für andere Dinge aber können beschafft tverbeni Die Aufforde- rung, die Ehrenzeichen demonstrativ zu tragen, klingt beinahe wie Hohn, das eiserne Kreuz auf schlechtem Rocke würde der aanzeu Welt künden, dast das große Deutsche Reich nichts Übrig hat für die Bedürftigsten seiner alten Krieger." Daß so viele Veteranen heute tatsächlich Not leiden, ist die Schuld der bürgerlichen Parteien— und zwar aller, ohne Unter- schied—, denn sie hätten es in der Hand, die Regierung zur iiie- Währung der beschlossenen Vdteraniinbeihilfen zu zwingen. Ter Polizeiknüttel in der Schutzmannsversammlnng. Am 23. Februar hatten die Schutzmänner in Bamberg eine Versammlung. Ein Mann öffnete ein wenig die Türe, um zu sehen, was da los sei. Da fuhr der Schutzmann Wimmer heraus, versetzte dem Neugierigen mit dem Gummiknüttel einen Hieb über den Kopf und als der Mann seinen Hut aufhob, bekam er einen zweiten Hieb auf den Hinterkopf. Zwei anderen Männern, die eben dazu kamen und sich über die Roheit aufhielten, schlug der Polizist den Knüttel ebenfalls über den Kopf. Das Gericht in Bamberg der- urteilte bin Polizisten zu � 15 Mark Geldstrafe. Gefangene als Pfluggespanne. In Gehren , einem kleinen Orte mit Amtsgericht im Fürsten- tum Schwarzburg-Sondershausen, wurde, wie unserem Erfurter Parlciblait berichtet wird, dieser Tage beobachtet, wie ein Gefängnisaufseher Gefangene als Zugtiere vor de in Pfluge zum Äupflügen der Kartoffeln benutzte. Diese Art der Ge- fangenenbeschäftigung wird in den Kreisen der Agrarier sicher Bei- fall finden; schätzt man doch bei ihnen den Lohnsklaven sowieso nicht höher, eher noch niedriger im Werte ein als das Vieh. Erstaunen muß jedoch die Tatsache erregen, daß eS in Deutschland Noch eine Gefängnisbehörde geben kann, die zu solcher Beschäftigung ihre Erlaubnis gibt. Wer freilich weiß, daß das Schwarzbura» Sonders» Häuser Ländchen eines der r e a k t i o n ä r st e n deutschen Staatengcbilde ist, der wird sich auch darüber nicht wundern, wenn in solcher Atmosphäre die Menschenwürde der Ge- strauchelten rücksichtslos mit Füßen getreten wird. Noch ein Dementi. WolffS Telegraphenbureau verbreitet folgende offiziöse Nachricht: Kiel , 27. Jnli. Durch die Presse geht die Nachricht, vor einigen Tagen habe auf der Kieler Föhrde an Bord des großen Kreuzers �Blücher " eine Meuterei stattgefunden. Die Nachricht ist erfunden. Das Schiff hat am 12. d. M. Kiel Verlaffen und befindet sich zurzeit im Verbände der Hochseeflotte in den norwegischen Gewäffern. Das Dementi kommt nicht überraschend; aber man irrt sich an der sogenannten maßgebenden Stelle, falls man meint, das Gerücht werde verstummen, wenn man eS kurzweg als.erfunden" be- zeichnet. Eine Aufklärung der Vorgänge ist dringend nötig. OepterpeicK. Verfassungsmäßig. Budapest , 37. Juli. Die Indem nttütS- und die R e l r u« tierungSvorlage sind im Abgeordnetenhause mit großer Mehrheit angenommen worden. Hierdurch ist der außer» gesetzliche Zustand beendet, welcher durch die Ablehnung de« StaatshaushaltSgesetzes und die Verweigerung der Rekruten- bcwilligung entstanden war. frsnkreick. Das Urteil im Prozeß Rochctte. Paris , 27. Juli. In dem Prozeß gegen R o ch e t t e und Genossen wurde heute dos Urteil gefällt. Es lautet gegen Rochctte auf zwei Jahre Gefängnis und 3000 Frank Geldstrafe, gegen Lecacheux auf 4 Monate Gefängnis und 1000 Frank Geldstrafe, gegen Crevecoeur und Demayer auf 5000 Frank Geldstrafe, gegen Capdeville auf 2000 Frank Geldstrafe. Italien . Die Niederlage der Sozialisten in Catania . Rom , 25. Juli. (Eig. Ber.) Bei den gestrigen provinzialen Wahlen in Catania sind die