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konserbatlbe Programm verletzt würden. darauf: ES ist gewiß an sich richtig, baß die indirekte Wfchl und die Oeffentlichkeit der Wahl kein« konservativen Grundsätze, keine Forderungen des konservativen Programms sind. Derartige Dinge werden überhaupt nicht programmatisch festgelegt, sondern müssen nach der jeweiligen Zweckmäßigkeit entschieden werden. Wohl aber ist ein unverrückbarer Grundsatz des Konservatismus die Stützung der Autorität und die Anknüpfung an das geschichtlich Gewordene. Ein Wahlrecht, das im Königreiche Preußen den Grundsatz der Oeffentlichkeit und zugleich den der indirekten Stimmenabgabe beseitigte, würde in die geschichtliche Entwickelung brutal eingreifen und deswegen mit den kons er- vativen Grundsätzen nicht vereinbar sein. Die Konservativen in Preußen fürchten, und zwar mit Recht, daß ein solches Wahlrecht auch geeignet sei, die Autorität des Staates, ja der Mon- archie zu untergraben. Deshalb bekämpfen sie ein solches Wahlrecht nicht nur vom Standpunkte der politischen Zweckmäßigkeit, sondern von ihrem grundsätzlichen Stand» punkte aus. Nach konservativer Weltanschauung ist nur das Wahl- recht innerlich und grundsätzlich berechtigt, das den Bestand des Staates und die Erfüllung seiner geschichtlichen Aufgabe sichert. DaS ist durch das jetzt geltende preußische Wahlrecht geschehen. Von einer radikalen Aenderung des Wahlrechts ist dagegen eine Gefährdung der Staatssicherheit und Staats» zukunft zu erwarten. Deshalb stemmen sich die Konservativen einer derartigen Aenderung entgegen, und zwar wiederum nicht nur aus politischen Zweckmaßigkeitsgründen, sondern aus Gründen der Weltanschauung. Das ist»n der»Konservativeil Monats» schrift" übersehen worden. DaS Zentrum, der Verbündete der Junker, hat bekanntlich immer erklärt, daß daS direkte Wahlrecht gar keine so große Bedeutung gehabt habe. Die»Deutsche TageSztg." aber behauptet, daß die direkte Wahl in Verbindung mit der geheimen Wahl die furchtbarsten Gefahren heraufbeschwöre, nicht nur für die Junker, sondern auch für die Monarchie und den Staat! DaS letztere ist natürlich barer Unsinn. Richtig ist allerdings, daß die Einführung des geheimen und direkten Wahlrechts den Junkern etliche Mandate kosten könnte. Aber auch diese Gefahr wäre durch das Dreiklasienwahlrecht und die agrarische Wahlkreis- einteilung auf ein Minimum beschränkt. Sicherlich aber werden die konservativen und ultramontanen Reaktionäre alles aufbieten, um auch bei einer erneuten Wahlreform das Wahlrecht so zu gestalten, daß jede Schwächung deS Agrarier» tumS ausgeschlossen ist!_ Tie Flottentreiber rühren sich! DK Hauptversammlung des braunschwetgischen Landes- flottenvereinS hat den Beschluß gefaßt und dem Präsidium des Flottenvereins in Berlin   übermittelt: »Das Präsidium wird gebeten, auf sein Aktionsprogramm den baldigsten Ersatz für die verkauften Kriegsschiffe»Branden- bürg' und«Wörth'... zu setzen.' Bei dem Ersatz handelt es sich wohl schwerlich um die Ersatzbauten für die Brandenburgklasse, die ja schon nach dem Flottengesetz von 1900 vorgesehen waren und nach der Flotten Novelle von 1908, die das Dienstalter der Linienschiffe von 2£> auf 20 Jahre herabsetzte, im Jahre 1910 begonnen werden müssen. Es wird sich vielmehr um einen neuen doppelten Ersatz der verkauften Kriegsschiffe handeln, die man ja in der Tat bereits mehrere Jahre früher losschlug, als für sie ein Ersatz in Gestalt von Neubauten vorhanden war. Unsere Flottentreiber verlangen also, daß die 18 Millionen des Verkaufspreises schleunigst wieder als erste Raten für zwei neue Ersatzbauten