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Session!n Bayern geschaffen ffiürfc'e. Nach seiner Auffassung, die er durch eine Reihe von Tatsachen stützt, hat in Bayernein völliger Umschwung in der Politik der maß- gebenden Zjentrumspartei stattgefunden. Jeder dem»- kratische Gedanke sei aus der Politik des Zentrums verschwunden, die Reaktion herrscht unumschränkt. Genosse Müller, wie auch die zwei anderen Referenten weisen darauf hin, daß die selbst- verständliche Folge der neuen politischen Lage in Bayern eine scharfe KampfeSstcllung gegen das Zentrum sein müsse. Dieser Gedanke.kam schärfer noch als bei Genossen Müller zum Ausdruck in der Steuerrede des Genossen v. H a l l e r. In großen Zügen charakterisierte dieser die ungerechte, rücksichtslose und arbeiterfeindliche Steuerpolitik des Zentrums in der letzten Session deZ bayrischen Landtages. Er wies auch darauf hin. daß der bayrische Kammerliberalismus dabei eine bedauernswerte Rolle gespielt und sich mitschuldig an der Ausbeutung des Volkes gemacht habe. Genosse Segitz wußte den jetzt unverhüllt zutage tretenden reaktionären Charakter der Zentrumspartei auf dem Gebiete der S o z i a l p o I i t i k an einer Reihe von Vorgängen im Parlamente deutlich zu illustrieren. Auch auf diesem Gebiete eine vollständige Umkehr der Zentrumspolitik innerhalb weniger Jahre! Die wohlallgemein erwartete Budgetdebatte blieb vollständig aus. und es war gut so. Ueber diese Angelegenheit entscheidet der deutsche Parteitag zu Magde - bürg und es hätte nicht zur friedlichen Erledigung beigetragen, wenn schon auf dem bayrischen Parteitag eine scharfe Ausein. andersetzung stattgefunden hätte. politische(Übersicht. Berlin , den 16. August 1910. Die Wahlbewegnng Im Kreise Zschopau -Maricnderg. Aus dem Wahlkreise wird uns geschrieben: Mittwoch nächster Woche wird die Wahlschlacht geschlagen. Der Kampf der Parteien wird immer heftiger. Die Gegner der Arbeiter machen wilde Anstrengungen, den Sieg der Sozial- demokratie zu verhindern. Das schäbige Mittel des Saalabtreibens ist ihnen gerade recht, um zu verhiudern, daß unser Kandidat, Genosse G ö h r e. zu den Wählern sprechen kann. Besonders in der Amtshauptmannschaft Marie nberg steht die Praxis in Blüte. Die Amtshauptmannschaft hat 41 Wahlbezirke, nur in 12 Orten konnte die Sozialdemokratie Säle und in sieben Orten Grundstücke erhalten. Die Behörde erhebt entgegen der Bestimmung des Reichsvereinsgesetzes auf Grund eines alten sächsischen Regulativs Gebühren von 510 M. für Versammlungsanmeldungen. In und um Wolken st ein können keine Versammlungen abgehalten werden. Kommen Grundstücke in Frage, dann wird den Besitzern, die Hypotheken von Sparkassen haben, damit gedroht, daß ihnen die Hypotheken gekündigt werden. In Geringswalde bei Wolkenstein kam der Ge- meindediener in den Gasthof, wo die Partei schon wiederholt Versammlungen abgehalten hat, um zu fragen, ob wieder sozialdemokratische Versammlungen abgehalten würden. Wenn das der Fall sei, würde das Wahllokal wo anders hin verlegt werden. So beteiligt sich auch die Be- Hörde am Saalabtreiben. In G r t e ß b a ch bei Scharfenstein , wo sonst die Wahlen im Gasthof stattgefunden haben, wurde. nachdem die Sozialdemokratie dort eine Versammlung ab- gehalten hatte, das Wahllokal in ein anderes Restaurant verlegt. Das gleiche ist in V e n u s b e r g bei Gelenau ge- schehen. Dieser Saal- und Grundstücksboykott wird den sächsischen Landtag bei seinem Zusammentritt beschäftigen. In einem Flugblatt, das besonders für die Bezirke