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bei einem Dortmunder Polizeibeamten niemals das Bewußtsein der Nechtswidrigkeit annehmen." In diesen Worten liegt die Lösung für so manches Rätsel. Gegen die Polizei ist nichts zu machen! Wers mit der Polizei zu tun bekommt, steht schutzlos dal Dieses Bewußtsein greift über auch in weiten Kreisen deS Bürgertums. Man macht auch da seine Erfahrungen. Die.Arbeiterzeitung" ruft bei dieser Gelegenheit folgenden Fall In die Eriimernng. Jüngst wurde ein Polizeisergeant zum Wachtmeister befördert. Gegen diese Beförderung erhob ein nationalliberaler Stadtverordneter lebhaften Protest. Er selbst hatte einst mit diesem Wachtmeister Differenzen gehabt, die so weit gingen, daß er gegen den Beamten Strafanzeige erstattete. Aber nicht gegen den Be- amten, sondern gegen den jetzigen Stadtverordneten. den Strafantragsteller, wurde vorgegangen I Die Strafanzeige gegen den Beamten bildete die Grundlage zu einer Beamten- deleidigungsklage. Der Beamte trat nicht als Angelkagter, sondern als Zeuge auf und der Antragsteller wurde von der Dortmunder Strafkammer zu einem Monat Gefängnis verurteilt. Nun wagte der Herr Stadtverordnete sein äußerstes. opferte 4000 M. und nahm sich Justizrat Dr. S el lo- Berlin zum Vertreter am Reichsgericht. Dr. Sello erzielte wirklich die Aufhebung des Urteils und die Verweisung der Sache zur Neuverhandlung an das Landgericht Bochum . Das Bochumer Landgericht erkannte denn auch tatsächlich auf Freisprechung. Der Freigesprochene kann von Glück sagen, daß er 4000 Mark opfern konnte, ein armer Teufel hätte die Strafe verbüßen müssen! Der Stadt- verordnete brachte nun vor, daß er trotzdem keine Ruhe habe, er werde fortwährend belästigt. Wenn er, der Stadtverordnete, über die Straße gehe und sich ein Schaufenster ansehe, plötzlich stehe der Beamte hinter ihm und flüstere ihm ein Schimpfwort ins Ohr. Man fragte dem Herrn Stadt- verordneten, warum er sich das gefallen lasse und keine Anzeige erstattet habe. Mit Recht konnte er antworten, er habe keine Lust, noch ein- mal eine Beleidigungsklage zu riskieren und 4000 M. zu opfern. Trotz dieses sehr begründeten Protestes billigte die über- wältigende Mehrheit des Kollegiums die Beför- derung des Beamten zum Wachtmeister. Wenn so etwas möglich ist, braucht man sich über die Dortmunder Polizei nicht weiter zu wundern! Genosse Beyer wird sich bei diesem Bescheid des Staatsanwalts nicht beruhigen, sondern Beschwerde beim Ober- staatsanwalt erheben. Opfer der schwarzblauen Steuerpolitik.__ Der katholischeArbeiter", das Organ des Zentrums- abgeordneten Dr. Fleischer, teilt den Inhalt einer Pe- tition mit, welche die Zündholzarbeiter in Habelschwerdt an den Reichs- kanzler gerichtet hoben. In dieser Petition wird unter anderem gesagt. Der Vorstand des katholischen Arbeitervereins hatte unterm' 21. Dezember v. I. eine Petition an den Reichstag eingereicht, worin gebeleir wurde, den durch das Zündholz st euergesetz vom Jahre 1909 schwer geschädigten Zündwarenarbertern eine linterstiitzung zukommen zu lassen. Die Angelegenheit ist dann auch in der 81. Plenarsitzung des Reichstages vom 9. Mai 1910 zur Sprache gebracht und deni Koinmissionsantrage entsprechend dem Herrn Reichskanzler zur Berücksichtigung überwiesen worden. In den in der Petition geschilderten Verhältnissen i st leider bis jetzt eine Besserung in teinerWeise eingetreten, weshalb die Not der bezeichneten Arbeiter und Arbeiterinnen einen erschreckenden Umfang an- zunehmen beginnt. Die Zahl der Arbeiter in