Dl. 194. 27. Jahrgang. 2. Keilxge to.FmSlts" Keriiim AcksblÄ Zonnabend, 2l). August 1910. )Zus Inclultrie und F)andet Vom Bankschwindel. fflm Donnerstag wurden zwei der Hauptschieber des Herrn Ohm, der HandelSschuldirektor a. D. Hartwig und der Justitiar der verkrachten Bank Dr. jur. N o l d e n verhastet. Diese beiden Herren sind an dem Treiben Ohms am meisten beteiligt; sie sind eS, die aus verkrachten Unternehmungen durch geschickte Bilanzen über Nacht Millionenwerte erstehen ließen. Dr. Nolden war schon im Jahre 1304 in einen Schwindlerprozeß verwickelt. Am meisten wundert man sich darüber, daß die Herrschaften, die Ohm am nächsten ge- stauten haben, sich noch wochenlang in den Bankräumen beloegen und den Verteidiger OhmS ungeniert„informieren' konnten. Man wundert sich ollgemein, daß Reichsbank, Handelskammer, vereidigte Bücherrevisoren und gerichtlich bestellte Taxatoren von den Manipulationen nicht das mindeste erfahren haben. Beim Dort- munder Gericht gut angesehene vereidigte Taxatoren sollen durch günstige Taxen die faulsten Schwindelgriindungen OhmS anS der Taufe gehoben haben. Jedenfalls läßt sich im Moment noch nicht sagen, welche Enthüllungen der Dortmunder Bankkrach noch bringen wird. Bei der Staatsanwaltschaft in Dortmund liegen noch einige Haftbefehle in petto, und mall wird sich nicht zu Wundern brauchen, wenn die nächsten Tage weitere Verhaftungen d»„..gesehensten Koryphäen Dortmunds , die allzeit treu und fest zu Thron und Altar standen, bringen werden. Die Verhaftung Hartwig? entbehrt insofern nicht einer gewissen Pikanterie, als er am Tage seines unfreiwilligen Domizilwechsels in der—.Germania ' noch als.Sachkundiger" zu Worte kam. Dort preist er sich selbst als Mann für Wahrheit und Recht und die Grundlage der Bank als gesund. Daß die ultramontane Presse, die Ohm und Genossen gern gerettet hätten, erklärt sich schon aus dem Umstände, daß die Religion«IS Zugmittel für die verkrachte Bank mißbraucht worden ist. Aber auch eine gewisse Seelengemeinschaft hat wohl Sympathie ausgelöst. Die Niederdeutsche Bank seifte ihre Gläubiger ein, um ihnen den Geldbeutel leer zu machen, da? Zentrum beschwindelt seine Anhänger zu politischen Zwecken. Arbeitskämpfe und Konjunktur. In der Periode der kleinen Streiks ivar die Einwirkung der Arbeitskämpfe auf den Verlauf der wirtschaftlichen Konjunktur wenig spürbar, sie trat jedenfalls weit hinter den Wirknngen zurück, die heute durch einen sozialen Kampf ausgelöst werden. Denn mit der funahme der Arbeitgeber- und Arbeiter-Organi- a t i o n e n werden Konflikte eines einzelnen Betriebes zu An- gelegenheiten einer ganzen Branche, ja eines ganzen Industrie- zwciges. Aus einem partiellen Streik entwickelt sich ein Kamps, in den durch Aussperrung oder Streit die Betriebe der ge- samten Organisation hineingezogen werden. ES entsteht aber damit im Geschäftsgange eine Unterbrechung, die starke Wirkungen auf die Rohstoff- und Betriebsmaterialien liefernden Industrien ausüben muß, die auf den Markt und die Preise der Fertigerzeugnisse Einfluß gewinnt und dadurch im gesamteil Ver« lauf der Warenherstellung und Verteilung Störungen oder doch Hennilungen herbeiführt. Damit erlangen die Arbeilskämpfe einen ganz neuen Charakter: die sozialen Kämpfe bekommen eine wirtschaftliche Bedeutung. Wir in Deutschland haben im laufenden Jahre schon drei große Arbeitskämpf« tu verzeichnen. Der erste Kanipf, zugleich der größte, spielte sich im laugewerbe ab. Daß diese Aussperrung die