Einzelbild herunterladen
 

standeS ist, eine ernste Gefahr für den Wettftieden. Die Gefahr ist um so größer, als ein Krieg zwischen Japan und den Bereinigten Staaten von neuem die ganze.ostasiatische Frage' aufrollen würde, bei der die Interessen sämtlicher Weltmächte aufeinander platzen.' >" Paris , 24. August. Dem Ministerium des Aeußern ist die offi- zielle Nachricht zugegangen, daß der Kaiser von Korea in Gegenwart des gesamten Hofes und der Staatsbeamten feierlichst auf/ einen Thron und seine Recht« verzichtet hat. stugeburger Hiatholikentag. (Telegraphischer Bericht.) Augsburg , 24. August. Dritter Tag. In der dritten geschlossenen Versammlung, die der Vorsitzende, Reichstagsabgeordneter Marx leitete, beschäftigte man sich mit sozialen Fragen. Reichstagsabgeordneter Dr. Pieper M-Gladbach begründete im Auftrage des für diese Fragen eingesetzten Ausschusses einen längeren Antrag, der die religiös-sittliche Hebung des erwerbs­tätigen Volkes bezweckt. In dem Antrag heißt es: .Die 57. Generalversammlung der Katholiken Deutschlands weist mit Nackdruck darauf hin, daß eine Erneuerung der christ- lichen Gesellschaftsordnung nur dann zu erwarten ist, wenn mit dem segensvollen Einfluß der Kirche, mit dem Sckutz und der Förderung durch die StaatShilfe, mit der genossen- schaftlichen Selbsthilfe und mit der Wohlfahrtspflege Hand in Hand geht die Erziehungsarbeit in der christlichen Familie. Sie an erster Stelle hat dem heranwachsenden Geschlecht das- jenige Wissen und Können, jene Tatkraft und Charakterfestigkeit. zene soziale Gesinnung zu übermitteln, ohne welche unsere zu- künftigen Männer und Frauen ihre Aufgabe im Staat. Gesellschaft und Familie, im Berufs- und Wirtschaftsleben nicht erfüllen können. Die christliche Sozialreform muß deshalb eine bedeutungsvolle Aufgabe darin ersehen, daß die Eltern befähigt und nachhaltig an- geregt werden zur erfolgreichen Erziehung und Schulung ihrer heranwachsenden Söhne und Töchter. Diesem Ziele zuzusteuern ist vor allen Dingen Aufgabe der katholischen Standesvereine nicht nur in Städten, fondern auch auf dem Lande." MS Mittel zur religiös-stttlichen Hebung des arbeitenden Volkes empfiehlt dann der Antrag im einzelnen die Pflege des religiösen Lebens im Elternhause, die konfessionelle Volksschule, die Ein- richtung von Elternabenden, den Ausbau und die Verbreitung von Erziehungsschriften, die Errichtung von katholischen Standesvereinen, Muttervereinen und Jungfrauenvereinen. Der Airtrag wurde an- genommen. Hierauf ging die Versammlung zu einem Antrag über, der die Mrsorge für die schulentlassene Jugend zum Gegenstand hat. Er lautet: .Die ö7. Generalversammlung der Katholiken Deutschlands betont von neuem die dringende Notwendigkeit der Anteilnahme > der Katholiken an den modernen Bestrebungen zum Schutze der volksschulentlassenen Jugend. 1. Sie begrüßt die Einführung der obligatorischen Fort- bildungsschule für Knaben und Mädchen und fordert für sie den pflichtgemäßen Religionsunterricht. S. Die Generalversammlung spricht ihre volle Anerkennung und weitgehendste Empfehlung den katholischen Jugendvereinen für die männliche Jugend in Stadt und Land aus, in denen gerade in den wichtigsten Jahren der körperlichen und geistigen EntWicke- lung das Werk der Erziehung fortgesetzt wird,.. 3. Die Generalversammlung empfiehlt ebenso die Sammlung der volksschulentlassenen weiblichen Jugend in Stadt und Land in Jugendvereinen, die neben edler Unterhaltung die Befestigung und Weiterführung der religiös-stttlichen Erziehung und geistigen Allgemeinbildung der Mädchen, insbesondere aber deren Haus- wirtschaftliche und berufliche Ausbildung bezwecken und dieselben so für die katholisch-sozialen Standesvereine vorbereiten. 