Marienberg und Wolkenstein geschrieben und am letzten Sonntag dort verbreitet worden ist, sind diese Praktiken der Gegner gebührend gekennzeichnet, damit die Wähler wissen. mit welchen schmutzigen Mitteln die Arbeiterfeinde die Sozial- demokratie hindern, zu den erzgebirgischen Arbeitern zu reden. Die Flugblattverbrcitung ging überall glatt von statten, trotz des abscheulichen Regens, mit dem das Erzgebirge wieder heimgesucht wurde. Mit Freude ist gegenwärtig zu bemerken, daß auch die erzgebirgischen Frauen sich immer zahlreicher in den Ver­sammlungen einstellen. Die sozialdemokratischen Versamm- lungen sind massenhaft besucht, der 24. August wird ein Tag der Abrechnung der arbeitenden Massen des 20. Kreises mit den Arbciterfeinden werden. Die Reformer haben völlig ab- gewirtschaftet; sie können Versammlungen nur in Gesellschafts- stuben, manchmal auch gar nicht abhalten, weil die Zuhörer fehlen. Unsere Genossen arbeiten mit aller Kraft und er- warten einen schönen Erfolgs_ Der Fleischwncher. Die zunehmende Fleischnot kann selbst von der Regierung nicht bestritten werden. Den einfachsten Weg, die Grenzen Hollands und Dänemarks zu öffnen, gedenkt man aber nicht zu gehen, vielmehr hat der preußische Landwirtschaftsminister v. Schorlemer sich damit begnügt, einen Erlaß an die Landwirtschaftskammern hinauszugeben, in dem auf die Notwendigkeit einer größeren Stetigkeit im Vieh- bestand hingewiesen wird. Zu diesem lendenlahmen Vorgehen des Landwirtschaftsministers sagt die.Deutsche Fleischerzeitung': .Ganz verschämt gibt der Minister also zu, daß eine Ver- Minderung der Viehbestände eingetreten ist und daß etwas ge- schehen muß. Er hofft zwar, daß jetzt genügend Jung- dieh vorhanden ist. das im nächsten Jahre schlachtreif wird, so daß dann keine Fleischnot zu befürchten ist. Aber so ganz sicher ist er seiner Sache doch nicht! Also gibt der Herrr Minister für alle Fällenden guten Rat, mehr Jungvieh zu ziehen und mehr Futterbau zu treiben. Dem andauernden Mangel an Vieh wird man damit natürlich in keiner Weise ab- ' helfen. Die hohen Futtermittelzölle lassen ja eine Vermehrung der Viehzucht in wirklich großem Maße gar nicht zu. Alle diese Mittelchen fruchten nichts. Nur eine dauernde Aufhebung aller Grenzsperren und eine Ermäßigung der Vieh- und Futtermittel- zolle bleiben die einzigen Maßnahmen, von denen Fleischer und Publikum wirklich Abhilfe erwarten können.' Der schwächliche Versuch des Ministers, den Agrariern die UnHaltbarkeit des gegenwärtigen ZustandeS vor Augen zu führen, hat sofort die.Deutsche Tageszeitung' aus den Plan gerufen, die den Minister in dieser Weise anhaucht: .Auf die Notwendigkeit einer größeren Stetigkeit in der Haltung der Schwoine haben wir in früheren Jahren öfter hin- gewiesen. Aber diese Stetigkeit ist nur unter einer Bedingung zu erreichen, nämlich unter der, daß der Schutz gegen die Viehseuchen des Auslandes nicht verringert, sondem v, elmehr ver- stärkt werde. Jede Seucheneinschleppung gefährdet selbstverständlich die Stetigkeit, jede Seucheneinschleppung schädigt und bedroht den Weidetrieb. Alles das wird sich der Herr Landwirtschaftsminister selbst sogen. Deshalb glauben wir überzeugt sein zu dürfen, daß er in eine Schwächung des unbedingt notwendigen Grenzschutzes nicht willigen wird. Die Landwirtichaft muß gewiß das Ihre tun, um den beimischen Fleischbedarf ausreichend und völlig zu decken; sie hat auch das Ihre getan und wird eS in Zukunft tun, voraus- gesetzt, daß die Regierung die Vorbedingungen dazu schafft und sichert' DaS