unanareifvare, Immune Institution steht. Und wir glausten nichtfehlzugreifen, wenn wir den eigentlichen Grund der Verurteilungnicht in den Ausführungen des Artikels über die Prinzen, sondernin der Tatsache sehen, daß er die Erhöhung der Zivilliste kritisiert.Denn nach der erleuchteten Auffassung der preußischen Bureankratie,wozu auch die Herren von der Justiz gehören, hat die Untertanen-schaft Steuern zu zahlen und den Mund zu halten. Auch wennman ihr S'/a Millionen mehr für die Zivilliste abknöpft, obschon manihr kurz vorher das gleiche Wahlrecht verweigert hat I...Der Krieg auf den Seekfyiffswerften.Der große wirtschaftliche Kampf auf den Werften, der durchden Beschluß>:i Werftgewaltigen, 60 Proz. aller WerftarbeiterTeutschlands auszusperren, erhöhte Bedeutung erlangt, zeigt auchden noch vom Harmoniedusel befangenen Elementen, daß die ökono-mische und damit auch die politische Befreiung der Arbeit nur dasWerk der Arbeiter selbst sein kann. Alle Bitten der„besseren"Elemente unter der Arbeiterschaft, ihnen einen bescheidenen, denTeuerungsverhältnissen entsprechenden Lohnzuschlag zu gewähren,ist von den Werftbesitzern oder den Sachwaltern des Werftkapitalsmehr oder minder brüsk oder sogar noch in höhnender Formzurückgewiesen worden. Da blieb den Werftarbeitern aller Branchen nur die ultima ratio, der Streik, übrig, durch den sieihre traurige Lebenslage erträglicher zu gestalten hoffen. DieSoldschreiber des Kapitals, allen voran die Skribenten der„Ham-burger Nachrichten", leisten sich das Menschenmögliche in der Ver-unglimpfung der Arbeiter, ihnen so die Erkenntnis in die Köpfehämmernd, daß von einer �Harmonie zwischen Kapital und Arbeitnicht die Rede sein kann.„Anständige Leute schreiben nicht fürmich", hat der Blut- und Eisenmensch Bismarck einmal gesagt.Er kannte seine Pappenheimer! Die immer noch von den„großen"Gedanken ihres Idols zehrenden„Hamburger Nachrichten" stelltdie kämpfenden Arbeiter sogar als Einbrecher und Geld-spindknacker hin.Arbeiter, merkt Euch diese Gemeinheit!'Um die bescheidenen Forderungen der Werft-arbeiter zu diskreditieren, wird behauptet, die Konjunktur imSchiffsbaugetuerbe sei nicht danach angetan, ihm weitere Lastenaufzubürden. In den besten Zeiten der Hochkonjunktur ist es denWerftgewaltigen nicht eingefallen, die Arbeiterlöhne nennenswertaufzubesiern; es bedurfte erst des Nachdrucks von feiten der Ar-beitssklaven. um wenige Pfennige herauszuschlagen. Schmunzelndhaben im Zeitalter der gepanzerten Faust und der Panzerkolossedie Werftkapitalisten den Goldsegen, den gemünzten Schweiß derArbeiter, geerntet, während die Erzeuger aller Mehrwerte mitHungerlöhnen abgespeist wurden. Da brach den Arbeiterndie Geduld! Das Herrenmenschentum an der Wasserkante hofftauf Aufschub der Lieferfristen, ein Beweis dafür, daß die Kon.junktur keine schlechte sein kann. Die Nachtschusterei steht auf denWersten in höchster Blüte.Wie es mit dem„Arbeitsmangel" in Wirklichkeit aussieht, zeigen die Aufträge der Werften. Die Werft von Blohmu. Boß, die größte Werft Hamburgs, hat außer den noch imBau befindlichen noch zwei weitere große Kreuzer, und für dieHamburg-Amerika-Linie und die Ostafrika-Linie je einen großenDampfer, sowie mehrere kleinere Dampfer zu bauen. DieFiliale des„Vulkan" in Hamburg baut außer dem Linien»schisssersatz„Heimdall" für die Amerika-Linie ein Schiff vonriesigen