4. Die Generalversammlung empfiehlt die Errichtung von katholischen Jugendheimen, in denen die Jugendlichen Schutz vor den Gefahren der Großstadt, billige WohnungS- und Speise- gelegenheit und passenden Aufenthalt an Sonn- und Feiertagen wie Wochenabenden finden. 6. Bei dieser bedeutsamen Arbeit erwartet die General- Versammlung vor allen Dingen die Mithilfe von Staat und Ge- meinde durch Bereitstellung finanzieller Mittel, Ueberlassung von Spielplätzen und Versammlungsräumlichkeiten u. dergl. 6. Als Pflicht aller katholischen Männer und Frauen erachtet eS die Generalversammlung, die katholischen Jugendvereine als zahlende Mitglieder sowie durch praktische Mitarbeit(zahlende und tätige Jugendfreunde) zu unterstützen." Der Antrag wurde unter lebhaftem Beifall einstimmig an- genommen. Der nächste Antrag betraf die Rilitärfürsorge. Der Antrag erachtet eine planmäßige Ausgestaltung der Militärfürsorge, bei der zwischen Rekruten-, Soldaten- und Reservistenfürsorge zu unter- scheiden ist, als erstrebenswert. Insbesondere wird die an manchen Orten schon vorteilhaft erprobte Einrichtung einer Rekrutenfürsorge im Anschluß an die katholischen Vereine empfohlen. Der Antrag winde einstimmig angenommen, ebenso zwei An« träge, die die Unterstützung der kaufmännischen Vereinigungen und deS katholischen Frauenbundes zum Zwecke haben. politifcbe deberficbt. Berlin , den 24. August 1910. Vertagung der Wahlreform? Das Scherl-Blatt meldet: .Es kann nunmehr als sicher betrachtet werden, daß dem preußischen Landtag in dessen'nächster Tagung keine neue Wahlrechtsvorlage zugehen wird. Die maßgebenden Stellen halten es für richtig, mit einer solchen Vorlage, die unter keinen Umständen eine bloße Wiederholung des vorigen RegierungSentwurfS sein darf, erst nach den all- gemeinen Neuwahlen zum Reichstage wieder an den preußischen Landtag heranzutreten." Ob diese Meldung auf offiziöser Erleuchtung beruht, läßt sich nicht feststellen. Doch haben wir wiederholt dargelegt. daß eine Vertagung der Äahlreform im Interesse der Reaktion zu liegen scheint, weil ein Wahlrechtskampf vor den Reichstagswahlen unter Umständen die Zwistigkeiten innerhalb der bürgerlichen Parteien verschärfen könnte, während doch die Regierung wiederum eine Sammelparole ausgeben möchte. Auch kann Herr v. Bcthmcmn Hollwcg die Liberalen viel leichter durch' alle möglichen Wahlrechts Zusicherungen zu ködern hoffen, als durch eine Wahlrechts Vorlage, die doch auch Konservative und Zentrum nicht vor den Kopf stoßen soll! Kommt auch die Wahlrechtsvorlage erst nach den Reichstagswahlen, so wird doch die Wahlrcchtsfrage einen der Kernpunkte der Wahlagitation bilden. Durch die Ab- gmmung bei den Reichstagswahlen hat das entrechtete »lk seinen unbeugsamen Wahlrechtswillen zu bekunden s. Gottgegebene Abhängigkeiten. Ein höchst seltsames Urteil hat das Oberverwaltungsgericht über die Frage gefällt,'ob die Unternehmer berechtigt sind, bei Wahlen in ihrem Sinne auf ihre Arbeiter einzuwirken. Eine Gemeinde- Vertretung hatte eine Wahl für ungüllig erklärt, weil ein Fabrikdireltor in unzulässiger Weise auf seine Arbeiter eingewirkt hatte. ES stand fest, daß der Fabrikdirektor Arbeiter in seinem Betriebe ersucht hatte, bestimmte Personen zu wählen. Wäh- rend in der Borinstanz die Wahl für ungüllig erklärt worden war, erachtete da? Oberverwaltungsgericht die Wahl für gültig. ES führte unter anderem aus: Wahlbeeiuflussungen könnten überhaupt nur