Bautätigkeit in der besten Geschäftszeit lähmte, darauf ist schon mehr als einmal hingewiesen worden. Daneben hat aber die wochenlange Arbeitslosigkeit von nahezu 200 000 Bauarbeitern auch auf zahlreiche andere Gewerbe ungiinstig zurückgewirkt; es fei nur auf die Hilfsgewerbe des Bait- gewerbes Verlviesen. Bei dem zweiten Arbeitskämpf, der Aus- sperrung in der bergischen Metallindustrie, war der Kreis der betroffenen Arbeiter zwar wesentlich kleiner, doch war die Zahl der Feiernden mit 20 000 auch noch beträchtlich genug, um ungünstig auf einen Teil deS Wirtschaftslebens einzuwirken. Der dritte große Arbeitskampf dauert noch an; er ist wie die beiden anderen durch einen partiellen Streik verhältnismäßig weniger Arbeiter entstanden und hat sich zu einer Aussperrung resp. zu einem Streik sämtlicher aus den Werften der Nordküste beschäftigten Arbeiter ausgebreitet._ Feierschichten. Verschiedene Gruben im Ruhrrevier ließen in der letzten Zeit mehrfach feiern; am Donnerstag ruhte der Betrieb auf sämtlichen Schächten der Gesellschaft KönigSborn . Als Ursache wird Absatziitangel angegeben. An? der Strcichholzindustrie. Die ausländische Streichholz- industrie gewiimr immer mehr an Ausdehnung und Bedeutung. Diese Erscheinung ist auf die deutsche Steuergesetzgebung zurück- zuführen, die eine schwere Belastung der inländischen Industrie bedeutet. Es sind in Ungarn in letzter Zeit neue größere Unter- nehmungen errichtet worden. Eine Fabrik befindet sich in SzaszsebeS, firmiert„Aetna-Zündhölzchenfabrik A.-G." und verfügt über ein Aktienkapital von 400 000 Kronen. Das andere Unternehmen ist in Szegedin von einem Ingenieur im Verein mit mehreren Groß- kapitalisten begründet worden. Diese Fabrik verfügt über ein Kapital von S00 000 Kronen. Beide Unternehmungen wollen in der Haupt- fache den Export nach dem Auslande pflegen. Auswärtiger Handel. Im Juli betmg der auswärtige Handel Deutschlands im SpezialHandel: Einfuhr: 6 066 304 Tonnen und 13 271 Stück, worunter 13104 Pferde und 77 Wasserfahrzeuge, in den sieben Monaten Januar bis Juli 1910: 34 602 733 Tonnen und 06 130 Stück, worunter 04 670 Pferde und 460 Wasserfahrzeuge, gegen 34 166 627 Tonnen und 77 426 Stück, worunter 77 046 Pferde und 370 Wasserfahrzeuge, im gleichen Abschnitt des Vorjahres. Ausfuhr: 4 244 416 Tonnen und 463 Stück, worunter 346 Pferde und 108 Wasserfahrzeuge, von Januar bis Juli 1910: 29 240 637 Tonnen und 4108 Stück, worunter 3646 Pferde und 468 Wasser- fahrzeuge, gegen 26 314 031 Tonnen und 4056 Stück, worunter 3766 Pferde und 291 Wasserfabrzeuge, im Januar/Juli 1909. Der Wert der Einfuhr im ganzen 718,3 Millionen Mark und ohne Gold und Silber 676.4 Millionen Mark; für Januar/Juli 1910 im ganzen 6170,3 gegen 6051,8 Millionen im gleichen Zeitabschnitt des Vorjahres, hiernach 118,6 Millionen Mark mehr. Der Wert der Ausfuhr ohne Gold und Silber 609,6 Millionen Mark und mit diesem 611,3 Millionen Mark; in den sieben Monaten Jannar/Fuli 1910 im ganzen 4255,3 Millionen, worunter an Gold und Silber 116,1 Millionen, gegen 3713,6 bezw. 117,2 in den gleichen Monaten des Vorjahres, hiernach im ganzen für 1910 mehr 541,8 Millionen Mark. Sowohl in der Einfuhr wie in der Ausfuhr sind an dem Mehr- wert fast sämtliche Warengruppen beteiligt. Die Weltproduktio« an Roheise«. Amtliche Statistiken existieren über die Weltleistringen der Roh- eisenproduktion nicht; es sind in erster Linie Jnteressenorganisationen, die solche Zusammenstellungen machen. In nachfolgendem ist die Statistik der Firma James Watson u. Co. in MiddleSbro benutzt; sie zeigt, daß die Weltproduktion die bisherige Rekordziffer von 1907 schon wieder überschritten hat. Im einzelnen ergibt sich seit 1904 daS folgende Bild in der Roheisenproduklion: in 1000 Tonnen Vereinigte Staaten Deutschland ... Großbritannien . Frankreich ... Rußland.... Oesterreich-Ungarn Belgien .... Schwedens ... Spanien .... Kanada .... Italien .... Japan .... Indien . China . Mexiko zusammen Weltproduktion. 