it. 188. v.mmt. 2. Dtilllge des„Nmiills" Derlilm Noldsblklt. s-«d.«d.iz.A«M.M.Zthuw Verbandstagdes Ztutraloerbandes der Fabrikarbeiter Deutschlands.Halle. 11. August.Am Donnerstag wurde die Debatte über das Beitrags- undUnterstützungswesen zu Ende gebracht, nachdem zirka 80 RednerJesprochen hatten. Der Vorsitzende Brey und Hegemann,er Berichterstatter der Statutenberatungskommission, wiesendarauf hin. daß die Auffassung, daß man es auch in Zukunft mitisolierten Unternehmern zu tun habe, nicht richtig sei, sonderndaß Aussperrungen und Riesenkämpfe, wie ße andere Organi-fationen schon lange zur größten KraftentfaltunA nötigen, auchden Fabrikarbeiterverband nicht erspart bleiben wurden. In kauf-männischer Beziehung seien die Unternehmer, die dem Verbändegegenüberstehen, heute schon so gut organisiert, wie keine Unter-nehmergruppe der Welt. Und einer in dieser Hinsicht so ge-ischlossenen Unternehmergruppe werde eS ein leichtes sein, sichauch in bezug auf die Abwehr der Arbeiterforderungen als einifestes Ganzes zusammenzuschließen, sobald die Angriffe der Ar-beiter den Anreiz dazu gegeben. Es ginge nicht an. für die mitSicherheit bevorstehenden Kämpfe die Mittel nachher beschaffenzu wollen. Wenn man die Tragweite der Tatsache erfaßt habe,daß das Unternehmertum bei allen seinen Maßnahmen gegen dieArbeiter sich fragt: wie ist ihre Gewerkschaft fundiert, wie ist ihrKassenbestand, wird der Verband Schwierigkeiten bekommen beider Erhebung von Extrabeiträgen?, dann könne kein Kollege dahinkommen, den höheren Beitrag nicht zahlen zu wollen..Nichtniedrige Beiträge, sondern die Schlagkraft der Organisation, ihreErfolge bei den Lohnbewegungen seien das beste Agitationsmittcl.Wenn die Delegierten in ihren Orten sagen: Wir haben ehrlichgeprüft, wir haben alle unsere Gegengründe den Gründen derLeitung entgegengehalten, aber wir mußten uns überzeugen lassen,daß es nicht geht ohne Beitragserhöhung, dann werden auch dteKollegen im Lande unsere Matznahmen verstehen und sie werdennicht nur dem Verband treu bleiben, sondern der Verband wirdauch mit vermehrter Kraft arbeiten können, um neue Mitgliederanzuwerben."Trotz des dringlichen und eindrucksvollen Appells wurde dieVorlage der Kommission abgelehnt.Die Abstimmung erfolgte folgendermaßen:' Zuerst wurde dieFrage, ob Staffelbeiträge eingeführt werden sollen, mitbv gegen 46 Stimmen verneint. Dann wurde der Antrag, dteBeitrage für männliche Mitglieder um 16 Pf.-zu erhöhen und denBeitrag für weibliche Mitglieder auf 25 Pf. zu stellen, innamentlicher Abstimmung mit 65 gegen 55 Stimmen ab-gelehnt. Auch ein Antrag, daß die Kommission nochmals eine Vor-läge auf Grundlage einer lO-Pf.-Erhöhung, aber unter Berücksichtigung der geführten Kritik, und ein anderer, daß sie Vorschlägeauf Grundlage der Herabsetzung der Prozente oder Einsetzungeines vollen Beitrages für die Verbandskasse ausarbeiten solle,wurde wiederum abgelehnt. Dagegen wurde mit großer Majoritätdie Erhöhung des Beitrages um 5 Pf. für alle Mitglieder be-schlössen. Da nach diesem Beschluß die vom Vorstand und von derKommisston gemachten Vorschläge zur Regelung des Unterstützungs-Wesens nicht mehr aufrechterhalten wetden konnten, erhielt dieKommission den Auftrag, neue Vorschläge zur Regelung deS Unter-stützungswesens auszuarbeiten.Es folgte ein ausführliches Referat des VorstandsmitgliedesStille über die Reichsversicherungsordnung.