Dimensionen, einen wahren Leviathan; das Deplacementsoll 40—50 000 Ton» betragen. Auch die übrigen WerftenHamburgs haben viele Aufträge zu effektuieren, wie über-Haupt alle größeren Werften in Bremen, Geestemünde, Kiel,Stettin, Danzig, Flensburg usw. Wann wohl die Konjunktur ein-tritt, die höhere Löhne vertragen kann? Diese Frage dürften dieWerftinteressenten als eine sehr naive bezeichnen.Das Telegraphenbureau Hirsch berichtet, von der ArbeitSein-stellung würden die Werften, soweit nicht an Lieferungsfristen ge-knüpfte Marinebauten in Frage kämen, nur wenig betroffen.Warten wir's ab! Der Geldbeutel ist der verwundbarste Punktaller Kapitalistem Millionenbauten läßt man eben, des Zinsver-lustes wegen, nicht monatelang liegen. Mit auf der Straßeaufgelesenen Lumpenproletariern kann man keine qualifizierteArbeit leisten. Zur Herstellung dieser Wunder der Technik, wieman die großen Schiffskolosse mit Recht bezeichnet, bedarf es desZusammenwirkens vieler geübter Hände und überlegender Köpfe.Nachdem die Hirsche sich mit den Freiorganisierten solidarischerklärt hatten, haben dies jetzt ebenfalls die Christlichen ge-tan. Dem einigen Kapital steht die feste Phalanxder Arbeiter gegenüber.Wie aus den Forderungen der Werftarbeitererhellt, wollen diese endlich geregelte Lohn» und Arbeits-Verhältnisse eingeführt sehen. Die Einführung vonMindest- oder Einstellungslöhnen wird, obwohl sonstüberall längst durchgeführt, von den Werftprotzen als undurchführ-bar bezeichnet. Undurchführbar soll auch die Regelung derverschwommenen Lohnakkordsätze sein. Bislaugwußte kein Werftarbeiter, woran er war. Wurde er wegen angeb-lichen Arbeitsmangels entlassen, aber nach wenigen Tagen wiederin Gnaden aufgenommen, dann galt er als Neueinge stell-ter, der von unten wieder anfangen konnte. Neben der Ver.kürzung der Arbeitszeit legen die Arbeiter das Haupt-gewicht auf die Garantierung eines Mindestlohnes.Bürgerlichen Tintenkulis, sich dankbar an die Freifahrten und Ab-sütterungen bei der Weltlinie erinnernd, wenden sich gegen die„unverschämte" Forderung nach Verkürzung der Arbeitszeit von56 auf 53 Stunden, wobei wir betonen wollen, daß die A m e r i k a-LinienochjetztinihrenWerft-undDock betriebenSO Stunden arbeiten läßt! Kulturforderungen dürfeneben nicht anerkannt werden, und ausgehaltene Tintenkulis dürfennicht wider den kapitalistischen Stachel lecken, falls sie nicht beidenen um Ballin in Ungnade fallen wollen.Eine„Unverschämtheit" soll auch die Forderung einerzehnprozentigen Lohnerhöhung sein. Eine solcheLohnsteigerung würde die Produktionskosten ins Ungemessenesteigern, so wird behauptet. 10 Proz. Lohnerhöhung oder durch-schnittlich etwa& M. pro Woche mehr bieten auch nicht annäherndeinen Ausgleich für die im Zeitalter des Brot- und Fleischwuchersund der famosen Finanzreform eingetretene Verteuerung allerBedarfsartikel, der Wohnungsmieten usw. Dreselben bürgerlichenPreßorgane, welche die bescheidenen Lohnforderungen der Werft-arbeiter herunterreißen, mimten noch vor kurzem Beamtenfteund-lichkeit. bezeickmeten deren Eingaben als von der Not der Zeitdiktiert und stellten, wie die„Hamburger Nachrichwn, ,n deren«eitungSspalten sich zwei Seelen bre.t machen, mn Extrablatt rrntSen Beamten gewogenen Artikeln her, das den Hamburger Staats-bureaus zugestellt wurde. Ein Unterbeamter veroftentllchte tn�'em Blatt seinen Notschrei. Er