ÜEöBalatBetf crföfcöt'eg. Der VorfitzenBe DeichSiannvnd die Kollegen Eberls. Bremen und Schmidt- Dresdenwurden als Delegierte zu diesem Kongreß gewählt.Da am Nachmittage sofort mit einem Referate deS Vorfitzenden De i ch ma n n über: Minimallöhne und Tarif.Verträge in der Tabakinduftrie begonnen werden sollte,wurden noch einige unter„Sonstiges" rubrizierte Anträge behan»idelt, wobei nach längerer Debatte die Verlegung des Vorstands-sitzes nach Süddeutschland gegen 5, die Abhaltung der General-Versammlung statt aller zwei, aller drei Jahre gegen 3 Stimmenabgelehnt wurde. Ein Antrag, daß nur solche Kollegen zu einerAnstellung im Verband gelangen sollen, die mindestens fünf JahreMitglied sind, wurde einstimmig abgelehnt,D e i ch m a nn referierte nunmehr überMinimallöhne und Tarifverträge.Er betont,'daß die Gautagungen sich mit der Aufstellung der imEntwurf aufgestellten Forderungen einverstanden erklärt habenAnd die Generalversammlung nur noch ihre Zustimmung gebenmüsse, damit der Vorstand energisch in dieser Sache vorgehenZönne. Redner entwirft ein Bild der bisherigen Bestrebungen zurErreichung von Minimallöhnen. Schon im Jahre 1848 haben dieKollegen in Mannheim und Heidelberg derartige Forderungen er-hoben; dasselbe Bestreben zeigte sich auch in Norddeutschland,jedoch waren die inneren Kämpfe, die innerhalb der Arbeiterschaftselbst tobten, und die politischen Anschauungen nicht günstig fürdie Erringung von Minimallöhnen in der Tabakindustrie. DieFrage ist aber nicht zur Ruhe gekommen, sie hat sich vielmehr da-zu ausgewachsen, daß zurzeit in 176 Orten Firmentarifefür 577 Betriebe mit 2818 Beschäftigten, darunter 1070 weiblichen,zum Abschluß gekommen sind.Bei Abschluß eines L a n d e S t a r i f s für die Zigarren-Industrie mutz besonderer Wert auf die Verkürzung und Rege«sung der Arbeitszeit gelegt werden. Dies sei dringend notwendig,um den Gesundhcitsstand der deutschen Tabakarbciter zu bessern.Nach Ermittelungen des Verbandes fallen auf die männlichen Ver»bandskollegen im Durchschnitt pro Kopf 6,64 Proz., auf die Weib»lichcn dagegen 12,72 Proz. Krankentage. Der hohe Prozentsatzder Arbeiterinnen ist auf die starke Belastung derselben durch Er-werbs- und häusliche Arbeit zurückzuführen.Der Tarifentwurf sieht für Formerarbeit 7,70 M.(5 M. fürRoller und 2,70 M. für Wickelmacher), für Hand- oder Pennal-arbeit 11 M.(7,20 Roller und 3,80 Wickelmacher), für Arbeiterder Handpresse 0,60 Bs.(6,20 M. für Roller und 3,80 M. fürWickelmacher) bei freier Zurichtung vor.Der Mindestlohn für im Tagelohn beschäftigte Zurichter bezw.NuSsucher soll 2,25 M. und der der Zurichterinnen 1,50 M. täglichbetragen. Für die beschäftigten Heimarbeiter wird ein fünfpro-zentiger Lohnzuschlag gefordert.Nach Möglichkeit sind die einzustellenden Arbeiter von dem imGau oder am Orte befindlichen Arbeitsnachweis des DeutschenTabakarbeiterverbandes zu entnehmen.D e i ch m a n n läßt die Begründung dieser Forderungen aus-klingen in der Mahnung, daß die Tabakarbeiter nur durch ihreOrganisation stark und machtvoll ihre Interessen vertreten können,daß aber auch alle Tabakarbeiter sich den Konsumvereinen an-schließen müssen, um der Unterstützung der organisierten Arbeiterals Konsumenten gewiß zu sein.Folgende Resolution wird mit zur Debatte gestellt:„Die 14. ordentliche Generalversammlung