Einzelbild herunterladen
 
bau. Schiffbau. Gießerei) tnit übtt 84 000 Urbeitern. Produzier! wurden fast 15 Millionen Tonnen Steinkohle im Werte von 133 Millionen Mark gegen 34 000 Tonnen Eisenkies. Wert 350 000 M.; über 11000 Tonnen Manganerz, Wert 173 000 M.; 41 400 Tonnen Kupfererz. Wert gegen 48 Millionen Mark; 45 400 Tonnen Eisen, Wert über 4 Millionen Mark. Soziales« Die Dentisten zur ReichSvcrsichcrungSordnung. Der Kongreß Deutscher   Dentisten nahm am Mittwoch folgende Resolution an: .Der heute in Köln   am Rhein   tagende, von Vertretern von 36 Landes- und Provinzialvereinen beschickte Kongreß Deutscher Den- tisten verwahrt sich energisch gegen die fortwährenden von zahnärzt- licher Seite tn Wort uud Schrift unternommenen, ebenso ungerecht- fertigten wie maßlosen Herabsetzungen und Verdächtigungen des Dentistenstandes. Die Dentisten sind von den gesetzgebenden Körperschaften als ein durchaus notwendiger Stand anerkannt und die beabsichtigte Reorganisation auf dem Gebiete der Zahnbehandlung verletzt weder berechtigte zahnärztliche Jnter- eisen, noch dient sie anderen Zwecken, als denen des Volkswohles. Die zahnärztliche Kampfesweise zeigt, daß diese kleinen Interessengruppen unter verfahrenen Schlagworten vom.Volks- wohl",.Beschränkung der persönlichen Freiheit" usw. versucht, ihre eigenen Interessen zu fördern und ein Monopol für 3000 Zahn- ärzte gegen die über 6000 zählenden Dentisten gewaltsam durch- zudrücken. Die Dentisten appellieren an das Gerechtigkeitsgefühl der gesetz- gebenden Körperschaften, der Tagespresie, der Krankenkassen und des zahnleidenden Publikums und weisen mit Entrüstung die zahnärzt- lichen Verdächtigungen als unhaltbar und unbeweisbar zurück." Vom Strafantrag gegen daS Gefinde. DaS Ausnahmegesetz gegen das Gesinde und die ländlichen, Arbeiter vom 24. April 1854 bestimmt in seinem§1:»Gesinde welches hartnäckigen Ungehorsam oder Widerspenstigkeit gegen die Befehle der Herrschast oder der zur Aufficht bestellten Personen sich zu schulden kommen läßt, oder ohne gesetzmäßige Ursache den Dienst versagt oder verläßt, hat auf den Antrag der Herrschaft unbe- schadet deren Rechts zu seiner Entlassung oder Beibehaltung, Geldstrafe bis zu fünf Talern oder Gefängnis bis zu drei Tagen verwirkt." Wegen Uebertretung dieser Bestimmung war das Dienstmädchen Bliedung in Ellrich   an- geklagt worden. DaS Mädchen sollte ohne gesetzmäßige Ursache den Dienst versagt haben, auch widerspenstig gewesen sein. Ihre Dienst- Herrin glaubte emen' Grund zu ihrer Entlassung zu haben, wollte sich aber erst mal überlegen, ob sie davon Gebrauch mache. Bei einer Verhandlung, bei der auch ein Polizeisergeant zugegen war, sagte sie schließlich, sie könne das Mädchen doch nicht behalten, und sprach damit die Entlastung auS. Gleich darauf übergab sie dem anwesenden Polizeibeamten den Strafantrag gemäߧ 1 des Gesetzes von 1854. Die Strastammer in Nordhausen   verurteilte darauf das Mädchen zu einer Geldstrafe. Es nahm an, der Antrag der Dienstherrschast sei rechtzeitig gestellt, da er nach dem eingangs zitierten Wortlaut auch nach der Entlastung gestellt werden könne. DaS Kammergericht gab dieser Tage der von dem Mädchen eingelegten Revision statt, hob die Vorentscheidung auf und erkannte dahin, daß das Verfahren einzustellen fei. Begründend wurde ausgeführt: Nach Z 1 Absatz EI des Ge­setzes vom 24. April 1854 fei eS nicht