—Der Punkt wurde ohne Diskussion erledigt durch die Annahmeeiner Resolution, die sich den bezüglichen Beschlüssen des 7. außer-orgentlichen Kongresses der Gewerkschaften Deutschlands anschließt.Danach referierte Brey über die in Kopenhagen stattfindendeninternationalen Kongresse, speziell über die Be-deutung der Genossenschaftsbewegung und die Ar»beitSlosenfrage. ES sei zu erörtern, wie die Arbeits-losigkeit im Interesse der Arbeiter bekämpft werden könne. Einesder wichtigsten Mittel zur Eindämmung sei die Verkürzung derArbeitszeit. Neben dieser sei aber auch die Frage der staat-lichen Unter st ützung der Arbeitslosen zu er-örtern. Ein anderer wichtiger Punkt sei die Frage der Ab-r ü st u n g. ES sei geradezu eine Kulturaufgabe, den Militarismusund Völkerkrieg zu bekämpfen und dafür einzutreten, so langeVölkerkonflikte auftreten, sie durch ein Schiedsgericht zu erledigen.Wichtig fei auch die Arbeiterschutzgesetzgebung in internationalemLichte. Gewöhnlich behauptet jeder Staat, er sei auf diesem Gebiete bis an die Grenze des Möglichen gegangen. Bei nähererBetrachtung stelle sich dann heraus, daß kein Staat auch nur denelementarsten Forderungen Genüge leistet. In dieser Hinsichtwürde eS Aufgabe aller Arbeitervertreter in allen Ländern sein,ihre säumigen Regierungen vorwärts zu treiben. WeiterePunkte seien die Abschaffung der Todesstrafe und die Er-örtcrung der internationalen Solidarität, die sichbei den Klassenkämpfen der Arbeiter immer mehr auch darin be-künden muß, daß die Arbeiterklasse aller Länder nicht nurmoralisch, sondern auch materiell sich bei ihren Kämpfen unter-stützt. Zu dem Zweck halten die Fabrikarbeiter auch eine i n t e r-nationale Berufskonferenz ab,Die Sitzung wurde zu einer wirkungsvollen internationalenSolidaritätskundgebung, alz auch die Genossen Lyngsie-Kopenhagen und M i ch a e l s o n- Stockholm daö Wort ergriffen,als deren Uebersetzer Redakteur I a n s o n vom„Correspondenz-blatt der Generalkommission" fungierte. Lyngsie wies nach Würdt-gung der Bedeutung der internationalen Berufskonferenz daraufhin. daß Dänemark LI 060 organisierte Fabrikarbeiter zähle.vv Proz. aller organisationsfähigen Berufsarbeiter seien organisiert.(Lebhaftes Brovo!) Michaelson erstattete den wärmstenDankfür die Hilfe, die den schwedischen Arbeitern in ihrem schwerenKampfe im vorigen Jahre von den deutschen Gewerkschaften zuteilgeworden. Wenn derartige Kämpfe auch in Deutschland los-brechen, würden die schwedischen Arbeiter nach besten Kräften ver-suchen, sich für die Hilfe zu revanchieren, die sie von den deutschenArbeitern empfangen haben.Als Delegierte für die Kopenhagener Tagungen wurden dieVorstandsmitglieder Brey und Schneider, Gauleiter K r ü l l-LudwigShafen sowie O h l e n d o r f- Braunschweig, Martens-Harburg gewählt. Danach setzte die Diskussion über den inzwischenvon der Statutenberatungskommission eingereichten Abänderungs-Vorschlag zu dem Unterstützungswesen ein. Die Verhandlungenwurden zu einer Abendsitzung ausgeweitet.21 Intervationgler KergarbkitkrkongrtK.Brüssel. 