des DeutschenTabakarbeiterverbandes bestätigt die Beschlüsse der im Jahre1900 abgehaltenen Gaukonferenzen bezüglich Aufstellung derMinimallohnbestimmungen und Abschluß von Tarifverträgenfür die Arbeiter der Zigarrenindustrie und beauftragt die Ver-bandsleitung, auch für die Arbeiter des Zigaretten-, Kautabakund Rauchtabakgewerbes Minimallohnbestimmungen auSzu-arbeiten. Zur Begutachtung und endgültigen Bestätigung dieserBestimmungen sind von der Verbandsleitung Bianchenkpnfe«renzen einzuberufen.-->Huö Induftm und FtandeLUntreue schlägt den eigenen Herr».ES war ergötzlich zu sehen, wie die deutsche und österreichischeHandelspresse gegen den amerikanischen Petroleumtrust wetterte.Selbstverständlich aus reinem Patriotismus I Ist es nicht unerhört,daß amerikanische Kapitalisten das Geschäft in Deutschland machen,wo wir doch einheimische Geldsäcke genug haben, die den Profitschlucken möchten? Und dann die Sorge um die Konsumenten,um den kleinen Mann, der sein bißchen Petroleum immerteurer werde bezahlen müssen, wenn man eS so weit kommen lasse,daß die Amerikaner daS Monopol in Deutschland haben I— Werdie Zusammenhänge kennt, lachte dazu. Denn eS handelte sich hierganz einfach um den Kampf zweier Kapitalistengruppen, und demdeutschen Konsumenten kann es wirklich gleichgültig sein, ob ihm voneinem amerikanischen oder von einem deutsch-österreichischen Trust daSFell über die Obren gezogen wird. So viel war ja von vornherein klar, daßin demselben Augenblick, wo die Amerikaner zurückgedrängt wurden,die anderen Petroleumlieferanten— vornehmlich die österreichischen—ihre Preise in die Höhe schrauben würden.DaS Geschrei dieser seltsamen.Patrioten' hat nun be-kanntlich die österreichische Regierung zu Gewaltmaßregeln gegendie Standard Oil Co. verleitet. Man hat ihren Betrieb inOesterreich geradezu lahmgelegt. Und nun will es eine köstlicheIronie des Schicksals. daß zu allererst diejenigen deutschenKapitalisten geschlagen werden, tn deren Interesse die Bekämpfungder Amerikaner verlangt worden ist l Sowie die Raffinerie derAmerikaner z. B. kein Benzin mehr liefern konnte, haben die anderenösterreichischen Raffinerien den Preis für Benzin um ca. 30 Markpro Tonne erhöht. Man sieht, die Herren verstehen, verdienengroß zu schreiben. Was daS aber für die deutschen Abnehmer zubedeuten hat, lehrt folgender Notschrei, den wir in der HandelszeitungdeS»B. T." finden:„Die Maßnahmen der österreichischen Regierung haben zur Folgegehabt, daß die Vacuum Oil Co. in Oesterreich ihren Betrieb wesent«lich einzuschränken gezwungen war und ferner die der Standard OilCo. nahestehende französische Raffinerie Limanova ihren Betrieb ganz-lich einstellen mußte. Die letztere Gesellschaft steht nun miteiner großen Anzahl deutscher Importfirmen in Geschäfts-Verbindung und ist infolge der Betriebseinstellung nicht in derLage, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Eine hiesige Firmahatte mit der franzvfische» Petroleumlicht- und Kraftgesellschaftin Limanova einen BenzinlieferungS- Vertrag abgeschlossen.Während die Petroleumlicht- und Kraftgesellschaft sich darauf berief,daß sie an der Erfüllung deS Vertrages durch„höhere Gewalt' ver-hindert sei, kann die deutsche Firma ihren Abnehmern gegenüberleine„höhere Gewalt' vorschützen, sondern ist gezwungen, ihre Ver-träge einzuhalten