zulässig, daß der Straf- antrag nach der Entlassung gestellt werde, falls von dem Recht der Entlassung Gebrauch gemacht werde. Der Straf- antrag müsse vielmehr vor der Entlastung gestellt werden. Hier sei nun erst die Entlastung ausgesprochen und dann der Strafantrag dem anwesenden Beamten ausgehändigt worden. Die Stellung des Strafantrages liege also nach der Entlassung. ES handele sich dem- nach um einen nicht rechtswirksomen Strafantrag. Daraus folge, daß das Urteil des Landgerichts aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt werden müsse._ SchnittrrauSstände in Mecklenburg  . In dieser Zeit, wo den mecklenburgischen Großgrundbesitzern eine goldene Ernte entgegenreift, dämmert auch denen, die die Saaten bestellt haben und nun den Segen einbringen sollen, eine Ahnung von der Bedeutung ihrer Arbeit und von der Wichtigkeit ihrer Person. Bei der beschränkten Bewegungsfreiheit der aus- ländischen Saisonarbeiter(sogenannten.Schnitter") äußert sich diese Erkenntnis in hie und da aufpuffenden wilden Streiks, die durch augenblickliche Zugeständnisse des.Herrn" oder durch Gewalt maßregeln(Verhaflung der.Rädelsführer" oder der ganzen.Bande", Bedrohung mit Ausweisung usw.) unter- drückt werden. Dieser Tage kamen mehrfach Meldungen solcher Streiks aus Mecklenburg-Strelitz  . So legten wegen Lohndifferenzen auf dem Gute Marlin 16 Schnitter die Arbeit nieder. Von dem Gute Spanholz liegt die Nachricht vor. daß auch die dortigen Schnitter ,in den letzten Tagen gestreikt' haben. Die bürgerliche Presse berichtet über den Ausgang dieser beiden ?;älle:»Der Gendarmerie gelang es, die Wider« penstigen zur Aufnahme der Arbeit zubewegen." Von besonderem Interesse ist, daß in Sponholz   die Schnitter tagelang streiken konnten, ohne daß man besondere Maßnahmen wagte. ES ist bis jetzt kein solcher Fall bekannt ge- worden. Immer wußte die Junkerpresse von abschreckenden Maß- nahmen der oben bezeichneten Art zu berichten. Aber: die Erhebungen dieser Heimatlosen werden immer häufiger und allgemeiner. Die Abschreckungskheorie der Junker hat sich als falsch erwiesen. Geht man der Ursache der Streiks nach, so ergibt sich als solche in der Regel ein Vertragsbruch des Unternehmers. Wendeten sich die gegen Landarbeiter gerichteten Ausnahmegesetze wegen vermeintlichen Vertragsbruchs gegen Vertragsverletzungen der Arbeit« g eb e r, so würde ein erklecklicher Teil Gutsbesitzer im Kasten sitzen. Die gegen Arbeiter gefaßten Ausnahmevorschriften reizen nicht selten gewistenlose Arbeitgeber zum Vertragsbruch an. Das ist ja von Gutsbesitzern in Ostpreußen   vor 2 Jahren offen anerkannt. Wertlose Gutachten von BertraurnSSrzten der LerufSgenossenschaften. Viele Scherereien würden den Verletzten erspart, wenn die Bc- rufsgenostenschaflen ihren Vertrauensärzten nicht gar zu bereitwillig folgten. Das zeigen wieder folgende zwei Fälle: 1. Der Werkzeugmacher G. erlitt Anfang Dezember 1007 da- durch einen Unfall, daß er auf einer Treppenstufe zu Fall kam und mit der rechten Seite auf eine Steinstufe auffchlug. Trotz der dann eintretenden Beschwerden arbeitete D. zunächst weiier, bis Ende Januar 1903 die Beschwerden derart un- erträglich wurden, daß er sich in ärztliche Behandlung begeben mußte. Mit geringer Unterbrechung stand dann der Verletzte ständig in ärztlicher Behandlung, da Hüftgelenkentzündung sich eut- wickelt