Offerte smne�A�gabe�mit etwa 1450 M.. wobei der Littel« 1 c 1' �"„tr;*„Tag und der Titel K l e i d u n g mit ganzenist. Da» war eine„beachtliche" Stimme. DaS Arbeitseinkommeneines WerstproletarierS ist zum größten Teil heheutuO niedrigerals 5as 5eS ÜnleiEeamleit. Mer 5er Prolei soll sich nach öer Deckestrecken und den Hungerriemen um einige Löcher enger anziehen,dann wird'S schon gehen.Die Arbeiter sehen also, daß sie in diesem Riesenkampfe aufsich allein angewiesen sind. Das bekannte Tellwort:„Der Starkeist am mächtigsten allein!" ist von der Arbeiterklasse akzeptiertworden in dem Sinne, daß, wenn sie sich einig ist, sie sich starkgenug fühlt, um auch den Kampf mit einem auf seine gefülltenGeldsäcke protzenden Gegner aufnehmen zu können. Ziel- und wegbewußt werden die Werftarbeiter, die nichts zu verlieren, sondernnur zu gewinnen haben, den Kampf für eine bessere Existenz zuführen wissen, damit auch sie und ihre Familien etwas vomSonnenschein einer anständigen Existenz berührt werden.Spanien und der vallßan.Aus Madrid wird uns geschrieben:Spanien ist das letzte Land in Europa, das noch unterder absoluten Herrschaft Roms steht. Der Konflikt, der jetztzwischen dem Vatikan und der spanischen Negierung ausge-krochen ist, ist der Anfang einer Aera der Befreiung.Diese Krise der religiösen Emanzipation ist dieselbe,welche alle europäischen Nationen durchgemacht haben, bevorder Endkampf um die soziale Befreiung ausgebrochen war.Im ersten Moment scheint der Kampf nur zwischen denklerikalen und den liberalen Mächten entbrannt zu sein, aberin Wirklichkeit wogt die Schlacht auf der einen Seite zwischeneiner Kaste von Unterdrückern, die aus unfähigen Generalen,räuberischen Pfaffen und Geschäftspolitikern besteht, währendauf der anderen Seite das unterdrückte spanische Proletariatsteht-Man weiß, daß sich infolge der Hartnäckigkeit des per-ruchten Ministerpräsidenten M a u r a und seiner Salongene-rale, die eine Aera kolonialer Eroberungen beginnen wollten,und infolge der systematischen Opposition, die die Negierungallen Notwendigkeiten der nationalen Entwicklung entgegen-setzte, das Volk von Katalonien sich erhob und in Barcelonaim Juli des letzten Jahres die Revolution ausbrach. DieseEreignisse und die Ermordung F e r r e r s führten zum SturzeMauras. Während seiner und seiner Vorgänger Regierunghatte Nom die Zügel der Regierung in Händen. Der spa-nische Ministerpräsident war nur eine Marionette, die an denDrähten tanzte, die in Rom gezogen werden. C a n a l e j a skam zur Macht nach dem Sturze Morets, den Maura ausHaß zu Fall gebracht hatte, vielleicht auch in der Hoffnung,selbst wieder zur Macht zurückzukehren.Indem Canalejas das Steuer des Staatsschiffes, dasbereits so arg mitgenommen war, ergriff, fand er sich vorAufgaben gestellt, deren Lösung große Schwierigkeiten be-reiten mußte. Er machte sich zunächst an diejenige, derenLösung ihm am leichtesten schien und die zudem unmittelbarseine Äusmerksamkeit in Anspruch nehmen mußte. Es wardas die Revision des Konkordats. Man erinnertsich, daß nach den letzten spanischen Niederlagen im Kriegemit Amerika der größte Teil der Pfaffen, die katholischenMönche und Ordensschwestern, aus den Kolonien nach Spa-nien zurückkamen, an dessen Marke ohnehin eine nur allzuzahlreiche Schar dieser Parasiten zehrt. Die Trennung vonKirche und Staat in Frankreich verschärfte