der Aktien- gesellschaft Union ist von 15 9 nunmehr auf 30 reduziert worden; weitere Entlassungen stehen noch bevor. Die bisher beschäftigten Arbeiter haben vom 1. Oktober 1909 bis 15. Juli 1910 nur an vier Tagen in der Woche gearbeitet. Den dadurch herbeigeführten Lohn- ausfall hat die Firma bisher zur Hälfte ersetzt. Vom 1. August ab fällt auch diese Vergünstigung fort. Bei Karl Gräbel wurde vom 1. November 1909 bis April 1910 jede Woche fünf Tage gearbeitet, seit April aber nur noch vier Tage. In der ZündwarenfabrikUnion Karl Tieye" wird seit Oktober nur an vier Tagen gearbeitet. Daß diese Ar- beiter, deren Lohn ohirehin notdürftig zum Lebensunterhalt ausreichte, mit ihren Familien darbe» und an Unterernährung leiden müssen, ist eine traurige Tatsache und erheischt baldige Hilfe. Seitens der Arbeiter wird wieder- holt darauf hingewiesen, daß den Tabakarbeitern bereits einige Millionen an Unterstützung ausgezahlt worden sind, während dieZütldwarenarbeiter der bitter st enNot preis- gegeben bleiben. Der ergebenst unterzeichnete Vorstand des katholischen Arbeitervereins wendet sich daher an Eiv. Exzellenz mit der Bitte, baldmöglichst eine Unterstützung für die darbenden nd wäre narbeiter gütigst flüssig machen zu wollen. Mit Rücksicht auf die beklagenswerten Kinder der notleidenden Familien geben wir unS der Hoffnung hin. recht bald wenigstens eine vorläufige Unterstützung zu er- halten, um der b i t t e r st e n Not einigermaßen Rechnung tragen zu können." Diese Bittschrift schreit zum Himmel. Sie klagt die Konser- vativen und das Zentrum an, den ohnehin schlecht entlohnten Zünd- Holzarbeitern ihr Brot genommen zu haben. Die Reichsregierung wollte bekanntlich voriges Jahr gar keine Besteuerung der Zünd- Hölzer, sondern schlug eine Besteuerung der Erbschaften im Betrage von mehr als 20000 M. vor. Die kleinen Erbschaften wären also unbesteuert geblieben. Aber die Zentnimspartei, die konservativen Junker und der antisemitisch- christlich- soziale Kuddelmuddel lehnten die Besteuerung der reichen Erben ab und beschloffen dafür die Besteuerung der Zündhölzer. Und nun mutz selbst das Organ des Zentrumsabgeordneten Dr. Fleischer, der am 6. Juli 1909 mit für die Zündholzsteuer, aber gegen die Entschädigung der Arbeiter stimmte, zugeben, daß durch diese himmelschreiende Steuerpolitik die ohnehin armen katholischen Zllndholzarbeiter in Habelschwerdt dem Hunger st erben nahegekommen sind. Wie ein Hohn auf die darbenden Arbeiter klingt eS, wenn der Arbeiter" sagt: Welche Antwort dem katholischen Arbeiterverein Habelschwerdt auf obige Eingabe geworden ist, ist unS zur Stunde noch nicht bekannt; doch dürfte dieselbe in einem für die Bittsteller g ü n st i g e n Sinne ausfallen, da ja im Reichstage seinerzeit unseres WiffenS nicht Klotz die Tabakarbeiter, sondern auch die Zündwarenarbeiter in die oben genannten Unterstützungen mit einbezogen worden sind." DaS ist echter ZentrnmSschwindel I Tatsächlich hat die sozial» demokratische Fraktion im Reichstag bei dem Steuergesetz be- antragt, den geschädigten Zündholzarbeitern Unterstützung zu zahlen. Aber da? Zentrum, die Konservativen und ihr An» hang- lehnten die Unterstützung der Hungernden ab! Die sogenannten.christlichnationalen" Arbeiterabgeordneten Schiffer, Behrens. Wiedeberg, Dr. Fleischer, Becker und Genossen stimmten mit den Junkern gegen die Unterstützung! Und daS Organ des Abg. Dr. Fleischer, der diese Niederträchtigkeit deS Zentrums mitgemacht hat, schämt sich nicht, den darbenden Arbeitern vorzulügen, daß zu- ihrer