setzt nun allerdings der Unverfrorenheit die Krone auf die Agrarier verlangen eine erhöhte Verschärfung desGrenz- schutzes'. Wenn erst das neue Viehseuchengesetz in Kraft getreten sein wird, dann kann jede, auch noch so geringfügige Vieheinfuhr unterbunden werden. Nach diesem geradezu gemeingefähr- lichen Gesetz kann nämlich Vieh von der Einfuhr schon dann zurückgewiesen werden, wenn nur der Verdacht besteht, daß dieses gesunde Vieh mit seuchenempfänglichem Vieh in Be- riihrung gekommen ist. Seuchenempfänglich ist nun aber jedes Tier, das hat das unverfälscht deutsche Tuberkelvieh bewiesen, mit dem die deutschen Agrarier auf der Ausstellung in Argentinien die Erfolge der deutschen Viehzucht vordemonstriercn wollten. Das Vieh mußte zurückgewiesen werden, damit die Seuche nicht nach Argentinien eingeschleppt wurde. Selbst Butter, Eier, Milch usw. können nach dem neuen Viehseuchengesetz als evenwelle Träger des Ansteckungsstoffes ohne weiteres von der Einfuhr aus- geschlossen werden. Das ist der Grund, weShalb die Agrarier die schleunige Durchführung dieses Gesetzes verlangen. Das Volk mag verhungern, wenn es die Wucherpreise nicht bezahlen kann, die ihm die agrarische Unverschämtheit diktiert. Die Politische Ausschlachtnng der Werftarbeiter- betvegnng ist ein Kunststück. daS sich dieDeutsche Tageszeitung' leistet. Sie fordert ziemlich unverblümt die gesamte Eisenindustrie auf, den Werften beizuspringen und etwa LbOlXX) Arbeiter auszusperren. Der Kampf auf den Werften soll nach dem agrarischen Blatt ein weiterer Beweis dafür sein, daß von einer Bündnisfähigkeit der Sozialdemokratie mit anderen Parteien nicht die Rede sein kann. Es macht sich gut, daß ausgerechnet dieDeutsche Tageszeitung', das Organ des Nimmersatten Junkertums, eine solche infame Hetze gegen die Werftarbeiter betreibt. Wenn die Werftarbeiter höhere Löyne haben müssen, so ist daS nicht in letzter Linie dem Umstände zuzuschreiben, daß die Agrarier die Lebensmittelpreise aus eine fast unerschwingliche Höhe hinaufgeschraubt haben. Hohnläcbelnd steht daS dreiste Junkertum dabei und sieht, wie die breiten Massen sich abquälen und abdarben müssen, und sobald diese Massen daran gehen, ihre Lage etwa« verbessern zu wollen, dann hetzt das Organ oeS Junkertums dazu, diese Massen brutal aufs Pflaster zu werfen. Erschwerung des Referendarexamens. Die Minister des Kultus- und des Justizwesens in Preußen be- schäftigen sich zurzeit mit einer Erschwerung des ReferendarexamenS, um damit dem großen Andrang zu der Justizlaufbahn zu wehren. Sie suchen dieses Ziel dadurch zu erreichen, daß eine weitere Klausur eingeführt werden soll, die in der Uebersetzung einer Pandcktenstelle zu bestehen hätte. Dieser Vorschlag beweist, wie weltfremd man doch m den gesamten Ministerien ist. Allgemein wird verlangt, daß die jungen Juristen eine vielseitigere Ausbildung im praktischen Leben erfahren sollen, das Justizministerium will ihnen dagegen noch mehr Dinge einprägen, die praktisch schließlich gar nicht verwendet werden können. Daß daS erstrebte Ziel, die Zahl der Justizanwärter zu ver- ringern, auf die angegebene Weise erreicht wird, ist schließlich mög- lich, daß aber die Juristen dadurch zu wirklich praktischeren Leuten werden, ist völlig ausgeschlossen._ Warum versagte die Schulaufficht? Unter diesem Titel wird der.Verl . Volksztg." von einem Lehrer geschrieben: Die dem Rektor Bock zur Last gelegten schweren Vervrechen werden, soweit eS möglich ist, durch die Justiz ihre Sühne finden. Damit ist die Angelegenheit aber