angelegt werden, die uns zusammen über 100 Millionen kosten würden! Koloniale Exzesse. lieber die Ermordung deS deutschen   Kaufmann? Bretschneider äußett sich daS»Leipziger Tageblatt  ' nach Mitteilungen, die ihm von wohlunterrichteter Seite gemacht worden find. ES schreibt: ES ist in Südkamerun ein offenes Geheimnis, daß der Stationschef der Dumestation feine schwarzen Soldaten nicht so in der Hand hat, wie eS die Verhältnisse im Bezirk er- heischen. Der farbige Soldat kennt erfahrungS  « gemäß keinerlei zarte Rücksicht gegen seinen schwarzen Mitbruder, sondem nützt das Ueber- gewicht, das ihm seine Stellung verschafft, nach Kräften zu seinem persönlichen Vorteil aus, wenn er nicht scharf beauffichtigt wird. Beliebt ist die gewaltsame Wegnahme von Weibern  , Erpressung von Waren und Lebensmitteln. Werden solche Aus- schreitungen nicht vom StationSchef rücksichtslos unterdrückt und geahndet, so verlieren die Eingeborenen eben daS Vertrauen zu den deutschen   Beamten und Offizieren und greifen zur Selbsthilfe. Die ersten Opfer sind dann vielfach Unschuldige, die lediglich durch ihre weiße Hautfarbe den erregten Schwarzen verdächtig und ver- haßt sind. So war es im Falle des Leutnants Reuter und offen» bar jetzt wieder im Fall Bretschneider. Die Darstellung stimmt im wesentlichen mit dem überein, was auch in anderen Blättern von Landeskundigen ausgeführt wird. Nur daß es unrichtig ist. den Weiberraub und die Erpressungen allein den Mannschaften der schwarzen»Schutztruppe' in die Schuhe zu schieben, da die gleichen Praktiken auch von K a u f l e u t e a und anderen Reisenden geübt werden! Trotzdem fordert das Leipziger   Blatt nicht die rücksichtslose Unterdrückung und Ahndung solcher an den Eingeborenen be» gangenen Frevel, sondern die größte Rücksichtslosigkeit gegenüber den durch diese Frevel zur Notwehr gezwungenen Ein» geborenen!_ MandatSmiide. Der konservative Reichstagsabgeordnete Henning, der zurzeit den Wahlkreis Kalau-Luckau im Reichstage vertritt, will mcht mehr kandidieren. Von konservativer Seite will man den Landrat Freiherrn   v. Manteufsel als Kandidaten vorschlagen. Diese Mühe könnten sich die Konservativen voraussichtlich sparen. Der Ab- geordnete Henning ist allerdings mit 1b 346 Stimmen gewählt worden, denen 0669 sozialdemokratische und 6206 freisinnige Stimmen gegenüberstanden. Sein Mandat war angefochten und wäre auch zweifellos für ungültig erklätt worden, wenn der Reichs- tag nicht in der bekannten skandalösen Weise die Wahlprüfungen er- ledigt hätte. Der Bürgermeister von F i n st e r w a l d e hatte näm- lich die� zum Wahlkreis gehörige Stadt zwar in 4 Wahlbezirke«in- geteilt. d,e Wähler aber nichr nach ihrem Wohnsitz, sondern nach dem Alphabet den einzelnen Wahlbezirken zugeteilt. Selbst dieser ungeheuerliche Verstoß gegen das Wahlgesetz wurde von der Mehr« heil deS Reichstages als unbeachtlich erklärt. Hoffentlich wird dieser Wahlkreis das letztemal konservativ im Reichstage vertreten gewesen fem._ Bürgermeister und Major. Vor dem Kriegsgericht der b. Division zu Nürnberg   hatte sich der Major Ferdinand v. �lcschuny. Sohn des Flügelatjudantcn und Generals FleschunY, wegen tätlicher Beleidigung zu vcrant- Worten. Der Major war Kommchar der PferdemnfterungSkommission und hatte als solcher in dem Dorfe Beitsbronn bei Fürth   i. B. am B. Mai die Pferdenrusterung vorzunehmen. Dort hatte er an der Fassung der MustxrMgssiste, die vom Ortsschullehrer hergeMlt DaS Oertel-Blatt entgegnet! und vom Bürgermeister versaßt war. verschiedenes auszusetzen. Er gebrauchte dabei die Worte,ein gescheiter Bürgermeister macht, daS nicht