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fertigt, als die Organisation des Vereins nicht geändert ist". Seitdem sind aber sämtliche seinerzeit vom Oberverwaltungsgericht' für notwendig erklärten Aenderungen der Orga- nisation tatsächlich vorgenommen worden! Der Verein konstituierte sich im Jahre 1896 auf neuer Grundlage, und seitdem ist es keinem Polizei- direktor, keinem Mini st er des Innern eingefallen, die Zellsurfreiheit des Ver- eins anzutasten, bis Herr v. Jagow Polizei- Präsident und Herr v. Dallwitz Minister des Innern wurde. Nun auf einmal wird das Ver- nichtlingswerk wieder aufgenommen, um das sich die Unter- gebenen des Herrn v. Köster vergeblich bemüht hatten. Und diesmal soll ganze Arbeit gemacht werden, die Zensur duldet in ihrem Reiche keine Enklaven der Freiheit mehr I Vergebens sucht man in den Tätigkeitsberichten und den sonstigen Veröffentlichungen der Freien Volksbühne   nach irgend eineni Anlast dieses auffälligen polizeilichen Front- Wechsels. Doch schließlich fällt der Blick auf eine Denkschrift� die der Verein soeben zum Kampfe gegen das Lustbarkeits- steuerprojckt des Berliner   Magistrats veröffentlicht und der eine Erklärung beigegeben ist, in der es heißt: Die Freie Volksbühne ist eine Organisation, die in ge- meinnütziger Absicht breiten Massen der Berliner   Be­völkerung die Kenntnis der besten Werke deutscher und fremder Literatur zu vermitteln bestrebt ist. Seit mehr als zwanzig Jahren leistet sie ini Sinne ihres Programms wirkliche Kultur- arbeit, die ihr den lebhaftesten Beifall aller Ge- bildeten eingetragen hat. Organisationen solcher Art verdienen, durch den Staat und die Gemeinde in jeder möglichen Weise gefördert zu werden. Auf keinen Fall ist eS aber angebracht, ihre segensreiche Tätigkeit durch behördliche Eingriffe und steuerliche Belastungen zu beeinträchtigen! Unterzeichnet ist diese Erklärung u. a. von folgenden Persönlichkeiten der Wiffenschaft und Literatur: Hermann Bahr  . Prof. K. Bücher-Leipzig. Richard Dehmel.  ilrtur Eloesser. Fritz Engel  . Ludwig Fulda  . Stephan Groß- mann-Wien  . Max Halbe  . Gerhart Hauptmann  . Julius Hart  . Georg Hirschfeld  . Monty Jacobs  . Paul Mahn. Heinrich Mann  . Thomas Mann  . Fritz Mauthner  . Franz Mehring  . JuliuS Meier  » Graefe. Prof. K. Lamprecht« Leipzig  . I. Landau  . Prof. P. Natorp- Marburg. Felix Pnppcnberg. Hans Rosenhagen. Erich Schlaikjer. Johannes Schlaf  . Leopold Schmidt  . Wilhelm Schmidtbonn  . Hermann Sudermann  . Ernst v. Wolzogen. Frank Wedekiud. DenKulturträgern", hieß es doch vor wenigen Monaten. sollte ein erhöhter Einfluß aus die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten eingeräumt werden. Allerdings waren damit nur die Kulturträger mit Zivilversorgungsschein gemeint, von anderen will sich die preußische Negierung in ihre Geschäfte nichts drein reden lassen. Kaum haben also diese anderen Kulturträger ihrer Meinung Ausdruck gegeben, daß es nicht angebracht sei. die segensreiche Tätigkeit der Freien Volks- bühne durchbehördliche Eingriffe zu beeinträchtigen", so er- folgt mit demonstrativ wirkender Promptheit der widerratene behördliche Eingriff", gleichsam als ob damit gezeigt werden sollte, daß Leute, wie die Unterzeichner jener Erklärung, in Preußen, Gott sei dank, noch immer nichts zu sagen haben! Die Polizeibehörde verzichtet auf denBeifall aller Gebildeten", sie hat kein Verständnis fürgemeinnützige Absicht" und interessiert sich nicht fürwirkliche