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«Wenn die Genossen eines Wahlkreises einen Kandidaten aufstellen, muh jeder Genosse für ihn stimmen, ganz selbst- verständlich. Wie aber wenn der Parteitag beschließen würde, die Genossen in Berlin müssen die oder jene Kandidaten aufstellen? Glaubt der Genosse Kautsky , daß die Berliner in einem solchen Falle sich einfach fügen würden?" Das glaube ich auch nicht. Aber sie würden sich dagegen auflehnen, nicht weil ihnen der Wahlkreis höher steht als die Partei, sondern weil hier ein Ausnahmegesetz für die Berliner geschaffen wäre. Wenn das Organisationsstatut bestimmte und in mancher Partei gibt es ähnliche Bestimmungen daß die Aufstellung der Kandidaten von einer zentralen Instanz, etwa dem Parteitag zu vollziehen sei, müßte sich jeder Wahlkreis dem fügen, so lange die Bestimmung besteht. Wogegen sich aber die Berliner mit Recht auf- lehnen würden, wäre ein Beschlutz, der ihnen und nur ihnen allein bestimmte Kandidaten aufoktroyieren wollte. So steht aber die Sache in Baden nicht. Wenn der Nürnberger Parteitag beschlossen hätte, die Badener haben das Budget zu der- weigern, die anderen können es damit halten, wie es ihnen paßt, dann hätten die Badener das Recht, sich gegen ein solches Ausnahme gesetz zu wehren. Dagegen mutz man schon von ihnen verlangen, daß Beschlüsse, die für die ganze Partei gelten, auch von ihnen gehalten werden. Wenn aber Beschlüsse des Parteitage? für den Wahlkreis nicht matzgebend sein sollen, warum ist es dann«selbstverständlich", datz jeder Genosse" sich den Beschlüssen seines Wahlkreises fügen mutz? Von Logik ist in dieser Unterscheidung zwischen Wahlkreis und Partei nichts zu spüren. Aber sie ist deshalb nicht minder bemerkenswert. Dasselbe Ausspielen des Wahlkreises gegen die Partei finden wir in dem Fortgang der Polemik Kolbs. Ich hatte darauf hingewiesen, datz ein Abgeordneter die Pflicht habe, sein Mandat niederzulegen, wenn er glaube, einem Parteitags� bcschlutz als Abgeordneter nicht folgen zu dürfen. Darauf erwidert Kolb: «Das würde stimmen, wenn unsere badischen Genossen und Wähler die Auffassung KautSkys hätten. Das aber ist nicht der Fall. Die geradezu erdrückende Mehrheit der badischen Genossen steht hinter der LandtagSfraktion und teilt den Standpunkt, den fie eingenommen hat. KautSkys Argument wäre zutteffend, wenn die 17 Landtagsabgeordneten stch in Widerspruch mit den Wünschen ihrer Wähler gesetzt hätten. Darin liegt ja eben der Fehler des Nürnberger Beschlusses, daß er gegen den Protest ganzer Lands- Mannschaften diesen einen Beschlutz aufoktroyierte, der nicht gehalten werden konnte." Natürlich handelt eS sich nicht um dieAuffassung KautSkys", sondern um die Auffassung der Partei, die im Nürnberger Be- schlutz niedergelegt ist, zu der sich die siebzehn Landtagsabgeordneten in Widerspruch gesetzt haben. Dieser Widerspruch, meint Kolb, braucht sie nicht zu genieren, so lange sie ihre Wähler hinter sich haben. Hier wird also direkt von der Gesamtheit der Partei an die Wähler dcS Wahlkreises appelliert, der Wahlkreis zum Kampf gegen die Partei aufgerufen. Genau dieselbe Politik, die in Frankreich und Italien die Partei so sehr desorganisiert und geschädigt hat. Hier zeigt uns aber Kolb auch die Stelle, an der er sterblich ist: Er meint, auf Parteitagsbeschlüsse pfeifen zu können, so lange die Wähler zu ihm stehen, das heitzt, so lange den Wählern der Ab- geordnete Kolb wichtiger erscheint, als der Zusammenhang mit der Gesamtpartei. DaS Aufrufen der Wähler eines Wahlkreises gegen einen Be- schlutz der Gesamtpartei ist nur dort möglich, wo jenen Wählern die Bedeutung der Gesamtgartei