10. August, 1210.Dritter Seryandlungstag.Den Vorsitz führt Husemgnn- Deutschland.Die Debatte über dieRegelung der Löhn«chtrd fortgesetzt.S e r v o e t(Belgien) nennt den Minimallohn daS Recht aufsLeben für den Arbeiter und will mit seiner Hilfe die LebenS-Haltung des Bergarbeiters von den Fluktuationen des Welt»Marktes unabhängig machen.Harvey(England), Parlamentsmitglied und Vertreter vontBO 006 organisierten Bergarbeitern, gibt eine Uebersicht über daSLohnsystem für die Häuer in den englischen Kohlendistrikten. Derfür diese allgemei» durchgeführte Minimallohn setzt sich zusammen j Svigeu Verdammnis gereichen soll.'(Beifall)aus einem Grundlohn und prozentualen Zuschlägen; m ist inden verschiedenen Distrikten verschieden. So beträgt'in Northumiberland der Grundlohn 5,16 M., der Zuschlag 83% Proz., sodaß der Minimallohn sich auf 6,86 M. beziffert. Die entsprechendenZiffern für Dacham lauten: 4,16 M.-f- 41� Proz. r- 6,22 M.;für Wales: 5 M.-s- 50 Proz.= 7,50 M.; für die mittelenglischenProvinzen 5 M.-ß 50 Proz.— 7,50 M. In Schottland stellt sichder Minimallohn auf 6 M. Dieser Minimallohn ist den Häuerngarantiert, auch wenn die Konjunktur schlecht ist. Die Lohn»differenzen werden durch ein Einigungsamt geschlichtet, das min.bestens alle drei Monate zusammentreten muß. Heber die gleitendeLohnskala ist man in England hinaus; die Löhne sanken inschlechten Zeiten so tief, daß sie zum Unterhalt des Bergarbeitersabsolut nicht ausreichten. Die verschiedene Hohe des Minimal-lohnes in den verschiedenen Distrikten erklärt sich daraus, daß alsLohnbasis der Durchschnittslohn von 1877, 79 und 88 gewähltwurde, also von Zeitperioden, wo die Föderation noch nicht be-stand, die auch jetzt nicht eine Zentralisation darstellt, sondernsich aus den einzelnen autonomen Grafschaftsverbänden zu-saimnensetzt.Abramoff(Bulgarien): Vor 50 Jahren nannte MarxBelgien den Himmel für die Kapitalisten, denen Polizei, Kircheund Staat bei der Ausbeutung der Arbeiter zur Verfügungstünden. Heute ist Bulgarien dieser Himmel. Die wirtschaftlicheLage deS Landes ist schlecht; es ist geographisch nicht besondersgünstig gelegen und wirtschaftlich noch sehr rückständig. 65 Proz.seiner Bevölkerung sind schwer verschuldete Kleinbauern, derenSöhne nach den Jndustriebezirken auswandern. DaS übergroßeAngebot vqr Arbeitskräften drückt die Löhne auf das äußersteherab. So betragen sie in den Bergwerken 1,28 M. bis 2 M.iHLrtl hörtl), bei einer Schichtdauer von 12 bis 14 Stunden.Viele der Gruben gehören dem Staat. Die Regierung recht-fertigt die miserablen Löhne damit, daß sie erklärt, der aufstreben-den bulgarischen Industrie müßten billige Kohlen geliefert wer-den. In den Kohlendistrikten haben bereits große und zahlreicheStreiks stattgefunden, bis jetzt ohne nennenswerten Erfolg; auchgegenwärtig sei ein Streik im Gange. Von den 6— 8000 Bergarbeitern Bulgariens sind 410 organisiert.Elfers(Holland): Unsere Löhne betragen 4,50 bis 4,60 M.DaS Beispiel Englands