nicht erledigt. Warum versagte die Schulaufsicht? Im Schulhause unterrichteten außer dem Rektor und dem mitverhafteten Lehrer Knöfel zwei Lehrer und vier- zehn Lehrerinnen, hielt der Stadt- und Kreisschul- inspektor zweimal wöchentlich seine Sprechstunden ab. ging der Geistliche aus und ein. Das Schulhaus selbst ist doch kein geheimer Winkel, kein abgeschlossenes, verborgenes Ovar- tier. So bodenlos klug kann Rektor Bock sein Treiben nicht an- gestellt haben, daß nicht etwa? durchsickerte. Sollen doch Lehrerinnen die Schülerinnen gewarnt haben. ES muß entweder eine unverzeih« liche Ahnungslostgkeit obgewaltet, oder eine gewisse Scheu, den Ge- rüchten nachzugehen und sie aufzudecken, geherrscht haben... Wer den Ursachen weiter nachspürt, wird zu der Ueberzeugung gelangen, daß in letzter Linie nicht die Personen, sondern daS Schul- aufsichtS- und Verwaltungssystem solche Zustände geschaffen hat. DieS System muß reformiert werden, damit Eltern und Kinder die Gewißheit haben, daß weder Wüstlinge sich in den Lehrerstand einschmuggeln, noch ihr verbrecherisches Treiben ausüben können. Man blicke in die Fachblätter der Lehrer. Welche harten An- klagen gelten der Vorbildung der Erzieher. In klösterlicher Enge, in geistigem Zwange, ohne freie Entfaltung, werden sechs Jahre der schönen Jugendzeit verbracht. Kein freier Zug, morgens beten, mittags beten, abends beten. Religion und.Patriotismus' werden täglich eingetrichtert. Den Ruf nach freieren Seminaren, nach Oeff- nung der Universität überhört man in den oberen Instanzen. Solche Seminarluft tötet keine verbrecherischen Neigungen, noch stärkt sie schwankende Geister. Am Gängelbande führt man die Jugend an den läuternden Klippen des Lebens herum. Dann wundert man sich, daß diese gegängelten Zöglinge im Amt keine gefestigten Männer sind... Noch schärfer aber protestieren die Lehrer gegen das System der Schulaufsicht. Erst in Straßburg stand die Frage der Schul- aufsicht und Schulleitung zur Besprechung. Dort saß daS herrschende System auf der AnUagebank. Aber wo war der Vertreter des preußischen Staates bei dieser Debatte? Man sollte meinen, die Schulaufficht sei in erster Linie der Schule wegen da, sie sorge mit verständnisvollem Herzen dafür, daß Lehrer und Schüler zur freien und vollen Entfaltung ihrer sittlichen Kräfte kommen. Nein, in Preußen dient die Aufsicht in erster Linie der S t a a t S a u t o r i t ä t, wie die gesamte Staatsaufsicht(Polizei) alles von dem einen Gesichtswinkel betrachtet, daß der.Staat' nicht ruiniert werde.... Dieser Geist, in allem die.StaatSautorität' auf tönernem Sockel sicherzustellen, durchzieht unser Schulwesen und die Schulaufsicht Kaum hatten die Kattowitzer Lehrer katholisch- polnische Stimmen bei der Stadtverordnetenwahl abgegeben, da war daS Aufsichtsauge schon auf sie gelenkt. Wie hat man den Lehrer Hansen in Schleswig- Holstein durchmustert, ob er sozialdemokratische Gesinnungen hege. Des Lehrers GläSmer KaisergeburtStagSrede wurde gründlich durchforscht. Wäre Rektor Bock wohl zehn Jahre lang un- erkannt und undurchforscht geheimes Mit- glied d e S P o lenklub S oder gar der Sozialdemo- kratie geblieben? Wie impft man im Unterricht Patriotis- muS und Religion ein I Die Jugend soll Achtung vor der»Staats- autorität' lernen.... Die Autoritätsstärkung hat sich aber auch auf die Personen übertragen. Der Borgesetzte ist Autorität, mag er auch sein, wie er will. Hier heißt eS: der Vorgesetzte hat recht, der Untergebene hat zu gehorchen. Wehe dem, der dem Vorgesetzten zu nahe