Sozialisten der Koalition der bürger« lichen Parteien erlegen. Diese Niederlage macht um so größeren Eindruck, als die Stadtverwaltung in Händen der Sozialisten liegt. Es verlautet sogar, daß Genosse De F e l i c e sein parlamentarisches Mandat niederlegen werde. Der Wahltag gab zu verschiedenen Konflillcn Anlaß. Auch wurden einigen klerikale» Anstalten die Fenster eingeworfen. Kelglen. Camille Huhsmans und der Leopold-Orden. Man schreibt uns aus Brüssel : Der belgischen So- zialdemokratie ist in der Person des Genossen Camille H u y s m a n s, des Sekretärs des Internationalen sozia- listischen Bureaus und Deputierten der Stadt Brüssel eine etwas ungewöhnliche Ehrung widerfahren. Der sozialistische . Deputierte, dessen Initiative die Aufsehen erregende, in ' mancherlei Beziehung einzigartige Heimarbeitsausstellung auf der Brüsseler Weltausstellung zu danken ist. ist vom König Albert zum Kommandeur des Leopold- Ordens ernannt worden l HuysmanS hat diese Ehrung in einem an den Minister des Auswärtigen gerichteten witzi- gen. mit politischem Humor reichlich getränkten Schreiben höflich aber entschieden abgelehnt. Huysmans bemerkt darin, daß ihm der Grund, aus dem man ihn mit dieser Gnade überschüttet, höchst unbegreiflich sei.„Glauben Sic mir, Herr Minister," heißt es dann,„ich verdiene sie nicht! Mein Loyalismus ist sehr verdächtiger Art und ich ertappe mich sogar dabei, antiklerikal zu werden, seit Ihr Kollege, der der Zerstörung des öffentlichen Unterrichts vorsteht, es für nützlich erachtet, die Provinz Hennegau außerhalb des Gesetzes zu stellen.(Der Unterrichtsminister hat nämlich, wie wir seinerzeit berichtetest, den Lehrerbildungsanstalten im Hennegau , unter dem VoNvand, daß sie dem„Gesetz" nicht ontsprechen, in Wahrheit, weil sie k e i n e r l e i p f ä f f i° Ischen Tendenzen huldigen, das Qeffentlichkeitsrecht verweigert.) Es gibt nur eine Aimahme für Ihr Tun: S i e wollen mich kompromittieren! Ich habe Sie arg äm Verdacht, daß Sie sich mit dem Präsidenten der Französi- fchen Republik ins Einvernehmen gesetzt haben, der meinen Freund, den sozialistischen Stadtverordneten G r i m a r d, dekoriert hat."(Grimard hat in der Tat anläßlich der Feierlichkeiten, die� zu Ehren Alberts rn Paris stattfanden und denen Genosse Grimard als„äckavin" der Stadt Brüssel beiwohnte, den Orden der Ehrenlegion erhalten. Anmerkung des Berichterstatters.) Huysmans meint nun, daß er. da es sich um eine Sache zwischen Belgiern handelt, nicht die schonungsvolle Rücksicht, die Grimard ge- übt, handhaben brauche, weshalb er sich erlaube, dem Minister beifolgend das betreffende Kuvert zurückzuschicken. Ironisch fügt Huysmans hinzu, der Minister möge dagegen seinen Namensvetter, den doktrinär-Iiberal-patriotischär Depu- ticxtM HuiZwans mit Mer Gnade bedenken, der ein Freund' ustd eine Stütze des Kourglums sei-- Bas Jnler- nationale sozialistische Bureau wird aber nach wie vor von einem gänzlich undekorierten Sekretär geleitet werden. Annexion Liberias ? Lvudon» 27. Juli. Einem Berichterstatter des Reuter- scheu Bureaus gegenüber sprach sich der Gesandte von Liberia in London über ein Angebot der Ver- einigten Staaten an Liberia aus, die liberischen Finanzen, seine militärische Organisation und seine land- wirtschaftlichen und Grenzfragen in Obhut zu nehmen und eine Anleihe für Liberia aufzubringen, an der ameri- kcrnische, deutsche und französische Banken sich beteiligen scllen. Der Gesandte erklärte, es sei völlig außer Frage, daß Amerika keinerlei Absicht habe, Liberia in Besitz zu nehmen.