und ihren Bedarf bei anderen Raffinerien einzu»decken. Da eS sich bei dem erwähnten Lieferungsvertrage um Benzinaus österreichischem Erdöl handelte, so ist die Firma genötigt, daS Benzinvon anderen österreichischen Raffinerien zu beziehen, die aberinzwischen den Preis für Benzin um zirka 30 M. pro To. erhöhthaben, so daß sich für die deutsche Firma eine nicht unerheblicheGeschästSschädigung ergibt. Wie verlautet soll auch noch eine ganzeReihe anderer deutscher Firmen ebenfalls durch die Nichterfüllungvon Lieferungsverträgen seitens der Raffinerie in Limanova ge-schädigt sein."DaS„V. T.' gehört zu denjenigen Handelsblättern, die feitmehr denn Jahresfrist am heftigsten nach Gewaltinaßregeln derRegierungen gegen die'Standard Oil geschrien haben. Jetzt sitzt eSan den Wassern Babylons und klagt:„Die Vorteile, die für den deutschen Handel daraus entspringenkönnen, daß die Macht des amerikanischen Petroleumtrustes an einerStelle gebrochen wird, muß auf der anderen Seite wieder vollständigillusorisch werden, wenn die österreichischen Raffinerien den Wegfallder amerikanischen Konkurrenz sofort dazu ausnutzen, ihrerseits diePreise zu erhöhen; denn ob der deutsche Händler bei seinem Einkaufeinem amerikanischen oder österreichischen Trust gegenilbersteht, istfür den deutschen Handel von gleich schädigender Wirkung.'Ungefähr dasselbe haben wir bereits vor einem Jahre gesagt.Die amerikanischen Eisenbahnfrachten. Wie anS Washingtontelegraphiert wird, ist die vor kurzer Zeit angekündigte Er-höhung der Frachtsätze der östlichen Bahnen in Gemäßheiteines Abkommens zwischen den Bahnen und dein Präsidenten derzwischenstaatlichen HandelSkommission bis zum 1. November aufeigene Veranlassung der Bahnen suspendiert worden. DerPräsident erklärte, die Kommisston werde ihre Untersuchung be-züglich der Berechtigung der vorgeschlagenen Erhöhungen be-schleunigen in der Hoffnung, die Angelegenheit vor dem 1. Slovcuiberzur Entscheidung zu bringen.Soziales., Zur Stellenvermittelung.Die auf Grund der Gewerbeordnung erlassenen Ministerial-Vorschriften über den Gewerbebetrieb der Gesinde- und Stellen-vermittler bestimmen, daß die Vermittler außerhalb ihrerGeschäftsräume mit Stellensuchenden zumZwecke der Vermittelung nicht in Verkehr tretensollen. Der Minister hat nun 1007 bestimmt, daß die Vor-schriften seines Erlasses nicht Anwendung finden sollen auf dievon Berufsvereinen eingerichteten Stellenvermittelungen,wenn sie nicht gewerbsmäßig betrieben werden. In einer Straf-fache gegen den Stellenvermittler Hennig war dieFrage zu entscheiden, wie eS sich mit der Anwendung jener Vor-schriften verhält, wenn ein gewerbsmäßiger Stellenvermittlereinen Auftrag von einem Berufsverein hat. Ihn hatte der Ge-schäftsführer des Vereins oft preußischer Landwirtebeauftragt, mit Arbeitern in einer Kneipe zusammen zu treffenund Verträge abzuschließen. Das hatte H. getan. Er wurde des-halb wegen Uebertretung deS Verbots, außerhalb der Geschäfts-räume mit Stellensuchenden in Verbindung zu treten, angeklagt.Die Strafkammer in Tilsit sprach ihn jedoch freimit Rücksicht auf die. Vorschrift über die Stellenvermittelung vonBernfsvereinen. Er habe gemäß einem Auftrage eines solchen Be-rufsvereinS gehandelt, auf den die Vorschriften der Ministerial-Verordnung nicht Anwendung finden, er hätte deshalb mit