tritt. Insubordination gibt's nicht! Dieses Papsttum im kleinen läßt es unmöglich durch, daß ein Kleiner gegen den Großen aufbegehrt. WaS wäre dem Lehrer wohl geschehen, der Gerüchte über Herrn Bock den vorgesetzten Be- Hörden angedeutet hätte, und fie nicht beweisen konnte. Denn Herr Bock war Rektor, und der ist die erste Autorität. DieS Autorität»- system greift auf die Schule selbst über. Hier ist der Lehrer Autorität, so lange nicht ein höherer über ihn kommt. Wie wäre es sonst möglich, daß die Schülerinnen des Llektors so lange schwiegen? Die Scham allein tat es nicht; die Furcht kam hinzu._ Das Disziplinarverfahren gegen den früheren Bürgermeister Schücking. Das Oberverwaltungsgericht hat bekanntlich Bürgermeister Schücking seines Titels und Pensionsanspruchs für verlustig erklärt Da das Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung stattfand, werden jetzt erst die Gründe des schriftlichen Erkenntnisses bekannt. Schücking war zur Last gelegt worden, durch die Beröffent- lichung von Zeitungsartikeln und eine? anonym erschienenen BuchcS die Ehrerbietung gegen den Landesherrn und die schuldige Achtung gegen den andern Inhaber öffentlicher Aeniter verletzt, ferner StaatSeinrichtungen und Anordnungen der Obrigkeit verächtlich gemacht zu haben. Wenn ein Beamter, heißt es in der Urteilsbegründung, sich durch die Veröffentlichung einer Schrift disziplinarisch strafbar gemacht hat, so ist eS nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts ohne Belang, daß feine Schrift anonym erschienen ist. Ein Beamter unter- steht in seinem gesamten dienstlichen und außerdienstlichen Verhalten der Aufsicht und Beurteilung der Dienstbehörden. Ohne Bedeutung ist der Einwand, daß der Beamte die ihm zur Last gelegten Hand- lungen als Privatmann vorgenommen habe. Wie das Recht eines jeden Preußen durch Wort oder Schrift seine Meinung frei zu äußern, dadurch begrenzt wird, daß die Ausübung dieses Rechts nicht gegen das Swafgesetz verstoßen darf, so findet für jeden Beamten im Staatsdienst oder in den Kommunen das Recht der freien Meinungs- äußerung seine Schranke in der für ihn bestehenden Amtspflicht. Der Beamte untersteht nicht nur dem Strafrecht sondern auch dem Disziplinarrecht. Den Beamten ist eine außeramtliche politische Tätigleit nicht untersagt; mit den Dienstpflichten erscheint eS aber unverträglich, wenn Beamte Bestrebungen einer politischen Partei, welche die Grundlagen der bestehenden Rechts- und Staatsordnung grundsätzlich bekämpft, fördern. Als eine Verletzung der den Beamten obliegenden Pflichten ist es unbedingt anzusehen, wenn Beamte im öffentlichen Auftreten gegen die amtliche Pflicht des Gehorsams und der Treue gegen das Staatsoberhaupt oder gegen die Amtspflicht der rücksichtsvollen Achtung gegenüber Be- Hörden und Inhabern öffentlicher Aemter verstößt oder wenn er in der öffentlichen Erörterung politischer Fragen von einer sachlichen Erörterung zu offenbar unwahren, un- gerechte» Behauptungen und zu verletzenden persönlichen Angriffen übergeht. Unzutreffend behauptet der Angeschuldigte, daß eine besondere Treupflicht gegen das Staatsoberhaupt nicht mehr bestehe. Die Treupflicht ergibt sich aus§ 2 Tit. 10 II. Allg. Land- rechts, auch hat der Angeschuldigte den Treueid geleistet. Un- verträglich ist eS mit der Amtspflicht des Kritik übenden Beamten. wenn er Zustände in einem Zerrbild vorführt und die für die Be- urteilung matzgebende Rechtslage unvollständig und in schiefer oder gar unrichtigen Beleuchtung darstellt Wenn der Kaiser reist! AuS Anlaß