(?) Amerika habe stets fffeuttdschastliches In- teresse für Liberia gehegt und wenn Liberia Hilfe erbitte, so werde es Sorge tragen, ihm zu helfen. Die Regierung zu Washington habe aber in dieser Angelegenheit niemals Schritte getan, ohne die englische, die französische und die deutsche Regierung um ihre Meinung zu fragen, alles mit Rücksicht auf eine freundwillige Politik, bei der Amerika sich in nichts einlasse, was einem Protektorat ähnlich sein würde. Die Anleihe werde sich wahrscheinlich auf 1 500 000 Dollar beziffern. Cngianct. Die Lage in Jndieu. London , 25. Juli. Unterhaus. Der UnterstaatSsekretär für Indien M o n t a g u besprach bei der Begründung des indischen Budgets ausführlich die innere Lage Indiens . Er erklärte, eS hätten kürzlich politische Unruhen stattgefunden, mit denen niemand sympathisieren könne. Es sei zu Morden, zu Mord- anschlügen und Ausreizungen, zu Gewalttaten gekommen. Wenn man gestatte, daß sich diese verderlichen Bewegungen ausbreiteten, so würde ein Zustand geschaffen werden, welcher jedem Fortschritt feindseliger wäre als die schärfsten Zwangs- maßregeln. Die Mehrheit der Jndier erkenne die Gefahr und bemühe sich, die radikalen Elemente zu unterdrücken, welche die berechtigten Bestrebungen nur gefährdeten. Während der letzten sechs Monate habe sich ein wesentlicher Umschwung zu- gunsten der Regierung vollzogen. Die Regierung werde gegen jede Aufwiegelet unnachgiebig Krieg führen, zu gleicher Zeit aber berechtigten Bestrebungen vermehtte Förderung zu Teil werden lassen. Montagu betonte, daß die im vorige» Jahre erlassene Akte betreffend die Erweiterung der legisla- tiven Räte und die Einführung eines Wahlsystem» zu befriedigenden Erfolgen geführt hätten. COrhcu Eine Meuterei. Saloniki, 26. Juli. Unter den bei Strumitza strafweise beim Straßenbau beschäftigten Soldaten ist«ine Meuterei aus- gebrochen. Das Wachbetachement griff ein; vier Meuterer wurden getötet, acht schwer verwundet. Acht Rädelsführer wurden festgenommen und die Wache verstärkt. Die Soldaten ge- hören zu den wegen Meuteret aus Konstantinopel entfernten Truppenteilen. Amerika. Aufstand auf Euba. New Aork, 27. Juli. In einem amtlichen Telegramm aus H a b a n n a wird mitgeteilt, daß die Regierung über die In- surrektion des Generals Miniet nur die Tatsache er- fahren hat, daß dieser mit einem Dutzend seiner Leute aus unbe« kaimter Ursache gemeutert und sich in da» Innere geflüchtet hat. Die Meuterer werden von Landpolizei und Miliz verfolgt. Die Regierung erklärt zwar, daß der Vorfall ohne Be d e u t u n g sei, es wird aber von der Oeffentlichkeit darauf hinge- wiesen, daß der Präsident den Besuch seines SommersitzeS auf- geschoben hat. Man glaubt, daß die Regierung die Landung von Waffen befürchtet. Die Gerüchte von Unruhen in der Provinz Pinar del Rio haben bisher keine Bestätigung gesunden. Soziales. Unterliegen die Korrektoren der BerficherungSpflicht? Die„Frankfurter Zeitung " hatte seither alle ihre Korrektoren zur dortigen Ortskrankenkasse angemeldet, welche zumeist«inen Ge. halt von über 2000 M. pro Jahr beziehen. Nun trat die Verlegerin des Blattes an den Vorstand der Krankenkasse mit dem Verlangen heran, die Korrektoren von der Versicherungspflicht zu entbinden, sofern sie über 2000 M. Gehalt beziehen und machte �geltend, daß es sich bei der Tätigkeit dieser Korrektoren nicht um eine mechanische, „sondern um eine höhere» mehr geistige Tätigkeit handelt". Die Korrektoren befänden sich auch in einer„gehobenen sozialen Stellung" und könnte ihre Tätigkeit auch nicht etwa mit der eines Korrettors in einer kleinen Druckerei usw. verglichen werden. Die Wirksamkeit bei einer großen, täglich