Kulturarbeit". Sie will nichts als herrschen. Sie muß alles regle- mentteren, am liebsten d i e Dinge, von denen sie am wenigsten versteht. Und darum soll jetzt die Freie Volksbühne   an ihrem Ehrennamen, dessen sie sich in zwanzigjähriger. Arbeit mehr als würdig gezeigt hat, das erste Wort streichen müssen. Eine Volksbühne" mag sie bleiben, aber frei? Frei und in Preußen? l Die Freiheit der Volksbühne von Zensur und polizeilicher Bevormundung ist aber ein ideales Kulturgut, ein wertvolles Aktivum in der Bilanz des deutschen Geisteslebens. Wenn dem Verein, der Hauptmann und Halbe in Zeiten polizeilicher Bedrängnis den Weg zur Bühne offen gehalten, der Ibsen  und Gorki dem deutschen Theater entdeckt hat, die Bedingungen seines bisherigen erfolgreichen Schaffens entzogen werden sollen, so bedeutet das einen empfindlichen Schaden für die gesamte Volkskultur. Wir sind gespannt, ob die bürgerliche Presse und die bürgerlichen Parteien die ganze Tragweite dieser Angelegenheit begreifen werden, oder ob ihr Verhalten das Urteil bestätigen wird, das einst Prof. Delbrück   im Kampfe um die Lex Heinze fällte: ob wirklich deutsche Kultur und Geistesfreiheit nur noch beider Sozialdemokratie Schutz finden soll._ fieue enthiillungeu in der lliannesmann-flffäre. Bekanntlich hatten die Alldeutschen eine Hetze gegen den Staats- sekretär des Auswärtigen Amts, v. Schön, während der letzten ReichStagStagung inszeniert, weil er die Ansprüche der Kapitalisten- gruppe Mannesmann auf die Bergmerksrechte in Marokko   nicht rücksichtslos genug wahrgenommen haben sollte. Die Mannes» männer hatten den Reichstag mit Eingaben bestürmt, worin sie nachzuweisen versuchten, daß ihre Rechte unantastbar seien. Sie beriefen sich auf ein vom Sultan Mulai Hafid erlasienes angeb« licheS Berggesetz, welches in Uebersetzung und im Faksimile bei- gefügt war. Einem Gutachten, das Professor Dr. G. Kampfs. meyer, ordentlicher Lehrer arabischer Dialekte am Seminar für Orientalische Sprachen   der Universität Berlin, für das Auswärtige Amt erstattete und welches den Ansprüchen der Mannesmönner nicht genügend entgegenkam, wurde ein solches des Leipziger Professors Fischer gegenüber gestellt. Der nationalliberale Abgeordnete Urning hat. um die Fischersche Uebersetzung als die allein maß- gebende bezeichnen zu können, den Professor Fischer von der Tribüne des Reichstags herunter als den ersten lebenden Arabisten" bezeichnet. In einer soeben erschienenen Broschüre zerpflückt Professor Kampffmeyer nun gründlich die gegen seine Stellungnahme angeführten Argumente.Gegen August Fischer,  " so sagt Kampff- meyer aus Seite ö3 in der genannten Broschüre,erhebe ich die An- klage, in derselben Angelegenheit über die Sache ohne gründliches Vorstudium geredet zu haben und da, wo reine Sachlichkeit Pflicht war, einer Gehässigkeit Raum gegeben zu haben, für die mir jedes Verständnis fehlt. Durch das Fischersche Gutachten ist die öffent- liche Meinung erneut auf das gründlichste irre geführt worden." Eingehend weist Professor Kampffmeyer nach, daß die im Besitz der Gebrüder ManneSmann befindliche Urkunde, auf welche sie ihre Ansprüche stützen und zu deren Durchsetzung die All- deutschen am liebsten Waffengewalt angewendet gesehen hätten, nicht aus einem Gusse ist. Daß das Siegel sich nur a u f ein t n Vermerk bezieht und daß das sogenannte Berggesetz nicht einmal ein Datum trägt. ist, so folgert Kampffmeyer nach längeren eingehenden Darlegungen, einfach nicht