Unterstützung Mittel bewilligt worden seien l> Eine Meisterleistung der Hallesche» Justiz. Noch immer hat sich die Justiz in Halle mit Sündern von den gewaltigen Wahlrechtsdemonstrationen her zu beschäftigen. Das Reichsgericht hat mehrere Urteile der bekannten Schubertkammer, die alle ihr von der Polizei zugeführten Opfer zu harten Ge- fängnisftrafen verurteilte, zurückgewiesen. Einige dieser voll- kommen unveoständlichen Urteile sind bereits erneuert worden, denn die Halleschen Richter gehen nicht von ihrer seit Beginn der Wahlrechtsprogesse ausgiebig betriebenen Gepflogenheit ab, samt- liche von den Angeklagten gestellten Entlastungszeugen als derMittäterschaft" verdächtig zu bezeichnen und unvereidigt zu lassen. Dadurch wurde die Verteidigung der Angeklagten völlig illusorisch gemacht. In der letzten Verhandlung gegen einen Arbeiter unternahm nun der Verteidiger Genoffe Dr. Liebknecht einen Vorstatz gegen dieses System, die Verteidigung lahmzulegen. Er lehnte den Vorsitzenden der Ferienstrafkammer, Landgerichtsrat Böhm, wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Herr Behm hat nicht nur bei früheren Urteilen der Schubertkammer mitgewirkt, sondern ist auch Gerichtsvorsitzender in der Verhandlung gegen mehrere vom Reichsgericht der Strafkammer nochmals zugewiesene Angeklagte gewesen. In dieser Verhandlung ist die Nichtvereidigung der Eni- lastungszeugen ganz besonders auffällig gewesen, da absolut kein Grund vorlag, ihre Aussagen anders zu werten, als die der Belastungszeugen, die lediglich der Polizei angehörten. Ge- nosse Dr. Liebknecht konstatierte diese Tatsache und erklärte es als seine Pflicht als Verteidiger, den Vorsitzenden abzulehnen, da die Gefahr abermaliger Verurteilung des Angeklagten bestehe, obwohl dessen Sache günstiger liege als alle früheren. Das Gericht erklärte den Vorsitzenden für nicht befangen. Dieser selbe Vorsitzende aber eröffnete dem Genoffen Dr. Lieb- knecht, daß das Gericht beabsichtige, ihn in eine Ordnungsstrafe zu nehinen. Er habe in der Begründung seines Antrages dem bezeichneten Gerichtshof den Vorwurf syftomatifchcr Erschwerung der Verteidigung und der Rechtsbeugung gemacht. Genosse Lieb- knecht bestritt den Vorwurf der Rechtsbeugung, er wurde aber trotzdem vom Gericht in die höchste zulässige Ord- nun-gsstrafe von 100 M. wegen Ungebühr! g>e- nommen! Sofort ließ Genosse Liebknecht zu Protokoll nehmen, daß er bestreite, den Vorwurf der Rechtsbeugung erhoben zu haben. Der Vorsitzende gab auch zu, daß dieser Vorwurf nicht gefallen sei, nichtsdestoweniger blieb es bei der erkannten Unge- bührstrafe. Als nun in die eigentliche Verhandlung eingetreten werden sollte, lehnte Genosse Liebknecht den ganzen Ge- richtshof wegen Befangenheit ab, was er folgender- maßen begründete: Das Gericht habe ihn soeben in eine Ordnungs- strafe genonrmen, aus einem Grunde, der ihm die Annahme nahe­lege, daß dieser Gerichtshof jetzt nicht objektiv urteilen werde. ES sei ihm unterstellt worden, daß er den Vorwurf bewußter Rechtsbeugung habe erheben wollen. Etwas derartiges zu unterstellen, sei aber stets möglich. Jeder Verteidiger oder Angeklagte, der einen Gerichtsvorfitzenden ablehne, könne danach in eine Ordnungsstrafe genommen werden. Denn die Ab- lehnung müsse begründet werden und in dieser Begründung würden stets Momente zu finden sein, in denen das Gericht die Absicht des Vorwurfes bewußter Rechtsbeugung erblicken könne, wann es wie jetzt in einer objektiven Ehavakterisievung die subjektive Beleidigungsabsicht suche. Wenn das Gericht