SUf?aS Preüh'enhaüS auch 8er beste Schutz 8es Reichstagswahlrecht- sein." Endlich sagt P. zu der Anschauung, daß eine Massenstreik- Bewegung oie Erfolge, die unS bei den Wahlen winken, gefährden würde, daß sie allerdings die Kleinbürger abstoßen würde, daß da- gegen große Arbeitermassen,„die bis jetzt bei den Wahlen, durch starke religiöse oder ideologische Bande gebunden, unsere Gegner wählten, sich bei einer so urwüchsig-proletarischen Aktion wie einen Massenstreik, durch ihr proletarisches Empfinden leiten lassen, sich an unserem Kampfe beteiligen und damit auch für später gewonnen Werden" würden. Der Artikel schließt dann: «Wer darauf gerechnet hat, diese kleinbürgerlichen Scharen bis zu den nächsten Wahlen festzuhalten, um mit ihnen die feindlichen Parteien aufs Haupt zu schlagen, der muß gegen jeden Versuch eines Massenstreiks sein, denn dadurch könnten diese Wähler verscheucht werden. DaS ist, glauben wir, auch der realste Kern des Widerstandes, den der Gedanke deS Massenstreiks unter den führenden Politikern findet. Nun ist es schon fraglich, ob sie recht haben, ob wir an Arbeitern nicht gleich viel gewinnen, als wir an Kleinbürgern verlieren. Aber hier liegt jedenfalls die Frage, um die es sich handelt bei der Wahl der Taktik, und nicht in solchen Argumenten, wie z. B. denen, daß die Arbeiter bei einem Massenstreik eine Niederlage erleiden könnten, die sie ent- mutigen wird, oder daß sie gezwungen wären, gegen ihren eigenen Willen weiterzugehen, als mit Aussicht auf Erfolg mög- lich ist. Wer der Meinung ist, daß die Kraft der politischen Um- gestaltung nur bei dem organisierten Proletariat liegt, und daß die schwankende kleinbürgerliche Masse dabei bedeutungslos ist, für den kann die Wahl nicht zweifelhaft fein. In der Organisa- tion, der Schulung, der Kampfbereitschaft möglichst großer Prole- tariermassen liegt allein unsere Zukunft; an sie muß man auch nach den glänzenden Wahlsiegen immer wieder appellieren. Alle kleinbürgerlichen Mitläufer helfen dabei nichts. Daher vor allem darf man der noch so glänzenden Aussicht auf einen großen Wahlsieg nicht eine Aktion opfern, die vor allem das Kraft» bewußtsein, die Geschlossenheit und die revolutionäre Erfahrung der organisierten Arbeitermassen fördern würde/ Oer Krelswaljlvereln für IDederbarnlm hielt seine Generalversammlung am Sonntag im Cafe Bellevue in Rummelsburg ab. Anwesend waren 8S Delegierte, 24 Bezirksleiter, 16 Vorstandsmitglieder, 1 Vertreter des Zentralvorstandes. Als erster Punkt stund auf der Tagesordnung der Tätigkeitsbericht des Borstandes. Der Kreisvorsitzende Brühl bezog sich in seiner Berichterstattung im wesentlichen auf den gedruckt vorliegenden Bericht, dem wir folgende Angaben entnehmen. Der Bericht erstreckt sich auf die Zeit vom 1. Januar 1909 bis 30. Juni 1910. Infolge lebhafter Werbe. und Aufklärungsarbeit hat die Organisation sowie die Verbreitung der Parteipresse einen unverkennbaren Aufstieg genommen. Durch da? Anwachsen und den inneren Ausbau der Organisation steigerte sich natürlich die Tätigkeit der Bezirksleitungen und der Kreisleitung. Es wurden abgehalten 31 Vorstandssitzungen, 18 Kreis» konferenzen, 7 Generalversammlungen des Kreises, 6 Frauen- konferenzen, 2 Sitzungen der Kokalkommission, 3 Konferenzen der Obmänner der Landagitationskommission, 1 Gemeindevertreterkonferenz, an welcher 93 Stadt» und Gemeindeverordnete aus 36 Orten teilnahmen.