insoweit in Betracht kommen, als sie tatsächlich von unverkennbarer Bedeutung für daS Endresultat der Wahl wären. Arbeitgeber und Beamte dürfen ebenfalls an der Wahlagitation teilnehmen. Nach- teile oder Vorteile dürfen aber nicht in Aussicht gestellt werden. Arbeitgebern stehe es frei, ihren Arbeitern mitzuteilen, welche Kandidaten sie für geeignet halten. Auf die Wähler dürfe jedermann einwirken; unzulässige Wahlbceinflufiungen lägen nur dann vor, wenn dadurch auch ein fester Mann zum Wanlen gebracht worden wäre. Eine sonderbare Auffastung. Wenn der Unternehmer in öffent- licher Versammlung erklärt: ich möchte, daß der und der gewählt wird, so läßt sich daraus sicherlich noch nicht ohne weiteres eine unzulässige Beeinflussung folgern. Ander« liegt die Sache, wenn der Unternehmer als solcher in der Fabrik unmittelbar zu seinen Arbeitern sagt:.Ich wünsche, daß Sie den und den wählen", und wenn ferner die Wahl eine öffentliche ist, also vom Unternehmer die Abstimmung kontrolliert werden kann. In diesem Fall bedeutet die direkte Aufforderung, für eine bestimmte Person zu stimmen, tatsächlich nichts anderes, als die Bedrohung mit einem Nachteil, nämlich mit der baldigen Entlastung. Aber vielleicht rechnet das Oberverwaltungsgericht die Abhängigkeit des Arbeiters vom Unter- nehmer auch zu den.gottgegebenen Abhängigkeiten' des Herrn v. Bethmann Hollweg. _ DerSpahn" im Fleische des Zentrum?. Unter diesem Titel bringt der uUramontane.Bayerische Kurier" einen heftigen Artikel gegen die Kandidatur des Prof.' Dr. Spahn jun. im Wahlkreise Warburg . Der mandatSliisteme junge Spahn, heißt eS darin, sei nicht nur ein Vielschreiber, sondern auch ein.Ober« Börnste" der sich schon in verschiedenen Wahllreisen als Kandidat angeboten hafbe. Bisher fei das freilich vergebens ge- Wesen, denn in jedem Wahlkreiskomitee fei wenigstens immer ein Mann gewesen, der Herrn Spahn kenne und der auf die Wahrung der Grundsätze deS Zentrum? nach der �eiteder politischen Freiheit etwas gebe. Nur in Warburg , wo Spahn auf Empfehlung des Abgeordneten Trimborn aufgestellt wurde, scheine der Zentrum?- Homer zu schlafen. Spahn habe sich über das preußische LandtagSwahlrecht so eindeutig geäußert.ganz ent- gegen der ererbten Grundauffastung deS Zentrums', daß er trotz seiner nachträglichen Erklärungen nicht knS Zentrum ge- höre. Wenn man ihn in anderen Dingen unter die Lupe nehme, ließe sich schon ein Kompromiß mit ihm finden. Aber in der Wahlrechtsfrage dürfe eS für die Zentrums­ partei kein Kompromiß geben, sonst gebe fich die Partei selber auf. Die oberste Parteileitung in der ReichStagSftaktion Wiste wohl nicht, wie das Volk derartiges aufnehme� sonst hätte sie gegen die Kandidatur Spahn sofort Stellung nehmen müsten. In Bayern müsse mau jedenfalls er- klären, daß eine solche Vermischung de S Zentrums mit rückständigen Elemenken auf die Verhältniste in Bayern nicht ohne Einfluß bleiben werde. Ter»Bahrische Kurier' erklärt, der Artilel sei ihm.von be- freundetet Seite" zugegangen. Man wird nicht fehlgehen in der Annahme, daß diese»befreundete Seite" der Reichs- und Land- tagsabgeordnete Dr. Heim ist. der ja zum»Bayrischen Kurier" in besonders engen Beziehungen steht. ... Die in Augsburg anläßlich de? Katholikentages versammelten Reichstagsabgeordneten der Zentrumspartei sollen nach einer Meldung der»Täglichen Rundschau' in geheimer Sitzung beschlosten haben. Herrn Universitätsprofessor Dr. Martin Spahn nahezulegen, von der ReichStagSkandidatur in Warburg -Höxter zurückzutreten. Man empfiehlt ihm dies mit Rücksicht daraus, daß sich seine in