beweist, daß Minimallöhne im Kohlen-bergbau durchaus keine Unmöglichkeit sind, wie unsere Kapitalistenbehaupten. Von den 6000 Arbeitern gehören 750 der Organisationan, die der Redner vertritt, 1000 einem christlichen Verbände.Damit schließt die Diskussion.Die deutsche Resolution(Abschluß von Tarifverträgen) unddie französische und belgische Resolution(Minimallohn), werdeneinstimmig angenommen, ebenso folgende Sympathieresolution fürdie junge bulgarische Organisation:„Wir heißen die bulgarischen Bergarbeiter auf dem Jnter-nationalen Kongreß herzlich willkommen, drücken unsere Freudedarüber aus, daß sie eine gewerkschaftliche Organisation gegründethaben und hoffen, daß die Bewegung bald festen Fuß fassen wird;wir wünschen ferner unfern Kameraden, dte sich augenblicklich inBulgarien im Streik befinden, Erfolg in ihrem Kampf um bessereArbeitsbedingungen."Bessere Berggesetzgebung.Die englische Delegation beantragt folgende Resolution:„Der Kongreß ist der Ansicht, daß die starke Notwendigkeitbesteht, die Berggesetze in England und in jedem Lande deS euro-päischen Festlandes fo abzuändern, daß dem großen Verlust anmenschlichem Leben abgeholfen und die ungeheure Anzahl derUnfälle, die gegenwärtig iln der Bergwerkindustrie unter undüber Tage stattfinden, vermindert wird...Edwards. England: Die englische Berggesetzgeibung istveraltet. Die Sicherheit in den Gruben ist das Wichtigste für denBergmann, da dürfen die Kosten keine Rolle spielen, die einmodernes Berggesetz den Kapitalisten auflegen würde.( LebhafterBeifall.)Die Resolution wird einstimmig angenommen.Zur Frage derFrauen- und Kinderarbeitliegt eine Resolution der deutschen Delegation vor, die das gesetz-liche Verbot der Beschäftigung von Kindern unter 14 Jahren inder Bergwerkindustrie und der unterirdischen Beschäftigung jugend-licher Personen unter 16 Jahren fordert und weiter verlangt, daßin allen Staaten dahin zu wirken sei. daß die Frauenarbeit inden Bergwerken gesetzlich verboten werde.Schrö d e r- Bochum: In Deutschland ist erfreulicherweisedie unterirdische Beschäftigung von Frauen und Kindern verboten.Kinder im Alter von 14 bis 16 Jahren dürfen über Tag beschäftigtwerden, und wenn sie eine besonders kräftige Körperkonstitutionhaben, mit Genehmigung der Polizeiverwaltung und unter be-sonderer Aufsicht der Grubenkontrolleure auch unter Tag.(Pokorny: 4000 Kinder unter 16 Jahren werden in Deutschlandnoch unterirdisch beschäftigt! Hört! hört!) Frauen werden be-sonders in Oberschlesien zahlreich über Tag beschäftigt. Auf einerfiskalischen Zeche, der Königin-Luisengrube in Oberschlesien, hatder Staat alle Obertagarbeiter an einen Unternehmer übergebn,der nun alles von Frauen und Kindern arbeiten läßt, das Reinigender Kohlen, das Sortieren, das Füllen der Waggons usw. Sosucht der Fiskus durch einen Trick, die Verantwortung von sichabzuwälzen. DaS Eintreten des Stärkeren für den Schwächerer,ist unsere vornehmste Pflicht. Deshalb müssen wir in allen Län-dern für die Beseitigung der Frauen- und Kinderarbeit kämpfen.