denArbeitern in der Kneipe zusammentreffen und mit ihnen dortVerträge abschließen können.Das Kamniergericht hob dieser Tage daS Ur-teil auf und verwies die Sache zu andcrweiter Entscheidung andaS Landgericht zurück. Begründund wurde ausgeführt: Zu Un-recht habe die Vorinstanz hier die Vorschrift angewandt, wonachBerufsvereine, die nichtgewerbsmäßig Stellen vermitteln, nichtunter die Ministerialderordnung fielen. Eine solche Stellenver-Mittelung liege darin, daß die Organe der Vereinigung dieStellenvermittelung besorgten. Anders läge es hier. Denn hiersei ein gewerbsmäßiger Stellenvermittler in Tätigkeit getreten.Ein solcher habe sich stets nach den ministeriellen Vorschriften zurichten. Dabei sei es ganz gleichgültig, ob ein Berufsverein oderdessen Organ diesen Stellenvermittler mit der Vermittelung be-auftragt habe oder irgendein Arbeitgeber. Der Angeklagte hättedarum nicht in eine Kneipe gehen dürfen, um dort mit den rufst-schen Arbeitern Verträge abzuschließen. Er müsse verurteiltwerden. Wegen der Strafzumessung müsse die Sache gy dieStrafkaNWr zurückgehen._Sericbts- Leitung.Ein tragikomisches Abenteuer eine» Justizrats und Notar!beschäftigte gestern unter Vorsitz deS Landgerichtsdirektor» Krllgrrdie 7. Ferienstrafkammer de» Landgerichts l. Wegen»ffentlicherBeleidigung und Freiheitsberaubung war der Buchhalter BrunoSachs angeklagt. Der Anklage liegt folgender Sachverhalt zu.gründe: Der verstorbene Kaufmann Louis Sachs hatte durchTestament vom 20. April 1004 seinen beiden Neffen, dem jetzigenAngeklagten und dessen Bruder Walter, ein Kapital von 23080 M.in Wertpapieren vermacht. Da Walter S. viel Schulden hatte,hatte der Erblasser in dem Testament bestimmt, daß dieser lediglichden lebenslänglichen ZinSgenuß des Kapitals haben sollte, währenddaS Kapital selbst dem jetzigen Angeklagten zufiel. Die Wert»Papiere wurden laut Testament von dem TestamentsvollstreckerJustizrat und Notar Kleckow in Grünberg in Schlesien als ge-sperrteS Depot der Neichsbank übergeben. Als jedoch wiederholtGläubiger deS Walter G. dessen Zinsanspruch bei der Reichsbankpfänden ließen, forderte diese die Rücknahme des Depots, um diemit den Pfändungen verbundenen Scherereien loszuwerden. Umdas Depot abzuheben, begab sich Justizrat Kleckow in Begleitungdes Angeklagten zur Reichsbank, wo er daS Paket Wertpapiere inEmpfang nahm. Seine Absicht, die Papiere der Deutschen Bankzu übergeben, scheiterte daran, daß diese keine gesperrten Depotsannahm. Da ein sogenanntes offenes Depot, von welchem derInhaber jeden Tag Abhebungen machen konnte, nicht im Slnne desErblassers war, teilte Justizrat Kleckow dem Angeklagten mit, daßer«st eine gerichtliche Entscheidung darüber herbeiführen wolle.—Der Angeklagte stellte nun an den Justizrat daS unverständlicheAnsinnen, ihm die Papiere zu übergeben. Als dieser das Ver-langen unter Hinweis auf die Bestimmungen deS Testaments ab-lehnte, drohte ihm der Angeklagte mit einer Anzeige bei der An-waltskammer. Als Justizrat K. auf diese Drohung hin weitereUnterhandlungen mit dem Angeklagten ablehnte und eine Droschkebestieg, um nach einem Weinrestaurant zu fahren, wo ihn seineTochter erwartete, lief der Angeklagte hinter der Droschke her,um an der Ecke der Friedrichstraße und unter den Linden einenSchutzmann heranzurufen und den Justizrat in aller Form