Wort und Schrift geäußerten Ansichten nicht mit denen seines Mandats- Vorgänger»(Schmidt- Warburg) decken und außerdem nicht die Billigung der Zentnimsabgeordneten finden. Gegen de« Fletschwucher. In fünf außerordentlich stark besuchten Volksversammlungen protestierte am Dienstag die Arbeiterschaft Leipzig ? gegen die Fleischdeuerungspolitik. Es referierten unter lebhaftem Beifall die Genosten Lüttich , Lehmann, Geher, Ryssel und L i p i n s k i. In allen Versammlungen wurde e i n st i m m i g die folgende Resolution angenommen: Die gegenwärtig zu einer gefährlichen Kalamität gewordene Fleischteuerurig ist eine Folge der verbrecherischen agrarischen Reichspalitik und fördert die Unterernährung der Arbeiterbevölke- rung. Gesteigert wird die Teuerung noch durch die sachsische Sonderbesteuerung des Fleisches. Die Versuche der Arbeiter- schaft, durch Aufbesserung der Löhne einen Ausgleich der enorm gestiegenen Lebensmittelpreise herbeizuführen, beantworteten die Unternehmerverbände mit den brutalen Aussperrungen. Die sächsische, wie die Regierung des Reichs leugnen eine Fleischteucrung und weigern sich, Maßregeln zu deren Linderung zu ergreifen. Die Versammelten fordern als Mittel gegen die maßlose Teuerung: Sofortige Oeffnung der Grenzen für das ausländische Vieh, Aufhebung der Viehzölle, von der sächsische:, Regierung die Außerkraftsetzung der Fleischsonderbesteuerung. Sie fordern vom StÄtverordnetenkollegium und vom Rate, daß er bei' der sächsi- schen wie bei der Reichsregierung mn Erlaß der genannten Maß- regeln zur Verminderung der Fleischteuerung petitioniere. Die Versammelten versprechen aber auch, bis zur kommenden Reichstags- und Stadwerordnetenwahl«rnsthaft agitatorisch zu wirken, damit die sozialdemokratischen Kandidaten über die agrarischen und agrarfreundlichen Kandidaten siegen. Natürlich unzurechnungsfähig. Vor dem Kriegsgericht der 1. Garde-Divifion Kurde am Mittwoch der Prozeß gegen den Oberleutnant von P l e h w e vom 4. Garde-Regiment, der zurzeit als Hilfslehrer zur Jnfanterie-Schießschule in Spandau abkommandiert ist, verhandelt. Plehwe steht unter dem Verdacht des Sittlichkeitsver- gehens. Die Anklage legt ihm einen Fall zur Last, in dem er sich an einem schulpflichtigen Mädchen von zwölf Jahren unsittlich vergangen haben soll. P. soll das ihm zur Last gelegte Vergehen in einem Zustand totaler Trunkenheit ausgeführt haben. Es waren nicht weniger als 26 Zeugen und Sachverständige er» schienen. Unter den ersteren befinden sich allein sechzehn Offiziere, die über das Vorleben des Angeklagten sowie über Vorgänge vernommen werden sollen, die an der geistigen Zurechnung Sfähigkeit hei Angeklagten starke Zweifel auf- kommen lassen. Nach Verlesung der Zeugenliste ermahnt der Ver- hMdlungSheitUh KxiegSgerWSrat Htzrholz�r Mi' ZeMeg, h efog«' LerS Safs angeblich unsittlich berührte Kind und dessen Freundinnen zur strengen Wahrheit. Die Anklage vertritt Rechtsanwalt Dr. Kahser, während die Verteidigung in den Händen des Rechtsanwalts Ulrich liegt. Als ärztlicher Sach- verständiger über den Geisteszustand des Offiziers fungiert außer den zuständigen Militärärzten auf Antrag der Vertetoigung der bekannfe Gerichtsarzt Medizinalrat Dr. Störmer. Der Angeklagte, der aus dem Garnisonlazarett als Untersuchungsgefangener borge- führt wird, wird zunächst über seine Personalien vernommen. Sein Führungszeugnis als Offizier lautet auf recht gut. Sodann stellt der Vertreter der Anklage einen Antrag auf Ausschluß der Oeffent- lichkeit. Nach kurzer Beratung beschloß das Gericht, wegen Ge- fährdung der Sittlichkeit