aus derWestfälischen Bankkommandite Ohm, Hernekamp u. Co. hervor.die neue Firma hat sie im Mai 1909 angenommen. Im Jahre1907 übernahm sie die Bankfirmen I. Schwabe u. Co. in Göttingen,C. Breusing in Osnabrück und Wolfs u. Zomber in Bremerhaven,die als Zweigniederlassungen fortgeführt wurden. 1908 wurdeder Spar- und Kreditverein in Godesberg übernommen, im Jahre1909 erfolgte die Uebernahme der Bankfirmen Louis Wolff inHamburg und C. W. Schmitzdorff in Brandenburg a. d. Havelsowie die Uebernahme der Kreis Vergheimer Volksbank. MitteApril dixseS Jahrcs errichtete das Institut, das in Dortmundseinen Sitz hat, noch eine neue Filiale. Es unterhält zurzeitZweigniederlassungen in Bedburg, Brandenburg, Münster i. W.,Hamburg, Horrem, Paderborn, Hannover, Essen, Göttingen,Gelsenkirchen, Hörde, Emden, Bremerhaven, Bremervörde,Bramsche, Burgsteinfurt, Coesfeld, Emsdetten, Godesberg,Kloppenburg, Lüdinghausen, Melle, Oelde, Osnabrück, Warendorf,Ortrup. Die Verpflichtungen der Niederdeutschen Bank,deren Grundkapital 12 Millionen Mar! beträgt«werden auf etwa 40 Millionen Marl geschätzt.Vom Slahlwerksverband. Aus Düsseldorf wird tele-graphiert: In der heutigen Hauptversammlung des Stahlwerks-Verbandes wurde über die Geschäftslage mitgeteilt: Aufdem Inlandsmarkte von Halbzeug ist eine wesentliche Ver-änderung gegenüber dem Vormonat nicht eingetreten. Der Ein»gang von Spezifikationen ist befriedigend, jedoch ist zu erwarten.daß die mit der Jnventuraufnahme verbundene stillere Zeitsowie der eben erst beendete Metallarbeiterstreik im Hagen»Schwelmer Bezirk den Versand störend beeinflussen.Das Auslandsgeschäft liegt weiter ruhig. In schweremEisenbahnmaterial wurde die vorläufige Schätzung deSGesamtbedarfes der preußischen Staatsbahnen inSchienen und Schwellen aufgegeben. Nach diesen Angaben hatsich unsere, im letzten Bericht ausgesprochene Befürchtung, diedurchschnittlichen AuftragSmcngen der letzten Jahre würden wiedernicht erreicht werden, verwirklicht, indem der Bedarf für 1911gegenüber dem Vorjahre um über vierzigtausend Tonnen zurück»bleibt. Der Jnlandsabsatz muß daher einen weiteren Rück-gang erfahren, wenn nicht noch größere Nachbestellungen heraus-kommen werden. Bessere Aussichten scheint die kommunale undprivate Bautätigkeit hinsichtlich der Anlage von Klein- undNebenbahnen zu bieten, daher eine ganze Reihe von Projekten derErledigung harren. Das Auslandsgeschäft lag nach wievor recht befriedigend und brachte eine weitere Anzahl großer Ab»schlüsse herein. Der Absatz nach dem Ausland bewegte sich insteigender Richtung und der AuSlandsversand in Eiscnbahnmaterialim Juni überstieg zum erstenmal den des Inlandes. In R i l l en»schienen war der Abruf sowohl vom Inland als vom Auslandbefriedigend, und die Rillenschienenwerke sind noch für mehrereMonate mit Arbeit versehen. Ebenso gehen in Gruben,schienen die Spezifikationen in hinreichendem Umfange ein.namentlich vom Auslände, wo nur in der Prcisstellung derbelgische Wettbewerb störend auftritt. In Formeisenwirkte die Beilegung der Bauarbeiter- Aussperrung be-lebend auf das Geschäft, und die seitherige Zurückhaltungmachte einer besseren Abschlußtätigkcit Platz. Der vollen Wieder-ausnähme der Bautätigkeit standen zum Teil noch die schlechtenWitterungsverhältnisse entgegen. DaS Auslandsgeschäft hat sichweiter befriedigend gestaltet und d« Spezifikationseingang ist indiu lstztkv Wochen reger geworden.