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Hus der parte!* DK Hamburger Genossen gegen die badischen Budgctbcwilliger und H-sganger. Am Donnerstag und Freitag fanden in den drei Hamburger Reichstagswahlkreisen eine Reihe Parteiversammlungen statt, die sich mit dem Parteitag in Magdeburg   beschäftigten. Selbstverständlich stand im Vordergrunde der Diskussion der Disziplinbruch der badischen Landtagsfraktion, den gutzuheißen oder zu entschuldigen kein Genosse das Wort ergriff. In nicht mißzuverstehender Weise verurteilten im ersten Kreise die Genossen Schaumburg, Hübner, Kelling und Tennies, im zweiten Kreise die Genossen Hoffmann, Stengele und Kopeke und im dritten Kreise die Genossen H. Stubbe, Lorenz und andere das Verhalten der badischen Diplomaten. In allen Versammlungen wurde folgende Resolution gegen wenige Stimmen, darunter auch solche, denen die Resolution noch nicht scharf genug war, angenommen: Die Zustimmung der Mehrheit der sozialdemokratischen Fraktion in der badischen zweiten Kammer zun: Budget ist ein schwerer Disziplinbruch, weil in schärfstem Wider- spruch zu dem Beschluß des Nürnberger   Parteitages stehend. Sie ist nach Lage der Sache anch eine gewollte Herausforderung der Gcsamtpartci und eine absichtliche Störung der für den Kamps gerade jetzt so dringend notwendigen Einigkeit und Geschlossenheit. Die Budgetbewilligung ist ferner ein Verstoß gegen die Grundsätze der sozialdemokratischen Partei, indem sie ein vor- behaltloseS Vertrauensvotum für die Regierung in ihrer Stellung als Exekutive des kapitalistischen   Klassenstaates darstellt. Die höfisch-byzantinischen Kundgebungen einiger Vertreter der Sozialdemokratie in Baden sind beschämende Zeugnisse von Schwäche oder Heuchelei; sie sind geeignet, den demokratisch- republikanischen Charaker der Arbeiterklassenbewegung zu verschleiern oder zu beflecken. Die Budgetbewilligung wie die höfischen Huldigungen er- scheinen uns in ihrem Zusammenhang mit anderen Borgängen als ein Ausfluß jener Politik, die gewollt oder ungewollt auf eine Annäherung und Verbllndung mit bürgerlich-kapitalistischen Parteien hinausläuft rind an Stelle des Prinzips des Klassenkampfes das System des Opportunismus setzen will. Daß die Mehrheit der badischen Genossen das Verhalten ihrer Vertreter ausdrücklich billigt, läßt einen bedauerlichen Mangel an prinzipieller Durchbildung erkennen und weist auf Fehler in der bisherigen Agitation hin. Wir fordern vom Parteitag der deutschen   Sozialdemokratie, daß er den Disziplinbruch der Mehrheit der badischen sozialdemo- kratischen Fraktion mit aller Schärfe verurteilt und keinen Zweifel darüber läßt, daß die Partei gewillt ist, ihre prinzipielle und taktische Geschlossenheit zu sichern, wenn nötig durch Abstoßung von Gliedern, die sich als schädlich erweisen. Wir fordern ferner, daß der Parteitag den Parteivorstand be- auftragt, überall da, wo es als notwendig erscheint, von der Zentralstelle auS eine umfassende Agitation zur prinzipiellen Durch- bildung der Parteimitglieder zu veranstalten, insbesondere dafür zu sorgen, daß den badischen Parteigenossen die Bedeutung der Budgetbewilligungsaffäre mit ihrem Zubehör hinreichend dar- gelegt wird."