46 292 64 036 68 690 60130 48176 60 328 Selbst wenn die vorliegende Statistik nicht ganz vollkommen sein sollte, so zeigt sie doch, daß die Weltproduktion tatsächlich jetzt schon eine Höhe erreicht hat, wie sie früher nur im Stürmen und Drängen einer Hochkonjunktur möglich war. Werden die Ziffern der einzelnen Länder betrachtet, so ergibt sich, daß die Vereinigten Staaten , das Land der stärksten Schwankungen in der Produltion, seine Leistung des Jahres 1907 überflügelt hat. Deutschland steht noch um mehr als 100 000 Tonnen hinter seiner bis jetzt er- reichten Höchstproduktion des Jahres 1907 zurück. Die Steigerung stammt in erster Linie aus jener fruchtbaren Eiken- und Kohlen- gegend, die auch nach Luxemburg und einem Teil Deutschlands über- greift. Daß wir mit den bis jetzt wieder erreichten Ziffern nicht am Ende der Entwickelung angekommen sind, beweist, daß besonders auch in Deuischland durch die Montangewaltigen fieberhaft immer größere Produktionsstätten geschaffen werden. Die Arbeiter haben alle Ursache, sich für kommende Kämpfe zu rüsten. Huö der frauenbewcgun� Die Frauenorganisationen in Deutschland . Insgesamt gibt es in Deutschland nach den neuesten Zusammen» stellungen 6716 Ortsvercine, die einen Mitgliederbestand von 1074 404 Köpfen hatten. Unter diesen Mitgliedern sind allerdings auch solche männlichen Geschlechts, die man auf immerhin zirka 300 000 beziffern kann. Die Zahl der Ortsvereine, die WohltätigkeitS- zwecke verfolgen, stellt sich auf 3761, also mehr als die Hälfte samt- licher Vereine. Die Mitgliederzahl dieser Vereine beläuft sich auf 610170. Die nächstgroß'e Art der Frauenorganisation verfolgt be- rufliche Interessen; es bestanden im Jahre 1909 1891 DerusSvereine mit 106 746 Mitgliedern: im Vergleich zu der Zahl der erwerbs- tätigen Frauen,' die sich auf 10 Millionen Köpfe stellt, ist die Berufsorganisation unter den Frauen noch wenig ausgebreitet. Es folgen der Anzahl der Mitglieder nach die Vereine, die ihrem Hauptzweck nach allgemeine Bestrebungen verfolgen; eS sind dies 404 Vereine mit 88 280 Mitgliedern. Die Zahl der Vereine, die soziale Bestrebungen verfolgen, ist zwar größer, doch hat sie einen geringeren Mitgliederbestand, Sie stellt sich im Jahre 1909 auf 604, die Zahl der Mitglieder auf 69 996. Verhältnismäßig groß ist die Zahl der Frauen« Bildungsvereine; sie betrug 1909 93 mit einem Mitgliederbestande von 13 343. Die schwächsten Or- ganisationen sind die für politisdk Zwecke; an solchen gab es 1909 nur 62 Ortsbereine mit 4489 Mitgliedern. Verfolgt man die Ent- Wickelung der Frauenorganisation in den letzten beiden Jahren, so zeigt sich, daß sie erheblich zugenommen hat. Den 6716 Ortsvereinen vom Jahre 1909 mit 1,07 Millionen Mitgliedern stehen 4665 mit 894 256 Mitgliedern im Jahre 1908 gegenüber. Bemerkenswert ist, daß die Mitgliederzahl der charitativen Vereine eine Abnahme er- fahren hat, während die der Vereine für berufliche und soziale Zwecke eine starke Zunahme auflveisen kann. Wenn auch die vor- stehende