hatte. Die Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik lehnte die Ansprüche des Verletzten ab. Weil nach Ansicht ihres Vertrauensarztes die Er- krankung nicht mit dem Unfall in Verbindung steht. Glücklicherweis» hatte D. einen Mitarbeiter als Zeugen des Unfalles, dem er auch während der Zeit, in welcher er weiter arbeitete, über Be- schwerden geklagt hatte. Das Schiedsgericht für Arbeiterversicherung für den Regierungsbezirk PotS'dam holte auf eingelegte Berufung D.» ein Gutachten von Herrn Dr. E. ein, der zu dem Ergebnis kam. daß ohne Zweifel das bei D. bestehende Leiden ans den Unfall vom 4. Dezember 1907 zurückzuführen sei. DaS Schiedsgericht verurteilte daraufhin die Genostenschaft zur Anerkennung des Unfalles und Zahlung der Voll- resp. Angehörigenrente für die Zeit der gänzlichen Erwerbs- Unfähigkeit des D. Da D. sich zurzeit in einem hiesigen Kranken- hause befindet, so erhalten seine Angehörigen die ihnen zustehende Rente von 80,55 M. 2. Der Hausdiener 23. erlitt am 10. September 1909 dadurch einen Unfall, daß er beim Verlassen des Arbeitstisches ausrutschte und mit dem Kopf aufschlug, so daß Bewußtseinsstörung eintrat. Auch hier lehnte die Lagereigenossenschaft die Zahlung einer Rente ab. Sie nahm auf Grund des Gutachtens ihres Vertrauensarztes an, ein Betriebsunfall sei nicht erwiesen, vielmehr sei das Hinfallen auf eine durch ererbten fortschreitenden MuSkel- schwund hervorgerufene allgemeine Schivächung des Körpers zurück­zuführen. Das Schiedsgericht für Arbeiterversicherung für den Stadtkreis Berlin   holte ein Gutachten von Pros. Dr. Sch. ein. Dieser kam zu dem Ergebnis, das W. wohl an einem Muskelleiden gelitten hat. daß aber das Leiden durch den Unfall derart verschlimmert worden sei, daß der Verletzte zurzeit als völlig erwerbsunfähig anzusehen sei. DaS Schiedsgericht entschied nach diesem Gutachten und sprach W. die Bollrente zu. In beiden Fällen wären die Klagen vermieden, wenn die Ge- nossenschaft nicht so viel Wert auf die Bekundungen der in ihren Diensten stehenden Vertrauensärzte geben würde. Ucbrigens ist es für den Leipziger Verband bezeichnend, daß er sich hütet, für freie Arztwahl in Unfallsachen einzutreten. Gerade hier handelt es sich aber um Aerzte, die ohne jedes Bestimmungsrecht der Arbeiter diesen aufgezwungen werden, während bei den Krankenkassen doch die Mitglieder in ihren Generalversammlungen und im Vorstand darüber mitzuentscheiden haben, welches Arztsystem für die Kassen und die Kassenmitglieder das förderlichste ist. SluS der Praxis der schweizerischen Arbeiterschutzgesetzgebung. Die von den schweizerischen Fabrikinspektoren kürzlich für die beiden Jahre 1008 und 1900 veröffentlichten Amtsberichte spiegeln auch die in die Berichtsperiode fallende Wirtschaftskrise wider, die sich z. B. auch in der bedeutenden Verminderung der von den Auf- sichtsbeamten zu begutachtenden Baupläne von 1552 in den Jahren 1906/1907 auf 1012 in den letzten beiden Jahren bekundet. Ge- fährdet wurden durch die Krise auch die technischen Umwälzung»», die eine weitere Verschiebung in der Zusammensetzung der Arbeiter- schaft durch die Ersetzung männlicher mit weiblichen Arbeitskräften bewirkt, namentlich in der Textilindustrie. In dieser sowie in der Konfektionsindustrie hat auch die Heimarbeit eine neuerliche Aus- dehnung erfahren, in der ersteren durch die Einführung des clektri- schen Webstuhls. Die Flucht der Unternehmer