Einzelbild herunterladen
 

ft. 174. 27. Jahrgang. t JWliiif des Jormürts" Kerl« JolWIntt Hus der Partei. Sie Organisationen über die BudgetbewiMgung. DerMannh. Volksst." entnehmen wir folgende Berichte: Die Mitgliederversammlung des Sozialdemokratischen Ver- eins in Neckarau war außerordentlich stark besucht. Ueber Las neue Kommunal-Programm referierte Genosse Dr. Frank. An die zirka einstündigen Ausführungen des Referenten knüpfte sich eine lebhafte Debatte im Sinne des Referats. Ueber den nächsten badischen Parteitag und dessen Bedeutung sprachen die Genossen Roth und Ewald, letzterer kam auch auf die Budgetbewilligung zu sprechen. Er betonte, daß der größte Teil unserer Genossen, namentlich im Tagesgespräch, sich mit der Haltung unserer Genossen einverstanden erkläre, und daß sie zum'größten Teil sehr erbittert sind über den scharfen Wind, der von Berlin her weht. Es machten sich nur gegen den feierlichen Landtagsschluß Bedenken gel- tend, und man hätte es lieber gesehen, wenn unsere Genopen ihre Beteiligung daran vermieden hätten. Ge- nosse Dr. Frank führte hierauf den Anwesenden kurz und scharf die Tätigkeit sowie das ganze Verhalten der Landtagsfraktion vor Augen. Sämtliche Diskussionsredner erklärten sich mit der Haltung unserer Fraktion einverstanden und es wurde am Schlüsse der Versammlung e i n st i m m i g unseren Abgeordneten das voll sie Vertrauen ausgesprochen. In Furtwangen nahm die Generalversammlung des Sozialdemokratischen Vereins gleichfalls Stellung zur Budget- bewilligung. Es entspann sich eine lebhafte Diskussion, worauf die Versammlung mit großer Mehrheit der Land- tagsfraktion volle Anerkennung für ihre erfolgreiche Tätigkeit aussprach. Die Zustimmung zum Budget erachtet die Versamm- lung als eine durch unsere politischen Verhältnisse in Baden be- dingte Notwendigkeit, hingegen mißbilligt dieselbe die Hof- göngerei der sozialdemokratischen Fraktion aufs entschiedenste. In Sulzfeld und Neckarhausen wurde der Fraktion ein- stimmig das Vertrauen votiert und die Budgetbewilligung ge- billigt. In Neckarhausen wurde auch das Vorgehen einzel- ner norddeutscher Organisationen scharf verurteilt. Die Generalversammlung des Wahlkreises Ziillichau Schwie- buS Krossen fand am Sonntag in Schwiebus statt. Nach dem Bericht des Vorstandes fanden neben 48 Versammlungen der 6 Parteimitgliedschaften des Kreises 33 öffentliche Versammlungen statt. In dem ganzen, etwa 180 Wahlbezirke umfassenden, üver- wiegend ländlichen Kreise stehen der Partei nur 4 Lokale zur Verfügung. Trotz des wüsten Terrorismus der Gegner ist die Mitglicderzahl des Kreises um 110 gestiegen und beträgt SM, inkl. 70 Frauen. Die Einnahmen der Ortsvereine stiegen von 19M M. auf 2400 M. Die Abonnentenzahl auf die Parteipresse ist eben- falls gestiegen. Die Berichte der Delegierten lassen überall einen Fortschritt erkennen. Die Tagesordnung des Parteitages fand durch den Kandidaten des Kreises, Genossen Grauer, eine ein- gehende Würdigung. Ohne Widerspruch übte er scharfe Kritik an dem Verstoß der Revisionisten in Baden. Der Redner vertrat die Ansicht, daß der Parteitag unmöglich zulassen könne, daß Ver- trauensleute der Partei bewußt Disziplinbruch üben dürften und die Vertrauensämter ruhig weiter führen. Grauer verlangt, daß die Parteimitgliedschaft des KreiseS von dem Delegierten ver- langen möge, daß dieser auf dem Parteitage dahin wirke, daß Ge- nassen, die sich den Parteitagsbeschlüssen nicht zu fügen vermögen, auch die Folgen dafür zu tragen haben. Als Delegierter zum Parteitage wurde Genosse Grauer gewählt. Zur Provinzialkonferenz für Brandenburg wurden delegiert R. Schulz-Schwiebus, Karl Schulze-Sommerfeld und H. GladiS- Züllichau . Ein eingehender Antrag des Genossen