wahr, daß diese Urkunde den Erlaß eines marokkanischen Berg- gesetzeS ausdrückt. Denn Iväve das beabsichtigt, so würden Form und Ausdrucksweise völlig anders sein. Das Schriftstück sei durchweg ungeschickt, an vielen Stellen unklar und an wesentlichen Stellen unverständlich. Es sei unmöglich, daß Mulai Hafid ein der- artiges Schriftstück als Gesetz habe ausgeben lassen können. So sei der wichtige Paragraph 0, welchervonderKonzessions» erteilung handle, ein grauenvoller sprachlicher Wirrwarr und daher absolut unverständlich. Es handelt sich, so wird weiter dargelegt, offenbar hier nur um e i n e Anlage zu einem Gesetz, das nichterlaffen wor- den ist. Aus der ganzen Fassung gehe übrigens hervor, daß es sichumeinedeutscheUrschrift handle, die später u n v o l l- kommen ins Arabische übersetzt worden sei. Ich wußte", sagt Kampffmeyer weiter,daß der Ursprung dieser arabischen   Fassung des»Berggesetzes" überhaupt nicht in Marokko   liegt." Diese Andeutung ist nicht mitzzuverstehen. WaS werden die Manncsmäuner darauf zu erwidern haben? Was haben sie zu antworten auf die Frage, wer der Urheber dieses Schriftstücks ist, durch das das Auswärtig- Amt zu diplomatischen Schritten ge- nötigt werden sollte, die das Deutsche Reich   in schwere internatio- nale Verwickelungen hätte bringen müssen? Die Gebrüder Mannes- mann und die hinter ihr stehenden kapitalistischen   Gruppen, diese Ueberpatrioten, haben jetzt das Wort, denn deutlicher, wie Herr Kampffmeyer geworden ist, kann man nicht mehr gut werden! potttlscde Uebcrficht. Berlin  , den 6. August 1910. Neue Nnterschleife auf der kaiserliche« Kieler Werft. Aus Kiel   wird gemeldet, daß neue Materialiendiebstähle auf der kaiserlichen Werft entdeckt und der Matenalaufgeber B a l tz wie auch der Aliljändler Albrecht verhaftet worden sind. Baltz hat mehrere hundert Kilogramm Altmaterial in kleinen Partien unter der Weste versteckt aus der Werft heraus- geschmuggelt und an Albrecht verkauft. Die eingeleitete Unter- uchung führte weitere Veruntreuungen ans Tageslicht. Kieler Kriminalbeamte suchten die Lager der Althändler in Neu- münster ab und ermittelten dort beim Produktenhändler Wittko, daß dieser für 2000 Mark Altmaterial besaß, das auS der kaiserlichen Werft entwendet worden war. Wittko gab an, daß er es von einem Kieler Großkaufmann für 600 Mark er- worden habe, und daß dieser es wieder von Kleinhändlern gekauft habe. Es stehen noch weitere Verhaftungen bevor. Nach Schablone Da sich die Eisenbahnunsälle in letzter Zeit beträchtlich gemehrt haben und viele dieser Unfälle aus der Nichtbeachtung der Signale durch die Lokomotivführer entstanden sind, hat der Minister, der öffentlichen Arbeiten, Herr v. Breitenbach, wieder einen Erlaß an die Eisenbahndirettionen verschickt. Aus diesem Erlaß weiß derEisenbahn-Courier" folgendes mitzuteilen: Das Durchfahren der Lokomotivpersonale auf längeren Strecken hat sich nach dem Berichte zwar bewährt, auch erklären die beteiligten Personale übereinstimmend, daß die Fahrten ohne Uebermüdung gut auszuführen sind. Indessen fragt es sich doch, ob nicht die mit solchen Dienstleistungen verbundenen größeren Nebeneinnahmen auf die günstige Beurteilung vielleicht einen Ein- fluß ausüben. In den Zeitungen und auch bei der Besprechung des Mülheimer Unfalles im Reichstag ist auf diesen Umstand mehrfach hingewiesen worden. Die Königl. Eisenbahndirektion wolle hier- über innerhalb zwei Monaten sich äußern, sowie insbesondere an- geben, ob