so". Da diese Bemerkung in erregtem Ton gemacht wurde, erwiderte der Bürgermeister:Ich bitte Sie, Herr Major, mit mir etwas anständiger zu reden." Diese Mahnung des schlichten Dorfbürgermeisters zum Anstand brachte den adeligen Offizier noch mehr in Aufregung. Er riß dem Bürgermeister die Musterungsliste aus der Hand, warf sie zu Boden und machte dabei die Bemerkung:Da haben Sie Ihr Ge- lump." Alsdann faßte der erregte Offizier das Dorfoberhaupt an der Brust und schob es zurück. In der Verhandlung vor dem Kriegsgericht erklärten Zeugen, daß v. FleschunY derart schrie und lärmte, daßdas ganze Dorf zusammenlies und die Weiber aus den Häusern rannten." Vor der Verhandlung war der beklagte Offizier bereit, die Be- leidiaung unter dem Ausdruck des Bedauerns zurückzunehmen und die Kosten zu tragen. Der steifnackige Dorfbürgermeister wies diesen Vergleichsvor- schlag zurück. Das Kriegsgericht verurteilte den Major zu 66 M. Geldstrafe oder 16 Tagen Haft und Publikation des Urteils an der Ge- memdetafel in Beitsbronn._ Ein Elektrizitäts-Agraricr. Der geistige Urheber des großen WalchenseeprojekteS, daS jetzt glücklich den bayerischen Landtag passiert hat und seiner Ausfuyrung entgegensieht, ist, wie man sich erinnern wird, der Major v. D o n a t, der ein zweiter Zeppelin anfangs mit seinen Ideen nicht ernst genommen, nun die Genugtuung erlebt, sie dennoch verwirklicht zu sehen. Als ein rechter Vater ist er auch bemüht, für die Zukunft seines KindeS zu sorgen, und da macht doch ein Gedanke ihm das Herz recht schwer. Die Wasserkraft, so sagt er sich, ist Bayerns   größter Reichtum, sie wird das Land noch einmal wirtschaftlich groß und glücklich machen; aber ihr droht gar ge- fährliche Konkurrenz: sowohl bezüglich des Luftsal- Peters, mit dem Schweden  -Norwegen   die Welt beglückt, als auch namentlich für den nach seiner Ansicht wahrscheinlichen Fall, daß Edisons und anderer feiner Köpfe jahrelanges Forschen nach einem leichten, leistungsfähigen Akkumulator Erfolg hat. Wo bleibt dann Bayern   mit seiner schön aufgespeicherten Wasserkraft? Doch Herr v. Donat ist nicht nur ein genialer Erfinder, er ist auch ein weitschauender Wirtschaftspolitiker. In einem Epilog zu den LandtagSverhandlunKen über das Walchenseeprojekt, den er in bayerischen Blättern veröffentlicht, gibt er bereits Mittel und Wege an, wie der angedeuteten Gefahr vorzubeugen sei: .-Bayern  ", so schreibt Herr v. Donat,hat dem Reiche so manches Opfer gebracht darf auch mal eine Revanche ver- langen. Weil nun lange Zeit erforderlich sein wird, um die un- ausbleiblichen Widerstände zu überwinden, muß Bayern   heute (chon beim Reiche zu dringen beginnen auf einen Schutzzoll ür Luftsalpeter und akkumulierte elektrische Energie." Dieselbe Originalität, die der Erfinder v. Donat sein eigen nennt, kann allerdings der Politiker v. Donat nicht für sich in An- spruch nehmen. Das Rezept, das er hier empfiehlt, ist der allbe- kannten großen a g ra r ischen Apotheke entnommen. Eigent- lich setzt Herr v. Donat sich hier ja auch in einen gewissen Wider- Ipruch mit sich selbst. DaS Ziel des WalchenseeprojekteS ist doch, wie er elbst an anderer Stelle sagt, die Verbilligung der Kraft, >i« Möglichckeit einer ausgedehnteren Benutzung der elektrischen Kraft in allen BcvölkerungSschichten. Kommt nun aber jemand daher und will diese Kraft noch billiger liefern, da sagt Plötzlich Herr v. Donat: halt, das gibtS nicht! Wo bleibt da die Konsequenz? Eine Verhöhnung der Opfer vom Schlachtfelde der Industrie. Der Bericht der Sektion I der Rheinisch-Westfälischen Hütten- und Walzwerks-BerufSgenossenschaft, der neben der Kruppschen