Küter-Schöne- berg, wirksam ergänzt durch den Parteisekretär R. Schmidt-Berlin über dieWahltechnik", leitete die Vorarbeiten zur nächsten all- gemeinen Reichstagswahl ein. Der 10. sächsische RcichStagSwahlkreiS(Döbeln ) hielt feine Jahresparteiversammlung in Döbeln ab. Im ersten Punkt der TageS- ordnung gedachte Genosse B i e w e g des außerordentlichen Auf- schwungs des Parteiblattes, der Chemnitzer V o l k s st i m m e". Nicht so gut sei die EntWickelung der Mitgliederverhältnisse gewesen. ES wurde auf Antrag des Genossen Thate beschlossen, die erhöhten Parteibeiträge vom Geschäftsjahre an zu erheben. kleines f eialleton. Knecht muß Knecht bleiben." DaS Wort deS Bischofs von Skegensburg, Dr. v. Henle als Inbegriff christlicher Sozialpolitik kennzeichnet nicht nur die katholische, sondern fast noch schärfer die lutherische Aussassung von der menschlichen Gesellschaft. Gerade auch Luiher hat sich auf die vom Bischof zitierten Worte de» Apostels Paulus berufen. So hat sich Luther heftig gegen die Forderung der Bauern auf Aufhebung der Leibeigenschaft gewandt:ES soll kein Leibeigener sein, weil uns Christus befreit hat. WaS ist das? Das heißt christ- liche Freiheit ganz fleischlich machen. Hat nicht Abraham und andere Patriarchen und Propheten auch Leibeigene gehabt? Lest S. Paulus, was er von den Knechten, welche zu der Zeit alle leibeigen waren, lehrt I Darum ist dieser Artikel(die Forderung der Aufhebung der Leibeigenschaft) stracks wider das Evangelium und räuberisch, damit ein jeglicher seinen Leib, so eigen geworden ist, seinem Herrn nimmt. Denn ein Leibeigener kann wohl Christ sein und christliche Freiheit haben, gleichwie ein Gefangener oder Kranker Christ ist und doch nicht frei ist. Es will dieser Artikel alle Menschen ftei machen und aus dem geistlichen Reich Christi ein weltliches, äußerliches Reich machen, welches unmöglich ist. Denn weltliches Reich kann nicht bestehen, wo nicht Ungleichheit ist in Personen, daß etliche ftei sind, etliche gefangen, etliche Herren, etliche Untertanen." Selbst die von den Türken gefangenen Christensklaven müssen ausharren' denn er ermahnt sie, wie der Bischof v. Henle:«Du mußt denken, daß du deine Freiheit verloren hast und eigen ge- worden bist, daraus du dich selbst ohne Wille und Wissen deines Herrn nicht ohne Sünde und Ungehorsam wirken kannst. Denn du raubst und stiehlst damit deinem Herrn deinen Leib, welchen er ge- kauft oder sonst zu sich gebracht, daß er forthin nicht dein, sondern sein Gut ist wie ein Vieh oder andere seine Habe." Uebrigens ist Luther nicht immer geneigt, das Evangelum an- zuerkennen, mit dem er die ausständischen Bauern niederzuschlagen sucht. Wenn er das ZinSnehmen, wenn auch nur bis zur Höhe von K Prozent gegen das evangelische Zinsverbot, rechtfertigt, schaltet er die christliche Lehre auS:Aber das Evangelinm ist ein geistlich Gesetz, danach man nicht regieren kann... Darum soll man das geistliche Regiment deS Evangelii ferner scheiden vom äußerlich weit- lichen Regiment und ja nicht durcheinandermischen... Das Evangelium lehret wohl frei alle Güter fahren lassen, aber wer mich dazu zwinget und dringet, der nimmt mir daS meine." Man sieht, wie überflüssig der Streit der Konfessionen ist. Bischof und Lutheraner sind sich ganz einig: Man beruft sich aufs Evangelium, wenn man d,e Knechtschaft der Masse rechtfertigen will, und setzt die heiligen Bücher außer Kraft, wenn eS höchst unchnstliche Herrschaft der Gewalt und des Mammons zu verteidigen gilt. Die neueste Modenarretei. Ueber den Zwangsrock und den Pfropfenrock" lesen wir in einem bürgerlichen Blatte:Ob- wohl jener..Zwangsrock", der die unteren Extremitäten der Damen so eng umschlingt, bereits exzenftisch genug erscheint, so wird er doch noch