— Das Parteisekretariat des Kreises wurde am 1. Juli 1909 eröffnet. Jetzt, nach einjähriger Tätigkeit des Bureaus kann konstatiert werden, daß die AgitationS« und Organisations- arbeit von den Funktionären des Kreises rege unterstützt worden ist und die Verbinoungen im Kreise gefestigt und vermehrt wurden. Wenn auch nicht alle an das Sekretariat und den Kreisvorstand gerichteten berechtigten Wünsche erfüllt werden konnten, so steht doch zu erwarten, daß durch ein ferneres, einheitliches Zusammenarbeiten der Bezirks- und Ortsfunktionäre mit der Kreisleitung das ge- wonnene Terrain zu behaupten und zu erweitern. Der unverkenn- bare Aufstieg und die Festigung der Parteiorganisation ist neben der eifrigen Agitationsarbeit aller Genossen auch vor allem der Ge- fchlossenheit der Gesamtorganisation zu danken. Die Mitglieder- zahl am 1. Januar 1909 betrug 11 106(10 069 männliche, 104S�veib- liche). Aufgenommen sind 6666, abgegangen 3918. Der Bestand am 30. Jum 1910 betrug 12 863 Mitglieder(11262 männliche, 1591 weibliche). Die Steigerung der Mitgliederzahl beträgt 16 Prozent, nach Berechnung der verkauften Beitragsmarken sogar 13 Prozent. An der Zunahme sind alle Bezirke des Kreises beteiligt. Der Abonnentcnstand der Parteipresse hat ebenfalls eine Steige- rung erfahren. Di« Zahl der„Vorwärts"leser stieg von 12 968 auf 16 798, die der„Brandenburger Zeitung" von 134 auf 187. Die „Gleichheit" wird in 601. die„Neue Zeit" in 163,„Wahrer Jakob". „Postillon",„Freie Stunden",„Arbeiterjugend" zusammen in 3470 Exemplaren abonniert. Der Agitation dienten 13 öffentliche Frauenversammlungen. Die Agitation für den„Vorwärts" und den Wahlverein, durch Ver- bveitung einer Sonderausgabe des„Vorwärts" hatte in fast allen Orten guten Erfolg. ES wurden 733„VorwärtS"-Abonnenten und 892 Mitglieder gewonnen.— In der Berichtszeit fanden 281 öffent- liche und 313 Mitgliederversammlungen statt. 1 137 000 Flugblätter wurden verbreitet. Auf dem Lande wurden verbreitet: Die„Fackel" in 102 722, der Kalender„Märkischer Landbote" in 21 226 und ein polnischer Kalender in 2000 Exemplaren. Von 20 Bezirken wur- den 264 Agitationstouren veranstaltet. Die Sadtverordneten- und Gemeindevertreterwahlen, die im November 1909 und im März 1910 stattfanden, brachten in drei Städten und 42 Ortschaften eine Beteiligung unserer Genossen durch Aufstellung eigener Kandidaten. Die Zahl der im ganzen Kreise abgegebenen Stimmen stieg von 9804 auf 17 606 und die Zahl der sozialdemokratischen Gemeindepertreter stieg von 102 auf 132. Tie Jugendbewegung im Kreise hat gute Fortschritte gemacht. In 16 Bezirken bestehen Jugendausschüsse. Jugendheime sind er- richtet in Tegel , Oberschüneweide, Rummelsburg und Friedrichs- Hagen. In Lichtenberg soll im Oktober ein Jugendheim eröffnet werden. Dem BildungSwesen konnte im letzten Jahre leider nicht die notwendige Aufmerksamkeit und Förderung zuteil werden, wie es in ruhigen Zeiten möglich gewesen wäre. Es bestehen im Kreise fünf BildungSausschüsse. In Orten, wo solche nicht bestehen, werden die Bildungsbestrebungen durch Vortragskurs« usw. gepflegt. Im Kreise sind 24 Bibliotheken init 6866 Bänden vorhanden. Die Zahl der freien Lokale hat sich trotz der Schwierigkeiten in der Lokalfrage nicht verschlechtert. Den Genossen stehen in 16 Orten alle Lokale und in 69 Orten 126 Lokale zur Verfügung. Einer Fülle von polizeilichen und gerichtlichen Verfolgungen war die Partei und ihre Mitglieder auch im vergangenen Jahre aus- gesetzt. Das