so die Unterscheidung zwischen der objektiven Beweisführung und der subjektiven Willensmeinung des Verteidigers vermissen lasse, sei nicht zu erwarten, daß es in der anstehenden Verhandlung die nötige Objektivität wahren werde. Deshalb sei eS wegen Be« fangenheft abzulehnen. Nunmehr blieb dem Gericht natürlich nichts anderes als Ber- tagung übrig._ Abgeblitzt. Der Berliner Polizeivräsident hatte bekanntlich ein Straf« verfahren gegen Genossen Mehlich, den Redakteur derDortmunder Arbeiterzeitung" veranlaßt wegen des Abdruckes zweier Gedichte in der Unterhaltungsbeilage� der bekannte Aufreizungsparagraph sollte wieder einmal seine Schuldigkeit tun. Doch der Dortmunder Staatsanwalt hat mit diesem Paragraph wenig Glück gehabt. Zweimal schon wurde Genosse Beyer von derArbeiterzeitung" wegen Aufreizung zum Klassenhaß unter Anklage gestellt und freigesprochen. Dann erhielt Genosse Umbreit eine gleiche Anklage wegen des Maffenliederbuches. Resultat: Freisprechung. Diese Spuren schrecken. Zwei Tage nach der verantwortlichen Ver- nehmung Mehlichs verfügte der Staatsanwalt die E i n st e l l u n g des Verfahrens. Der Berliner Polizeipräsident wünschte bekanntlich über den weiteren Verlauf der Angelegenheit unterrichtet zu werden. Vom Bierkrieg. Bus der R h e i n p f a l z wird uns geschrieben: Nach langen Verhandlungen haben die pfälzischen Brauereien wegen des Vierkriegs sich endlich geeinigt. Sie teilen ihren Kunden mit, daß sie den Preis des Liters Bier um 1'/, Pf. höher berechnen und raten den Wirten, ihrerseits um 2 Pf. für das Liter aufzuschlagen. Ob die Bevölkerung der Pfalz sich die Schröpfung ohne weiteres ge- fallen läßt, bleibt abzuwarten._ Skandalöse Soldatenschinderei I Wegen Mißhandlung Untergebener standen der Vizefeld- webel Knebel und der Unteroffizier Hanke vom 102. Infanterieregiment in Zittau vor dem Dresdener Kriegsgericht. Ein besonders brutaler.Soldatenerzieher' ist Knebel. Am 4. Juni mußten eine Anzahl Soldaten nachexerzieren. Außer einigen anstrengendenHebungen" mußten die Soldaten an jenem Tage, an dem große Hitze war. auf Befehl Knebels einen viertelstündigen Laufschritt mgchen. Ohne auch nur einmal die Leute ausruhen zu lassen, ließ er sie fortgesetzt laufen und aufstehen und hinlegen. Da der 4. Juni schon am Vormittag und auch Nachmittag anstrengenden Dien st brachte, waren die Mannschaften ohnehin müde und ab« gespannt. Dazu kam, daß die zum Nachexerzieren befohlenen Soldaten keine Zeit zum Essen hatten. Hungrig mußten die Soldaten die Anstrengungen ertragen, so daß ein großer Teil der Leute er- schöpft und in Schweiß gebadet war und die Soldaten in- folge der Schwüle Hitzschlaganfälle erlitten. Bei weiteren 66 Mann trat vorübergehendes Unwohlsein und Bcwußtlosigleit ein. Als einem Soldaten während des Laufschrittes unwohl wurde, sagte Knebel zum Unter- osfizier:Schnäuzen Sie den Kerl und wenn er liegen bleibt!" Mehrere Soldaten mußten 34 Wochen im Lazarett zubringen. Der ärztliche Sachverständige gab sein Gutachten dahin ab, daß die Anstrengungen in Verbindung mit der Hitze die Ursache der Hitz« schlaganfällc usw. seien. Auch gegenüber einigen Zivilpersonen hat Knebel seine Brutalität zu erkennen gegeben. Als er nachts mit mehreren Männern auf offener Straße in Differenzen geriet, zog er einfach seinen Säbel und schlug damit auf seinen Gegner ein! Selbst der Anklagevertreter war offen genug, die Handlungsweise Knebels als ein« absichtliche Schinderei zu bezeichnen, wofür er sechs Monate Gefängnis beantragte. Das Gericht erkannte aber auf