allgemein die Gewährung von Stundengeldern an Stelleder Kilometergelder an das Lokomotivpersonal in Aussicht zu nehmen sein möchte. Der Wunsch auf allgemeine Einführung von Stunden- geldern ist wiederholt in den Kreisen des Lokomotivpersonals ge- äußert worden. Was die Frage betrifft, ob es ratsam erscheint, auf bestimmten Strecken den Schnellzügen einen dritten Mann auf der Lokomotive mitzugeben, der den Führer in der Signal- beobachtung zu unterstutzen hätte, so würde eine solche Maßnahme eine Einschränkung der Verantwortlichkeit des Lokomotivführers zur Folge haben. Die Mitgabe eines dritten Mannes als Lotsen ist notwendig, wenn der Führer die Strecke nicht genügend kennt. Daß sie auch für den streckenkundigen Lokomotivführer eine Hülfe sein würde, ist nicht anzunehmen. Die Anwesenheit eines dritten Mannes, dessen Wahr- nehmungen von vornherein nicht so zuverlässig sein können wie die des Führers, wird auf der Lokomotive eher Störungen hervorrufen, als Nutzen stiften. Ein kürzlich vorgekommener Unfall hat auch be- wiesen, daß ein dritter Mann auf der Lokomotive die sichere Be- obachtung und Beachtung der Signale durchaus nicht gewährleistet. Wichtiger als die Frage der Mitgabe des dritten Mannes ist die Stärkung des BerantworllichkeitSgefllhIS beim Lokomotivpersonal und die Ueberwachung feiner Tätigkeit während der Fahrt. Es ist eine volle Gewähr dafür zu schaffen, daß die Lokomotivführer insbesondere bei der Fahrt durch verschiedene Bezirke die Strecken genau kennen lernen. Ein gut ausgebildetes und sich seiner Pflicht vollbewußteS Lokomotivpersonal gibt die beste Ge- währ für die gewissenhafte Beachtung der Signale und die Sicher- heit der Fahrt." Im wesentlichen soll es also beim alten bleiben. Weltkongreß für freies Christentum. Nach einem feierlichen Empfang am gestrigen Abend ist heute morgen in Berlin   der fünfte Weltkongreß fürfreies Christen« tum" undreligiösen Fortschritt" eröffnet worden: eine Veranstaltung protestantischer Theologen, die das sogenannte positive evangelische Bekenntnis verwerfen. Am besten wird ihre christliche Richtung charakterisiert, wenn wir die Namen der Theologen hierher setzen, die das deutsche Komitee bilden. Es sind dies: Professor Baumgarten,.Kiel  ; Pfarrer Max Fischer, Berlin  ; Pfarrer Alfred Fischer, Berlin  ; Pfarrer Fobbe, Berlin  ; Reichs- tagsabgeordneter Pfarrer Friedrich Naumann  . Berlin  ; Professor Rode, Marburg  ; Pastor Schiele, Berlin  ; Pfarrer Schneemelcher, Berlin  ; Pfarrer Traub, Dortmund  . Den ersten Vortrag hielt heute morgen Professor Dr. Adolf H a r n a ck überDas doppelte Evangelium im neuen Testament". Dann machten die Teilnehmer des Kongresses einen Ausflug nach Potsdam   und besichtigten die dortigen historischen und kirchlichen Gebäude. Nachmittags wurde am Luther-Denkmal auf dem Neuen Martt ein Kranz niedergelegt, woran sich ein Kirchen- konzert in der Marienkirche schloß. In den nächsten Tagen finden weitere Vorträge über allerlei theologische Themata statt. Außerdem werden heute abend vier große Sonderversammlungen abgehalten, in denen verschiedene Theologen, darunter auch Max Maurenbrecher  , über das Verhältnis der Religion zum Sozialismus, zur Enthaltsamkeit, zur Frauenfrage und zur Friedensbewegung sprechen werden. Ferner sollen morgen (am Sonntag) abend drei mit religiösen Gesängen beginnende und schließende Volksdersammlimgen stattfinden, in denen ungefähr zwei Dutzend Redner die Frage behandeln werden, ob