noch die Situation,da die aus Frankreich vertriebenen Mönche in dem gastfreund-lichen katholischen Spanien ihre Zuflucht suchten. Spanienglich fast einem ungeheuren Leichnam, der von den Parasitenverzehrt wurde.Es handelte sich also darum, zu retten, was noch zuretten war. Zugleich mußte man dem Vatikan deutlichmachen, daß Spanien es satt habe, seine Drahtpuppe zu sein.Einer der ersten Handlungen des Ministerpräsidenten waralso die Einleitung von Verhandlungen mit Rom. um dasKonkordat zu revidieren und es für Spanien weniger drückendzu gestalten. Um dem fressenden Krebsgeschwllr Einhalt zutun, erließ Canalejas gleichzeitig eine Verordnung, welche dieBildung neuer Orden in Spanien bis zur gesetzlichen Neu-regelung untersagte. Dieses Dekret, welches die Türe neueindringenden Parasiten verschloß, nannte man das„Gesetzdes Vorhängeschlosses". Zugleich trug Canalejas einem mo-dernen Bedürfnis Rechnung, dessen Erfüllung schon langevon den zahlreichen spanischen Protestanten und Juden ge-wünscht wurde, und erließ eine andere Verordnung, welcheallen Religionsbekenntnissen Kulturfreiheit gewährte.Dieser Akt war in den Augen des Vatikans an sich eineRevolution. Denn hatte nicht seit so vielen Jährhun-derten der Papst allein in Spanien regiert und seine protestan-tischen und jüdischen Konkurrenten von jeder Tätigkeit ausge-schlössen? Man kann sich also denken, daß diese beiden Ver-ordnungen die ohnehin schon sehr getrübten Beziehungenzwischen dem Vatikan und Spanien sehr verschlechterten. DerPapst und besonders sein Staatssekretär Morry delVal,ein hochmütiger Spanier, fühlten sich beleidigt. Sie zeigtensich unversöhnlich und forderten vor Wiederaufnahme neuerVerhandlungen von Canalejas den Widerruf der Verordnun-gen. Aber der Ministerpräsident konnte, wollte er nicht poli-tischen Selbstmord begehen, einem solchen Verlangen nichtzustimmen.Ende Juli begab er sich nach San Sebastlan. um vomKönig die Zustimmung zu seinem Vorgehen zu fordern. DieSituation A l f o n s o n war immerhin schwierig. Wenn erCanalejas freie Hand ließ, so wurde er zur Beute des wüten-den Hasses der spanischen Klerikalen, welche ihn anklagten,sich durch seine protestantische Frau, die bei ihrer Heirat zumKatholizismus übergetreten war. beeinflussen zu lassen-, wenner aber Canalejas den Abschied bewilligte, so demütigte erSpanien vor dem herrschsüchtigen Vatikan und dies konnteeinen allgemeinen Aufstand aller modernen Kräfte herbei-führen. Es scheint aber, daß dieser sonst sehr schlecht berateneKönig dieses Mal mehr Glück hatte, indem er Canalejas seinVertrauen aussprach.Angesichts der unversöhnlichen Haltung Roms reiste derspanische Botschafter beim Vatikan, Herr Ojeda, von Romab. Der König ist im Begriff, nach England zu reisen undüberläßt seinem Ministerpräsidenten die Sorge mit den fana-tisierten Katholiken von Biscaya fertig zu werden. DerMinisterpräsident hat die Methode der„starken Hand" ge-wählt. Er hat Truppen nach San Sebastian gesandt, umdie von den Klerikalen angekündigten Demonstrationen zuverhindern. Der Rückzug der Katholiken hat ihm vorläufigeinen vollen Erfolg gebracht, da nach den pomphaften Ankün-digungen der Klerikalen ihr Zurückweichen einem Eingeständ-nis ihrer Schwäche und Machtlosigkeit gleichkommt. Natür-lich können wir diese Methode nicht billigen; ist doch zu fürch-ten, daß sie auch, wenn die Gelegenheit