würde, einen Tag bor der Ein reichung seines Ab-schiedSgesuches. ohne Verständigung mit Reichs-Schatzamt oder Bundesrat, zu unterzeichnen. DaSist in der Geschichte deutscher Verwaltung wohl ohne Beispiel."Eine allerliebste Leistimg I Charakteristisch für Hardens gefühl-volle Häringsseele.__Mahnung zur Disziplin.Das Züricher„Volksrecht", das offizielle Organ derschweizerischen Sozialdemokratie, widmet dem DiSziplinbruch derbadischen Fraktionsmehrheit bemerkenswerte Ausführungen, denenWir das Folgende entnehmen:„Die deutsche Sozialdemokratie war für die Arbeiterbewegunganderer Länder stets darin vorbildlich, daß sie die Einheitund Geschlossenheit der Aktion an, besten zu wahrenwußte. Sicher gab es zu allen Zeiten auch unter den deutschenGenossen verschiedene Meinungen über die Taktik, die für den ge«gebenen Zeitpunkt die beste sei, man diskutierte über diese Meinungs-Verschiedenheiten mit aller nur wünschenswerten Deutlichkeit undsuchte sich gegenseitig zu überzeugen. Dieser Kampf der freienMeinungen nahm manchmal so scharfe Formen an, daß die Gegnerschon jubelnd verkündeten, nun komme es endlich zur Spaliungder verhaßten Sozialdemokratie. Doch jedesmal folgte die Ent-täuschung auf dem Fuße. Die Beschlüsse, die nach den erregtenDebatten gefaßt wurden, hielten alle für maßgebend; auch jene,die ihnen m der Diskussion opponiert hatten. Dadurch war esmöglich, in allen Aktionen die Schlagkraft der gesamten Parteiwirksam werden zu lassen.Das Schauspiel, das wir in anderen Ländern, vor allem inFrankreich und bis auf die Spitze getrieben in Rußland sohäufig erlebt haben, daß man nicht nur miteinander diskutierte,sondern auch gegeneinander Handelle, ist den deutschen Genosse»,seit sie die heutige Form der Partei besitzen, erspart geblieben.Denn dies Gegeneinanderbandeln hebt die Wirksamkeit der Aktionder Arbeiterklasse überhaupt auf. Es kommt ganz auf dasselbeheraus, ob wir unsere Handlungen gegenseitig aufheben oder obwir überhaupt nichts tun, unsere Hände untätig in den Schoßlegen. Die gemeinsame Aktion ist daher die Voraussetzung, unterder allein die ganze Kraft des Proletariats wirksam werden kann.An dieser gemeinsanien Aktion werden wir uns auch beteiligen,wenn wir glauben, daß momentan die Mehrheit in der Parteieinen falschen Beschluß gefaßt, sich im Irrtum befindet.Solche �rrtiiiner müssen an der harten Notwendigkeit deräußeren Tatsachen erkannt werden, und können dadurch, daß imInner» der Partei Fraktionen gegeneinander wirken, nicht beseitigtwerden. Im Gegenteil. Der Irrtum wird in solchem Falle nochviel zäher festgehalten, weil das Mißlingen der Aktion nicht demeigenen Interesse, sondern den Quertreibereien der Parteigenossenzugeschrieben wird.Wenn wir den Klassenkampf führen wollen, dann dürfenwir nicht nach unserer eigenen momentanen indivi-d u e l l e n Ansicht handeln, sondern müssen uns als Gliedereines höheren Organismus, als Mitglieder der P a r t e ifühlen. Wir müssen den Mut und die Selbstüberwindung haben,auch einmal mit unseren Genossen einen Fehler zu machen, unddürfen ihnen niemals im Momente der Aktion entgegentreten.Wir können nur gemeinsam kämpfen und gemeinsam siegen."Nachdem das Blatt für eine Prüfung der Frage plädiert hat,inwieweit der Zentralismus in der Gesamtpartei gehen darf, umnicht die Landesautonomie