_ AuS badischen Organisationen. Der Sozialdemokratische Verein in Kandern   nahm eine Resolution an, die sich gegen die Budgetbewilligung aus- spricht und Einhaltung der Beschlüsse des Parteitages fordert, sowie die Hofgängerei verurteilt. Im Sozialdemokratischen Verein zu Durlach   sprachen fich fünf Redner gegen, einer für die Budgetbewilligung aus. Alle verurteilten die Hofgängerei. Der Genosse Landtagsabg. Weber suchte die Fraktion zu verteidigen. Eine Resolution wurde nicht gefaßt. Zustimmende Resolutionen zur Budgetbewilligung wurden gefaßt in Sondhofen-Schriesheim und Laden- bürg, doch wurde in Sondhofen die Hofgängerei auf das entschiedenste verurteilt, in Ladenburg   sprachen sich mehrere Redner dagegen aus. In Fahrnau wurde in einer Versammlung der Mitgliedschaften Zell  , Hausen  , Fahrnau, Schopfheim   und Maulburg   mit Vierfünftelmehrheit eine Resolution angenommen, die die Budgetbewilligung billigt, aber die Hofgängerei be« dauert. Genosse Z u m t o b e l- Hausen hatte nach dem Referat des Genossen Landtagsabgeordneten Müller, der die FraktionS- Haltung verteidigte, scharf gegen ihre Politik gesprochen, die nur dazu führen könne, die klaren Ziele der Partei zu verwässern. Resolutionen für die Budgetbewilligung wurden ferner in Weingarten   bei Bruchsal  , Baden-Baden  , Wolfach   und Humor und Satire. Gefahrenklasse I. Tagtäglich liest man, ich möchte wetten, Etwa da« Folgende in den Gazetten: Ein Monoplan, o große Not, Fiel aus den Wolken; der Führer lot.# Ein Luftschiffer hat nicht mit Vorbedacht Seine Frau zur trauernden Witwe gemacht.* 'Rem Aviatiker kamen beim Landen Der Kopf und sämtliche Beine abhanden; Sein Partner mußt' sich zu seinem Schrecken Am Boden als tote Leiche entdecken.*_ Ein Schraubenflieger fiel aus der Höh'; Dem Führer tut kein Zeh mehr weh.* Ja, ja, wenn man solches lesen muß, Dann kommt man füglich zu diesem Schluß: ES ist der Beruf eines Aviaten So gefährlich wie der eines Literaten, Der's unternimmt, mit treffenden Wörtem Einen stinkenden Saustall zu erörtern. Ein Fehlgriff am Steuer ein Federrutsch Und Aviat und Skribent find filtsch. Ja ja, gegenüber den höhern Gewalten Soll man sich möglichst neutral verhalten. DaS heißt: recht hübsch auf der Erde bleiben, Und immer hübsch zahm und hübsch kriechend schreiben. Wer frevelnd die göttliche Ordnung verletzt, Wird kalt gemacht oder kalt g e s e tz t. _ Altro. Notizen. Sudermanns.Schmetterlingsschlacht*, die von der Neuen Freien Volksbühne aufgeführt werden soll, ist, wie uns mitgeteilt wird, bereits früher von der Freien Volksbühne   ge- spielt worden. Das Drama ist also seit dem Premierenskandal doch, und zwar vor einem objektiveren Publikum in Berlin   zu seinem Recht gekommen. Die internationale Städtebau-AuSstellung wurde am Freitag in Düsseldorf   eröffnet. Deutscher   Zarendienst. Die deutsche   Knechtselig- keit kann sich immer noch nicht genug tun in ihrem hündischen Zarendienst. Kaum ist das in München   gemaßregelte Pogrombild des polnischen Malers Fabianski in Frankfurt   a. M. ausgestellt worden, als auch dort schon der Versuch gemacht wurde, das Bild verschwinden zu lassen. Die Polizei hatte die Unverfrorenheit, mit Rücksicht auf den bevorstehenden Zarenbesuch in Hessen   um die Zurück- ziehung des Bildes zu ersuchen. Man hatte aber den Mut, sie ab- fahren zu lassen. Ein Mittel gegen die Rindertuberkulose  . AuS Toulouse   wird berichtet, daß der Direktor der Veterinär schule in Lyon  , Prof. Arloing, auf dem Kongreß zur Förderung der Natur- Wissenschaften mitgeteilt habe. eS sei ihm gelungen, ein Mittel zur Impfung der Rinder gegen Tuberkulose zu entdecken. Tüngen angenommen. In Baden-Baden   wurden in der Diskussion auch Stimmen gegen die Bewilligung laut. In der Versammlung in Pforzheim   vom 4. August, wo die Resolution, die der Landtagsfraktion das Vertrauen und die Zustimmung zur Budgetbewilligung aussprach, mit S9 gegen 98 Stimmen abgelehnt wurde, war eine zweite Resolution eingebracht, die gegen das Vorgehen der norddeutschen Partei- genossen protestiert, die Budgetfrage als eine Frage der Taktik erklärt, die Aufhebung des Nürnberger   Beschlusses verlangen, hin« gegen die Zustimmung der Fraktion zum Budget als D i s z i p l i n- bruch mißbilligen wollte, lieber diese Resolution