Fabrik nur noch einige kleine Werke aus dem Kreise Essen   ange- hören, teilt u. a. mit, daß von 441 im Jahre 1669 entschädigten schweren Unfällen 12 davon hatten den Tod zur Folge kein einziger auf die Schuld des Betriebsunternehmerz, dagegen 862 auf die Schuld der Verletzten selbst, 28 auf die Schuld von Mitarbeitern, 68 auf unvermeidliche Betriebsgefahren und 3 auf höhere Gewalt zurückzuführen sind. Solche Behauptungen sind allerdings..bewiesen' durch die Po- lizeilichen FeftstellungSorgane, trotzdem bleiben sie eine geradezu unglaubliche Leistung angesichts der Tatsache, daß die Essener  Arbeiterzeitung" in vielen Fällen die wirklichen Ursachen von Unfällen besonders auf der Kruppschen Fabrik schonungslos kritisiert hat. Die berufSgenossenfchafllichen Feststellungen bleiben aber nach wie vor das»einwandfreie Material für die Unfallstatistik. Der Bürgerfinn der Verwandten preußischer Minister. Ein überaus eigentümliches Licht wirst ein Brief Martin Biedermanns, jenes bekannten polnischen Güterparzellanten, an�die Redaktion desKurjer Poznanski" und anderer polnischer Blätter, auf die Zustände, die die Ostmarkenpolitik Preußens her- vorgerufen hatte. In diesem Briefe, in dem sich Biedermann gegen Vorwürife illoyalei: Handlungen gegenüber seinen Landsleuten in einer längeren Amjandlung verteidigt und dabei u. a. auch den durch seinPolnisches Gemeinwesen' bekannt gewordenen Pro- fessor Bernhard der Entstellung von Tatsachen bezichtigt, sagt der Briesschreiber auch folgendes: Bernhard wirft mir vor, daß ich mit deutschen   Grunoeigentümcrn Verträge deS Inhalts ab­geschlossen hätte, daß ich daS Gut Wohl kaufe, es aber an die Kolonistenkommission abgeben müsse, wenn diese einen höheren Preis bewilligen sollte. Ein Teil deS Preisaufschlages sollte ein- tretendenfalls mir zufallen, und diese Art Einkommen sollten meine Haupteinnahmequelle sein. Um diese Aktion zu fördern, sollte ich in polnischen Blättern die angebliche Parzellierung des gegebenen Gutes ankündigen und so die Kommission zur Zahlung mär che n ha st er P r eise veranlassen. Demgegenüber erkläre ich hiermit öffentlich, daß mir wohl des öfteren und dazu selbst von Seiten bekannter überaus naher Verwandter preuktzischer Minister ähnliche Manipulationen vorgeschlagen worden waren wofür ich im Notfall« mit Beweisen zu dienen vermag aber gegen eine solche Art Geschäfte hatte ich stets Widerwillen und habe sie abgelehnt als unvereinbar mit dem würdigen Verhalten eines Bürgers und Kaufmanns. Biedermann behauptet, Beweise für diese blamablen Anschuldi- gungen liefern zu können. Die öffentliche Meinung Preußens hätte das größte Interesse daran, diese Beweise veröffentlicht zu sehen. Da würde sich wohl auch zeigen, welche eigentlichen Trieb. sedern die Kolonisationspolitik Preußens geschassen haben und erhalten wissen wollen! Daß Millionen von Geldern preußischer Steuerzahler in die Taschen der stets notleidenden deutschen  A a r a r i e r gewandert stnd, und daß gerade die Kolonisations- Politik Preußens eine Ho ch ko nj un k t ur auf dem Güter- markte und damit auch eine Verteuerung der not» wendigsten Lebensmittel hervorgebracht hatte, war all- gemein bekannt. Daß aber gerade die nächsten Verwandten preußischer Minister von dieser Entwickelung des Rahm abzuschöpfen versuchten, ist neu! Meineidsprozeß Schröder und Genossen. In dem Wiederaufnahmeverfahren gegen den Genossen Schröder und Genossen ist die Boruntersuchung abgeschlossen. ES heißt, daß die Verhandlung im Januar nächsten Jahres in einer Sonderperiode vor dem E s s e n c r Schwurgericht stgtifindev wird. Schweiz  . Verwerfung der