muß den Genoffen ein Ansporn sein, dem Druck von oben den nötigen Gegendruck von unten entgegenzusetzen und in der Werte- und Aufklärungsarbeit nicht zu erlahmen. Den Kassenbericht erstattete der Parteisekretär Bühler. Die Einnahme betrug 60 627.77 M.. die Ausgabe 44 120,02 M., der verbleibende Bestand 6407,76 M. An die Verbandskasse wurden 20 427 M. abgeführt. Extrabeiträge an den Verband konnten nicht sseleistet werden, da der Kreis erhebliche Ausgaben für die Landagitation hatte. Es wurden für diesen Zweck rund 7000 M. ausgegeben. Der Redner bemerkte unter anderem, der Kreis Niederbarnim habe von allen Kreisen Groß-BerlinS die größten Fortschritte gcmachr: Die Genossen müßten darauf bedacht sein, nicht nur neue Mitglieder zu werben, sondern auch die gewonnenen zu erhalten. In der TiSkussien wurden wesentliche Ausstellungen an der Tätigkeit des Vorstandes nicht erhoben. Der Kassierer wurde entlastet. Dann wlllden folgendx Wahlen zur Kreisleitung bollzogenl 1. Vorsitzender Brüh!- Lichtenberg, 2. Vorsitzenoer S e i k e l- Lichtenberg, Schriftführer Lorenz. Reinickendorf , Beisitzer B e r g e r- Rummelsburg und Fräulein Arendsee- Tegel . Revisoren T e u b e r- Weißensee, Arendsee - Tegel , Wächter- Rummelsburg, Lokalkommission E l i a s« Lichtenberg . In den Verbandsvorstand wurden gewählt: Bühl-Lichten- berg(Aktionsausschuß), Bühl er- Lichtenberg(Aspirant), S ch m i dt- Pankow(Preßkommission). I a k o b s e n- Oberschöne- weide(Agitationskommission), W e s s e l- Stralau(Revisor). Ferner wurden gewählt: In den Ausschuß der Gemeinde- Vertreter D ü w e l l- Lichtenberg. M ül l e r- Rummelsburg, Taubmann- Weißensee.— In den Jugendausschuß Koppen- Hagen- Lichtenberg . Nach einem kurzen Referat des Genossen Jakobsen über die bevorstehende Provinzialkonferenz wurden als Delegierte zu derselben die Genossen Neumann- Französisch-Buchholz, K ü t e r- Karlshorst und Jünemann- Rummelsburg , gewählt. Hierauf nahm die Versammlung Stellung zum Parteitag. In seinem einleitenden Referat kam Genosse Stadthagen auch auf die badische Angelegenheit zu sprechen. In die uns so günstige Situation ist diese Angelegenheit, die mühevolle aufopfernde Arbeit unserer Genossen störend, wie eine Stinkbombe gefallen. Ich gehe nicht darauf ein. daß eS für einen Sozialdemokraten nach dem Parteitagsbeschluß selbstverständlich ist, den Etat einer Regierung, die die Regierung eines Klassen- staates ist, abzulehnen. Hier handelt es sich lediglich darum, daß die badischen Genossen einen schweren Disziplinbruch begangen haben. Die Erklärung der 66 auf dem Nürnberger Par- teitag kann man als den Ausfluß einer augenblicklichen Erregung ansehen. Davon kann aber bei dem Vorgehen in Baden keine Rede sein. Hier liegt ein bewußter Disziplinbruch, eine bewußte Provo- kation der Partei vor.— Aus der vor der Abstimmung abgegebenen Erklärung des Genossen Frank sowie den zur Sache gemachten Aeußerungen der badischen Parteipresse wies ver Redner nach, daß auch in Baden von einer Anerkennung der Sozialdemokratie durch die Regierung keine Red« sein könne. Ja, selbst aus dem. was zur Rechtfertigung der badischen Fraktion angeführt wurde, gehe deutlich hervor, daß der Minister v. Bodman die Gleichberechtigung der Sozialdemokratie nicht anerkennt. Ein solches Verhalten, wo man sich schlagen läßt und dann die Hand küßt, von der man geschlagen wurde, mag hündisch sein, sozialdemokratisch ist es nicht. Eine schlimmere Provokation