übertrumpft von dem..Pfropfenrock". Der Pfropfenrock bat seinen Namen daher, daß er seinen Trägerinnen eine deutliche «ehnlichkeit mit einem Ehampagnerpfropfen gibt. Der Pfropfen» Beim Punkt Parteitag tadelte der Kreisvorsitzende Genosse Thate scharf die Zustimmung der Badens er zum Budget. Er ist unter allen Umständen dafür, daß die Angelegenheit auf dem Parteitag nicht in einer Kommission behandelt werde. Genosse Eger ist der Ansicht, daß die B o l k s st i m m e" zu der Angelegenheit ihre Stellung hätte kundgeben sollen, das sei leider nicht geschehen. Was die Gegner dazu sagen, wie wir unsere Ber- Hältnisse regeln, müsse uns ganz gleichgültig sein. Genosse Redakteur Hermann Müller hebt hervor, daß die Stellung derVolks- stimme" durchaus korrekt gewesen sei. Jedenfalls sei es nicht richtig, in Fragen, die sich auf anderem Wege regeln lassen, sofort Sturm zu blasen. Unzweifelhaft sei, daß sich jeder den Parteibeschlüssen zu fügen habe. Genosse G e r s ch e l» Leisnig : Die Arbeiter in der Partei müßten unter allen Umständen einmal ein ernstes Wort mit Leuten reden, die dw Beschlüsse der Partei nicht respektierten. Eine vom Genossen Eger gestellte Resolution wurde abgelehnt. Zu Parteitagsdelegierten wurden die Genossen Lansch-Sörmitz und Drechsler- Döbeln gewählt. Zur Landesversammlung wurde Genosse Spindler-Döbeln gewählt. Im 15. Kreis(Mittweida -Burgstädt ) regte Genosse S e m m l e r-Limbach an, die sächsische Landtagsfraktion aufzufordern, Schritte zu tun, die Erwerbung der sächsischen Staatsangehörigkeit zu erleichtern. Genosse Landtagsabgeordneter Mehnert teilt mit, daß der Landtagsfraktion eine solche Anregung aus Limbach vorgelegen habe. aber bei der Fülle der Anträge nicht habe erledigt werden können. Es folgt die Stellungnahme zum deutschen Parteitag in Magdeburg . Eine Debatte wird nicht beliebt. Als Delegierte werden gewählt der Abgeordnete des Kreises, Genosse Stücklen, und Ficker-Limbach. Unter Verschiedenes spricht der Vorsitzende Genosse Ehrlich- Obersrohna sein Erstaunen darüber aus, daß niemand die b a d i s ch e Budgetbewilligung und die Haltung der, Volks- stimme" zu ihr zur Sprache gebracht habe. Genosse Heil- mann verteidigt in längeren Ausführungen den Standpunkt der Redaktion. Da verständigerweise nicht daran gedacht werden könne, die badische Landesorganisation wegen ihrer freundlichen Stellung zum Budget aus der Partei auszuschließen, müsse man sich mit dem Aussprechen der Mißbilligung für ihre Stellungnahme be- gniigen. Genosse S e m m l e r« Limbach tadelt in scharfen Worten die Quertreibereien und Disziplinbrüche der Badense r. DieVolksstimme" hätte unzweideutig und scharf die Mißbilligung aussprechen sollen, und nicht in einer Weise, daß es wie halbe Billigung aussah. Genosse P e st e r-Burgstädt ist der Auffassung, daß, wer nicht(wie er) längere Zeit in Baden gearbeitet habe, nicht verstehen könne, warum die Badenser zu ihrer jetzigen Haltung gekommen seien. Genosse Landtaasabgeordneter Me hnert stellt aus eine Anfrage fest, daß die sächsische Landtagssraktion ihre prinzipielle Haltung nicht aufgegeben habe. Ob sich die Ab- lehuung des Budgets für immer werde aufrechterhalten lassen, wisse er nicht. Aber einstweilen halte er sich und die Landtags- frattion für verpflichtet, nach dem Willen ihrer Wähler zu arbeiten. Die sächsischen Arbeiter wollten aber ganz gewiß nicht, daß die Landtagsabgeordneten zu Hofe gingen oder dem Budget zustimmten. (Beifall.) Soweit das von demonstrativer Bedeutung sei, werde die Fraktion auch gegen die einzelnen Ministergehälter stimmen. Genosse H e i l m a n n fügt hinzu. daß die Gehaltsbewilligung für Rüger vor der Maßregelung der 13 Chemnitzer Eisenbahner erfolgt sei i sonst hätte wohl die Fraktion