nicht klar gemacht wurde, wo sie über diese fortlaufend falsch informiert werden, wo ihnen der Zusammen- hang mit der Gcsamtpartei nicht als Quelle der Kraft, sondern als Quelle der Schwäche, nicht als Hebel der Aufwärtsbewegung, sondern als niederdrückendes Hemmnis dargestellt wird. Man kläre die Wähler ans nnd sie werden sich selbst gegen Disziplin« bruch wenden. Wie immer der Parteitag mit den siebzehn Disziplinbrechern verfahren mag, eins ist klar: prinzipielle Aufklärung über die Be- deutung und das Wesen der Sozialdemokratie tut unter den Pro« letariern Badens dringend not. Wenn der Disziplinbruch den Parteitag veranlassen würde, eine energische Agitation für unsere Grundsätze und Forderungen in Baden in die Wege zu leiten, dann hätte dieser Disziplinbruch auch seine gute Seite. politische(Jchcrücht. Berlin , den 17. August 1910. Aus der Kuddelmuddel-Partei. Nachdem die jungliberalen Elemente in der nationalliberalen Partei vor dem Ansturm des rechten, agrarisch-industriellen Flügels das Hasenpanier ergriffen haben, ist in der national- Industrie und Arbeiter In Japan . Von C h a g r i n. vn. Wie lebt der japanische Proletarier? Die Ansicht ist allgemein. Japan sei, wie man zu sagen pflegt, ein billiges Land. Wie diese Meinung hat aufkommen können, ist einfach ein Rätsel. Der Lebensunterhalt ist dort für den Europäer eher teurer als in Deutschland oder Amerika ; ob auch für die Ein- geborenen, soll noch gezeigt werden. Billig, schamlos billig, ist nur die nr enschliche Arbeitskraft und daS Pro- letarierfleisch. Wenn man die Kosten des Lebensunterhaltes in Japan in Zahlen fasten will und damit Vergleiche anzustellen beginnt, erheben sich so- fort haushohe Schwierigkeiten. Die Kosten des Lebensunterhaltes setzen sich zusammen aus den Preisen der Nahrungsmittel, der Kleidung, Steuern und noch manches andere mehr. Nun stellt der Japaner andere, viel geringere Anforderungen an das Leben als der Europäer . Bei einer vergleichenden Betrachtung des Lebensunter- Haltes müßten auch die Unterschiede der Bedürfmsse, der Sitten und der öffentlichen Einrichtungen erläutert werden, um zu einem halb- Wegs zuverlässigen Resultat zu kommen. Aber das ist hier auf engem Räume nicht möglich. Immerhin kann ohne großes Wagnis gesagt werden, datz, wenn der deutsche Arbeiter in Japan in seiner gewohnten Weise leben wollte, er die nämlichen, nein noch größere Summen ausgeben »nützte und er würde selbst für die höheren Ausgaben noch viele Dinge, die ihm das Leben erst des Lebens wert machen, nicht er- hallen. Aber auch dieser Satz sagt nicht viel. Um wenigstens einen Wergleich der Kosten des Lebensunter- Haltes zu ermöglichen, seien die Preise der sin Japan ) notwendigsten Lebensmittel usw. hier angeführt. Ich erhielt diese Aufzeichnungen von meinem Logiswirt in Tokio . Er kaufte für seine Speisewirtschaft in größeren Mengen und an erster Stelle ein. Der Arbeiter, der seinen Bedarf täglich und stündlich beim Krämer deckt, hat natürlich höhere Preise zu zahlen und erhält obendrein noch schlechtere Qualität.(Um Bergleiche zu erleichtern, habe ich Matz, Gewicht und Währung in deutsche Normen umgerechnet.) Es kosten in Japan sin Mark): . 1 Pfd. 0,350,50 Holzkohlen 1 Kilogr. 0,250,37 . 1. 1.36 Eier... 1 Stück 0,05-0,07 . 1 0.15 Bohnen. 1 Liter 0,18 Tee.... Kaffee... Zucker... Brot.... Schweinefleisch Rindfleisch.. 0,13 0.65 0,90 Salz Milch Reis. 1, 1. 