(Lebhafter Beifall.)B ex ant- Frankreich: Früher stiegen bei uns schon zwölf.jährige Knaben in die Gruben; heute ist es besser geworden, und14 Jahre sind die gesetzliche Grenze. Das staatliche Unterrichts.wesen macht jetzt große Fortschritte und die Eltern legen Wertdarauf, ihre Kinder bis zum 15. Jahre in die Schule zu schicken.Unter Grund wird in Frankreich keine Frau beschäftigt. ImDepartement Nord und PaS de Calais sind aber 3000 Mädchenim Alter von 16 biS 20 Jahren über Tag beschäftigt: sie siebendie Kohlen und tragen sie in die Boote. Die Arbeit paßt nichtfür die Frau.(Lebhafter Beifall.)S t r a k e r(England): Zu der Frage der Kinderarbeitkönnen wir keine Stellung nehmen, da wir kein Mandat dazuhaben.(Pokorny: DaS geht nun seit 20 Jahren so.) UnsereOrganisation ist ganz demokratisch. Wir können hier nur Anträgevertreten, die von irgend einem Distrikt gestellt sind. Ein solcherAntrag liegt nicht vor, und so könsien wir unsere Ansichten überdie Kinderarbeit nicht aussprechen. Dagegen werden wir für dieResolution auf Verbot der Frauenarbeit in der Bergwerksindustriestimmen. Diese Arbeit ist schwer, schmutzig, gesundheitsgefährlichund demoralisiert die Frau. Untertagarbeit der Frau ist in Eng.land gesetzlich verboten; ebenso die Obertagarbeit von Mädchenunter 12 Jahren. Mädchen unter 13 Jahren dürfen nur an dreiTagen in der Woche bis zu 10 Stunden täglich oder bei einerBeschäftigung von mehr als drei Tagen nur 6 Stunden täglichbeschäftigt werden. Keine Frau darf mehr als 54 Stunden undzwar nur in der Zeit von 5 Uhr früh bis 8 Uhr abends beschäftigtwerden; des Sonnabend? nur bis 2 Uhr. Jede Arbeitsperiodevon 5 Stunden muß von der nächsten durch ein« Ruhepause voneiner halben Stunde Dauer getrennt sein. Nur in zwei oder dreiBergwerksdistrikten werden Frauen beschäftigt und verdienen 2 M.täglich. Manche Frauen avbeiten bis kurz vor ihrer Niederkunft(Hörtl hört!) Dem Parlament ist eine Vorlage auf gänzlichesVerbot der Frauenarbeit auf den Gruben zugegangen; am heftig-sten wird er von einem hohen Würdenträger der anglikanischenKirche bekämpft, dem diese Haltung zur ewigen Schqnde und zurPokorny-Bochum: Was der Vorredner gesagt hat, genügtuns nicht. Wir möchten eine Waffe mit nach Hause nehmen gegendiejenigen Kameraden in Deutschland, die anderweitig organisiertsind. Diese Kameraden stellen die englische Organisation seitJahren uns als Musterbild hin. Was der englische Redner überdie Frauenarbeit gesagt hat, trifft Wort für Wort auch für dieKinderarbeit zu.(Sehr wahr!) Uns wird immer vorgeworfen:die englische Bergarbeiterorganisation ist stark und groß, aber sieschafft die Kinderarbeit nicht ab! Das ist ein dunkler Flecken aufdem Schilde der stolzen, englischen Organisation. Ich fordere dieEngländer auf, endlich aus ihrer Reserve herauszutreten und nichtimmer zu sagen, sie hätten kein Mandat.(Lebhafter Beifall.)D e s i r e e(Belgien tritt für beide Resolutionen ein. Dieunterirdische Frauenarbeit ist in Belgien fast ganz verschwunden.Nur acht Frauen arbeiten noch unter Tag. Dagegen sieht eS nochtraurig niit der Kinderarbeit aus. Ende 1808 arbeiteten noch2227 Knaben unter 14 Jahren unter der Erde und 4426 Knabenüber 16 Jahren. An der Oberfläche arbeiteten 1734 Knaben imAlter von 12 bis 14 Jahren und 2147 im Alter von 14 bis 16Jahren. An der Oberfläche arbeiteten 3038 Mädchen im Altervon 12 bis 16 Jahren, 3580 im Alter von 16 bis 21 Jahren und1503 im Alter von über 21 Jahren. Das ist ein erschreckenderZustand, der abgeschafft werden muß.