der Einweihung des neuen Kais-rfchlosseS in Posen werden einige hundert Schutzleute aus Berlin und Breslau nach Posen kommandiert, um die dorttge Polizei zu unterstützen. Es wäre intereffant, zu erfahren, was derartige Maßnahmen dem Staate, d. h. den Steuerzahlern kosten! Der nationalliberale Stadtrat. Neben dem überzeugungstreuen Katholiken und braven Zentrums- mann Ohm saß im Aufsichtsrat der Niederdeutschen Bank(und der- schiedener Tochter-Gründungen) auch der Führer der Dort» munder Nationalliberalen. Stadtrat Maiweg. Herr Maiweg, seines Zeichens Architekt und Baumeister, aber auch rühriger Politiker scharfmacherischer Observanz, wurde von Leuten, die es wissen können, als der Eingeweihteste nächst Ohm bezeichnet Am Sonnabend hat ihn insofern daS Verhängnis ereilt, als eine Londoner Firma für ein Wechselakzept über 63 000 Mark, daS aus den Ohmschen Wechselschiebungen herrührt, eine Maiweg gehörige Ziegelei vollständig hat auspfänden lasten. Von dem Herrn Stadt- rat sollen noch erheblich höhere Akzepte laufen. Maiweg soll im übrigen es durchaus verstanden haben, bei seinen Beziehungen zu Ohm auf seine Kosten zu kommen. Für die Tochter-Gesellschaften war er auch in seiner Eigenschaft als Baumeister beschäftigt Bei Submissionen, die diese ausschrieben, soll es Herr Maiweg verstanden haben, gute Aufträge zu erlangen. Im übrigen gestattet die Be» teiligung des Herrn Maiweg an den verschiedensten Machenschaften OhmS wohl den Rückschluß, daß die geschäftliche Praxis des national- liberalen Führers nicht unanfechtbar war. Eine besondere Spezialität MaiwegS waren übrigens opulente, große Gesellschaften, bei denen das einzelne Kuvert mindestens sechzig Mark kostete. Der zwingenden Not gehorchend hat Maiweg am Sonnabend endlich seine städtischen Ehrenämter niedergelegt. Die Belegschaften des rheinisch-westfälischen Kohlen» rcviers. Nach der neuesten Statistik des Allgemeinen Knapp» schaftSvereinS zu Bochum werden auf den Zechen des BereinSgebieteS 351 532 Mann beschäftigt Davon sind 21 075 Oesterreicher. S14 Russen, 6423 Holländer, 190 Belgier, 8890 Italiener und 863 sonstige Ausländer, insgesamt 31 875 Ausländer. Außerdem waren 130 079 Mann aus den östlichen Provinzen des Deutschen Reiches zugewandert, darunter außer Masuren und Littauern 85 000 Polen. Die Zahl der Ausländer stieg von 1893 bis 1908 von 4246 auf 31 875 Mann, also um 641 Proz. Die Zahl der Arbeiter aus dem preußischen Osten stieg in der gleichen Zeit um 231 Proz., während die Gesamtzunahme der Belegschaften nur 128 Proz. betrug. Die Zahl der Arbeiter aus Oesterreich stieg m dem obigen Zeitraum um 1614 Proz., die der Holländer um 809 Prozent, die der Russen um 655 Proz., der Italiener um 451 Proz. und die der Belgier um 134 Proz. Diese Ziffern zeigen deutlich, wie der alte rheinisch-westfälische Bergarbeiterstamm mehr und mehr verschwindet und durch ungelernte ausländische Arbeiter ersetzt wird. Ein Komiker. Der Kaiser hat im Kasseler Hoftheater einige Schau» spieler empfangen und mit ihnen geplaudert. Darüber wird berichtet: .Der Kaiser sprach von den angenehmen Erinnerungen, die er an das Berliner Wallner-Theater habe. Besonders Oskar BlenkeS. des ausgezeichneten BonvivantS und Darstellers jugendlich-komischer Rollen gedachte er mit Wärme. WaS ihn auch sonst freundliches Gedenken an den Mann bewahren lasse, sei das persönliche Wirken, daS Blenke seinerzeit in jenem Wahlkreis von Berlin für den Kandidaten für dieMilitärvorlage entfaltete, und daSdiesemzumSiegeverhalf.' Ja, ja, ein K o m i k e r!