100, 0,09 0,45 17,70 liberalen Presse das Gerede von dem Anschluß nach links fast völlig verstummt. Selbst jene nationalliberalen Blätter, die vor wenigen Wochen noch freiheitstrunken von dem das ge bildete wohlhabende Bürgertum beherrschenden großen Zug nach links zu erzählen wußten, finden es heute ganz selbst verständlich, daß der Hauptkampf sich gegen die Sozial demokratie richten muß; nur meinen sie schüchtern, wo in einer Stichwahl sich Kandidaten der Fortschrittlichen Volks Partei und der Konservativen gegenüberständen, müsse von den Nationalliberalen der Fortschrittler unterstützt werden. Doch selbst dieser politischeRadikalismus" geht den großindustriellen Geldgebern der nationalliberalen Partei noch viel zu weit. Sie verlangen kurz und bündig, daß in solchen Stichwahlen stets der Konservative dem Fortschrittler vor gezogen wird, da es heute gelte, das Gewicht auf das nationale Moment zu legen und den Liberalismus vor läufig kaltzustellen. So schreibt als Sachwalterin der großindustriellen Kreise dieRhein.-Westf. Ztg.": Also mit dem Block von Bastermann bis Bebel ist eS nichts. DaS scheinen nunmehr auch die größten jungliberalen Hitzköpfe, die blinden Politiker, eingesehen zu haben. Nunmehr spukt noch gewaltig dieEinigung d eS g es amten Libe- ralismus in der Nationalliberalen Partei; hauptsächlich nur in dieser, denn man hat in dieser Beziehung wenig von den sogenannten Linksliberalen, den Anhängern und Organen der Fortschrittlichen Volkspartei gehört. Kann nach Lage der Dinge ein Zusammengehen derNatio- nalliberalen mit der Fortschrittlichen Volks- Partei in Betracht kommen? Nein. Die Zentral- leitung der Fortschrittlichen Volkspartei hat noch nicht mit Bestimmtheit ihre Taktik bekannt gegeben. Aber die Tatsachen der letzten Zeit zeigen, datz diese Partei ihr Glück mit einem mehr oder weniger innigen An- schlutz an die Sozialdemokratie versuchen will. Der radikale, de- mokrattsche Flügel, die sogenannten ggprozentigen Sozialdemo- kraten, die bei der Gründung des Blocks abgetan waren und z.T. kapituliert haben, scheinen durch die Sprengung des Blocks Ober- waster bekommen zu haben.... Das Zusammenwirken der gesamten liberalen Parteien mag theoretisch-ideologisch ganz schön sein, praktisch kann es nicht in Frage kommen. Die Nationalliberale Partei mutz also für die nächste Zeit den Schwerpunkt wieder auf dasNationale" legen. Samm« lung der nationalen Kreise für die nationale Politik mutz für fie der leitende Gedanke für die«Neuorientierung der deutschen Politik" sein. Die Gleichgültigkeit gegenüber der Gemeingefährlichkeit der Sozialdemokratie, die infolge der steten Angriffe aus nationalen Kreisen auf die Rechte und infolge des RufS eines Zusammengehens mit der Sozialdemokratie eingerissen ist und auch weiter einzureißen droht, die aber die ernsteste Gefahr für unser Vaterland bedeutet, mutz aufhören. Eine Ver- ständigung mit den konservativen Kreisen nach dieser Richtung hin wird nicht allzu schwierig sein. Damit ist natürlich nicht gesagt. datz die Nationalliberalen dem Ultra-Agrariertum Unterstützung leihen sollen. DaS eine mutz feststehen: Bei einer Stichwahl zwischen der sozinldemokratisch-frcisinnigeo Paarung und einem rechtsstehenden Kandidaten ist unbedingt der nationale Kandidat von den Nationalliberalen und Konservativen zu unterstützen. Das Blatt der Zechen- und Hüttenbesitzer geht in seiner Begeisterung für dasNationale" sogar soweit, daß es die Forderung stellt, die nationalliberale Partei dürfe nicht mehr ihr Augenmerk darauf richten, bisher von den Konser- vativen vertretene Wahlkreise zu gewinnen. Nur nach links dürfe der Wahlkampf geführt werden. Der Bund der Landwirte als Schützer der Boykottfreihcit. Der Bund der Landwirte, dessen Organe sich so oft über den Boykott widerrechtlich bedrängter Arbeitervereine sittlich entrüstet habest, will eine Art Organisation zum Schutze des Rechte? gründen, mißliebige