bestimmt gegen sein Gehalt be- sonders gestimmt. Im übrigen betont er nochmals die Notwendig- keit, den Budgetsfteit so zu führen, daß er nicht die Parteieinhett gefährde. Die Genossen Graefe und Ehrlich aus Obersrohna sprechen wiederholt ihre schärfste Mißbilligung über das Vorgehen der Badenser aus. DieVolks st im me" solle denVor- wärts" nicht mehr so scharf angreifen. Auf Antrag deS Genossen Börnichen- WittgenSdorf beschließt die Parteiversammlung widerspruchslos, den Disziplinbruch derbadischenLandtagSfraktion entschieden zu verurteilen. Im 6. Kreis(Chemnitz und Umgebung) wird beim Vorstaudsbericht über die Errichtung eine? Parteisekretariats verhandelt. ES wird mit Mehrheit beschlossen, die Notwendigkeit der Errichtung eines Parteisekretariats anzuerkennen. Der Vorstand soll ohne Zögern die nötigen Vorbereitungen ergreifen. Genosse Mehnert erstattet den Bericht des Agitationskomitees und kündigt rock verzichtet auf das verengende Band desZwangsrockeS", ist aber von den Knien bis zu den Knöcheln dennoch ebenso eng, wenn nicht noch enger als jener. Er legt sich ohne jede Falte unten um die Beine, dicht unterhalb der Knie aber beginnen enorme Massen an Stoffüberzufließen" und in weit aufgeschwungener Bogenlinie zu den Hüften emporzusteigen, wodurch der Eindruck eines riesigen Propfens hervorgerufen wird. Etwas Aehnliches, aber längst nicht so Extravagantes, sah man bereits ums Jahr 1830, an welche Zeit auch der ziemlich tiefe, durch eine gefältelte Krause eingefaßte Hpls- ausschnitt erinnert. Nach den neuesten Feststellungen muß solch ein Zwanasrock" so eng sein, daß seine Trägerin überhaupt nicht in ihm gehen könnte, wenn er noch einen einzigen Zoll enger wäre. Er empfiehlt sich besonders für Frauen, die beim Gehen mit den Knien etwas schlenkern. Dieser kleine Schönheitsfehler wird durch den Zwangsrock allerdings in geradezu idealer Weise verdeckt, da in ihm alle Frauen mehr oder weniger den Anschein erwecken, als knicken sie beim Gehen ein wenig in den Knien durch. Bei seiner Enge sind seine Trägerinnen schon jetzt zumTrippeln" gezwungen. Wenn die Mode, was schließlich nach allem, was man erlebt hat, durchaus möglich ist, schließlich eine noch größere Enge dekretiert, so wird man dahin gelangen, daß die Frauen sich nur noch fprung- weis« vorwärts zu bewegen vermögen und zu reinen Kängeruhs werden." Die Moden werden heutzutage von den großen Geschäften diktiert, die ihre Kundinnen zwingen(sie lassen sich gerne zwingen), ständig neue Toiletten anzuschaffen. Die neuesten Errungen- schaffe der Mode lassen außerdem auch deutlich erkennen, daß die der Modentracht unterliegende Welt sich die ärgste Belästigung gern gefallen läßt, wenn sie sich dadurch aus der Masse hcrallshebt, sich als besondere Klasse kennzeichnet. Zwang- und Pfropfenrock erfüllen diese soziale Funktion um so besser, da sie von Frauen der Arbeit nicht getragen werden könnten. Weibliche Vornamen im Mittelalter. Wenn mit der Sprache auch naturgemäß die deutschen Namen sich verändert und nach dem jeweiligen Gescbmack zu- oder abgenommen haben, so haben sich doch einige weibliche Vornamen seit langer Zeit ziemlich unverändert und stets gleicher Beliebtheit erfteut Das ist besonders mit dem jetzt wieder sehr verbreiteten Namen Else der FaT Nach einer im Jahre 1385 in Frankfurt ' a. M. vorgenommenen Zählung fand sich dieser Name unter 1662 weiblichen Personen 300mal. Beinahe jede fünfte Frauensperson hieß Else. Katharinen gab es 192; als dritt- verbreitetster lOlmal wird der jetzt ganz unbekannte Name Gude angeführt. Der Name Margarete muß dagegen damals nicht als geschmackvoll gegolten haben; er findet sich, ebenso wie Lene, nur einmal. Hedwig dreimal, Christine sechsmal, Anna elfmal. Weitaus