aufzuheben, fährt es fort:„Der Wunsch nach Autonomie ist sicher berechtigt, wenn dieseAutonomie nicht in den uns in der Schweiz nur allzu gut be-kannten Kantönligeist übergeht.Der Weg, den die badischen Genossen zur Erlangung derAutonomie eingeschlagen haben, ist aber ein direkt Partei»schädigender, weil ihr Vorgehen die offene Mißachtung derGesamtpartei erkennen läßt. Am meisten wird man sich aberwundern müssen, daß die badischen Genossen keinen geeigneterenZeitpunkt finden konnten, um die Frage der Autonomie der ein«zelnen Landesparteien aufzurollen, als den Moment, wo sich dasgesamte Proletariat Deutschlands mit aller verfügbaren Energiezu einem neuen Sturmlauf gegen die Reaktion rüsten sollte. DieWahlen, die die größten Siegeshoffnungen bieten, stehen vor derTür und unsere Abgeordneten in Baden wissen nichts Besseres zutun, als eine Frage aufzurollen die die gemeinsame Aktion mGefahr bringt."_politische(leberkicht.Berlin. den 26. Juli 1910.Tirpitz bleibt!Die Gerüchte, daß der Staatssekretär deS Reichsmarine-umtS, Admiral v. Tirpitz, seinen Abschied eingereicht habe,werden offiziös bestritten. Das Wolffsche Telegraphenbureaumeldet:Verschiedene Blätter haben die Nachricht der„PolitischenRundschau" wiedergegeben, daß Seine Exzellenz der Staats-sekretär des Neichsmarinc-Amts Admiral von Tirpitz seinen Ab-schied eingereicht habe und daran ihrerseits eine Reihe von Kom-binationen über die möglichen Gründe de» Abschiedsgesuche» ge-knüpft.Die Nachricht der„Politischen Rundschau' ist frei erfunden.Demnach bleibt vorläufig Herr v. Tirpitz auf seinemPosten. Er scheint also im Kampfe um die Ministersesselzunächst gesiegt zu haben. Und mit dem Flottenministerbleibt jedenfalls auch der Tirpitzsche Flottenkurs, dasheißt es stehen neue Flottenvermehrungenbevor. Eine Verständigung mit England findet nicht statt.Ausgeträumt.Die RiickwärtSkonzcntration schreitet in der national-liberalen Partei von Tag zu Tag fort, so daß der schöneTag nicht mehr feon sein dürfte, wo Konservative, Zentrums-parteiler und Nationalltberale sich wieder in den Armenliegen und vor Freude und Wonne heulen. Selbst die Un»entlvegtesten der Jungliberalen verlieren ihren glühendenFreiheitsdurst und beginnen sich zurückzusehnen zu jenengroße» historischen Zeiten, als noch Konservative und Natio-nalliberale im Verein mit dem Zentrum die großein Auf-gaben des Reiches lösten. Schon vor zwei Tagen meintendie in Köln erscheinenden„Jungliberalen Blätter", daß,wenn sich in der Politik des Reichskanzlers ein Umschwungvollzöge und Herr v. Bethmann Hollweg nicht nur reaktionäreZiele verfolge, sondern seine Politik der Sammlung ge-tragen werde»von dein ehrlichen Willen, in derGesetzgebung und der Verwaltung Preußen-Deutschlands den Weg zu finden, welcherden Ausgleich zwischen konservativer ujndliberaler Staatsauffassung bringe," dannauch die Jungliberalen mitmachen würden.Und diesem jungliberalen Organ schließt sich der„H a n n o V. C ou r i e r" an. der auch bisher für den großenReichsblock der Linken schwärmte. Auch dieses Blatt hatseinen liberalen Sommernachtstraum ausgeträumt undfindet sich zu den alten bewährten Traditionen des Ratio-nalliberaltsrnus aus den neunziger Jahren des letzten Jahr-Hunderts zurück. Natürlich vollzieht es diese Nechtsschwen-kung, um sie zu motivieren mit einer