Gegner zu boykottieren. Auf die Drohung des Hansabundes, jene leitenden Personen des Bundes, der Land- Wirte gerichtlich zur Verantwortung ziehen zu wollen, die Mit- glieder des Hansabundes öffentlich boykottieren, um diese zu zwingen, aus dem Hansabund auszutreten, antwortet der engere Vorstand des Bundes der La»idwirte mit folgender Aufforderung: »Der Hansabund veröffentlichte kürzlich in längeren AuS- führungen, daß er mit allen gesetzlichen Mitteln gegen die an- geblich vom Bunde der Landwirte oder von einzelnen Mit- Eine Flasche schalen Bieres von vielleicht einem halben Liter kostet 70 Pf., ein Fläschchen Cider(japanischer Champagner I) 22 bis 80 Pf., eine deutsche Groschenzigarre 40 bis 60 Pf., Rasieren(billig, weil Handarbeit) 3 bis 12 Pf., Waschen der Wäsche ist über die Hälfte billiger als in Deutschland , ein Bad in einer öffentlichen Badeanstalt kostet 6 bis 10 Pf., ein Kimono(Mantel) 2 bis 10 M., ein Paar Holztrittchen 90 Pf. bis 5 M. Diese Preisliste kann bei einem Vergleich der Kosten der prole- tarischen Lebenshaltung nur in beschränktem Matze Dienste leisten. Denn der japanische Arbeiter genießt nur äußerst selten Fleisch, Zucker. Bier, Brot, Milch oder Kaffee. Sein hauptsächlichstes Nahrungs, nittel ist der Reis, wozu in günstigem Fall noch etwas Fisch kommt; und sein Gettänk ist der Tee. Nun ist, wie die Aufstellung zeigt, Reis und Tee in Japan nicht sehr teuer, wenigstens wenn nur das Gewicht, die Quantität bewachtet wird. Wird aber auch die Qualität in Siechnung gestellt, so ver- mindert sich die Billigkeit. DaS Blätterzeug von Tee, das in Japan in den Bereich des proletarischen Haushaltes kommt, hat wenig gemein mit dem, waS der Europäer Tee nennt. Die daraus bereitete Brühe, die ohne jede Zutat an Milch oder Zucker genossen wird, hat einen bitteren, abstohenden Geschmack. Ich sah Japaner diesen Tee oft als Mundspülwasser benützen. Der ReiS, den der japanische Bauer produziert, ist unbestreitbar ausgezeichnet. Aber breite Schichten der ländlichen und städtischen Bevölkerung können ihn nicht kaufen? weil er für sie zu teuer ist. Japan kann lange nicht genug Nahrungsstoffe für seine eigene Bevölkerung produzieren. Jahraus, jahrein müssen beträchtliche Mengen Korn- und Hülsenfrüchte(1907: für 94 834 000 M.) ein. geführt werden. Das reisbauende Land psr exelience importierte zu den(1907) im Lande erzeugten neunundvierzig Millionen Koku Reis selbst noch drei Millionen Koku. Dieser Einfuhr steht nun allerdings auch eine Ausfuhr gegenüber. Aber sie ist sehr gering (222 000 Koku). Der importierte Reis steht an Güte weit unter dem japanischen. Das lätzt übrigens der Preis leicht erkennen. Kostet der inländische Reis im Großhandel(das Koku) 32 M., so der andre nur 20 M. Für die unteren Voltsschichten kommt nur der billige, schlechtere ausländische in Frage. Er wird entweder wie er»st, öder mit etwas japanischem vermischt genossen. In Bauern und Arbeiter wären noch herzlich froh, wenn ihnen ihre Mittel den Ankauf der minderwertigen Sorten erlaubten. Ihre Armut zwingt sie, noch schlechtere Waren zu verzehren, um die knurrenden Magen zum Schweigen zu bringen. Der Inhalt ihres Kochtopfes ist ein Gemengsel aus oödinärstem Reis, Bohnenhülsen und Gerstenkleie. Man muß aus dem Eßtopf von Fabrikarbeitern oder Kulis gegessen haben, um die Güte dieser aus undefinierbaren Substanzen bestehenden Gerichten würdigen zu können. gliedern deZfekEen begangenen dlitt versuchten Boykotte Soc- zugehen gewillt sei, und daß er ferne Freunde und Mitglieder bitte, ihm Material zur Verfügung zu stellen, auf Grund dessen er dann die in Aussicht gestellten Maßnahmen einzuleiten und