die größte Anzahl damals gezählter Namen ist jetzt jedoch vollständig verschwunden. Neben den bekannten: Hartniudis, Heidindrud, Jrmen- llprd, Jsengard und Ortrun, die uns von Zeit zu Zeit durch die historischen Romane ins Gedächtnis gerufen werden, finden sich auch ganz fremd klingende wie Biegel, Damburg, Hufe, Oisterland, Rese, Zyse usw. Auch einige charakterisierende Vornamen finden wir. So gab es unter den erwähnten 1662 weiblichen Personen zwölf Engel, drei Demut und eine Reinheit. Was eine Flugmnschine kostet, darüber kann man sich am besten aus nachfolgender Tabelle unterrichten, die nach Angaben von Fach- an, daß die Agitationskomiteebezirke finanziell straffer zusammen- gefaßt werden sollen. Der Tätigkeit des Parteisekretärs Jungnickel (Erzgebirge ) wurde mit großer Anerkennung gedacht, ebenso der Redaktion derV o l k s st i m m e", die eines der besten Blätter Sachsens geworden sei. Die Parteioersammlung wurde vertagt. In der Kreisgencralversammluug für den Wahlkreis Zwickau referierte Genosse F i e d l e r- Krimmitschau über den Parteitag. Redner behandelte hierbei die hauptsächlichstenVerhandlnngsgegen- stände des Parteitags, als die Wahlrcchtsfrage. Reichsversicherungs- ordnung, Genosienschaftsftage, Maifeier und die Pudgerbewilligung der badischen Landtagssraktion in eingehender Weise. Bei der Ge- nossenschastSfrage werde auch ein Wort über die übertriebene Scheu vor dem roten Tuch, die sich in der Genossenschafts- bewegung breit gemacht habe, gesprochen werden müssen. Denn wenn die Partei als Werbetrommel für die Genossenschaftsbewegung gut genug ist, dann sei das ängstliche Abrücken von ihr höchst unver- ständlich. In bezug auf die Maifeier bedaure er den Beschluß, wodurch die Unterstützung zur Durchführung der Arbeitsruhe zu sehr in den Vordergrund gerückt werde, womit der ideelle und demonstrative Charakter der Maifeier stark beeinträchtigt werde. Es müßte daher Aufgabe des Magdeburger Parteitages sein, solche Beschlüsse zu fassen, welche die Maiseier in ihrer Ausbreit ung nicht behinderten. Der Disziplinbruch der badischen Landtagssraktion erfuhr vom Redner eine scharfe Ver» urteilung. Er erwartet, daß der Parteitag diesmal e i n ernsteres' Wort als in Nürnberg mit den Verächtern der Parteitagsbeschlüsse reden werde. In der hierauf folgenden Aussprache fand das AnS-der-Reihe» tanzen der badischen Landtagssraktion bei der Budgetbewilligung allseitige Verurteilung, da keine stichhaltigen Gründe hierfür vor- gelegen haben. Es wurde aber auch hervorgehoben, daß der Nürn- berger Parteitag durch die widerspruchslose Entgegennahme der Er- klärung von den 66 süddeutschen Delegierten die Badenser zu ihrem Verhalten geradezu angereizt habe. Die Versammlung sah jedoch von der Annahme einer Resolution in Sachen des badischen Dis- ziplinbruches ab, indem sie sich der Hoffnung hingab, daß der Parteitag hierüber schon die richtige Entscheidung treffen werde. Dr. Quessel schreibt uns:Der Umstand, daß die Redaktion desVorwärts" es für passend findet, die Auslastungen der Ge- nossen Bernstein und Eisner als gegen mich gerichtet hinzustellen, obwohl diese zur Abwehr gegnerischer Angriffe geschrieben wurden, die gerade durch die von mir kritisierten Sätze desVorwärts" un- nötigerweise hervorgerufen worden sind, veranlaßt mich, zur Abwehr das Wort zu ergreifen. Ich bestreite zunächst derVorwärts"- Redaktion das Recht, rein agitatorische Redensarten, wie die.wir sind und bleiben Tod- feinde der bürgerlichen Gesellschaft" alsprogrammatische Sätze" oder gar alsDarlegung unserer Ziele" zu bezeichnen. Derartige Redensarten, die nur Wasser auf die Mühlen der Scharfmacher leiten können, wird dieVorwärts"-Redaktion in den Schriften der Begründer deS wissenschaftlichen Sozialismus vergebens suchen. Marx und Engels haben stets die Ansicht vertreten, daß die bürgerliche Gesellschaft eine notwendige EntwickclungS- stufe fei, und daß die sozialistische Gesellschaft sich aus der bürgerlichen mit derselben historischen Notwendigkeit cnt- wickeln müsse, wie sich die bürgerliche Gesellschaft auS der feudalen entwickelt hat. Marx drückt seine Ansicht über die Wandlung?