Rückzugskanonadegegen die Sozialdemokratie. Wörtlich schreibt eti„Ueber dieses Zusammengehen zu einem bestimmten Zweckhat man in Baden noch einen Schritt weiter ins Grundsätzlichegemacht. Man glaubt aus den betätigten Erfahrungen heraus,die(badische) Sozialdemokratie dadurch, daß man rhr„die Möglichkcit zu gedeihlicher Mitarbeit gibt",„zur Liebe zur Heimatzurückzuführen". Neu ist dieser Gedanke ja durchaus nicht. Erwurde vor zwanzig Jahren für die Reichspolitik von höchsterStelle aus propagiert. Die Durchführung scheiterte. Ob manjetzt für ganz Deutschland das badische System annehmen kann,das— sc heißt es in der parteiamtlichen Erklärung der badischenNationalliberalen—„hängt nicht allein an der Haltung unsererParteifreunde, sondern vielmehr an der Haltung der norddeutschenSozialdemokratie". Mit dieser Feststellung ist aber die Beant--Wartung der Frage gerade für Norddeutschland bereits gegeben.Nach dem Muster der Konservativen, die sich ja trotz des Syllabusund der staatsfeindlichen Grundsätze des Ultramontanismus mitdessen politischer Organisation verbünden, könnte man vielleichtauch die umstürzlerischen Prinzipien der Sozialdemokratie austaktischen und praktischen Erwägungen zunächst einmal beiseiteschieben, da sie ja mehr und mehr zu Paradestücken für festlicheGelegenheiten geworden sind und die erträumte Verwirklichung,nach dem Mißgeschick der Bcbelschen zukunftstaatlichen WetterProphezeiungen, in immer nebelhaftere Fernen rückt; aber wasallein schon die Erwägungen und Hoffnungen, von denen mansich in Baden, und in Süddeutschland überhaupt, leiten läßt,für Norddeutschland ausschließt, das ist die pöbelhafte,persönlich und sachlich gehässige Art der Agi-tation, mit der die sozialdemokratische Dema-gogie im Interesse des Klassenkampfs allesund jedes in den Schmutz zieht und unser ge-sa m t e s politisches Leben schier unheilbar ver-giftet hat."Und es bleibt nicht bei der Theorie; auch praktisch beginnen die Nationalliberalen zu bekunden, daß sie gewilltsind, zur alten„Besonnenheit" zurückzukehren. Nochvor kurzem lehnte die nationalliberale Partei ab, mit denKonservativen in Friedberg-Büdrngen für den früherennationalliberalen Reichstagsabgeordneten Dr. Becker-Sprendlingen, den jetzigen Direktor des Reichsverbandses gegen die Sozialdemokratie, zustimmen; jetzt wollen die Natioiralliberalen diesen edlenMenschen in Erbach-Bensheim als ihren Kandidatenfür die nächste Reichstagswahl aufstellen. Wiedie„Franks. Ztg." erfährt, will nämlich in diesem Wahlkreiseder jetzige nationallkberale Reichstagsabgeordnete Haas nicht�wieder kandidieren. An seiner Stelle soll Dr. BeckerSprendlingen aufgestellt werden. Dieser war nationallibe-raler Kandidat bei der Reichstagscrsatzwahl in Alzey-Bingennnd hat hervorragenden Anteil an dem nationalliberalklerikalen Wahlschacher gehabt, durch den dieser Wahlkreisdem Zentrum in die Hynde gespielt wurde. Es gibt Leute,die behaupten, daß Dr. Becker dem Zentrum genau so nahesteht wie den Nationalliberalen. Abgeordneter Haas wurde1907 in Erbach-Bensheim in der Stichwahl gegen den christlichsozialen Buchhändler Rippel in Hagen mit 19 357 gegen9538 Stimmen gewählt, nachdem im ersten Wahlgange 8649Stimmen für Haas, 6755 für Rippel und 5692 für unserePartei abgegeben waren._Klerikale Wahlstrategie.Die Zentrumsstrategen treiben