ver-haften zu lassen. Der Angeklagte ließ dabei Worte fallen, auswelchen hervorging, daß er den Justizrat deS Diebstahls an denPapieren beschuldigte. Trotz deS energischen Protestes deS„Ver-hafteten' bestieg der Schutzmann die Droschke und alle dreifuhren nach dem nahegelegenen 2. Polizeirevier. Als der An-geklagte hier von dem Pohzeiwachtmeister Rumpf gefragt wurde,weshalb er die Festnahme des JustizratS veranlaßt habe, ant-wartete er ausweichend, daß man in der letzten Zeit sehr viel vonVeruntreuungen durch Rechtsanwälte und Notare in den Zeitungengelesen habe. Justizrat K. wurde sofort wieder auf freien Fußgesetzt, war aber doch immerhin durch die„Verhaftung' über einehalbe Stunde seiner Freiheit beraubt. DaS Gericht erkannte mitRücksicht darauf, daß sich der Angeklagte eines groben Eingriffesin die persönliche Freiheit eines untadelig dastehenden Mannesschuldig gemacht habe, auf eine Gefängnisstrafe von 2 Mvnate».Ist ein Mitglied be» SteuerauSschusse» Beamter?Diese Frage beschäftigte die vierte Ferien-Strafkammer de»Landgerichts Berlin 1.Bernhard Schreiber betreibt in der Grenadierstraße ineinem Kellerverlaufslokal«inen Kolonialwaren-, Butter- undSpirituosenhandel. Eine? Abends gegen TVj Uhr, als das Ver-kaufslokal mit Käufern dicht gefüllt war, erschien plötzlich dasMitglied des SteuerauSschusse» Leopold Liehr,der in der Grenadierstraße eine Schankwirtschaft betreibt, in demSchreiberschen Vcrkaufskeller. Er fragte den Ladeninhaber, nach-dem er sich vorgestellt hatte, ob er die Konzession zum Verkauf vonSpirituosen besitze.„Gewiß besitze ich diese Konzession." versetzteSchreiber.„Wollen Sie mir die Konzession vorzeigen, ich bin vomSteucrausschuß beauftragt, bei Ihnen zu revidieren." bemerkteLiehr.„Ich habe die Konzession in meiner im dritten Stock be.legencn Wohnung," bemerkte Schreiber.„Sie sehen, mein Lokalist voll von Käufern, in einer halben Stunde muß ich schließen, ichkann daher das Schriftstück augenblicklich nicht herunterholen. Ichbitte aber, mir zu glauben, daß ich die Konzession besitze. Morgenvormittag btn ich gern bereit, Ihnen die Konzession zu unter-drxjM. � Zik iennen fchojt perskhexj sein, paß jch miH Weg!ver?e, Spirituosen ohne Konzession zu BerfoufeN, zumal ich Ausländer bin."„Ihr galizischen Juden, Ihr Ausländer seid zu allemfähig!" rief Liehr mit lauter Stimme. Aus Anlaß dieser inGegenwart von vielen Kunden getanen Bemerkung forderte Schrei-ber Liehr wiederholt auf, den Laden zu verlassen. Letzterer sollaber noch etwa zehn Minuten im Laden verweilt haben. Schreibererstattete dieses Vorganges wegen Anzeige. Infolgedessen hatte sichL. wegen Amtsanmaßung, Hausfriedensbruch undBeleidigung zu verantworten. Der Vorsitzende des Steuer-ausschusses. Regierungsrat Ouensel, bekundete alsZeuge: Ter Angeklagte sei kein Beamter und habe nur auf aus-drücklichen Beschluß des Steuerausschusses die Befugnis, Revi-sionen vorzunehmen. Trotz des Leugnens des Angeklagten hiellder Staatsanwalt die Anklage, da sie durch mehrere Zeugenunterstützt wurde, in vollem Umfange aufrecht und oeantragte, inBerücksichtigung des Umstandes, daß anscheinend ein gewisser Kon-kurrenzneid die Triebfeder des Handelns des Angeklagten war,150 Mark Geldstrafe.