sich bietet, gegen daskämpfende Proletariat angewendet wird.Die Situation bleibt aber noch ungeklärt und von Ge-fahren erfügt. Sie ist um so ernster zu bevxtxilea, da derKönig unier der Pression seiner oligär'chischen und bsgöktenUmgebung jeden Moment Angst bekommen, zurückweichenund Canalejas verabschieden kann. Die Berufung jeinesReaktionärs zur Regierung würde aber sicherlich eine Revo-l u t i o n entfesseln. Aber auch wenn Canalejas an der Machtbleibt, ist die Stellung der spanischen Sozialisten eine sehrschwierige. Die Sozialisten wünschen mehr als irgend jemandanders die Wiedergeburt Spaniens, die mit der Befreiungvon dem Joch des Klerikalismus beginnen muß- Erst dadurchgewinnen wir freien Zugang zu dem Schlachtfeld, auf demder Klassenkampf zwischen Proletariat und Bourgeoisie aus«gefochten werden kann. Aber, indem unsere spanischen Ge-nassen mit allen Kräften an dem Werk des Fortschrittes mit-zuarbeiten suchen, müssen sie stets auf der Hut sein, um sichvor den Fallstricken zu bewahren, wetche die bürgerlichen Butl».desgenossen bei einem solchen Werke ihnen legen könnten.»»*Eine Erklärung des Ministerpräsidenten.Paris, 10. August. Der„Petit Parisien" veröffentlicht eineUnterredung seines Madrider Vertreters mit dem spanischenMinisterpräsidenten. Canalejas erklärte, er sei mitder augenblicklichen Lage durchaus zufrieden; er erwarte diebaldige Beilegung des Streiks in Bilbao, auch die Kon-flikte in Gijon und Santander gingen ihrer Beilegung entgegen.So könne die Regierung endlich an die Lösung anderer Problemegehen, insbesondere den Plan der Neutralität des Unter-r i ch t s studieren. In den Baskischen Provinzen und in Navarratrete wieder Ruhe ein. Canalejas erkannte an. daß die Haltungder meisten spanischen Bischöfe klug gewesen sei; nur einige, wieder Bischof von Vittoria, der sich geweigert habe, die Priester zurOrdnung anzuhalten, hätten ihre Pflicht vergessen und mPredigten zum Aufstand angereizt. Diese sollten er-fahren, daß sie öffentliche Beamte seien und den Staatrespektieren müßten. Die Manöver der Karliften inKatalonien seien bedeutungslos. Der Ministerpräsident erklärtezum Schluß, er wolle erstens feststellen, daß die große Mehr,heit des spanischen Volkes für die Kultusfreiheit unddie Zahl der Ultramontanen nur gering sei, zweitens daß dieganze Welt sich lebhaft für die Vorgänge in Spanien interessierthabe und den neuen Geist zu schätzen wisse, der Spanien durchwehe.Spaniens Haltung Nom gegenüber werde sich nach der Haltungrichten, die Rom selbst einnehme, die Initiative zur Einigungwerde Spanien nicht zurückweisen.—politifchc deberficbt,Berlin, den 10. August 19101Nationalliberal-klerikaleS Stichwahlbündnisin Bochum.Aus Bochum wird uns geschrieben:Die nächsten NeichStagSwahlen machen dem Zentrum im rheinisch-westfälischen Jndustrierevier schwere Sorgen. Fieberhast wird ge»arbeitet, um die Soziatdemokatte zurückzudrängen. Wie dernächste ReichStagSwahlkampf geführt werden soll, daS zeigtdas Vorspiel der bevorstehenden KnappschaftSwahlen. Di«Parole des Zentrums wie der Nationalliberalen ist: Niedermit dem Bergarbeiterverband um jeden Preis. Arm inArm mit dem von den Zechengewaltigen subventioniertenEvangelischen Arbeitervereinen marschiert der Christliche GeWerk«verein der Bergarbeiter gegen den Bergarbeiterverband. Zwarwagen die Christlichen dieses Bündnis nicht öffentlich zu prokla«mieren, weil sie sonst den letzten Rest ihres Kredites bei den Berg,arbeitern verlieren würden, aber dennoch ist daS Kompromiß einevollendete Tatsache. Alle M.