dreimal erscheinenden Zeitung stelle an die Tüchtigkeit des Korrektors große Anforderungen, sie müßten „geistige Spannkraft, rasches Erfassen, sichere Beherrschung der deutschen Sprache, tn Grammatik'und Syntax. Kenntnis der Ter» minologie verschiedenster Wisserrfchaften, sowie Kenntnisse der wesentlichsten lebenden Sprachen besitzen". Der Korrettor müsse in der Praxis sehr oft die in der Hast und Eile des ZeitungLbetriebeS vorkommenoen Unrichtigkeiten, falsche Namen und Zahlen, unangebrachte Ausdrücke usw. verbessernd ab- ändern» Die Tätigkeit eines Korrektors sei daher sehr schwierig und verantwortungsvoll und auch als Vorschule der Redatteur» tätigkeit anzusehen. Anderer Ansicht war hingegen die Verwaltung der Ortskraaken. kasse, welche die Korrektoren nicht freigeben wollte. Sie war der Ansicht, daß die Korrektoren weder Betriebsbeamte.� noch Werk- meister oder Techniker seien und auch von einer höheren, mehr geistigen Tätigkeit nicht die Rede sein könne. Die angerufene Aufsichtsbehörde entschied zugunsten der„Frank- furter Zeitung" und verneinte die Bersicherungspflicht der fraglichen Korrektoren. In der Begründung wird angeführt, daß die sozialpolitische Ver. sicherungsgesctzäebung ursprünglich von dem Grundsatze ausgegangen sei, daß nur Personen versicherungspflichtig sein sollten, die durch «ine vorwiegend körperliche Arbeit Lohn beziehen. Durch die spätere Novelle und auch durch die Unfall- und Invalidenversicherung sei dieser Grundsatz teilweise durchbrochen worden. Die„Frankfurter Zeitung " sei eine der größten Zeitungen Deutschlands , genießt den Ruf eines Weltblattes. Es müsse deshalb zugegeben werden, daß die Korrektoren dieses Blattes— 10 an der Zahl— bei ÄorrigierunH der wissenschaftlichen und fachmännischen Abhandlungen, sowie bei der Ausübung ihrer sonstigen vielseitigen und Verantwortung»- vollen Tätigkeit usw. eine höhere, mehr geistige Tätigkeit entfalten. Unerheblich sei der Umstand, daß nicht alle Korrektoren deS Blattes mit Hochschulbildung ausgestattet seien. ES genüge, daß der Beruf eine entsprechende weitgehende Vorbildung erfordere. Die Korrek- toren der„Frankfurter Zeitung " gehörten deshalb nicht zu den Per- sonenklassen, auch nicht zu den im Krankenversicherungsgesetz namentlich aufgeführten BerufSgruppen, welche itt den Kreis der versicherungspflichtigen Personen hineingezogen worden seien. Dem- entsprechend sei ihre Versicherungspflicht— auch bei einem JMeS» «ehalt bi«»« SM M, einschlietzlich zu vemeinx» Der Leipziger Aerzteverbanb gegen die gute« Sitiett. Die 5. Zivilkammer des Kölner Landgerichts hatte sich am Montag mit einer Angelegenheit zu beschäftigen, die die Tätigkeit des Leipziger Aerzteverbandes hell beleuchtet. Ein Arzt hatte sich gegen Zahlung von 3000 M. bestimmen lassen, sich dem Leipziger Äerzteverband gegenüber ans Ehrenwort und gegen eine Konventionalstrafe von ebenfalls 3000 M. zu ver- pflichten, innerhalb zehn Jahren an keinem Orte in Deutschland , wo Streitigkeiten zwischen Aerzten und Krankenkassen entstanden sind, ärztliche Tätigkeit auszuüben. Trotzdem ließ sich der Arzt im Februar 1909 in Köln nieder und wurde Krankenkassenarzt. Nun klagte der Leipziger Verband beim Landgericht in Leipzig die Konventionalstrafe ein. Das Gericht entschied aber, daß der Ber- trag, in dem der Arzt seine Freiheit verkauft hat, den guten Sitten zuwiderlaufe und deshalb ungültig sei. Alsdann verklagte der Ver- band den Arzt beim Kölner Landgericht auf Herausgabe der als Gegenleistung für diese Verpflichtung gezahlten 8000 M. Denn, wenn der Vertrag ungültig sei, habe der Arzt diese 3000 M. unrecht- mäßig