die Oesfentlichkeit für die ganze Dauer der Verhandlung auszuschließen. In der wiederhengestellten öffentlichen Sitzung verkündete der Ver- Handlungsführer: Der Angeklagte ist f r e i g e s p r o ch e n, da nach den übereinstimmenden Gutachten der Sachverständigen der Ange- klagte sich zur Zeit der Tat in etnain Zustande befunden hat, in dem seine freie Willensbestimmung ausgeschlossen war. Merk- würdig: wenn Herr v. Plehwe nicht ein Sittlichkeitsvergehcn be- gangen hätte, würde tvahrscheinlich seine Unzurechnungssähigkeit noch auf lange Jahre hinaus unentdeckt geblieben seink Aus der preußischen Bertvaltungspraxis. Die preußischen Landräte sind die geplagtesten Geschöpfe der Welt. Sie haben nicht nur die Geschäfte der Regierung zu be- sorgen, sondern nebenbei auch noch Agimtion für die loniervativen Parteien zu betreiben. Da sie letztere Arbeit gewissenhaft leisten, ist es erklärlich, daß sie da, wo es auf ihre Tätigkeil als Staats- beamte ankommt, manches übersehen. Das passierte auch dem Land- rat des Kreises Ost-Priegnitz. Ihm war es vollständig unbekannt geblieben, daß in einer Geminde seines Kreises drei Jahre lang ein Gemeindevorsteher nicht vorhanden war. Die Wahl des Gemeindevorstehers mußte nämlich bereits Vor etwa drei Jahren vorgenommen werden, da die Amtsperiode des bisherigen Gemeindevorstehers zu diesem Zeitpunkte abgelaufen war. Das Dorfoberhaupt unterließ es aber, wie der.Kurier für die Priegnitz" erzählt, die erforderlichen Schritte für eine Neuwahl einzuleiten Er schickte vielmehr kurzerhand die ausgefertigten Papiere an den Landrat mit der Anzeige, daß die Wahl wieder auf feine Person gefallen sei. Vor einigen Tagen fragte ein Bewohner des Ortes beim Landrat an. warum denn nicht eine Neuwahl des Ge- meindevorstehers vorgenommen wurde. So lam die Angelegenheit an das Tageslicht. Gegenüber den Mitteilungen des in Pritzwalk erscheinenden Blattes erklärt jetzt der Landrat: Die Wahlzeit des Gemeinde- Vorstehers in B. fei allerdings vor drei Jahren abgelaufen, man habe aber damals irrtümlicherweise eine Neuwahl nicht angeordnet. Dagegen sei es unrichtig, daß der Gemeindevorsteher dem Landrat von einer erfolgten Neuwahl Mitteilung genmcht habe. Was geschieht jetzt mit den Amtshandlungen, die der ehemalige Gemeindevorsteher während der letzten drei Jahre rechtswidrig unter Aufsicht des Landrats vorgenommen hat? Eine feine Kolonialfache. Im Dezember 1908 war eS, da meldete auch der.vorwärts' von dem bekannten Karl Peters , daß er unter die Gründer ge­gangen sei. PeterS meinte in Portugiesisch -Ostafrika , da« sagen- hafte Ophierland der Bibel, das Goldland wieder entdeckt zu haben. Man ist in den Jahrtausenden inzwischen modern geworden, und deswegen gründeten PeterS und andere eine Aktiengesellschaft zur Ausbeutung des Goldreichtums im sagenhasten, wieder- gefundenen.Ophierlande". Nun spielt sich ein typische? Stück Kolonialkapitalismus ab. ES ist besonders des- wegen lehrreich, weil gerade jetzt wieder einmal auch in den bürger- lichen Blättern, dort allerdings n u r im Handelsteil und nicht unter den politischen Nachrichten, wo man doch in Kolonialbegeisterung macht, .nachgewiesen wird, wie wenig rentabel heut noch die übergroße Mehrzahl der deutschen Kolonialaltiengesellschaften ist. Bei den aller- meisten wird eS e»vig so bleiben, wenn sie nicht vorher»ver- schmolzen' oder bankrott werden. PeterS sprach damals von groß- artiger Produktivität, BetriebSüberschüste von 4 Millionen Mark waren so gut wie sicher. Damals wurde schon darauf hingewiesen, daß da» Unternehmen, das aus englischem