Altersversicherung in Genf  . Gens. 8. August. sEig. Bcr.) Im Kanton G e n f ist gestern i» der BvlksgbftiNMMg die GesetzeLvsrlgg« betreffWd die Ein» führüng der staatlichen Altersversicherung mit 6666 gegen 2666 Stimmen, also mit großer Mehrheit, verworfen worden. DaS Projekt bot insofern besonderes Interesse, als einfach« alle voll» jährigen Personen als versicherungspflichtig erklärt und die Kosten der Versicherung in Form ein.r direkten Staatssteuer von 2,66 Frank jährlich im Minimum bei Einkommen von unter 1266 Frank und von 26 Frank im Piaximum bei Einkommen von über 4666 Frank aufgebracht werden sollten. Der Staat sollte unabhängig und getrennt von der allgemeinen Verwaltung die Administratur der Versicherung unentgeltlich besorgen und außerdem noch einen Jahresbeitrag von mindestens 166 666 Frank leisten. Die Pen- sionsberechtigung sollte mit dem 65. Lebensjahre beginnen und die Pension jährlich 366 Frank betragen, die aber unter gewissen Be- dingungen reduziert werden konnte. Vielleicht auch darum haben die'reichen Leute und ihr anderweitiger bürgerlicher Anhang die Vorlage verworfen. frankmch. Sozialdemokratische Erfolge. Die Bezirkswahlen im Departement du Nord   ergaben einen großen sozialistischen   Erfolg. In den Kantonen, den kleinsten Bezirken, werden die Vertreter zu den Arrondtssement-(Kreis-) und den General-(Provinzial-) Räten gewählt. Die Partei hatte in 50 unter 67 Kantonen Kandi­daten aufgestellt. Sie hatte 4 Sitze im Generalrat. 3 im Arrondissementsrat von Lille   zu verteidigen. Diese wurden sämtlich, meist mit sehr starker Stimmenzunahme. wieder- gewählt. Neu gewonnen wurden 4 General- und 8 Arrondissementsratssitze in Lille  , Roubaix   usw. In 21 Kantonen fehlte nicht viel an der Mehrheit, und fast überall wurden starke Stimmenzunahmen erzielt. Insgesamt wurden über 115000 Stimmen für unsere Kandidaten ab- gegeben. Im Generalrat des Nord sitzen nun 11 Sozialisten. Bei den nächsten Wahlen wird in sämtlichen Kantonen der Kampf aufgenommen werden. pcrRcn. Die Lage in Teheran  . Teheran  , 16. August. Die B a z a r s find geschlossen. Eine Truppenabteilung ist nach Schah Abdul Asim entsendet worden, um den dorthin geflohenen Serghmn es Sultaneh und seine Bach- tiaren zu entwasfnem Die in Atabeks Park eingedrungenen Bach. tiaren haben das dortige Palais vollständig geplündert und einige in der Nähe liegende Häuser russischer Untertanen aus» geraubt, darunter dasjenige des Erziehers des Schahs, Smirnoff. Kanada  . Die Frcihandelsbewcgung. Die Farmer in Wlestkanada, die ihre Erzeugnisse ins AuS» land absetzen und Jndustrieprodukte kaufen müssen, sind Gegner des Schutzzollsystems, das ihre Produktion und Lebenshaltung verteuert und ihren Absatz erschwert. In einer Massenversamm» lung in Winnipeg  (Siidwest-Kanada) forderten sie den libe- ralen Ministerpräsidenten Laurier auf, für die Be» seitigung der Schutzzölle einzutreten.Wir verlangen ein ge» sicherteS Gegenseitigkeitsverhältnis zu den Staaten. Ms freie Männer wollen wir nicht anderen Mitbürgern Tribut zahlen. Wir wollen bie Steuern, die uns zukommen, bezahlen, wir fordern keine Begünstigung, aber unser Recht." Laurier erklärte in seiner Erwiderung seine Anhänglichkeit an den Freihandel.Das Schutzzollsystem war ein große? Uebel und hat entsittlichend auf Mllionen gewirkt. Es machte den einzelnen selbstsüchtig und unehrlich, denn es brachte das unehrenhafte Prinzip zur Geltung« Vorteile ohne Gegenleistung zu erstreben.* Soziales* ((Siehe auch 1. Beilage.)