(Lebhafter Beifall.)Brown(England): England zeigt in der Einschränkung derFrauenarbeit keinen Fortschritt; sie hat sich in den letzten Jahren,noch vermehrt. Vor 5 Jahren arbeiteten 5600 Frauen auf denGruben Englands, jetzt sind es 5877. Woher kommt das? DieKapitalisten lieben die billigen Arbeitskräfte. Aber für Mädchenvon 14 bis 16 Jahren ist die Grube kein Platz, wo sie zu Haus-frauen und Müttern heranreifen können. Hoffentlich bringt daSneue Berggesetz, das uns für nächstes Jahr zugesagt ist, die Ab»schaffung der Frauenarbeit.(Beifall.)-Elfers(Holland): Ich bin erstaunt, daß die Engländerwieder ohne Mandat in der Frage der Kinderarbeit gekommensind. In Holland ist die Arbeit von Kindern unter 16 Jahrenverboten. Hoffentlich haben die englischen Kameraden im nächstenJahre endlich das Mandat, für die Abschaffung der Kinderarbeitzu stimmen, das sie in Reih und Glied mit uns allen stellt.(Bravo!)Die Resolution auf gesetzliches Verbot der Frauenarbeit wirdhierauf einstimmig, die Resolution auf Verbot der Kinderarbeitmit den Stimmen Deutschlands, Belgiens- Hollands und Bulga-riens angenommen; England enthält sich der Abstimmung, ebensodie französische Delegation, die zwar im Prinzip für die Resolu-tion ist, aber kein Mandat in dieser Frage hat.Der Achtstundentag in den Bergwerken cwird in drei Resolutionen von Belgien, Frankreich und Deutsch-land gefordert und zwar einschließlich Ein- und Ausfahrt miteiner obligatorischen Ruhezeit von 16 Stunden zwischen jederSchicht(Belgien) und unter Festsetzung einer NormalavbeitSwochevon 48 Stunden(Frankreich). Die deutsche Resolution fügt hinzu,daß vor besonders heißen und nassen' Orten die Schichtzeit aushöchstens 6 Stunden zu bemessen ist.Leblanc(Belgien) begründet die belgische Resolution undnennt den gesetzlichen Achtstundentag die wichtigste Forderung desBergarbeiters.In Belgien sträuben sich Liberale und Klerikaleals eine reaktionäre Masse gegen den Achtstundentag. Sie fürchten,daß der Arbeiter dann Zeit findet, sich auf sich selbst zu besinnen.sich weiterzubilden und ein klassenbewußter Kämpfer zu werden.Dann wäre eS mit der Zukunft der Kapitalisten vorbei. Wirt-schaftliche Vorteile lassen sich nur durch die Gesetzgebung festhalten:deshalb muß der Arbeiter als Gewerkschaftler und als Sozialistden Kampf um die Befreiung seiner Klasse führen.(LebhafterBeifall.)Goniaux(Frankreich) bittet um die Annahme aller dreiResolutionen. Frankreich ist jetzt zum gesetzlichen Achtstundentagfür die Bergarbeiter gelangt, der seit 1805 stufenweise eingeführtworden ist. Nur wird die Ein- und Ausfahrt nicht in den Arbeits-tag mit eingerechnet und zahlreiche Ueberstunden werden zu-gelassen. Hiergegen hilft nur eine strafte Organisation und zwareine gänzlich neutrale, damit die„Gelben nicht aufkommenkönnen. Ich bin seit langem Sozialist, aber die Gewerkschaftendürfen kein