der Austritt auO der Kirche zu empfehlen ist und ob die Schule von der Kirche g#- trennt werden müsse._ Der holsteinische Liberalismus uud der WahlzensuS. Dem unrühmlichen Beispiele in Kiel  , Wandsbeck, JtzehoS und anderen Orten der Provinz Schleswig-Holsteins   folgend, glauben auch dieliberalen" Stadtväter Altonas in Wahl- rechtsraub mächen zu sollen. Nachdem es nach jahrelangen Kämpfen unseren Genossen in Altona   im vorigen Jahre zun» ersten Male gelungen war, in das mit Privilegien umwallt« Stadtparlament in Stärke von fünf Mann einzudringen, wurden sofort Stimmen laut, welche die Erhöhung des Wahl« zensus von 1200 M. auf den höchst zulässigen Satz vot» 1500 M. verlangten. Der Magistrat glaubte zunächst die Erhöhung des Zensus nicht befürworten zu sollen, da daS Bürgertum, wenn alle Kräfte angespannt würden, noch stark genug sei, dem weiteren Eindringen der Roten ein Paroli zu bieten. Das fortgesetzte Schwenken mtt dem roten Lappen scheint jedoch den Magistrat jetzt in die nöttge Stimmung versetzt zi» haben, denstarken Mann" zu spielen. Am Freitagmorgen gaben dieHamburger Nachrichten" mit Behagen einer Zu- schrift Raum, in der es hieß, daß die dem Magistrat nahe- stehenden Kreise zu melden wüßten, daß eine Herauf- schraubung ires Wahlzensus noch bis zu den im Herbst stattfindenden Wahlen geplant s e i. Die Abendblätter vom Freitag bestätigten, dieseAbsicht", Wie verlautet, wird schon die Ende August statt- findende gemeinschaftliche Sitzung von Ma» gistrat und Stadtverordnetenkollegium sich mit einer solchen Vorlage beschäftigen. Unsere Altonaer Genossen werden sicher ihren Mann stehen und es an Aufklärung der Massen über die Beschaffenheit des schleswig- holsteinischenLiberalismus" nicht fehlet lassen._ Zum Wahlrechtsraub in Wandsbek  . Vor�einigen Tagen gelangte im Wandsbeker Stadtparlament in Schlcswig.Holstein tagen Magistrat und Stadtverordnet« gemeinsam die Interpellation der sozialdemokratischen Stadt, verordnetenfraktion über die Streichung bisherige« Wähler aus der Bürgerrolle bezw. Verweigerung der Aufnahme solcher Bürger in dieselbe, die seit einem Jahre«in Einkommen von 1350 1500 M. versteuert haben. Wie schon mit» geteilt, steht die städtische Verwaltung auf dem Standpunkt, daß nach der im vorigen Herbst beschlossenen Aenderung der Stadt, ordnung nicht mehr der Staatssteuersatz von 16 M.(1350 1500 M. Einkommen), sondern ein Einkommen von 1500 M. zur Ausübung des kommunalen Wahlrechts erforderlich ist. Als unsere Genossen in der entscheidenden Sitzung die Vorlage als einen Wahlrechts« raub charakterisierten, erwiderte der Oberbürgermeister:.... Man redet in sozialdemokratischen Kreisen von WahlrechtSraubk Wi» kann von einem Raub des Wahlrechts gesprochen werden, wo nie« mandem das Wahlrecht genommen, im Gegenteil eS erweitert wird? Nehmen, rauben tun wir nichts." An diesen nicht miß« zuverstehenden Ausspruch erinnerten unsere Genossen das Stadt« oberhaupt, das sich seiner damaligen Worte nicht mehr genau zu erinnern vermochte. Als ihm das Amtsorgan, in dem der zitiert« Ausspruch wörtlich steht, vorgehalten wurde, desavouiert« er seineu Moniteur, indem er kühl meinte, er sei für dessen Schreibweis« nicht verantwortlich, wi« er überhaupt keinen Einfluß auf di« Presse habe. Von den bürgerlichen Vertretern hatte nur der Stadt« verordnetenvorsteher und Gymnasiallehrer S p r o e s s e l, ge« wesenerliberaler" Landtagskandidat für den Kreis Stor  « marn, den traurigen Mut, sich der Ansicht desOberS  " anzu« schließen, während alle anderen schwiegen. In etwa 14 Tagen.wird daS Stadtverordnetenkollegium, da» in solchen Dingen in erster Instanz entscheidet, über die zahlreichen Reklamationen wegen Aufnahme in die Bürgerrolle zu befinden haben. Da gilt eS Farbe zu bekennen, zumal die meisten Stadt« verordnetenfreisinnig" sein wollen! Die Angelegenheit soll bi» in die oberste Instanz getriebe» werden.