der Gesamtpartei kann es nicht geben, als die Ablehnung des Budgets, die der Parteitagsbeschlutz verlangt, als eine bloße Demonstration zu bezeichnen und die Zu- stimmung zum Budget in der Art zu rechtfertigen, wie dieS im Landtag geschehen ist. Wenn man glaubt, nicht so stimmen zu können, wie es der Parteitag jedem Genossen zur Pflicht gemacht hat, dann sollte man doch den Mut haben, zu erklären:„Ich lege mein Mandat nieder", nicht aber meinen, zur Verletzung eines Parteitagsbeschlusses gehöre Mut. — ES fragt sich nun, was wir angesichts der badischen Angelegenheit zu tun haben. ES ist das keine speziell badische Frage, sondern eine die Gesamtpartei an- gehende. ES gibt nur eine Gesamtpartei in ganz Deutschland , von der die badischen Genossen nur ein Teil sind. Baden hat etwas über 2 Millionen Einwohner. 1907 waren 446 817 Wahlberechtigte vorhanden. Von 396 196 abgegebenen Stimmen fielen 93 336 unserer Partei zu. Die Zahl der organisierten Parteigenossen in Baden beträgt nach dem Protokoll vom Vorjahre 13 481. Ich gebe zu, daß dort Verhältnisse herrschen, welche die Organisierung schwerer machen als anderswo. Der Wahlkreis Niederbarnim ha: über 12 000 Mitglieder, andere Kreis« von Groh-Berlin haben die doppelte Zahl. Mit welchem Recht wollen die badischen Genossen ein« Sonderstellung in der Partei einnehmen? ES ist hier ein« Resolution des Zentralvorstandes von Groß- Berlin vorgelegt worden. Sie lautet: «Der Nürnberger Parteitag hat sowohl in prinzipieller dS auch in taktischer Beziehung die Richtlinien bestimmt, welche in der Budgetfrage für alle Parteigenossen Deutschlands maßgebend sind. Der Grundpfeiler der sozialdemokratischen Arbeiter» bewegung und die Vorbedingungen zu ihren Erfolgen auf poli- jischem und wirtschaftlichem Gebiet ist die freiwillige Unter- ordnung jedes einzelnen Mitgliedes unter Beschlüsse der höchsten Instanz ihrer Organisation. Deshalb müssen wir bei aller Meinungsfreiheit innerhalb der Partei verlangen, daß jedes Parteimitglied geltende Parteitagsbeschlüsse unter allen Um- ständen hochhält. Die Berliner Parteigenossen bedauern die Zustimmung der badischen Landtagsfraktion zum Budget, ein Beschuß, welcher eine Lockerung der notwendigen Disziplin und eine arge Schädi- gung der Einheitlichkeit der Partei bedeutet. Si« mißbilligen daher die Budgetbewilligung und den Disziplinbruch der Mehr- heit der badischen Landtagssraktion auf das allerfchärfste. Die Parteigenossen Groß-BerlinS verurteilen weiter die Teil- nähme der badischen LandtagSfraktion an höfischen Kundgebungen, welche geeignet ist, den republikanischen Charakter der Partei zu verhüllen und daS demokratische Gefühl der Genossen zu empören. Die Groß-Berliner Parteigenossenschaft erwartet vom Magde- burger Parteitag, daß er Vorkehrungen trifft, um in Zukunft ParteitagSbeschussen unter allen Umständen Geltung zu ver- schaffen." Der letzte Satz dieser Resolution sagt gar nichts. Er läßt uns völlig im Unklaren darüber, was gegenüber dem offenbaren DiS. ziplinbruch geschehen soll. ES liegen nur noch zwei Resolutionen aus unserem Kreise vor, welche scharf aussprechen, daß sich daS Verhalten der badischen Genossen mit der Parteidisziplin nicht verträgt. Die Resolution von RummelSburg sagt, daß sich die badischen Genossen durch Verstoß gegen den Nürnberger Parteitags- beschluh schon tatsächlich außerhalb der Partei stellen und fordert deshalb, daß sie auch formell ausgeschlossen werden. Die Re- solution von Pankow fordert, der Parteitag solle mit aller Schärfe zum Ausdruck bringen, daß die schweren Verfehlungen der badifchen Abgeordneten gegen Parteitagsbeschlüsse, Parteitagsgrundsätze und Parteitvaditionen mit der Bekleidung der höchsten Vertrauens- ämter in der Partei unvereinbar sind.