zur Hausindustrie bezweckt in vielen Fällen die Umgehung der Vorschriften der Ar- beiterschutzgesetze, so daß der baldige Erlaß eines wirksamen Heim- arbeiterschutzgesetzes als eine dringende Notwendigkeit erscheint. Der Schaffhauser Fabrikinspektor Rauschenbach berichtet allerdings von gegenteiligen Entwickelungstendenzen, da in seinem Kreise eine Verminderung der Heimarbeit zu beobachten sei, so durch die Um- Wandlung der Handmaschinenstickereien in Schisflisticlereien. Die Krise bekundete sich auch in der vielfcnh� mangelnden Arbeits. gelcgenheit bezw. ungenügenden Beschäftigung, so daß auch ein- getretene Lohnerhöhungen die Lage der Arbeiter nicht zu verbeffern vermochten. Trotz der Ungunst der Konjunktur hat eine weitere EntWickelung der schweizerischen Fabrikindustrie stattgpfunden, und zwar ist die Zahl der Betriebe von 7278 auf 7605 und die der Arbeiter von 307 128 auf 310 193 gestiegen. Ein dunkles Kapitel ist das von den Unfällen, deren in den beiden Jahren 1007/08 nicht weniger als 40359 in den Fabrik- betrieben, 30 642 in den bloß haftpflichtigen Betrieben(Bau-, Transportgewerbe usw.), die nicht dem Fabrikgesetz unterstehen, vorgekommen sind, insgesamt 71501, eine Zahl, die den Opfern eines großen blutigen Völkcrkrieges gleichkommt. 155 Unfälle hatten tödlichen Ausgang, 15 dauernde Erwerbsunfähigkeit zur Folge. An Entschädigungen wurden geleistet 13 572 946 Frank, 191 Frank im Durchschnitt pro Unfall. 46 Frank pro beschäftigten Arbeiter. Da gewöhnlich dem Arbeiter die Hälfte der Unfallver- sicherungsprämie vom Lohn abßaogcn wird, so trägt der Unter- nehmer nur 20 Frank, wit den« einfach das allgemeine Unkosten- konto belastet wird. Oesters wird den Arbeitern der ganze Be- trag vom Lohn abgezogen und ein Möbelfabrikant ließ sich mitten im Winter von seinen Arbeitern zu Händen des Fabrikinspektors bescheinigen, daß sie damit einverstanden sind! Im Kanton Appen  - zell wurde wegen solcher schändlichen Praktiken ein Pflasterer- meister zu vier Wochen Gefängnis verurteilt. Andere Unter- nehmer machen Lohnabzüge für die Versicherungsprämie, ohne der- sichert zu sein, indem sie sich alsSelbstversicherer  " ausgeben. Ein solcher geriet in Konkurs und die Arbeiter hatten bei ihm 6000 Franks Guthaben an Lohn und Unfallentschädigungen. Die Aufsichtsbeamten betonen neuerdings die dringende Notwendig- keit der baldigen Einführung der staatlichen Unfallversicherung. Die Unfallursachen bestehen häufig in der Beschäftigung völlig ungeeigneter Arbeitskräfte an den Maschinen, so von jugendlichen oder kulturell tiefstchenden Arbeitern, wie Polen   usw., in mecha- nischen Betrieben, namentlich Zementfabriken, Gips- und Kalk- fabriken, Möbelfabriken; ferner das Antreiben der Arbeiter durch niedrige Lohnansätze bei Akkordarbeit oder durch Meister und Unternehmer, wenn sie im Zeitlohn arbeiten. Erfreulich ist die neuerliche Feststellung des völligen Verschwin- dens der furchtbaren PhoSphornekrose der Zündholzarbeiter infolge des Verbotes der Verwendung von giftigem Phosphor. Die Darstellung der«rbcitszeitverhältnisse ergibt, daß 191 764 Arbeiter eine tägliche Arbeitszeit von 810 Stunden, 117 429 eine solche von über 1011 Stunden haben. Von den letzteren entfallen allein 62 000 auf die Textilindustrie. Weitere Fortschritte hat auch der freie Sonnabendnachmittag gemacht. So haben im ersten In- spektionskreiS(Kanton Zürich   usw.) von 114 731 Arbeitern deren zirka 27 000 am Sonnabend eine Arbeitszeit von 5 bezw. 7 Stunden, 10 672 8 Stunden, 18321 8s>b Stunden, der Rest die gesetzlichen 9 Stunden. Wegen Uebertretung der gesetzlichen Arbeiterschutzvorschriften wurden in 618 Fällen 14 578,40 Frank Geldstrafe verhängt. Bon den sogenannten»Wohlfahrtseinrichtungen" erwähnen wir die zunehmende Ausbreitung des bezahlten Fcrienurlaubs der Arbeiter. Der ganze Berichtsband ist ein schätzbqrer Beitrag zur sozialen Literatur.