-'_ Die Waldenburger Polizeischlacht. Ein ungloubliches Urteil fällte das Schöffengericht in Reichen» hall. Durch einen imProletarier aus dem Eulengebirge' er« schienenen Artikel soll Genosse Feldmann ein halbes Dutzend Personen aus Waldenburg beleidigt haben. Anlaß dazu gab da« nicht einwandfreie Verhalten der Polizisten und einer Anzahl städtischer Wasserwerksarbeiter bei der Straßendeinonstration in» April dieses Jahres, bei der Demonstranten durch Säbel« hiebe verwundet und ihre Anzüge durch Wasser« strahlen verdorben wurden. Das Gericht lehnt» jeden Wahrheitsbeweis ab. DaS in dem Artikel Behauptete wurd» einfach als wahr unterstellt, nur die Form sei beleidigend und des« halb müsse eine Verurteilung erfolgen. Der Staatsanwalt bean« tragte gegen Feldmann fünf Monate Gefängnis, gegen den Drucker. Genossen Pelz, 200 M. Geldstrafe. DaS Schöffengericht in Reichenbach erkannte auf drei Monate Gefängni« gegen Feldmann, und gegen Pelz, der nicht den geringsten Einfluß au$ die redaktionelle Haltung de»Proletariers  " hat, auf 20 M» Geldstrafe. Gegen da» unverständliche Urteil wird natürlich Be» rufung eingelegt. Die Waldenburger Polizeischlacht wird übrigen» am 1. Sep« tember vor der ersten Breslauer Ferienstrafkammer noch einmal aufgerollt werden. Genosse Albert soll Polizisten und Gendarmen. die auf wehrlose Straßendemonstranten mit den Säbeln einschlüge» und diese zum Teil sehr schwer verletzten, durch zwei Artikel in der BreslauerVolkswacht" beleidigt haben. Für den Termin sind zwei Tag« in Aussicht genommen. Der Staatsanwalt hat 42 Zeugen. darunter allein über 20 Gendarmen und Polizisten laden lassen. Albert will den Wahrheitsbeweis durch eine große Anzahl vo« Zeugen führen; Genosse Karl Liebknecht   hat die Verteidigung übest nommen. Von Waldenburger Richtern wurden auf Grund von Aussage» von Polizisten drei Demonstranten zu je drei Monaten G ei fängnis, mehrere andere zu Geldstrafen verurteilt. Angebliche sozialdemokratische Verhetzung. Durch die Reichsverbands» und Unternehmerpresse macht ein zuerst in derKölnischen Zeitung  " erschienener Artikel die Runde. ,n dem es heißt: Die Firma Th. Goldschmidt, Chemische Fabrik und Zinn» Hütte in Essen, will die Leistungen der für die Arbeiter ihre» Werkes gegründeten und unter der Mitverwaltung der Arbeite« stehenden Pensionskasse erhöhen, nachdem eine im Auftrage der Firma von versicherungstechnischer Seite vorgenommene Prü- fung der Kasse ergeben hat, daß eine Erhöhung der Pensions- sätze und Sterbegelder um die Hälfte möglich erscheint. Der aus fünf Mitgliedern unter ihnen befinden sich drei Arbeiter bestehende Vorstand der Werkpensionskasse tritt einstimmig auf den Boden der Vorschläge der Firma und beantragt bei der Hauptversammlung der Kassenmitglieder die Genehmigung eines entsprechenden Antrages. Die Hauptversammlung der Mitglieder indes, die durch einen nach seiner eigenen Aussage vom Arbeiter» sekretariat instruierten sozialdemokratischen Agitator aufgehetzt . Mtlde« sich ist die im Interesse der Nrbeitxx von der Firmg diu»