ein höchst kuriose» Vexierspiel.Es paßt ihnen nicht in ihre Wahlstratcgie, daß die Regierung nicht,wie sie ihr dringend empfohlen haben, mit ihren neuen Militärforderungen bis nach der nächsten Reichstagswahl warten, sondernbereits im Herbst dem Reichstag eine Militärvorlage unterbreitenwill. Da aber die Regierung nun einmal keine Vernunft annehmenwill, so versucht der Abgeordnete Erzbcrger wenigsten» in der ehrsamen«Germania" nachzuweisen daß diese kommende Militär.Vorlage nicht die geringsten Ansprüche an den Geldbeutel derStaatsbürger stellen wird, da demnächst Deutschland fast im Goldeschwimmen werde. Die Schatzanweisnngen, so führt er aus, seienzurückgegangen, der Vorschuß der Reichspost für die Berufsgenossenschaft falle weg, die Einführung der Postschecks bringe neue Be-triebsmittel, die vermehrte Silberprägung werde auch eine» jähr-lichen Reingewinn von 20 Millionen Mvrk abwerfen und die AüS-gaben für den Flottenbau sänken: folglich sei anzunehmen, daßin einigen Jahren die deutsche Finanzlage«ine geradezu glänzendesein werde:„Ohne Optimist zu sein, darf man konstatieren, daß dasReich sich somit auf dem besten Wege der Gesundung seinerFinanzen befindet, und daß man die Uebcrzeugung aussprechendarf, laß es noch dem derzeitigen Schatzsekrctär bei konsequenterFortsetzung seiner Politik möglich sein wird, wieder einmaleinen Etat ohne Anleihen vorlegen zu können.Gewiß werden neue Aufgaben und neue Ausgaben kommen, weilStagnation der Feind des fortschreitenden Leben» ist und dieNation schädigen würde; aber sie können im Rahmen der heutigenFinanzen befriedigt werden. Wenn diese Zeit an unsereTüren pocht, dann werden auch die grimmigsten Gegner derReichsfinanzreform, die vor Jahresfrist geschaffen worden ist,die Anerkennung nicht mehr versagen können. Die Geschichte desdeutschen Volke» wird dann diesen modernen Geßlerhut aufstellen.den jeder grüßen wird."Herr Erzbcrger scheint die Intelligenz der„Germania".Lesersehr tief einzuschätzen; aber vielleicht kennt er ihre stark« Glaubens-fähigkeit besser, al« wir._Zur Wahlrechtsfrage.Die„Post" meldet:Gegenüber verschiedenen widersprechenden Meldungensind wir in der Lage festzilsteven, daß tatsächlich an einerneuen Wahlrechtsvorlage im Ministerium des Innern ge-arbeitet wird. Es sind bereits bestimmte Entwürfe aus-gearbeitet, die zurzeit der Beratung der maßgebenden Stellenunterliegen. Wann der Entwurf an den Landtag gebrachtwerden soll, darüber ist noch keine Entscheidung gefallen.Darüber, wie die neue Vorlage beschaffen sein wird, weiß die„Post" nichts zu melden._Einen gelinden Tobsnchtsanfallhat dem„Verl. Tagebl." unsere harmlose Notiz über die konservativ-antiscinitlschen Liebesdienste des Freisinn? bei den letzten Reichstags«wählen verursacht. Oder war e« unsere Snnagelung der klassi»schen Korrespondenz au» Gera, was da? sonst ver-nünftigeren Stimmungen zugängliche Blatt so au» dem Häuschengebracht hat?Wenn das„Berliner Tageblatt" eine Gegenrechmmg präsentiert, die beweist, daß in V Wahlkreisen Reaktionäre siegten, welldie Sozialdemokratie nicht geschloffen für den Freisinnigenstimmte, so vergißt e» dabei nur, daß die Dahlen im Jahre 1907im Zeichen des Hottentottenblocks erfolgten, zu einerZeit, wo der Freisinn Regierungspartei gewordenwar und selbst in der rücksichtslosesten