erhalten. Das Gericht wies den Verband auch hier ab. Es liegt zwar, so sagt das Urteil, auf beiden Seiten ein Verstoß gegen die guten Sitten vor. Das Bürgerliche Gesetzbuch bestimmt aber für einen solchen Fall beiderseitigen unsittlichen Verhaltens in § 817, daß die Rückforderung des Geleisteten ausgeschlossen sei. In wieviel Urteilen ist dem Leipziger Äerzteverband nun be» scheinigt, daß sein Vorgehen gegen die guten Sitten verstößt? Zum Mutterschuh der arbeitenden Frauen. Die Notwendigkeit eines kräftigen Mutterschutzes ergibt sich sehr eindringlich aus den statistischen Ergebnissen der Leipziger Ortskrankenkasse. Enthaltung der Arbeit während der letzten Zeit der Schwangerschast ist von hohem hygienischen Werte. Dies er- kennt man sehr deutlich, wenn man die gesundheitlichen Verhält- nisse der Wtkhnerinnen, die ihr Wochenbett als versicherungs- Pflichtige Mitglieder antreten und bis kurz vor der Entbindung arbeiteten, vergleicht mit dem Zustande der freiwilligen Mitglieder, die sich während der Schwangerschaft schonen konnten. Auf die Wochenbetten der erwerbstätigen Frauen entfielen 15,5 Proz., auf die freiwilligen Mitglieder mit ArbeitSruhe nur 2.3 Proz. Fehl» geburten: bei den Pslichtmitgliedern kamen 1,7 Proz. Frühgeburten, bei den sveiwilligen nur 0,3 Proz. vor. Ferner lehrt die Statistik, daß an ocn eigentlichen Wochenbetterkrankungen die Wochenbetten der Freiwilligen viel mehr, an den anderweitigen Erkrankungen die der Pflichtmitglieder viel erheblicher beteiligt sind. Zweifellos schwächte die Weiterarbeit bis zum Eintritt der Geburt unter den versicherungspflichtigen Wöchnerinnen eine größere Zahl derart, daß sie für andere Krankheiten im Wochenbett anfalliger sind. Wie übel die Fortsetzung der Arbeit bis nahe an die Niederkunft heran wirkt, erkennt man mit aller Schärfe auch bei den eigentlichen Schwangerschaftskrankheiten. Den Zufällen der Schlvangerschaft waren nämlich 6,5 Proz. der versicherungspflichtigen Schwangeren. aber nur 2,1 Proz. der freiwilligen Mitglieder unterworfen. Die Statistik lehrte eine besonders starke Ueberschreitung an Früh- und Fehlgeburten bei jenen Arbeiterinnen, die in der Heimarbeit tätig sind. Die verhältnismäßig hohe Zahl der Früh- und Fehlgeburten wird hier zweifellos durch eine zu lange fortgesetzte Erwerbsarbeit verursackst. Am verhängnisvollsten macht sich die Berufsarbeit bei den Poliererinnen in Metall bemerkbar. Auch die Tabak- und Fabrikarbeiterinnen zeigen ungünstige Ziffern. Schädigend wirken hier oft neben der zu schweren Arbeit auch die Einwirkung der Gifte, wie z. B. von Blei. Zwitter-RechtsverhSttnisse. Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts soll in solchen Streit» fällen, wo der Angestellte Handlung?- und Gewerbegchilfe ist, daS» jenige Gericht zuständig sein, in dessen Wirkungskreis die Haupt» tätigkeit des Angestellten fällt. Der vorliegende Rechtsstreit, in dem die Beklagte behauptet, daß das KaufmannSgericht zuständig sei, weil die kaufmännische Beschäftigung die varnehmere sei. illustriert die neuerdings vom Reichsgericht wiederholt vertretene Auffassung. i Die Beklagte ist eine aus Moudon in der Schweiz stammende geschickte Modistin, die von einer DamenkonfektionSfirma in Elber- feld mit einem Gehalt von zirka 200 M. angestellt gewesen ist. Als Direktrice hatte sie das Zuschneiden der Stoffe zu Tarnen» toben, das Anprobieren und die Beaufsichtigung der Fertigstellung durch Arbeiterinnen zu besorgen und leistete teilweise auch kauf» männische Dienste. Entgegen ihrem vertraglichen Abkommen machte die Beklagte sich nach längerer Tätigkeit selbständig, und die Klä» gerin erhob Klage vor dem Landgericht Elberfeld auf Zahlung der festgesetzten Konventionalstrafe. Das Gewerbegericht, das nach der Auffassung der Klägerin zuständig gewesen wäre, konnte nicht in Betracht kommen, weil die Beklagte ein Gehalt von über 2000 M. bezogen hatte. Die Beklagte behauptete jedoch, daß das Kaufmanns» gcricht zuständig sei und setzte der beim Landgericht erhobenen Klage die Einrede der Unzuständigkeit des Gerichts entgegen.