L Wochen gelinden Arrest!! In ähnlich roher Weise ging Hanke mit seinen Untergebenen um. Einen Soldaten, der seiner Anficht nach etwas nicht gut genug > machte, brüllte er an mit den Worten:Du verflachter Strolch, hei nächster Gelegenheit schlag ich Dir ein paar in die Fresse; aber nur unter vier Augen, wenn Du keine Zeugen hast!" Außerdem erhielt der Soldat uichrcrc Stöße mit der Faust in dcn Leib. Obgleich der Miß- handelte beschwor, die Schläge erhalten zu haben, sah das Gericht Mißhandlung nicht für erwiesen an. Es erachtete nur vorschrifts- widrige Behandlung als vorliegend und erkannte auf fünf Tage mittleren Arrest! Solche Urteile sind die trefflichste antimilitaristische Propaganda, die sich denken läßt!_ fpankrneb. Verbrecherische Spekulanten. 1 Paris , 24. August. Der Minister des Innern und der Handels- minister hatten heute eine Unterredung und beschlossen, daß, wenn die Untersuchungen über die Preisbewegung gewisser Nahrungsmittel, des Getreides, Zuckers usw., ver- brecherische Handlungen bestimmter Spekulanten aufdecken würden, diese Handlungen unverzüglich vor die Ge- richte gebracht werden sollen. Rußland. Dubrowins Rache. Das Ministerium Stolypin hat in letzter Zeit kein Glück mlk seinentreuesten Mitarbeitern". Nachdem der frühere Moskauer Stadthauptmann General Reinbott in seiner Verteidigungsschrift hinter die Kulissen des Staatsstreichministeriums hineingeleuchtet, deckt nun der ExPräsident des russischen Volksverbandes, Dr. Dubrowin, der wegen seine? reaktionärenRadikalismus" kaltgestellt wurde, den intimen Zusammenhang auf, der zwischen der Regierung und dem Pogrom i st enverband be- stand. In seinem soeben erschienenen Buche:Wohin führen die Usurpatoren den russischen Vollsverband?" schildert Dubrowin in der gründlichsten Weise, wie die Regierung, um die revolutionäre Bewegung niederzuknüppeln, den Pogromistenverband ins Leben gerufen, wie sie ihn weiter zum Kampf gegen die konstitutionellen Errungenschaften benutzt, ihn als Wahlmacher ins Feld geschickt und so weiter. Nach diesen Enthüllungen unterliegt es keinem Zweifel mehr, daß nicht nur einflußreiche Personen(und in erster Linie der Z a r), sondern auch die Regierung den Pogromiften- verband regelmäßig subsidierten. In dem Buche wird eingehend dargelegt, wie die Stellung der Regierung zum Volksverband sich in dem Matze änderte, als man von offenen Straßenpogromen zn anderen Kampfmethoden Mergehen mutzte. Bei Beginn seiner Tätigkeit wurde der Pogromistenverband von der Regierung mit Freuden begrüßt, aber nach dem Staatsstreich vom 16. Juni 1907 sank er in der Gunst seiner hohen Auftraggeber, denen er bei der in der dritten Duma eingeleiteten konstitutionellen Komödie nur hinderlich war. Dubrowin erhielt eineEntschädigung" von 20000 Rubel und dem Gcneralrat wurde eine monatliche Unterstützung versprochen, wenn Dubrowin von dem Posten eines Vorsitzenden zurücktreten würde.'Die Bedingungen wurden nach einigem Zögern angenommen; Dubrowin wurde entfernt, und die Schmiergelder ", die die Regierung lieferte, gelangten in die Hände des früheren Vizepräsidenten des Verbandes, Purifchke» witsch. Der VolksverbaM erhielt nun den Auftrag, die Wahlen für die dritte Duma zu machen. Purischkewitsch ver- sandte ein Scheinzirkular an die Verbandsfilialen mit dem Befehl. dieOktobristen bei den Wahlen zu unterstützen! Nachdem die letzteren,mit Hilfe von Geld und der Beamten", die Mehrheit in der Duma erlangt, erhielten die Monarchisten, die für die Duma gewählt wurden,die Unter» stützung der Regierung