___ 6encbts-2eitim<j. Ein NeincS Borspiel zu dem Prozeß dcS Schriftstellers Kar! May gegen den Redakteur Rudolf Lebius   wird am 9. August das Schöffengericht in Hohenstein-Ernstthal   in Sachsen   beschäftigen. Als Kläger   tritt Karl May   gegen den Waldarbeiter Richard Krügcl aus. In diesen Prozeste handelt eS sich hauptsächlich um die Be- hauptung, daß May mit mehreren anderen eine Räuberbande ge- bildet bahe. Der Sachverhalt, der diesem Beleidigungsprozeß zu- gründe liegt, ist folgender. Ende vorigen Jahre? erschien bei dem Beklagten Krügcl in Hohenstein der Redakteur LebiuS   und der- anlaßte diesen, wie behauptet wird, ohne seinen richtigen Namen und den eigentlichen Zweck seines Kommens anzugeben, ihm etwaS von dem Schriftsteller Karl May  , desstn Geburtsort Hohenstein   ist, zu erzählen. LebiuS soll, wie von der Verteidigung Mays behauptet wird, dem K. unter allerlei Versprechungen, insbesondere, daß K. sehr viel Geld verdienen könne, die ungeheuerlichsten Behaup- tungen entlockt haben. Diese Angaben des Beklagten Krügel, die angeblich völlig auS der Luft gegriffen fein sollen, soll Lebius dann zu einem Angriffsartikel gegen May in der Nr. 15 des.Bund" verwendet haben. In diesem Artikel wurde u. a. behautet, May sei Räuberhauptmann gewesen, habe Warenläden geplündert und sei auf Wilddiebereien ausgegangen, und an allen diesen Taten sei ein gewisser Hieronymus Krügel beteiligt gewesen. Alz mili« tarische Hilfe requierkerk ivuk?e, Hafo Mah seinen Spießgeselle» Krügel in Amtsdienertracht durch die Postenkette geschmuggelt. Ferner hätte die ibande unter Führung Mays die einzelnen Mit- glieder als Feldmesser und Beamte verkleidet und ungehindert die vollkommen eingeschüchterte Bevölkerung ausgeplündert. May habe seinen Spießgesellen Krügel bis noch vor drei Jahren mit Geld- mittel» unterstützt usw. Wegen dieses Artikels erhob May zu- nächst gegen den eigentlichen Urheber, den jetzigen Beklagten   Kimgel, die Privatklage. Krügel soll, wie behauptet wird, inzwischen zu- gegeben haben, daß ein Teil des Jnl�alts jenes Artikels von ihm, der andere Teil von Lebius erfunden sei, auch soll Krügcl den Kläger schriftlich um Verzeihung gebeten haben. Trotz des an- geblich vorliegenden Geständnisses des Angeklagten Krügel hat der Kläger May durch die Rechtsanwälte Dr. Puppe-Berlin   und Dr. Haubold-Hohenflein weitere Beweisanträge über die zeitliche Unmöglichkeit der ihm nachgesagten Räubereien stellen lassen. Außerdem haben auf Antrag der beiden Vertreter Mays amtliche Ermittelungen nach der Richtung hin stattgefunden, ob tatsächlich gegen May und H. Krügel, der seit 9 Jahren tot ist, wegen der ihnen nachgesagten Räubereien damals die zuständigen Behörden irgend eine ermittelnde Tätigkeit oder sonstiges veranlaßt hatten. Dies soll, wie von Mah behautet wird, ein durchaus negatives Resultat gehabt haben, da den betreffenden Behörden