wurde nicht abgestimmt. Genosse Stockinger, einer der drei Landtags- abgeordneten, die bei der Budgetabstimmung den Saal verließen, erklärt« in dieser Versammlung, daß er btt einem etwa erfolgenden Ausschluß der badischen Abgeordneten durch den Magdeburger   Parteitag sich den Ausgeschlossenen frei- willig anschließen würde. Werfälscht"? Wir erhalten folgende Zuschrift: Die Mannheimer  Volksstimme" versucht in ihrer Nr. 209 gleich an zwei Stellen die Feststellungen in Nr. 179 desVorwärts" über ihre eigenartige Berichterstattung zu entkräften. Ueber die nervöse Schreiberei im zweiten Blatte können wir hinweggehen, zumal dort nun unzweideutig zugegeben wird, daß die Stelle in derVolksstimme" über meine Ausführungen zum Gemeinde- budget eitel Schwindel war. Ueber die Abstimmung der beiden Resolutionen zur Budget- frage schreibt nun dieVolksstimme" von neuem: An dieser Stelle begnügen wir uns damit, nachdrücklich festzustellen, daß unsere Angaben durchaus den Tatsachen ent- sprechen, und daß diese Tatsachen so einwandsfrei festgestellt sind(durch wen?), daß jeder Versuch, sie nachträglich noch zu fälschen, kläglich Schiffbruch leiden muß." Demgegenüber stelle ich fest: Am Vormittag des 4. August behauptet noch dieVolksstimme", daß von 690 Versammlungs- teilnehmern nur 59 bis 69 für die Resolution votierten, die sich gegen die Haltung der badischen Landtagsfraktion aussprach, und weiter, daß meine gegenteilige Erklärung ein Versuch der Fälschung sei aber am Abend desselben 4. August stimmt sie einer ent- gegengesetzten Feststellung zu. Am Abend des 4. August tagte im Gewerkschaftshaus zu Mannheim   die Generalversammlung des Sozialdemokratischen Ver- eins. In dieser Versammlung wurde das Protokoll über die Ver- sammlung verlesen, in der die strittige Abstimmung stattfand. Dieser Handlung wohnte die Redaktion bei, ohne gegen den Inhalt des Pvotokolls Einspruch zu erheben. Dieses wuüe vielmehr ein- stimmig gut geheißen. Die Stelle im Protokoll über die Abstimmung lautet: Die Resolution R. wurde gegen«ine starke Minderheit abgelehnt, die Resolution H. mit einer großen Mehrheit ange- nommen." Man lese nun meine Darstellung in Nr. 179 desVorwärts" nach, ob diese mit dem Protokolle im Widerspruch steht. Oder will dieVolksstimme" gar plausibel machen, daß in einer Versamm- lung von 699 Personen 69 bis 69 Stunmen eine starke Minderheit darstellen?!_ H. Remmele. Als Erwiderung auf die Anfrage des Genossen Adolf Geck ev  » halten wir folgende Zuschrift: Genosse Adolf Geck   ist von seinem Berichterstatter falsch infor- miert worden. Meine Bemerkung, daß nicht Genosse Geck gemeint sei, bezog sich auf folgenden Vorfall: Ich erzählte in der Karls- ruher Versammlung, daß einer der drei Kollegen, die sich der Ab- stimmung enthielten, offenbar nicht viel von der Ablehnung des Budgets halte; denn er habe in der Fraktion den verblüffenden Vorschlag gemacht, die Partei solle doch im Landtag beantragen. daß die Abstimmung über den Etat abgeschafft werde. Auf eine Anfrage erklärte ich, daß es sich nicht um den Genossen Adolf Geck  handele. Der Genosse M o n s ch, auf den ich anspielte, hat in- zwischen seine einfache Lösung deS Budgetproblems auch vor seinen Wählern zur Diskussion gestellt. Ueber den Berichterstatter desVorwärts" sagte ich, er habe den Beschluß der Fraktion, ihren Mitgliedern die Teilnahme an der Schlußsitzung des Landtags freizustellen, sofort veröffentlicht. Ich selbst wäre von dem Landtagsschluh ferngeblieben, wenn nicht zwei Tage vorher diese Denunziation gekommen wäre. Ich wollte den Schein vermeiden, als ob ich aus Furcht vor einem Denun» zianten nicht teilnehmen würde. Ich habe beigefügt: Wer der Be. richterstatter war, weiß ich nicht. Wer es getan hat, mag