> Das Landgericht Elberfeld und OberlandeSgericht Dllsselborf verwarfen diese Einrede und verurteilten die Beklagte nach dem Klageanträge. Die Revision der Beklagten ist nunmehr vom Reichsgericht zurückgewiesen worden. In den Gründen heißt es: Der Auffassung der Revision könne nicht beigetreten werden, eS komme auf den vornehmeren Teil der Tätigkeit, auf den höheren Rang an. Das Reichsgericht habe vielmehr schon ausgesprochen, daß eine gesetzliche Vor,chrift, wonach die Eigenschaft eines Hand» lungsgehilfen der gleichzeitigen Eigenschaft eines Gewerbegehilfen vorgehe, nicht bestehe. Es komme in streitigen Fällen darauf an. welche Eigenschaft nach den Anschauungen des Lebens die Haupt». eigenschast ist. Weiter heißt eS in den Entscheidungögründen wörtlich:.Ist nun ein Angestellter gleichzeitig Gewerbegehilfe und Handlung»« gehilfe, so fragt sich, ob über den Streitpunkt, zum Beispiel den Antritt, die Fortsetzung oder die Auflösung des Arbeits, resp. Dienswerhältnisses das Gewerbegericht oder das KaufmannSgericht entscheiden soll. Da das Gesetz hierüber keine Bestimmung ent- hält, so nimmt die Theorie und Rechtsprechung mit Recht an, daß die Haupttätigkett, die Haupteigcnschaft entscheidet. ES handelt sich aber bei dieser Regelung der Zuständigkeit um eine allgemeine Regel, welche in allen Fällen durchgreifen muß, und um eine Bor» frage, welche in erster Linie zu stellen ist. Wird demgemäß in einem Kollisionsfall entschieden, daß der Angestellte der Haupt- fache nach Gewerbegehilfe ist, so scheidet die Eigenschaft als Hair« delSgehilfe und damit die Zuständigkeit des KaufmannsgerichtS aus. Ergibt sich dann weiter, daß daS Gcwerbegericht nach dem Inhalte des GewerbegerichtSgesetzes nicht zuständig ist(§ 3 Wsatz 2, § 4 Absatz 2 des GewerbegerichtSgesetzes), dann tritt nicht die Zu- ständigkeit des— ausgeschalteten— KaufmannsgerichtS, sondern die Zuständigkeit des ordentlichen Gerichts in Kraft. ", Diese mit der herrschenden Ansicht übereinstimmende Auf» faffung deS Reichsgerichts entspricht dem Schutzbedürfnis des An, gestellten und den allgemeinen RcchtSgrundsätzen nicht. Sie ver». sagt offensichtlich da, wo keine der beiden Tätigkeiten überwiegt. Den allgemeinen Gerechtigkeitsgrundsätzen entspricht es, die Nor» men zur Anwendung kommen zu lasten, die jeweilig dem Gehilfen günstiger sind. Aus welchem Grunde soll beispielsweise ein Hand- lungSgehilse einen Anspruch auf sechswöchentliche Kündigungsfrist haben, wenn er nur als Handlungsgehilfe beschäftig wird, ein anderer aber den Anspruch verlieren, wiewohl er rn demselben Umfang mit kaufmännisch tätig ist, außerdem aber als Gewerbe- gehilfe in noch größerem Maße beschäftigt ist. Noch eigenartiger steht es mit der gesetzlichen Regelung der Zwitter- und RechtSder» hältniste, wenn ein Angestellter als Handlungsgehilfe, Gewerbe» gehilfe und Dienstbote beschäftigt ist. Eine ausdrückliche Siegelung durch ReichSgesetz ist, solange ein einheitliches Arbeitcrrccht nicht besteht, erforderlich, die ausschließt, daß ein Arbeiter deshalb recht» WeKttt gestellt wird« weö««tch AMitcn vuLiKxd
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