nicht das geringste von diesen angeblichen Räubereien bekannt ist. Abgabe von Branntwein an Kinder. Die Polizeiverordnung des Regierungspräsidenten in Aachen  vom 13. April 1906 verbietet es den Gast- und Schankwirten und den Kleinhändlern, an Schüler Branntwein oder denaturierten Spiritus abzugeben. Wegen Uebertretung dieser Bestimmung war der Schankwirt Gabriel vom Landgericht Aachen zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er einem zehnjährigen Schüler Schnaps verkauft hatte. Der Junge kaufte den Schnaps im Auftrage seines Vaters. Der Angeklagte hatte gegen die Anklage eingewendet, daß die Verordnung ungültig sei. Sie stelle einen Eingriff in die Rechte der Eltern bat. Wenn die Eltern ihrem Kinde gebietem, es solle Schnaps holen, dann dürfe das nicht verhindert werden durch eine Polizeiverordnung, die die Abgabe von Schnaps an Kinder verbiete. DaS tue die Verordnung, wenn sie die Abgabe von Schnaps an Kinder verbiete. Das Landgericht ließ diese Ein- wände nicht gelten. Die Verordnung sei gültig. Der Genuß von Branntwein sei den Kindern besonders schädlich. Dem könne im öffentlichen Interesse entgegen getreten werden durch ein Verbot an die Gast- und Schankwirte und Händler, an Kinder Brannt» wein nicht abzugeben. So könne den Gefahren entgegengetreten werden, die der Gesundheit jugendlicher Personen drohe. Ein Ein- griff in die elterliche Gewalt liege nicht darin. Das Kammergericht verwarf dieser Tage die gegen das Urteil eingelegte Revision mit folgender Begründung: Richtig sei aller- dings, daß einem Voter nicht durch Polizeiverordnung verboten werden könne, an sein Kind' Bräüntwein abzugeben. Er könne nicht mit Strafe bedroht werden, wenn er aus einer falschen An- ficht heraus seinem Kinde mal Branntwein gebe. Deshalb würde auch ein ganz allgemeines Verbot der Wgabe von Branntwein an Kinder ungültig sein, weil damit zugleich den Eltern verboten wäre, an ihre Kinder Branntwein abzugeben. Um ein solches ganz allgemeines Verbot handele es sich hier aber nicht. Denn die Verordnung beschränke sich darauf, den Gast- und Schankwirten und den Händlern die Abgabe von Branntwein an 5linder zu ver- bieten. Das sei zuläffig; Dadurch werde auch nicht unzulässiger Weise in die Gewerbefreiheit eingegriffen. Der§ 1 der Gewerbe- ordnung könne nicht so ausgelegt werden, daß irgend welche Vor» schriften bezüglich der Ausübung des Gewerbebetriebes nicht er- lassen werden könnten._ Rittergutsbesitzer untereinander. Am Mittwoch wurde, wie wir derKönigSbcrger Volkszeitung" entnehmen, vor der ÄönigSberger Strafkammer eine Anklage ver» handelt, die die Sitten, den Terrorismus und die Intoleranz kon- scrvativer Rittergutsbesitzer grell beleuchtet. Am 15. Februar trat ein liberaler Rittergutsbesitzer Döring in einem Beisammensein von Gutsbesitzern und Inspektoren, die in einm Hotel in Labiau  sich zusammengefunden hatten, für die Uebertragung des Reichs» tagÄvahlrcchis auf Preußen ein. Diese Meinungsäußerung brachte keine Kollegen ganz aus dem Häuschen.Sie sind wohl Sozial- Demokrat?" undSie stellen sich ja mit Ihren Scharwerkern auf eine Stufe!" und ähnliches rief man dem Wahlrechtsverfechter zu. Und als dieser einem der Herren antwortete:Ja. mit meinem Scharwerker'wähle ich auch lieber zusammen, als mit Ihnen, der reicht Ihnen noch nicht einmal daS Waschwasser hin," da wurde die Erregung so heftig, daß einer der Tischgenossen