Besitz gegen gute Zahlung ge- kaust wurde, wegen Unrentabilität aufgegeben gewesen sr:. Dazu kam noch, daß die Gründer der deutschen Ophiergesellschast, PeterS. Dr. Schroeder, Paggelow und Dr. Scharlach-Hamburg, die Mit- Unterzeichner deS Gründungsprospektes. Vertreter größerer Posten von ShareS der Sourh West Africa Co. gewesen sein sollen, die offenbar Vor- oder Mitbesitzerin der Minenrechte war, die ay die neugegründete Ophiergesellschast übergingen. Trotz alledem, mit gattzen 460000 Mark Betriebs- kapital zog man nach Portugiesisch- Ostafrika. um Gold zentnerweise zu graben. Jetzt hat nun wieder einmal eine Generalversammlung der Gesellschaft stattgefunden. Dr. Karl Peters gab in seinem Bericht.seinem Bedauern darüber Ausdruck, daß die Hoffnungen, die auf das Unter» nehmen gesetzt worden wären, sich nicht erfüllt hätten." Nach dem.L.-A." sagte er:.ES läge nahe, ihn zu fragen, warum er mit der Veröffentlichung der vorzüglichen AuS« beuterresultate, durch welche die Preise der Anteile in die Höhe getrieben worden seien, nicht gewartet hätte, bis man über die Nochhaltigkeit deS Vorkommen« Sicherheit erlangt hätte. Er hätte jeden einzelnen Bericht sofort veröffentlicht, weil man sonst den Vorwurf gegen ihn hätte erheben können, daß er seine Wissenschaft an der Londoner Börse ausnutzen wolle." Dann erklärte er, keinen einzigen Anteil der Ophiergesellschast ge- oder verkauft zu haben. Sie waren also nichts wert, oder andere haben es für ihn getan die Geschichte ist doch sehr einfach zu lösen! Kurz und gut: die Gesellschaft hat eingepackt und sich zugleich ein neues Wirkungsfeld in Transvaal am Witwarers- rand, gesucht. DaS natürlich durch PeterS Vermittelung gewonnene Goldfeld istsehr aussichtsreich", aber nur,wenn sich daS ge- nügende Kapital dafür findet". Dann verschwand die Ophier- gesellschaft laut Beschluß in einer neugegründeten englischen Ge- sellschaft mit 7 Millionen Mark Aktienkapital, und dort wird das lukrative Spiel von neuem beginnen. Heiliger Kolonialkapitalis- mus, wie schön und schnell kann man durch dich doch reich werden._ Dieobjektivste Behörde" der Welt. In dem großen Wahlrechtsprozeß derDortmunder Arbeiter- zeitnng" standen sich bekanntlich die Aussagen der Beamten und der Zivilzeugen schroff gegenüber. Polizeiinspektor, Kommissar und Schutzleule bestritten, daß gelMien worden sei; die Zivil- zeugen bekundeten das Gegenteil. Das Gericht kam zu einer Ber- urteilung des Genossen Beyer, weil eS den eidlichen Aussagen der Beamten Glauben schenkte. Es meldeten sich nun aber über 30 neue Zeugen, lauter unbeteiligte Zuschauer, die bekunden wollten, daß die Beamten blank gezogen und gehauen hätten. Daraufhin erstattete Genosse Beyer Meineidsanzeige. Jetzt endlich, nach vier Monaten, ist der Bescheid erfolgt, daß daS Verfahren gegen die de» Meineids Bezichtigten eingestellt sei. Kein einziger der neu- benannten Zeugen ist vernommen Ivorden. Der Staatsanwalt meint. daß Gerich: würde deren Zeugnis nicht anders bewerten als das der beteiligten Zivilzeuge» im Prozeß Beyer. Mit ander«: Worten: dem Slaatsanwalt gilt nur, was die Beamten aussagen. Es wird Beschwerde gegen den Bescheid deS Staatsanwalt» erhoben. Ein Edelster nnd Bester. Dieser Tage hatte sich vor dem Kriegsgericht der 8. Diviston in Halle m S. der Hauptmann und Kompagniechef Guido von Polst vom 36. Infanterieregiment zu verantworten. Unter strengstem Ausschluß der Oeffemlichkeit wurde gegen ihn wegen sortgesetzter vorsätzlich falscher.dienstlicher Meldungen verhandelt. Der Angeklagte war in Vermögensverfall geraten und hatte seinen