durchzuführen gedenke. Dieses Vorgehen des Hansahundes enthält eine bis dahin im politischen Lebei» völlig ungewöhnliche Drohung, die den An- schein erwecken soll, als ob durch den Bund der Landwirte gc- setzwidrige Handlungen begangen worden seien. In der Er- klärung des Hansabundes tritt die Absicht der einseitigen politischen Bekämpfung des Bundes der Landwirte scharf hervor. Unter Entstellung von angeblichen Vorkommnissen wird dem Bund der Landwirte etwas angedichtet, wozu von den leitenden Organen des Bundes niemals in irgendeiner Kundgebung auf- gefordert worden ist. Die Gehässigkeit gegen den Bund der Landwirte ist um so sinnfälliger, als der Hansabund es unter- läßt, gegen den Boykott da aufzutreten, wo er in einer tatsächlich gefahrvollen Weise in Wirklichkeit geübt wird: nämlich seitens der Sozialdemokratie. Wir bitten nun unsere Mitglieder, uns ihrerseits mitzu- teilen, wenn der Hansabund sie in irgendeiner Weise seinen Androhungen entsprechend zu belangen sucht. Wir werden unsere Mitglieder, in der sicheren Ueber- zeugung, daß ungesetzliche Handlungen nicht begangen worden sind, selbstverständlich ver- treten. Der engere Vorstand deS Bundes der Landwirte. Die Vorsitzenden: Der Direktor: Dr. Roesicke-Görsdorf. Dr. Diederich Hahn. Frhr. v. Wcmgenheim-Klein-Spiegel." r Die RedefloSkel, der Vorstand des Bundes der Landwirte sei dersicheren Ueberzeugung", daß ungesetzliche Handlungen von seinen Mitgliedern nicht begangen worden seien, ist allzu albern, als daß man sie ernst nehmen könnte. Wenn solche Handlungen nicht begangen worden sind, finden die Gerichte doch auch keinen Anlaß, Mitglieder des Bundes der Landwirte wegen Boykotts zu verurteilen. Oder will der Vorstand des Bundes behaupten, die Gerichte würden lediglich aus Animosität gegen die Bestrebungen deS Bundes der Landwirte die größtenteils den Schichten de? Landadels angehörenden einflußreichen Bundesmitglieder der» urteilen, die in den lokalen Verbänden die Führung haben? In Wirklichkeit besagt die Aufforderung des engeren Vor- standes des Bunde? der Landwirte nichts anderes, als:Fürchtet Euch nicht vor dem Hansabund; der Bund der Landwirte steht mit seinem Einfluß und seinem Geld hinter Euch und wird Euch schützen, wenn Ihr im agrarischen Interesse gegen die Gesetzes- Bestimmungen verstoßt!" Es ist höchst anerkennenswert von den Herren deSengeren Vorstandes", daß sie durch diesen Erlaß die ehrsameDeutsche Tageszeitung" zwingen, ihre frühere Deklamationen gegen den Boykott selbst zu dementieren und ihre sittliche Entrüstung als faule Komödie hinzustellen. Freiherr v. Richthofen-Mertschütz. DieKonserv. Korresp." hält eS für angebracht, nochmals in einer voreiligen Notiz den konservativen Abgeordneten Freiherrn v. Richthofen-Mertschütz gegen die Beschuldigung der Steuerhinter- ziehung in Schutz zu nehmen. Sie schreibt: «In der Angelegenheit deS Freiherrn v. Nicht- Hofen-Mertschütz hat dieDeutsche Journal- Post", die stch hier einer ihrem Wirkungsbereiche sonst gänzlich fern liegenden Angelegenheit mit auffälligem Eifer annimmt, die Meldung verbreitet, datz gegen den dem Landrat a. D.. Frhnn Ernst v Richthofen-Mertschütz, Mitglied deS HauseS der Abgeordneten, unterm 8. August 1910 zugegangenen Bescheid deS Vorsitzenden der Einkommensteuer-Beranlagungs- kommission des Landkreises Liegnitz von dem Detektiv Gräger in Wilmersdorf Beschwerde bei der OberstaatSanwaltschast Breslau eingelegt worden sei. Und zwar gründe sich diese Beschwerde vor allem darauf,«daß sich die Anzeige gegen Freiherrn v. Richthvfen nicht auf das Jahr 1910, sondern auf die Jahre 1907, 1908 und 1909 beziehe, da im Jahre 1910 der WirtschastSinspektor