-Gladbacher Rabulistik schafft sie nichtauS der Welt.Und dieses schwarz-blaue Bündnis soll bei der nächsten Reich?«tagswahl auch im Wahlkreise Bochum- Gelsenkirchen verwirklichtwerden.Bereits am Sonntag vor acht Tagen fand in Wanne(Wahlkreis Bochum) eine Zentrumsversammlung statt, in der ein PfarrerLuft den Vorschlag machte, mit den Nationalliberalen im Wahl-kreise Bochum- Gelsenkirchen eine Koalition für die Stichwahl ab»zuschließen. Dieser Borschlag wird in der„Westfälischen Voll?»zeitung"(Nr. 176 vom 8. August) aufgegriffen und dazu bemerkt:„Vor allem verdient aber hervorgehoben zu werden, daßPfarrer Luft wohl seine rein persönliche Ansicht ausgesprochenhat, als er ein Kompromiß zwischen Zentrum und Alt-liberaltSnius für den Fall einer Stichwahl in Aussichtstellte. Ein derartiges Abkommen wäre denn doch ein zu ge-wagte? Experiment, denn eZ hätte zur Voraussetzung, daß diegesamte Wählerschaft willenlos einer Parleiparole gehorchte, dievor der Wahl gegen und im Falle der Stichwahl für den Alt»liberalismus lautete. Wenn die beiden Parteien sich zu gemein-samer Arbeit zusammenfinden sollen, wenn sie sich aufeinen gemeinsamen Kandidaten, der für die Be-strebungen beider Parteien garantiert, einigenkönnen, dann darf dies nicht erst geschehen,wenn eS zu spät ist. Und zu spät wäre es,wenn man erst in der Stichwahl die Stoßkraftder Wählermassen in Anspruch nehmen wollte.nachdem die Wähler durch den Mißerfolg de?ersten Wahlganges enttäuscht und verbittertsind."Die„Westfälische VolkSzeitung" ist das offizielle Zentrum».organ in Bochum und es darf als selbstverständlich angenommenwerden, daß dieser Vorschlag nicht ohne die Zustimmung der Lei-tung der Bochumer Zentrumspartei erfolgt ist. Charakteristisch fürdie Zentrumspartei ist aber, daß das Kompromiß mit dem Alt-ljberaliSmus beabsichtigt wird. Wer ist denn dieser A l t liberaliS-muS? Niemand anders als die rheinisch-westfälischen Schlotbaroneund Zechengewaltigen l Ein solches Kompromiß wäre allerdings nurdie Konsequenz der vom Zentrum in Westfalen betriebenenPolitik. Die Nationalliberalen würden dann aber auch das vordrei Jahren den evangelischen Arbeitern gegebene Versprechen, beider NcichstagSwahl 1S12 einen Arbeitcrkandidaten aufzustellen, nichteinlösen brauchen. Eine Erlösung aus einer fatalen Situation.Fraglich ist nur. ob die Wählermassen mit diesen sauberen Ma-növern einverstanden sind. Uns kann diese Klärung der Verhältnissenur willkommen sein. Sie macht die Wahlarbeit einfacher. Auchden christlichen Arbeitern wird dadurch gezeigt, wohin die Reise derhiesigen Zentrumspartei geht._Strafrechtliche Folgen der allerhöchsten Lohnbewegung.In Gnesen ist der Redakteur des„Lech" wegen Maje-stätsbeleidigung verhaftet worden, die er durch einenArtikel über den„Armen König von Preußen" begangen habensoll. Die Erhöhung der Zivilliste treibt sonderbare Blüte: DerKönig kriegt das Geld und die Redakteure gehen ins Gefängnis.Die Slgrarier gegen die dirette Wahl.Die„Deutsche Tageszeitung" wendet sich in derheftigsten Form gegen die„Konserv. Monatsschrift", die eS gewagthatte, zu behaupten, daß durch die Einführung der geheimen unddirekten Wahl in Preußen weder konservative Grundsätze noch das