— Ich habe ein« Resolution entworfen, welche das Wesentlichste aus der Groß-Berliner und der Pankower Resolution zusammenfaßt und ausspricht, wie daS Verhältnis der badischen Genossen zu beurteilen ist. Dies« Re- solution, deren Annahme ich empfehle, lautet: Die Zustimmung der Mehrheit der badischen sozialdemo. kratische,, LandtagSfraktion zum Budget und die Motivierung dieser Zustimmung ist ein schwerer Verstoß gegen den auf dem Parteitag zu Nürnberg gefaßten Parteitagsbeschluß. Die Teil- nähme eines Teils der sozialdemokratischen LandtagSabgeord- neten an höfischen Kundgebungen ist geeignet, den republika. nischen Charakter der Partei zu verhüllen und daS demokratische Gefühl der Genossen zu empören. Die Generalversammlung beantragt deshalb bei dem Par- teitag: zum Ausdruck zu bringen, daß der die Parteibewegung schwer schädigende Disziplinbruch und die offenen Provokationen der Gesamtpartei durch die Mehrheit der badischen Landtags- fraktion insbesondere mit der Verwaltung der höchsten Ver- trauenSämter in der Partei unvereinbar ist. Wenn wir einen Beschluß fassen, dann müssen wir ouS- sprechen, was ist, aber nicht wie die Katze um den heißen Brei herumgehen. Worauf es ankommt, ist: Soll für Genossen in DertrauenSämtern die Forderung nicht gelten, daß Dis- ziplin, daß die ParteitagSbeschlüsse zu beachten sind? Ich halte die Möglichkeit einer Verständigung mit den badischen Genossen auf dem Parteitage nicht für ausgeschlossen und wünsche eine Verständigung. Sie ist aber nur dann möglich, wenn die badischen Genossen ihr Unrecht offen zugeben und er- klären, daß eine Wiederholung nicht vorkommen soll. Wollen sie dgK nicht, dgM Müssen sie etßätsi: Für üb» ist hin Platz Mkhr Tn der Partei. Ich hoffe, daß es nicht dazu komm?, sondern daß die badischen Genossen eine Erklärung abgeben, die eine Verständi- gung ermöglicht. Der Parteitag mutz diese Frage lösen und zeigen, daß wir nicht nur gegenüber den Gegnern, sondern auch gegenüber Verstößen in den eigenen Reihen Männer sind.(Beifall.) Hierauf wird die Diskussion eröffnet. Schm idt-Pankow bezeichnet das Vorgehen in Baden als einen wohlvorbereiteten Vorstoß des Revisionismus. Es sei die Betätigung der Gedanken, welche Quessel und Maurenbrecher in den„Soz. Monatsheften" vertreten haben, der Politik des Groß- blocks. Wenn nicht gegen die badischen Genossen eingeschritten wird, dann werde der Revisionismus einen Erfolg erringen und Bresche in die Partei legen. Dem müsse vorgebeugt werden. Die Partei stehe hier vor einem Falle, der mit aller �Entschiedenheit erledigt werden müsse. Wenn das auch nach außen hin Aufsehen errege, so würden wir doch darüber hinwegkommen. Brühl trat für die Resolution des Zentralvorstandes ein. Die Resolution Stadthagen sage ja auch nicht, was geschehen solle. Wenn man das sagen wolle, dann müsse man den Ausschluß der badischen Genossen verlangen. Aber wenn hinter ihnen die Re- visionisten stehen, dann haben wir nicht nur mit den paar Genossen zu rechnen, die wir ausschließen. Wenn es im vorigen Jahr« zur Kraftprobe gekommen wäre, dann würde es sehr fraglich gewesen sein, auf welcher Seite die Mehrheit