Weise, al» Stipendiatde» Reich»verbande«, mit denJunkern gegen dieSozialdemokratie kämpfte. Daß dem Freisinn zu einemkleinen Teile von der Sozialdemokratie vergolten wurde, waser selbst unter Preisgabe aller politischen Scham an der Sozial-demokratie verübte, mag politisch nicht einwandfrei sein, ist aberpsychologisch nur zu begreiflich.Im übrigen hätte aber das„Berliner Tagebl." doch an-ständiger gehandelt, wenn es für die fünf Wahlkreise auch die ge»nauen Stichwahlzifsern wiedergegeben hätte l Wäredoch daraus hervorgegangen, daß selbst in diesen aufgeführten Wahl-kreisen die ausschlaggebende Sozialdemokratie zum über«wiegenden Teile f ü r den Freisinnigen stimmte l Erhielten dochStimnien bei der Stichwahl:der reaktionäreder Freffmn Gegnerin Straßburg-Land.-s- 2233-s- 12S8„ Kalmar....+ 2259+ 1744„ Ansbach- Schwabach»i- 2593-- 2315r Sagan-Sprottau.-s- 2261-s- 2138„ Jerichow....+ 3087+ 903Insgesamt 12 343+ 8385In Lltenburg dagegen war z. B. das Bild das folgende iSozialdemokraten Reichspartei Fortschritt19 092 15 702 722319 687_ 22 563_-j- 545 4-6 861Der Freisinn stimmte also nicht nur überwiegend, sonderngeschlossen für den Reaktionär l—Wenn sich das„B. T." im übrigen über unsere„verbohrteTaktik" und„sinnlose Hetzerei" aufregt— womit eSoffenbar seinem Unwillen über unsere Verurteilung der badischenExtratouren Ausdruck geben will— so vermögen wir diesenAerger schon eher zu verstehen. Nur will eS unsscheinen, daß das„B. T." gerade von seinem Standpunktau» klüger handelte, wenn es sich nicht so täppisch in die innerenAngelegenheiten der sozialdemokratischen Partei mischen wollte. Auf-dringliche gegnerische Sympathie hat innerhalb des klassenbewußtenProletariats nie als Empfehlung gegolten!Kircheubau-Bettelei als Geschäftsbetrieb.Dem Zuge der Zeit folgend, wird jetzt auch der Kirchenbettelin Deutschland zentralisiert und in einen Großbetrieb verwandelt.Die unternehmende Firma hat ihren Sitz in Würzburg undarbeitet, wie die„Frankfurter Zeitung" erfahren hat, nach folgenderSchablone:„DaS Pfarramt, das die Mittel zum Bau einer Kirchevon edlen Wohltätern zu erhalten wünscht, erteilt der Spezial-finna ans diesem Gebiete den Auftrag, die Bittgesuche in einermöglichst hohen Anzabl mit den nöiigcn Einlagen zu versenden.Das GeschäflShauS liesert zu diesem Zwecke Ansichtskartenmit Engel- und Heiligenbildern. In der Regelwerden davon je acht Stück an eine Adresse geschickt mit der Bitte,die Sendung anzunehmen und dafür eine Marl(höhere Spendennatürlich willkommen) an das betreffende Pfarramt einzusenden. DieBeschaffung der Adressen und der Versand geht durch das fürdiesen Zweck gut eingerichtete Geschäftsnnternehmc», das Ende deSJahres 1909 für vier Pfarrämter nachweislich zirka 12 MillionenStück Ansichtskarten in l'/j Millionen Sendungen in Deutschland,Oesterreich und in der Schweiz vertrieben hat.". In einem besonderen Falle flössen der Bettelgesellschast vomReingewinn 40 Praz., der Kirchengemeinde 60 Proz. zu.Bekanntlich ist das Kapital nicht konfessionell. Sein Bekenntnisbesteht in der Anbetung des Profit». Weshalb sollte also dieseGesellschaft nur für eine bestimmte' Konfesstön tätig sein? ES isteine besondere Abteilung eingerichtet worden, die den Bettel für—Synagogen betreibt. Um diese neue Sparte des Geschäftes inFlor zu bringen, werden Inserate folgenden