— Nach kurzer Beratung des Ge.richtshofes verkündete der Vorsitzende. LandgerichtSdirek»tor Wille: Der Gerichtshof hat die Frage, ob der AngeklagteBeamter ist, unentschieden gelassen. Der Gerichtshof hat aber dieUeberzeugung gewonnen, der Angeklagte ist der Meinung gewesen,er sei Beamter und habe auch dce Befugnis zum Revidieren. Erist daher von der Anklage der Amtsanmaßung und des Haus-friedensbruchs freigesprochen worden. Dagegen hat er sich einergroben Beleidigung schuldig gemacht. Der Gerichtshof hat deshalbauf 30 Mark Geldstrafe eventuell fünf Tage Haft erkanntund, soweit Verurteilung erfolgt ist. dem Angeklagten die KostendeS Verfahrens auferlegt._In dem Grünbungsschwinbelprozeß,in welchem eS sich, wie mitgeteilt, um recht umfangreiche Kaution»-und Kreditschwindeleien der auf betrügerischer Basis gegründeten„Internationalen Tief-, Hoch- und Brückenbetonbau-Kompagnir"bandelte, wurde gestern nachmittag nach dreitägiger Verhandlungdas Urteil verkündet. Es lautete: gegen den Kaufmann WilhelmHermann auf 3 Jahre Gefängnis und 5 Jahre Ehrverlust, gegenden Händler Heinrich Kunert auf 9 Monate Gefängnis, welche durchdie erlittene Untersuchungshaft als verbüßt erachtet wurden, gegenden Maurerpolier Karl Bergeler auf 9 Monate, gegen denMaschinenbauer Georg FuchS auf 6 Wochen und gegen denReisenden HanS Kendzierski auf 4 Wochen Gefängnis. Der An-geklagte Werkzeugschlosser Karl Grieben wurde freigesprochen.,.Dicnstbotenclend.Der Bauerngutsbesitzer Albert Schwarzlose au? Buckow stand,wie wir der„Brandenburger Zeitung' entnehmen, dieser Tagevor dem Schöffengericht in Rathenow wegen Mißhandlung seinesfrüheren Dienstmädchens. Der Anklage liegt folgender Sach-verhalt zugrunde. Am Morgen des 21. April d. I. starb plötzlichunter eigenartigen Umständen die beim Angeklagten beschäftigteDienstmagd Anna Stage aus Rathenow. Der plötzliche Todesfallgab sehr bald zu dem Gerücht Veranlassung, daß der Tod infolgevon Mißhandlungen, die dem Mädchen an dem betreffendenMorgen von dem Dienstherrn zugefügt worden, eingetreten sei.Auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft wurde schließlich dieLeiche ausgegraben und obduziert. Die Untersuchung ergab, daßder plötzliche Tod auf eine Geschwulst im Gehirn, die sich dort all-mählich entwickelt hatte, zurückzuführen ist. ES wurden an derLeiche aber auch mannigfache Spuren äußerer Verletzungen, dieauf Mißhandlungen schließen lassen, konstatiert.Die Beweisaufnahme in der Verhandlung ergab, daß dieStage feit längerer Zeit und namentlich des Nachts von heftigenKopfschmerzen und Uebelkeit geplagt wurde. Nach solchen An»fällen war sie des Morgens stet» müde und ging schlaftrunkenan ihre Arbeit, so daß die Dienstherrschaft von ihrem ZustandeKenntnis haben mußte. Auch in der Nacht zum 21. April hattedie Stage solche Anfälle gehabt. Die Dienstmagd Gräf, die mitihr die Schlafkammer teilte, war sogar infolge de» Stöhnen» de?Leidenden aufgewacht. Als die Mädchen in der Frühe gewecktwurden, stand die Gräf sofort auf, während die Stage liegen blieb.aber versprach, gleich nachzukommen. Als sie trotz mehrmaligenRufen» immer noch nicht kam, gingen die Ehefrau de« Angeklagtenund die Gräf zur Kammer, um die Schlafende durch Besprengenmit Wasser munter zu machen. Sie fanden daS Mädchen nur mitdem Hemd bekleidet vor dem Bette kauernd anscheinend krankvor. Auf die Frage der Frau was ihr fehle, erwiderte daSMädchen, daß ihm sehr schlecht