der Parteigenossen gestanden hätte. Ich bitte, daß wir nur erklären, die Tat ist ein Disziplin- bruch, der bestraft werden muß. In welcher Weise er zu bestrafen ist, daS hat der Parteitag zu entscheiden. Nehmen Sie die Re- solution des Zentralvorstandes an, damit ein einheitlicher Beschlutz zustande kommt. W i tz k e- RummelSburg: Gehen Sie konsequent vor. Nehme» Sie nicht die Resolution von Groß-Berlin, sondern die von Rummelsburg an, welche den Ausschluß fordert. Ander? kann der Disziplinbruch nicht gesühnt werden. Sp i e ker m a n n- Lichtenberg: Man muß in dieser Sache nicht nach dem Gefühl urteilen, fondern den Verstand sprechen lassen. Hier ist nicht einer anwesend, der mit dem Verhalten der badischen Fraktion einverstanden wäre. Wir alle verurteilen es ganz entschieden. Aber wir sind nicht hier, um ein Hrteu über die betreffenden Genossen zu fällen, sondern um Anklage zu erheben. Hier liegt nun Disziplinbruch vor. DaS hat nichts zu tun mit Revisionismus und Radikalismus. Diese Frage scheidet hier aus. Wir sind unS alle darüber klar, daß es in der Partei nicht zweierlei Recht geben kann. Die Handlung der badifchen Genossen darf natürlich nicht, weil die Genossen hohe Vertrauensämter bekleiden, mit anderem Maß gemessen werden, wie Verstöße sonstiger Partei- genossen. Dem Genossen Stadthagen möchte ich zu bedenken geben. daß die schwache Organisation in Baden und die starke Organisation in Berlin doch mehr den Verhältnissen als wie den betreffenden Genossen zuzuschreiben ist. Jakobsen-Oberschöneweide : Das Urteil über den Dis- zipünbruch müssen wir dem Parte itag überlassen. Was haben wir davon, wenn er den Ausschluß beschließen sollte? Dann würden sich alle Genossen, welche in Nürnberg die süddeutsche Richtung unterstutzten, sich auf die Seite der Ausgeschlossenen stellen und dann hätten wir die Spaltung der Partei. Durch einen Ausschluß würde das Kampffeld verschoben werden. Es würde sich dann nicht mehr allein um die Frage des Disziplinbruches handeln. Ich er» suche um Annahme der Resolution Groh-Berlin . Liesegang: Wenn wir den Ausschluß verlangen, dann werden hinter den badischen Genossen nicht nur die Süddeutschen, sondern auch eine Menge Delegierte au» Norddeutschland stehen. Dann wird eS sich nicht mehr um den Disziplinbruch handeln. sondern um Revisionismus und Radikalismus. Eine solche Ver- schiebung des KampfseldeS zu veranlassen, dazu haben wir keine Ursache. Wir wollen nicht den Ausschluß verlangen, ehe sich die badischen Genossen auf dem Parteitag rechtfertige» konnten. Nehmen Sie die Resolution von Groh-Berlin an. M i r u S: Ich wundere mich, daß Stadthagen au» seinen Ans- führungen nicht die Konsequenz zog, die zur Empfehlung der RummelSburger Resolution führen muß. Es wäre besser gewesen, wenn der Nürnberger Parteitag einen Beschluß gefaßt hätte, der den Genossen in den Landtagen mehr Freiheit laßt. Es handelt sich nicht nur darum, zu konstatieren, daß ein Verstoß gegen den Nürnberger Beschluh begangen worden ist. fondern auch darum, ob ein Beschlutz bestehen bleiben soll, der die Abgeordneten d-S Landtages in solcher Weise bindet. Wenn wir den Genosse» i» den Gemeindevertretungen einen möglichst weiten Spielraum lassen, so mutz da» auch den Landtagsabgeordneten gegenüber ge- fchehen, denn in den verschiedenen Einzslstaaten herrschen doch ganz verschiedene Verhältnisse. Unsere Genössen in Baden haben doch das Schulgesetz und die Gemeindewahlreform zu