Inhalt» veröffentlicht:„Kultu e g em ei n d en bezw. S yn o g og engemeinden.welche zum Bau von Synagogen, Kranlenhäusern und dergleichenzinsfreie Geldmittel denötigen, erhalten einen günstigenVorschlag unterbreitet, wenn dieselben ihre Verhältnisse unter Chiffre„Knltnssache" brieflich darlegen. Bedürftige Reflektanten erhaltenden Borzug."Worauf es abgesehen ist, geht auS den Offertvriefen hervor.In einem Falle wurden einer Gemeinde 10 000 M. als ewige»Darlehen zins- und provisionsfrei angeboten. DieGemeinde sollte dafür nichts weiter leisten, als der Gesellschaftdie Ermächtigung erteilen, daß sie im Namen der GemeindeBittgesuche in jeder Zahl versenden dürfe. Die Gemeindeerrichtet bei Erteilung deS Auftrages ein Posticheckkontound erteilt dem Vertreter der Gesellschaft Postvollmacht.Die eingehenden Beträge stehen zur freien Verfügung der Gesell»schaft, die der Gemeinde nur den vereinbarten Betrag abzuliefernhat, vorausgesetzt, daß die eingehenden Spenden die Höhe diesesBetrages erreichen.vielleicht wird der Betrieb auch noch auf Sammlungen fürevangelische Kirchen, Moscheen und Heidentempel ausgedehnt. Auder Prosperität deS Geschäfts ist nicht zu zweifeln.Die Konkurrenzklauselsoll nach den Vorschlägen, die der preußische HandelSminister denHandelskammern zur Begutachtung vorgelegt hat, einer Neu»regelung unterzogen werden. Da die Vorschläge des Handels»Ministers von einem durchaus reaktionären Geiste durchwehtsind, können die technischen Angestellten sich auf keinenFall mit ihnen zufrieden geben. Sie halten nach wievor an der Forderung fest, daß die Konknrrenzklausel nichtnur im Interesse der Angestellten, sondern auch imInteresse der nationalen Volkswirtschaft vollständig beseitigtlverden muß. Die zur Begutachtung aufgeforderten Handelskammernkönnen ihrem Wahlverfahrcn und ihrer ganzen Znsammensetzungnach in der Frage der Konkurrenzklausel nur den Standpunkt de»Unternehmers zur Geltung bringen. Der Bund der technisch-industriellen Beamten hat daher an den preußischenHandelsminister die Bitte gerichtet, ihm al» dem legitimen Vertreterder technische» Angestellten offiziell die Grundsätze zur Begntachtungzugehen zu lassen._Der Pfarrer gegen den Landrat.Wie selbstherrlich katholische Pfarrherren zuweilen in kleinenGemeinden sich in die bürgerliche Verwaltung einmischen, davonsind so viele Beispiele bekannt, daß eS sich kaum noch verlohnt,davon Notiz zu nehmen. Daß aber ein Pfarrer sich al» dem Land«rat übergeordnete Instanz aufspielt, dürfte doch tatsächlich nicht alleTage vorkommen Ein solcher Fall ereignete sich vor kurzem imLandkreis Solingen.In der Neinen Landgemeinde Schlebusch besteht. nämlichseit etwa einem Jahr ein patriotischer Sport« und Spiel«verein, der kürzlich sein erstes Stiftungsfest feiern wollte. ESwaren dazu recht kostspielige Vorbereitungen getroffen und auch.wie das in Preußen nun einmal nötig ist, die Genehmigungvon Bürgermeister und Landrat eingeholt. DaS Festhätte also tn aller Harmlosigkeit gefeiert werden können, wenn derHerr Pfarrer eben nicht anders beschlossen gehabt hätte, An demFestsonntagc sollte in dem Orte nämlich eine sogenannte Missionstattfinden, und um die Wirkung derselben durch„fremde Ele»mente" nicht abschwächen zu lassen, verbotderPfarrerdi«Festvsranjtglttzvg. Agmit tvgx die Sache crleoigt. We