sich ge- troffen fühlen. Mannheim  , v. August 1910,' .»Ludwig Frank  . Die Mitteilung einer Tatsache, die sich vor aller Oeffentlich- keit vollzieht, alsDenunziation" zu bezeichnen, ist ein so wunder- barer Einfall, daß sich eine ernsthafte Zurückweisung wirklich nicht lohnt. Interessant ist nur die Psychologie des Genossen Frank, der sich durch unsere Meldung sofort bestimmen ließ, einem höfi- schen Akt beizuwohnen, dem er ursprünglich die Weihe seiner An. Wesenheit versagen wollte. Offen gestanden, wir haben bisher wirklich nicht gewußt, daß der Mut des Genossen Frank es not­wendig hat, den Schein der Furcht so sorgfältig zu vermeiden. Nochmals die Wahlkreiskonferenz in Bretten  . Aus Baden wird uns geschrieben: Unsere Bemerkung in der Donnerstag-(nicht schon in der Mitt- woch-Nummer, wie dieBolksstimme", wie wir annehmen, ohne Nebenabsicht, berichtet), daß die badische Parteipresse weder einen Bericht von der Konferenz gebracht, noch von der Aufstellung deS Genossen Horter als Reichstagskandidat Notiz genommen habe, entschuldigt unser Mannheimer   Parteiorgan m:t der Behauptung, daß der Schristführer der Konferenz den Auftrag gehabt habe, einen Bericht an die Parteipresse zu schicken, daß er dieser Pflicht aber nicht genügt habe. Der Berichterstatter desVorwärts" hätte die Pflicht gehabt, sich zu erkundigen, ob dieser Genosse, der, wie die Mehrheit der Delegierten dieses Kreises, zu den Budget. gegnern gehörte, auch den ihm gewordenen Auftrag erfüllt habe. Wir nehmen von dieser Erklärung Notiz und bedauern, daß die Redaktion derVo lk s st i m m e" in diesem Falle nur auf diese budgetfeindliche Quelle angewiesen war. Der hier ange- grifsene betreffende Genosse dürfte übrigens an geeigneter Stelle sich noch zu der Beschuldigung äußern, er habe seine Pflicht nicht erfüllt.__ Tschechisch-sozialdemokratische Taktik. Im Diskussionsorgan der tschechischen SozialdemokratieAka- demie" beschäftigt sich der Prager   sozialdemokratische Abg. H u d e c, Redakteur am ZentralorganPravo lidu"(Volksrecht) mit der Tätigkeit der Reichstagsfraktion. Die Tschechischbürgerlichen werden ihre helle Freude an diesen Ausführungen haben, und die Deutsch  - nationalen werden nicht unterlassen, sie gegen die deutschen Ge» nassen auszubeuten, die sovolksverräterisch" sind, die von allen sozialen Sorgen und Pflichten ablenkende Cyauvinistenpolitik nicht mitzumachen. Die parlamentszerstörenden, aber Arbeit hindern- den Obstruktionen der Tschechischbürgerlichen findet er moralisch fundiert, weil sie sich gegen ein national ungerechtes Regime rich- leten. Merkwürdig war, daß den wirklich oder angeblich tschcchen-, sicher aber arbeiterfeindlichen Regierungen nie ein größerer Ge- fallen geschehen konnte, als mit der Obstruktion, die alle ministerielle Unfähigkeit, Untätigkeit und Unfruchtbarkeit deckte. Natürlich kann man dann die aufopfernde Bekämpfung dieser Obstruktion durch die Sozialdemokraten nicht besonders gutheißen. Aber die haben noch schlimmeres getan sie haben die grundlegende Wichtigreit der Forderung aller slawischen Streber nicht erkannt, daß für die Besetzung der Ministerstühle der Völkerproporz eingeführt werden muß. Negativ verhält sich die Partei zu der Forderung. daß alle Kabinette aus sechsslawischen" und fünfdeutschen  " .Exzellenzen bestehen müssen» unbekümmert natürlich«m das imaginäre Nationakbekußtsem fieS biegsamen BureäukrakeN. Jetzt weiß man also, was dem tschechischen Proletariat, außer zer­splitterten, kraftlosen Gewerkschaften nottut: daß den Kramarschzec und Staijek und ähnlichen Strebern oder Pensionensammlern und Aemterhäufern stets gesichert sei das Recht auf ein Ministerium. Doch halt, Genosse Tusar hat ja in Brünn  , nach unwieder- sprochenen Berichten