in ihren persönlichen Angelegenheiten"! Mit herzerfrischender Offenheit ist hier dargelegt, was sich hinter den Kulissen der Konterrevolution abgespielt hat. Neu ist vor allem die dokumentarische Bestätigung, daß die O ik t o b r i st e n» parte! mit Hilfe der von der Regierung ge, schmierten Pogromhelden in die Duma gewählt wurden, um dort vor der öffentlichen Meinung Europas in ihrem konstitutionellen Vcttlcrmantcl zu paradieren. Eine neue Gelegenheit für Diebe. Petersburg, 24. August. Zum Zwecke schleunigster Wieder« Herstellung der russischen Flotte Und bestmöglicher Organisation des Schiffbaues ist ein allerhöchster Befehl erlassen worden, daß die Mitglieder des Reichsrats, die Generäle Röhrberg und Rödiger und der Geheimrat Dmitrijew, die wirtschaftliche und administrative Tätigkeit der Hauptverwaltung des Schiff- baues und die Lieferungen für die Kronwerften und Häfen zu prüfen und ihr Gutachten über Maßregeln zur Erreichung der genannten Ziele in kürzester Frist der allerhöchsten Sanktion zu unterbreiten haben,>- Soziales, Unterschlagung von JnvalibenversicherungSbeiträgen. Der Inhaber einer lithographischen Anstalt, Albert Mulack, Landsberger Allee 126, hat den bei ihm beschäftigten Gehilfen die Beiträge zur Alters- und Invalidenversicherung zwar regelmäßig vom Lohn abgezogen, hat aber seit Jahren keine Marken geklebt. Bei denen, die nur vorübergehend im Mulackschen Betriebe ar- beiteten, ließ sich diese Manipulation allerdings nicht durchführen. da sie ja bei der Entlassung ihre Karte mit den ordnungsmäßig ge. klebten Marken ausgehandigt erhalten muhten. Den Arbeitern aber, die jahrelang bei Mulack beschäftigt waren und nie nach ihren Karten fragten, ging über die Verwendung der ihnen abgezogenen Beiträge erst ein Licht auf. als sie die Arbeitsstelle wechselten. Ein junger Mann, der bei Mulack gelernt und nach Beendigung der Lehrzeit noch mehrere Jahre bei Mulack gearbeitet hat, bekam, als er vor einiger Zeit aufhörte, seine Jnvalidenkarte nicht ausgehän» digt. Angeblich, weil sie nicht zu finden war. In Wirklichkeit aber hatte Mulack noch nie eine Marke für diesen jungen Mann geklebt. obgleich er ihm seit seinem 16. Lebensjahr fünf Jahre lang die Bei- träge rcgelinätzig abgezogen hat. Es stellte sich nun heraus, daß Mulack, der 10, zeitweise bis 20 Gehilfen beschäftigte, sich innerhalb der letzten fünf Jahre in mehreren Fällen des gleichen Vergehens schuldig gemacht hat. Die Folge war eine Anklage gegen Mulack, die am Donnerstag vor der 6. Ferienkammer verhandelt wurde. Der Staatsanwalt bezeichnete die Handlungsweise des Angc» klagten, der den vorstehend geschilderten Tatbestand zugab, mit Recht als eine verwerfliche Bereicherung an den, dcn Arbeitern abge» zogenen Groschen und beantragte wegen der Bcitragsuntcrschlagung eine Gefängnisstrafe von drei Wochen, sowie eine Geldstrafe von 30 M. wegen Vorenthaltung der Ouittungskarte. DaS Gericht beurteilte die unlauteren Manipulationen des An» geklagten aber sehr milde. Es schenkte den Versicherungen MulackS, daß er nur aus Not gehandelt habe und bereit sei, die Beiträge nach- zuzahlen, Glauben und erkannte deshalb für beide Straftaten zu» sammen auf eine Geldstrafe von 59 M.. eventuell 5 Tage Haft. DieNotlage" wird Herrn Mulack wohl nicht hindern, die 50 M Strafe zn zahlen, damit er sie nicht absitzen braucht. Eine andere Frage ist es, ob sich dieNotlage" nicht wieder einstellt, wenn ihn die geschädigten Arbeiter an seine vor Gericht abgegebene Vev« sicherung, die Mgrken nachzukleben, erinnern Verden .