Karl Kasten, von welchem die Unterlagen zu der Anzeige gegen den Freihcrrn v. Richthofen herrühren, überhaupt nicht mehr m dessen Diensten gestanden habe." Herr Freiherr v. Richthofen-Mertschütz ermächtigt uns dem­gegenüber zu der Erklärung, datz er selbstverständlich der Ver- anlagungskommission zu Liegnitz auch das Material zur Beurteilung der vergangenen Jahre genau unterbreitet hat. Es sind gerade die Ergebnisse der letzten drei Wirtschaftsjahre 1906/07, 1907/08 und 1908/09, in denen der WirtschastSinspektor Kasten unausgesetzt auf dem Rittergut Mertschütz tätig war, von dem Vorsitzenden der VeranIaglmgSkommission in Gemeinschaft mit einem vereideten Protokollführer einer detaillierten Prüfung unterzogen worden. Auch dabei hat sich nicht das geringste Bedenken gegen die An- gaben des Freiherrn v. Richthofen , die mit den genauesten Be- lägen versehen waren, ergeben. Der europäische Arbeiter, der auch wenig Mittel und Gelegen. heit zur Pflege der Feinschmeckerei hat, mag sich sagen: Reis und Tee»st zwar nicht gerade gaumenreizend, aber zur Abwechselung. en passant" gehtS schon einmal an. Dabei mag er bleiben bis er die erste Mahlzeit in nationaler Uvwüchsigkeit vor die Rase be» kommt. Dann wird allerdings sein Gesicht so lang wie der Tag von Johanni..____ Wäre der ReiS wenigstens mit Milch gekocht,� mit Butter Übergossen und mit Zimmt und Zucker versüßt, so könnte er auch in einem europäischen Magen seinen Weg finde»». Aber der japanische Reis, wie er den proletarischen Tisch ziert, scheint mit Leimwasier gekocht. Schleimig, aber zäh und geschmacklos, ist er gar nicht durch die Zähne zu bri»»ge»». Seine Klebrigkeit scheint eher durch die Technik des Essens, als vom Geschmack geboten zu sein, denn ohne sie scheint es schier unmöglich, ihn mit den zwei Stöckchen, die hier Messer und Gabel versehen, in den Mund zu bringen. Zu allem Unglück stellt der Reiz diekiece de resistance" der japanischen Mahlzeit bar. er soll dem Magen eine solide Basiö geben. Wo man hinkommt, ob in die Heim» der Bauern oder der Arbeiter, oder in die ländlichen Gasthäuser, überall steht der verdächtig riechende Trog mit dampfendem Inhalt bereit. Kaum niedergesetzt, ist auch der Tee eingeschenkt und eine Fuhre ReiS aufgeschaufelt. Der Nährwert de? Reises wird oft gepriesen. OS wohl seine Lobrcdner aus eignen Versuchen zu ihren Schlüssen gekommen ind? Meine Erfahrungen gebieten mir, die Wahrheit dieser Be- haupwng entschieden zu bestreiten. Es ist unglaublich, welche Mengen da verschlungen werden müssen, um die Schreie dcS Ma- gens zu stillen. Die Rationen eines Kulis genügten einem mitt- leren Elefante»». Als ich in der ersten Zeit die kleinen brauneil Leute den klebrigen Inhalt einer Anzahl Näpfe in den Mund topfen sah, glaubte ich, sie äßen für einige Tage auf Vorrat. Zu meinem Erstaunen begann eine kurze Weile später die Prozedur wieder mit der nämlichen Intensität. Dieser göttliche Appetit machte mir schließlich höllischen Spaß. Nur wenn ich die Stillung dieser Eßlust zu bezahlen hatte, konnte ich ein unausstehlicher Zu- schauer werden. Für eine Wohnung. baZ ist ein Zin»mer, zahlt der japanische Arbeiter vier bis zehn Mark pro Monat. Man kann ihre Klausen möbliert oder unmöbliert nennen, es bleibt sich ziemlich gleich, denn der Hausrat ist auf das denkbarste Minimum beschränkt. Die Kosten der Wahnungsausstattung können die japanischen Arbeiter unter den kleinen Ausgaben buchen. Mit Möbeln ist der Haus- halt nicht sehr belastet. Tische. Bänke, Stühle, SofaS, Schränke und dergleichen werden nicht gebraucht. Das einzige Möbelstück, das üösiall zu erblicken ig, ig ein niedriges Tischchen an de gl, auf