- und Entwickelungsfähigkeit der bürgerlichen Gesellschaft sehr glücklich in der Vorrede zumKapital" mit den Worten aus, daß die bürger« liche Gesellschaftkein fester Kristall, sondern ein umwand- lungssähiger und in ständiger Umwandlung begriffener Organismus sei". Ich erkläre es daher als sinnlos, wenn Sozialisten sich als Todfeinde einer ganzen Gesellschaft erklären, deren zahlreichste Klasse das Proletariat selbst ist und ohne die diese Gesellschaft gar nicht gedacht werden kann. Wir sind Todfeinde des kapita- listischen Systems, das den Arbeiter �ur Ware entmenscht, aber nicht der Gesellschaft, die unter diesem System leidet. Wenn es das Bemühen unserer Gegner ist, unsere Grund» anschauungen dahin zu verdrehen, daß wir als Feinde der G e f e l l s ch a f t erscheinen, die dengewaltsamen Umsturz" erstreben, so sollte sich jeder Schriftsteller der Partei wohl hüten, durch pseudoradikale Redensarten ihnen dieses Geschäft noch zu er- leichtern.(Wir können aber doch wirklich nichts dafür, daß Dr. Quessel nicht begreifen kann, daß die bürgerliche Gesellschaft Zeitschriften und Preislisten zusammengestellt ist, wobei zu bemerken wäre, daß sämtliche angegebene Typen außer dem Blöriot- apparat in Deutschland hergestellt werden. Theater. �SchillertheaterO.(Sommergastspiel.):DaS Milch- m ä dchen bon Schöneberg", Posse mit Gesang von Mann- st ä d t. Die Ausgrabung der vor vierzig Jahren geschriebenen, mit allerhand Couplets und Kalauern neu aufgeputzten Posse fand ein äußerst dankbares Publikum. Der gute Wille, sich zu amüsieren, trotzte jeder Hemmung. So oft eine der alten Berliner Posse», deren Andenken eine fteundliche Legendenbildung verklärt, hervor- geholt wird, staunt man immer wieder, durch wie billige Mittel der Ruf volkstümlichen Humors erworben werden konnte. Und Mann- städt kocht nach Epigonenart seine Suppe noch dünner. DaS erste Bild zeigt noch am ehesten Farbe: Maurer , die am Potsdamer Platz ihre Frühstückspause halten; ein hochgekommener, bramsiger Polier, derseinem Jungen Lehren über standesgemäße Heirat giebt, das vergnügte Milchmädchen mit dem Hundekarren, die für jeden ein freundliches Wort hat und ihre Beliebtheit selber in Couplets verkündet. Sie avanciert als vermeintliche uneheliche Tochter einer reichen Dame ein paar Wochen zum gnädigen Fräulein, findet die Bildung, die ihr Geianglehrer und Gouvernante beibringen sollen, viel trister als den Kuhstall, und ist selig, wenn sie wie ftüher mit ihrem Liebsten, dem Poliersohn, im Hofjager die Nacht durchtanzen kann. Der Himmel hat ein Einsehen. Luise, ein zartes Mädchen und verfolgte Unschuld, entpuppt sich als daS gesuchte Findelkind. Tine kann wieder ihre Schürze nehmen, ihr Milchmädchcnlied singen und bekommt den lieben Heinrich zum Mann. Hella Thornegg spielte und sang die Hauptrolle in frischer Laune. Herr Plaut war ein flotter Hein- rich, Emil Fischer sehr gut als patriarchalischer Weißbierphilister und Polier. Den Spaßvogel der Posse, einen Mann der Presse, dessen Rock und Hose sich stets auf dem Versatzamte befinden, gab Bruno Schlegel._ Notizen. Ausstellungen. Der VerbandDeutscherGeigen- Bauer" veranstaltet im KllnstlerhauZ. Bcllebuestraße 3 am 2. und 3. August eine Ausstellung alter italienischer Meistergeigen und Geigen und Celli modemer Herstellung(von 9 Uhr vormittags bis 4 Uhr nachmittags).