unseren Gunsten beeinflußt. Die Zustimmung zum Budget ist eine Zweckmäßig- keitsfrage. Die sozialdemokratischen Grundsätze werden dadurch nicht verletzt. Ich ersuche, von der Annahme jeder Resolution ab- zusehen. Schm i d t- Stralau: Die Tatsache, daß für die Nürnberger Resolution 268, dagegen aber 119 Genossen stimmten, zeigt uns, daß die vorliegende Frage nicht leicht zu lösen ist. In der Budget- frage bin ich derselben Meinung wie MiruS. Was den Disziplin- bruch betrifft, so müssen wir uns fragen, ob wir uns solche spanischen Stiefeln, wie den Nürnberger Beschluß, anlegen lassen sollen. Was die Hofgängerei anbetrifft, so stehen ja die badischen Genossen nicht allein da. Aehnliches ist auch in anderen Bundes- staaten vorgekommen. ES sind ja schon manche Resolutionen um- gangen worden. Der„Vorwärts" hat die badische Angelegenheit im großen und ganzen sachlich behandelt. Er ist jetzt genießbarer wie vor 3 bis 4 Jahren. Es ist unberechtigt, daß der„Vorwärt»" die badischen Genossen als gelehrige Schüler Wilhelms II. hinstellte. DaS sind si« nicht. Sie wissen, was sie wollen. Stadthagen hat ja kräftig losgeschlagen, aber er ist inkonsequent. Er predigte zum Schluß die Verständigung, die wir ja alle wollen. Wenn man sich aber verständigen will, dann darf man nicht so losschlagen. Düwell: Vor der Rede des Genossen MiruS hätte man für alle drei Resolutionen stimmen können. Nachdem MiruS gesprochen hat, ist da» nicht mehr möglich. Seine Rede hat bewiesen, daß ver- sucht wird, den Boden des Streitpunktes zu verschieben. Jetzt muß ausdrücklich gesagt werden, worauf eS ankommt. Nicht«tn Straf- gericht haben wir abzuhalten, auch nicht die Genossen, die nach ihrer U-berzeugung gehandelt haben, zu rügen. Wir konstatieren, was ist. Wir müssen den badifchen Genossen sagen: Was Ihr getan habt, da» lst etwas, womit Ihr Euch außerhalb der Partei stellt. ES kommt hier nicht auf eine Entscheidung in der Budgetfvage an. sondern darauf, ob sich Parteigenossen auf den Standpunkt stellen dürfen: Wenn uns ParteitagSbeschlüsse nicht passen, dann über- treten wir sie einfach. Liep mann- Berlin lVertreter des Zentralvorstandes): Die Genossen MiruS und Schmidt haben der Einheitlichkeit Berlins einen schlechten Dienst geleistet. Wir wollen aussprechen, daß eS Sache de» Parteitage»«st, Mittel und Wege zu finden, um der Wiederholung solcher Verstöße gegen seine Beschlüsse vorzubeugen. Wir Berliner wollen nicht diejenigen sein, auf die ein Schatten fällt,. wenn etwa in der deutschen Sozialdemokratie eine Mainlinie gezogen werden sollte. Für die Verurteilung des Dis» ziplinbruches werden wir ein« große. Mehrheit haben. Dann werden es sich die Genossen sehr überlegen, ob sie einen solchen Verstoß nochmals begehen sollen. Ein Ausschlußantrag würde viele auf die badische Seit« treiben. Ich bitte um Annahme der Resolution Groß-Berlin»— die auch am Dienstag allen Berliner Versammlungen vorgelegt wird— damit unsere Delegierten in Magdeburg sagen können: Alle unsere Genoffen stehen Vinter uns. Halten wir uns daran, daß der Disziplinbruch der badifchen Fraktion scharf zu verurteilen ist, dann wird ein einheitlicher Beschluß deS Parteitages zuftanoe kommen und der Eindruck eines solchen Beschlusses wird eine moralische Wirkung haben, welche die Wiederkehr derartiger Ver» stöße verhindert. L i e b o l d- Waidmcmnslust trat für die Resolution Stadt- Hägen ein.
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