! Der Magistrat in seinem Wohlwollen für die BerNner Arbeiterschaft. Wir haben beschlossen, davon Abstand z« nehmen, Beisttzev deS Gewerbe- und KausmannSgerlchtS zu der Bcrbandsvcrsamm» lung in Köln   a. Rh. zu entsenden." So lautet die lakonische, kurze Antwort, die den Gewerbe» SerichtSbeisitzern zuteil wurde, die sich der Hoffnung hingegebeK atten, daß der freisinnige Magistrat der größten Stadt deS Reiches eine Delegation einiger seiner Gewerbe- und Kaufmanns» gerichtSbeisitzer zu dem Gewerbegerichtstage entsenden werde. Sie haben sich getäuscht; so etwas tun wohl die kleinen Städte und Gemeinden um Berlin   und in Deutschland  , aber Berlin   braucht sein Geld für EinholungSfeicrlichkeiten oder wo es sonst was zum Bauchrutschen gibt. Allenfalls werden zu Etädte-Ausstellungen die Stadträte gleich zu Dutzenden delegiert. Ader hier, wo wichtige Fragen über Tarcf-Akkordverträge usw. zur Verhandlung kommen. könnten ja die Arbeiter etwas lernen. Für solchen Luxus hat der weise Magistrat von Berlin   kein Geld. Aber eS ist das um so verwunderlicher, nachdem das Berliner   Gewerbegericht Mit- glied des Verbandes Deutscher Gewerbegerichte und Herr v. Schulz erster Vorsitzender dieses Verbandes geworden ist. Daß das Berliner   Gewerbeaericht. das sich früher im ganzen Reiche einer gewissen Popularität erfreute und den anderen Ge- Werbegerichten voranmarschierte, durch solche Beschränkungen an seinem Ansehen einbüßt, ist jedem klar. Ja, man sieht schon die Folgen, die darin bestehen, daß man bei großen Ausständen Per» sonen und Vorsitzende aus anderen Städten heranholt, um die Einigungsverhandlungen zu führen. Natürlich, wenn es die Innungen wären, so hätte der Herr Oberbürgermeister mehr Verständnis dafür! Hoffentlich nehmen die Stadtverordneten einmal Gelegenheit, um über den Wert, den die Gewerbegerichtstage für die Arbeiter haben, mit dem Magistrat zu reden._ Zwölf Stunden pausenlose Arbeitszeit. Welche übermäßigen Anforderungen oft an weibliche Arbeits- kraft gestellt werden, lehrte eine gestern vor der 1. Kammer des Berliner   KanfmannSgerichtS stattgehabte Verhandlung. ES erhob dort die Verkäuferin Anna D. gegen den Kaufmann Karl Gruhn Klage auf Zahlung des Gehalte» bis zum Ablauf der Kündigungs- frist, da sie sich zu unrecht entlassen fühlte. DaS junge Mädchen war vom Beklagten zur Leitung einer Blusenverkaufsfiliale in der Wilsnacker Straße bestellt worden. Der Prinzipal stützt dia Entlassung darauf, daß er von Geschäftsleuten in der Umgegend gehört habe, die Klägerin habe öfters erst gegen zh6 statt um 8 Uhv geöffnet, auch sei sie in ein benachbartes Geschäft gegangen, umt dort Kaffee zu trinken. Nach dem Vertrage habe Fräulein D, überhaupt kein Recht gehabt, fortzugehen, denn sie hatte zwölf» stündige pausenlose Arbeitszeit. Hierauf erwiderte die Klägerin, sie habe allerdings einige Male etwas später geöffnet, auch habe sie einmal im Winter, als es sehr kalt war, zu einer befreundeten Geschäftödame herumgeschickt, mit der Bitte, ihr etwas Warmes. ein bißchen Kaffee oder Tee. abzulassen. Zu berücksichtigen sev aber, daß sie damals unter der Kälte die Räume waren un» geheizt wie unter der langen Arbeitszeit gleichermaßen zu leiden hatte. Das Kaufmannsgericht erklärte in einem Beschluß die sofortige, Entlassung für ungerechtfertigt. Wenn die Klägerin auch einige Male später öffnete, so sei das unter Berücksichtigung der ganzen Sachlage keiu EnüassuiigSgrund. Der Vorsitzende führte noch aus: Solche Anstelluugsverträge, nach denen der Gehilfe kaum das Licht der Sonne zu sehen bekommt, dürfe ein Prinzipal gar nicht schließen, und ein Beisitzer bezeichnete es alsgeradezu Unmensch» lich, einen Angestellten Tag für Tag 12 Stunden hintereinander an die Arbeit zu kesseln".......