politisches Etikett tragen.Pokorny- Bochum: Die Verkürzung der Arbeitszeit machtin Deutschland bemerkenswerte Fortschritte. Einmal dringt dieArbeiterbewegung immer weiter vor, andererseits folgt die Gesetz-gebung nach, der die Arbeiterbewegung die Wege geebnet hat. DieArbeiterlbewegung ist der Pionier für jeden sozialen, Wirtschaft-lichen und politischen Fortschritt in Deutschland. In Preußen,hat man gesagt, braucht man 50 Jahve, um auf einen gesundenGedanken zu kommen und 50 Jahre, um ihn in die Tat umzu-setzen. Das gilt besonders für die Bergwerkgesetzgebung und diesoziale Gesetzgebung überhaupt; hätten wir leine Arlbeiter»bewegung, sie müßte erfunden werden, um Deutschland auf derBahn des Fortschritts und der Kultur zu erhalten.Ich schließe mit dem Worte Brentanos: Die Frage nach demStande der Zivilisation ist die Frage nach dem Stande derArbeitszeit!(Lebhafter Beifall.)Hierauf wird die Weiterberatung auf Donnerstag vertag?.Soziales.Gegen die ArbeitSlosrnstatistik.Im letzten Heft der Conradschen„Jahrbücher für National-ökonomie und Statistik" reitet der Direktor des Satistischen Amtesder Stadt Düsseldorf. Dr. Otto Most, eine Attacke gegen die inden letzten Jahren durch die Kommunen und die Gewerkschaftengepflegten Arbeitslosenzählungen. Der Verfasser geht vom Stand-punkte der„strengen Wissenschaftlichkeit" aus und so will er dieseZählungen, da sie nicht ganz lückenlos sind, gänzlich unterlassenwissen. Daß die jetzige Arbeitslosenstatistik für da? praktischeLeben einen immensen Wert besitzt und sich vielfach als äußerstnützlich erwiesen hat, ignoriert er völlig. Dr. Most warnt davor,in kritischen Zeiten bei großem Arbeitsmangel in jedem Falle Be-schäftigung durch die Gemeinden zu bieten, da jeweilig„einenormale, für das gedeihliche Funktionieren des ArbettsmarkteSnotwendige Arbeitslosigkeit vorhanden sein muß", und hebt fernerhervor, daß die deutschen Großstädte im letzten Winter bereits3 Millionen für die Beschäftigung von Arbeitslosen ausgegebenhaben. Die erstere Bemerkung ist eine allerliebste Bestätigung dersozialistischen Kritik an unserem Wirtschaftssystem. Die Auswerfungder 3 Millionen aber geschah doch erst, nachdem durch die Statistikder ganze Jammer der krassesten Arbeitslosigkeit festgestellt Vördenwar.— Most behauptet ferner, daß vielfach„Leichtfertigkeit undUnwissenschaftlichkeit" bei den Aufnahmen geübt werden und willin jedem. Falle lieber keine Statistik als eine solche, die ihrenwissenschaftlichen Grundgesetzen widerspricht. Aus diesen Wortenspricht wieder die Abneigung des Zunftgelehrten gegen alles, wasnicht in den bureaukratischen Formelkram paßt, als ob eS in Krisen-zeiten, wo daS große Heer der Arbeitslosen in den Großstädtennach vielen Zehntausenden zählt, irgendwie von Belang wäre, obein paar Hundert Arbeiter zu Unrecht zuviel oder zuwenig auf-genommen worden sind. Als Beispiel dafür, wie wenig aberandererseits eine Verbindung der Arbeitslosenstatistik mit derBerufSznhIung der augenblicklichen Sachlage dienen kann, führtder Verfasser die in diesem Sinne erfohzte Zählung in Bremenim Jahre IM an, deren Ergebnisse bis jetzt noch nicht veröffent»