der deutschösterreichischen Parteipresse, erklärt, die tschechischen Sozialdemokraten und Gewerkschaftszersplitterer, die es ausgehalten, daß man sie gebüttelt und die Sakramente gegen sie gespendet und dasAllerheiligste" gegen sie ausgestellt, sie würden auch ertragen, wenn sie die Internationale ausschlösse. Vielleicht muß man hinzufügen: wird sie dann der gewiß leichtere Zutritt zur Slawischen Union, dem slawisch-bürgerlichen Block, darüber rasch trösten. Geht doch der Nationalismus«llöm anderen vor. Aus der Parteibewegung in Russisch-Polen. Die Partei- organisationen in Russisch-Polen sind gegenwärtig mit den Vor- arbeiten zu der bevorstehenden Konferenz der S. D. P. u. L. beschäftigt, die bor der geplanten allrussischen Parteikonferenz stattfinden soll. Die Tagesordnung der Konferenz unserer pol- nischen Genossen enthält folgende Punkte: 1. Organisation und Agitation; 2. Ausnutzung der legalen Möglichkeiten: s) in den Ge- werkschaften, b) in den kulturellen und Bildungsinstitutionen, c) in den Genossenschaften; 3. die Tätigkeit der Partei in Verbindung mit der Tätigkeit der sozialdemokratischen Dumafraktion; 4. die Situation in der Gesamtpartei: 6. die allrussische Parteikonferenz. Alle diese Fragen wurden in den Rayonkonferenzcn sehr lebhaft diskutiert. Es war namentlich die Frage über die legale Gewerk- schastsbelvegung, die die Genossen veschäftigte. Schon der letzte sechste Kongreß der S. D. P. u. L. zu Ende 1998 hatte den Beschluß gefaßt, daß man zur Legalisierung der Gewerkschaften schreiten müsse, wenn die Bedingungen der Arbeiterbewegung günstiger werden würden. Diese Voraussetzungen waren schon Ende vorigen Jahres vorhanden. Zudem macht sich, wie die Rahonkonferenzen konstatieren, in letzter Zeit ein Zufluß der Arbeiter zu den Partei- organisationen in verstärktem Matze bemerkbar. Die Zahl der Rahone wird allerorts verstärkt, das ParteiorganDie rote Fahne" wird in einer größeren Anzahl von Exemplaren verkauft usw. Schon Ende vorigen Jahres sprachen sich die Vorstände der illegalen Ge- werkschasten und das Warschauer Parteikomitee für die Notwendig- keit aus, an die Legalisation der Gewerkschaftsbewegung zu schreiten. Der Vorstand der S. D. P. sprach sich gleichfalls für diesen Versuch aus und unterstützt alle Schritte der polnischen Organisationen in dieser Richtung. Zu gleicher Zeit macht sich auch eine Belebung des Gewerk- schaftskampfes bemerkbar. Das Lodzer Parteikomitee verbreitete einen Aufruf gegen die Verlängerung der Arbeitszeit aus die Fabrik von Poznanski. eine der größten Lodzer Firmen, die 1997 die bekannte große Aussperrung einleitete. Die schon proklamierte Verlängerung der Arbeitszeit wurde dank dem Widerstande der Arbeiter rückgängig gemacht..Der Warschauer illegale sozialdemo- kratische Bäckerverbatfd verbreitete einen Aufruf gegen diechrist- lichen" Streikbrecher, die den streikenden jüdischen Bäckern in den Rücken fielen. Der Aufruf und die Agitation des Verbandes er- wiesen sich für die jüdischen Arbeiter als eine wirksame Unter» stützung. Trotz der Verhaftungen verläuft der Streik ziemlich günstig. Unter den Warschauer Schuhmachern ist eine Streik- bewegung im Gange. Die illegale sozialdemokratische Schuhmacher- organisation veröffentlichte einen Aufruf mit detaillierten Lohn- forderungen, die von den Streikenden aufrecht erhalten werden. poli-eiUcKes, Gerichtliches ulw. Der Nutzen der sozialdemokratischen Presse. Der Genosse Schlegel von derFrank. Tagespost  * war von derNürnberger Kranken-. Sterbegeld-, Doktor, und Apothekenversicherung, eingeschriebene Hilfskasse" verklagt worden, weil er vor dieser Kasse gewarnt hatte. Das Schöffen» gericht Nürnberg   hat den Beklagten freigesprochen mit der Begründung, daß die Warnung