dem Ritterguts- besitzer ganz persönlich Vovwarf, er bereichere sich auf Kosten anderer Leute. Diese Beleidigung rächte der Angegriffene mit einer Ohrfeige, die er dem Rufer versetzte. Nun gerieten die Herren Agrarier in maßlose Wut. Drei von ihnen packten den Reichs- tagswahlverfechter und brachten ihn mit Gewalt zur Stube hinaus und durch ein weitere? Zimmer auf den Korridor, der zur Straße führte. Der Kellner, der Frieden stiften wollte, wurde während dieser Exekution von einem ander» Rittergutsbesitzer im Hinter» zimmer festgehalten. Der Hinausgeworfene hatte aber wegen seiner Garderobe, seiner Zeche und der ihm zuteil gewordenen Beyand. lung noch mit dem Kellner zu sprechen. Er ging deshalb noch- mals in das Vorderzimmer zurück. Im nächsten Augenblick kamen aber auch seine drei Rausschmeißer Gutsbesitzer Kuwert, Ritter» gutsbesitzer Gerlach und Zerahn schon wieder aus dem Hinter- zimmer heraus und während Kuwert rief:Ist denn der Kerl noch da!" packte Zerahn den Rittergutsbesitzer Döring, und während er dem Mitangreifer Gerlach einen Stock zureichte, rief er diesem zu: Hauen Sie auf ihn loS!" Döring wurde nun, obwohl er sich zu. rückzog und von dem Kellner in Schutz genommen wurde, kräftig mit Stockschlngen traktiert. Der Kellner bekam bei dieser Ge- legenheit auch noch etwas ab; aber ihm gelang eS schließlich doch, den Döring freizumachen. Nach Feststellung dieses Tatbestandes meinte der Vorfitzende, daß die Herren doch wohl besser getan hätten, sich bei dem Schöffen- gerichtsurteil, das gegen Kuwert und Zerahn auf 80, gegen Ger  » lach auf 60 und gegen Döring auf 30 M. erkannt hatte, zu bc- gnügen und dentraurigen Slbeno" ruhen zu lassen. Bei der Urteilsbegründung führte der Präsident sehr richtig auS:Ja einen» konstitntionellcn Staatswesen müßte man die gegenteilige« Ansichten einfach ertragen, so wie wir von anderen unsere An� sichten ertragen haben wollen. Daran erkenne man die Befähigung zum politischen Leben. Die Angeklagten hätten aber ein für ge, bildete Leute umvürdigeS Benehmen an den Tag gelegt. Der Sln» geklagte Döring habe sich zweifellos durch die Angriffe, die gegen ihn in der Unterhaltung unternommen wurden, stark gereizt ge- fühlt. Deshalb sei 39 M. Geldstrafe für die Körperverletzung, die in der dem Kuwert versetzten Ohrfeige liege, als ausreichend er- achtet worden. Gegen Kuwert, der sich an dem gewaltsamen Hin» ausbringen seines Widersachers beteiligte, wurden wegen Nötigung ebenfalls 30 M. Strafe festgesetzt. Die Rittergutsbesitzer Zerah» und Gerlach wurden wegen Nötigyng zu 30 M. und wegen der Körperverletzung mit dem Stock bzw. Anstiftung dazu jeder za weiteren 70 M. Geldstrafe verurteilt. Die Niedrigkeit der gegen die Rittergutsbesitzer Kuwert. Zerahn und Gerlach erkannten Strafen findet wohl in der gerichtlich attestierten politischen Unreife dieser Herren ihren Grund. DaS sind die Stützen der junkerlicher. Macht. eingegangene Dnidtfcdrifien. »In Freie» Stunden". Heft 28 und 29 siegen un? vor und bringen die Fortsetzung des im Hess 17 begonnenen Romans von Th. H. C a i n eDer rote Jason" sowie de» Roinan»Eigene K r a s i" von Ren nie Renniso n. Ncuhinzutrctende Abonnenten erhalten die ersten Heste nachgeliefert. Bestellungen zum P.eise von 10 Ps. nehmen alle Buchhandlungen. Kolporteure und Speditionen entgegen. Probemlinmern gratis vom Verlag Buchhandlung Vorwärts, Berli» SW. 68.