Statistik nicht vollständig ist, indem sie z. B. die politische Organisation der Frauen in solchen Vereinen, die für Männer und Frauen gleichzeitig offen stehen, nicht berücksichtigt, so ersieht man doch aus der Statistik der reinen Frauenorganisationen, daß auch hier immer mehr die wirtschaftlichen, beruflichen und sozialen Jnter- essen zum Zusammenschluß und zur Verfolgung gemeinsamer Aus» gaben drängen._ Don den t k. Tabakardeiterinnen. In Wien tagte Sonntag und Montag eine aus 29 Fabriken beschickte Tabakarbeiterinnen- Konferenz, die gegen die Antreiberei in den Fabriken Stellung nahm, sowie gegen daS Protektiouswesen und die Anstellung gänz- sich unfachmänn'ischer Vorgesetzter. Die Arbeiterinnen müssen Kisten bis zu 60 und 60 Kilo heben; Organisationstätigkeit wird mit Ver- setzung zum Kehren bestraft, dagegen können die Christlichsozialen mit dem Versprechen ködern, daß sie bessere Arbeitsplätze Verswaffen. Gegenüber dem unwürdigen Pcämicnsystem wurde Lohnerhöhung, Herabsetzung der Leistungen und gerechte Verteilung des Urlaubs ge« fordert sowie Errichtung von Säuglingsheimen und Arbeiter- Wohnungen. Hervorgehoben zu werden verdient die internationale Geschlossenheit und Solidarität in der Organisation der Tabak» arbeiterinnen._ Leseabende. Baumschulenweg. Der Frauen-Leseabend fällt aus. dafür öffentliche Frauenversammlung am Montag, den 29. d. M. Am Freitag, den 26. d. M., wichtige Flugblattverbreitung von den Bezirks- lokalen aus. OrtSteil Treptow . Montag kein Leseabend, dafür im Lokale„Rad- rennbahn", Elsenstr. 116/116, 8'/z Uhr: Oeffentliche Frauenversammlung. Vortrag. Genossin Frau Berta Lungwitz-Berlü»: »Die Frau un proletarischen Kampfe'. FretreligtSse Gemeinde. Sonntag, den 21. August, vormittag« 9 Uhr, Pappcl-Allee 16/17: Freireligiöse Vorlesung. Vormittags 11 Uhr, Kleine Frankfurter Straße«: Vortrag von Herrn M. H. Baege:.Gibt es eine übersinnliche Welt?'— Damen und Herren als Gäste sehr willlommcn. Sozialdemokratischer Zentralwahlverein RrnSwalde- Friede» berg , OrtSvercin Berlin . Die Mitgliederversammlung findet nicht am Sonntag, den 21. August, sondern am Sonntag, den 28. August, nach- mittags 3 Uhr, bei Thimm, Tilsiter Str. 79 statt. Gäste willlommcn. Allgemeine«ranken, und Sterbekasse der Metallarbeiter IE. H. 29. Hamburg). Filiale Berlin 4. Mitgliederversammlung am Sonnabend, den 29. August, bei MerkowSky, AndreaSstraße 26. Abends 8>/, Uhr Filiale Berlin 5: Mitgliederversammlung bei Grunow, Dragoner- strafe e 15. Zentralverband der freien Händler. Hausierer und verwandten Berussgenossen Deutschlands . Sitz Essen-Ruhr, Verwaltungsstelle Berlin . Heute abend K>/. Uhr: Versammlung bei Dräsel, Reue Friedrich- strafee 35. Gäste willkommen. IllW 1867 Grosser Saison- Kein Kaufzwang I □ □ Um Besichtigung der Waren wird gebeten! Räumungs-Verkauf Um mit den Vorräten der diesjährigen Sommer-Saison zu räumen, haben wir grosse Bestände von Schuhwaren aus unsern sämtlichen Geschäften herausgezogen und stellen diese grossen Vorräte im Hauptgeschäft, ferusalemer Str. 38-39, zumVerkauf. Es bietet sich daher für jedermann eine wirklich günstige Gelegenheit, moderne erstklassige Schuhwaren für Damen, Herren und Kinder aus durchweg bewährten Qualitäten ohne Rücksicht auf den früheren Wert zu enorm billigen Preisen zu erwerben. Der Verkauf beginnt am Montag, den 22. August und findet nur Jerusalemer Strasse 38-39 statt Man beachte das morgige Inserat/ »
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