vor jener Kasse als einem verdächtigen und Msichereo Unternehmen völlig berechtigt gewesen fei._ Soziales. Wichtigkeit von Lohnbüchern. Wie wichtig der Nachweis des JahreSarbeitsverdiensteS ist. weil danach die Unkallrente bemessen wird, zeigt folgender Fall: Der minderjährige Bäcker H. ans St. erlitt am 22. Dezember 1998 im Betriebe der Firma C. dadurch einen Unfall, daß er sich an einer zerbrochenen Fensterscheibe eine Schnittwunde am rechten Unterarm, mit teilweiser Zerschneidung des Ellenbogennervs zuzog. Die Nahrungsmittelindustrie-Berufsgenosscnschaft lehnte ab, den Verletzten zu entschädigen, da sie behauptete, daß eine Erwerbs- beschränkung über die 13. Woche hinaus nach dem Unfall nicht mehr vorhanden war. Der von der Genossenschaft gehörte Arzt hatte eine Erwerbsbehinderung von 16 Proz. angenommen. Das Schiedsgericht für Arbeiterversicherung, Stadtkreis Berlin  , sprach dem Verletzten eine Rente von 33Vtz Proz. zu, berechnet nach einem Jahresarbeitsverdienst von 879 M. Das ist der 399fache Betrag deS damals festgesetzten Tagelohnes von 2,99 M. Der Vertrauens» arzt des Schiedsgerichts stellte fest, daß bei Berührung des Ellen» bogens Schmerzen ausgelöst werden und die rechte Hand einen deutlichen Schwund der Zwischenknochenmuskulatur ausweist. Dieser Arzt hielt weitere Heilbehandlung für notwendig. Diese übernahm dann auch die Genossenschaft, während gegen die Eni- scheidung des Schiedsgerichts Rekurs bezüglich der Höhe des Jahresarbeitsverdienstes seitens des Verletzten eingelegt wurde. Geltend wurde gemacht, daß H. einen täglichen Verdienst von 8.69 M., also pro Woche 21 M. hatte, mithin der vom Schieds- gericht angenommene Jahresarbeitsverdienst zu gering bemessen sei. DaS ReichS-VersscherungSamt erhob Beweis, indem«S den Arbeitgeber des H. vernahm und durch Einsichtnahme in die Lohn- bücher feststellen ließ, welchen Lohn H. im Jahre vor dem Unfall gehabt hat. Diese auf Grund der Lohnbücher vorgenommene Fest« stellung ergab, daß H. in dem ganzen Jahr vor dem Unfall einen gleichmäßigen Wochenlohn von 21 bis 26 M. erhalte» habe, dem» zufolge wurde der Jahresarbeitsverdienst auf 1196 M. festgesetzt, also um 236 M. höher, als daS Schiedsgericht diesen bemessen hatte. Die Rente erhöht sich demzufolge bei der gleichen Erwerbs» unfä�keit durch das erhöhte Jahreseinkommen pro Monat um In dem vorliegenden Fall gelang es. durch die Lohnbücher den richtigen Jahresarbeitsverdicnst festzustellen. Die Arbeiter tun daher gut, wenn sie sich wöchentlich notieren, waS sie ohne Abzug deS Kranken, und JnvalidenbeitrageS verdient habe«. Die Wertlosigkeit der Zwangsinnungen wird in ihrem klasst, chen Lande, in dem zünftlerischen Oesterreich, durch eine soeben er» chienene Schrift des Wiener   Advokaten Dr. Heller nachgewiesen. Insbesondere ist die Geldwirtschaft der Zwangsgenoffenschaften elend; teils führen sie keine ordentlichen Aufzeichnungen, teils werden die Gelder nicht zu Genossenschaftszwecken verwendet. In manchen Fällen wurden für Verwaltung 81 Proz. der Ausgaben verwendet. Von den 2,3 Millionen Kronen, die die Wiener   Ge- nossenschaften jährlich ausgeben, werden nach Dr. Heller 74 Proz. zu anderen als den gesetzlichen Zwecken verwendet. Daß da ab und zu auch was für zünftlerisch-scharfmacherische Wahlzwecke abfällt, rann man nicht ganz von der Hand weisen. Kinderarbeit in Großbritannien  . AuS London   wird uns geschrieben: Nichts fällt fc-m kontinen- taten Besucher englischer Großstädte mehr auf als die Menge bleicher, zerlumpter und verwahrloster Knaben, die-nachmittags und abends mit einem Packen Zeitungen durch die Straßen laufen und ununterbrochen mit kreifchendor Stimme Wörter wirewinner", murdet" Ulld ähnliche ausstoßen. Wer in der Nähe der Fleet