sei. Inzwischen war der über daSAusbleiben deS Mädchens aufgebrachte Angeklagte in der Kammererschienen und schlug ohne weiteres auf die am Boden Kauerndemit einem Nohrstock ein. Die Kranke brach nun völlig zusammenund mußte darauf in» Bett gelegt werden. Kurze Zeit daraufwurde das Mädchen tot im Bette aufgefunden. Der Angeklagteräumte ein, die Stage mit einem„ganz dünnen Rohrstöckchen"aufS Gesäß geschlagen zu haben, er will indessen nur zwei Schlägegetan und den krankhaften Zustand deS Mädchens nicht gekannthaben. Daß indessen die Mißhandlungen durchaus nicht gering.fügig gewesen sein können, ergibt sich auS den Angaben des Kreis-arzteS, Medizinalrat Dr. Gottschalk, der die Leiche untersuchthat. Danach wies die linke Stirnseite der Leiche mehrere blut»unterlaufene Stellen aus. Mehrere 10—11 Zentimeter lange und1 Zentimeter breite Striemen zeigten sich in der Gegend desrechten Oberschenkels und Gesäßes. Auf beiden Oberschenkel»befanden sich außerdem je drei kurze genau nebeneinander laufendeStriemen von 3 Zentimeter Länge und 1 Zentimeter Breite, dienicht von Stockschlägen herrühren können, sondern durch Schlägemit einem anderen Gegenstande, vielleicht einer Riemenschnalle,hervorgerufen sind. Ferner wies der linke Ellenbogen Lex-särbungen auf. die von Blutergüssen herrühren.Das Gericht erkannte trotz der Roheit und Schändlichkeit derHandlung des Angeklagten dem Antrage des Amtsanwalts ent-sprechend auf nur—. 20 M. Geldstrafe. Wie hoch wäre wohl dieStrafe ausgefallen, wenn etwa die schwerkranke Fvau des Richter»in dieser Welse in fast unbekleidetem Zustande verprügelt wordenwäre?Schutz gegen Schutzleute.ES verdient registriert zu werden, wenn Schutzleute vom Ge.richt wegen Mißhandlungen verurteilt werden. Das um so mehr.al» die übcrmeisten Klagen über Mißhandlungen auf Polizei,wachen oder auch auf der Straße, z. B. gelegentlich der Wahl-rcchtSdemonstrationen. zu einer Verurteilung der Schutzleute nichtführen.AuS Kiel ist der seltene Fall zu melden, daß zwei Polizei-liche Rohlinge von dem Arme der Gesetzlichkeit erfaßt worden sind.Tie Hilfsschutzleute Gallinat und Schindler wur-den von der Strafkammer zu je drei Monaten Gesang-n i s verurteilt, weil sie«inen S2jährig«n Erdarbeiter schwermißhandelt hatten. Der Mitangeklagte HilfsschutzmannSchulz wurde freigesprochen. Die Schutzleute warenangetrunken von Holtenau gekommen, und zwar an einemAbend im März. Auf dem nördlichen Ufer des Nord-Ostfeekanalsbegegneten sie dem Erdarbeiter, der einen von ihnen in der Dunkel,heit versehentlich anstieß. Dafür ohrfeigten zwei von denSchutzleuten den Arbeiter. Dieser setzte sich nun zur Wehr undschlug mit seiner Kaffeeflasche um sich. Er wurde zu Bodengeworfen, mit Fausten bearbeitet und mitFüßen getreten. Dann gingen die Schutzleute, kehrten aberbei der Drehbrücke, die über den Kanal führt, plötzlich wiederum. Einer schlug nun dem am Boden liegenden wehr-losen alten Arbeiter mit einem Latten st ück überoen Kopf, daß die Latte zerbrach, der andere zogden Säbel und schlug damit auf den Arbeiterein. Der so Mißhandelte blieb bewußtlos auf derStraße liegen, wurde später im Sanitätswagen nach derchirurgischen Klinik in Kiel gebracht, wo er drei Wochen in Be-Handlung war. So hat sich der Vorfall nach den Aussagen zahl»reiche; Zeuges ghgcspielt. Der mißhandelte Ardeiter kennt»