„ m z. Ktilllge des„Nsmarts" Kerlilter NslksdlM. Die Internationale. DK Sozialdemoliratle in Belgien . Brüssel im August. Noch immer gilt für Belgien Marxens Wort, daß es ein Paradies der Kapitalisten sei. Nach wie vor haftet ihm der traurige Ruf an, daß es das Land der niedrigsten Löhne und der längsten Arbeitszeiten ist. Aber auch das Paradies der Pfaffen ist Belgien , die es seit 26 Jahren unter politischer Herrschast halten und die sich im Pluralvotum und in einein künstlich konstruierten, ihren Zwecken angepaßten Proportio- nalsystem das Mittel geschaffen haben, den Ausdruck des Volkswillens zu fälschen und die aufstrebende Macht des Proletariats zurückzudrängen. In diesen zwei Faktoren: der maßlosen Ausbeutung durch den Kapitalismus, gegen den eine gesetzliche Schranke zu schaffen sich Klerikale im Bund mit den Liberalen sträuben, und der Niederhaltung jeder geistigen Entwicklung durch den Klerikalismus, liegen auch die Ursachen, warum sich der Aufstieg der Arbeiterklasse in Belgien nur so langsam vollzieht, warum dieses industrie- reiche Land eine insbesondere gewerkschaftlich so schwach ent- wickelte Arbeiterbewegung hat. Belgien zählt rund 126 606 gewerksckwstlich organisierte Arbeiter, die auf dem Boden des Klassenkampfes stehen. Die belgische Gewerkschaftskommission vereinigt bekanntlich die„Unabhängigen Gewerkschaften", die sich zum Klassenkampf bekennen, und die„sozialdemokra- tischen", die der Partei direkt angeschlossen sind. Die Mit- glieder der letzteren beziffern sich nach den Ergebnissen von 1909 auf 72 660.— Die Gesamtzahl der der politische» Partei angehörigen Mitglieder umfaßte 1969 185 366 Personen. Während das vorige Jahr, als Krisenjahr, den Gewerkschakten Verluste brachte, verzeichnet die politische Partei eine fyrtlausende allmähliche Steigerung. Die belgische Partei zählte in runden Ziffern 1906: 145 700 Mit- glieder: 1967: 161 246; 1968: 184 666; 1909: 185 300 Mit- glieder. Gewinn und Verlust der Gesamtzahl der Gewerk- schaften stellen sich folgendermaßen dar: 1906: 127 166 Mit- glieder. 1907: 138 763, 1908: 125 943 Mitglieder. Die Zahl der der Partei angeschlossenen Gruppen— Gewerkschaften, politische Organisationen, Verein für gegenseitige Versiehe- rung und Genossenschaften umfassend— stieg von 863 im Jahre 1906 auf gegenwärtig 966 Gruppen. Entsprechend diesen Ziffern verfügt die Partei für Propagandazwecke über nur geringe Geldmittel. Der Generalrat z. B. erhebt von den Parteiangehörigen einen Beitrag von 16 Centimes pro Jahr und Mitglied und verfügt demnach aus dieser Quelle über eine Summe von 26 666 Frank. Wie erwähnt, fälscht das herrschende Pluralsystem das politische Machtverhältnis zugunsten der Besitzenden, der bäuerlichen Wähler und damit zugunsten der herrschenden Partei. Zur Ungerechtigkeit und damit zum Privilegium der P l u r a l i t ä t— bis zu vier Stimmen 1— gesellt sich aber noch die die Arbeiterstimmen beeinträchtigende S e ß h a f- t i g k e i t s k l a u sei, die für das Kommunalwahlrecht vier Jahre festsetzt, aber die städtischen Arbeiter aufs un- geheuerlichste um ihr Wahlrecht prellt. Belgien wählt für die Kammer bekanntlich in Teil- Wahlen und zwar gelangt je eine Hälfte des Landes in einem Abstand von 2 Jahren zur Wahl. Rechnet man, um zu einem Gesamtergebnis der sozialistischen Stimmen zu kommen, die Ziffern von je zwei aufeinander folgenden Wahlen zusammen, so ergeben sich: 1962—1904; 463 967, 1964—1966: 469 694, 1906—1968: 483 241 sozialistische Stimmen. Auch die letzten Maiwahlen haben der Partei Stimmen- zuwachs gebracht, der indes zum Teil auch in der Vermehrung der Wählerzahl resultiert. Eine Vermehrung der Man- date haben die letzten Wahlen den Sozialdemokraten nicht gebracht. Aus der liberal-sozialistischen Kartellpolitik haben einzig die Liberalen Nutzen gezogen— welche Tatsache denn auch im Verein mit anderen Momenten einen Teil der Partei zu noch skeptischerer Auffassung der Kartellpolitik in Belgien geführt hat.— Die Partei zählt gegenwärtig 35 Ab- geordnete in der Kammer— gegen 36 Abgeordnete des Jahres 1966. Die Zahl der sozialistischen Senatoren beträgt 7. An sozialistischen Gemeinderäten zählt Belgien 856, von denen jedoch nur 760 ungefähr der nationalen Föderation angeschlossen sind. Sozialistische Vertreter gibt es ferner in den Provinzialvertretungen und auch als Stadträte sind mehrere Parteigenossen tätig. Brüssel zählt zwei, darunter Genossen Grimard, der das Finanzressort innehat. In Schaerbeek , dem größten Arbcitervorort Brüssel hat Bertrand dasselbe Amt. In der Domäne der provinzialen und Kommunalverwalwng haben unsere Genossen Haupt- sächlich dem Schulgebiet, dem Ausbau des gewerblichien Ilnterrichts, dem Schulkantinenwesen, der Frage der Mini- mallöhne bei städtischen Arbeiten und der städtischen Regie und anderem ihre Tätigkeit gewidmet. Die sozialistische Presse, ohne gerade starken Aufschwung zu verzeichnen, zeigt immerhin Fortschritte an. Die Gesamtauflage der sozialistischen Presse im ganzen Lande beläuft sich auf ungefähr 142 606 Exemplare. Das sozio- listische Genossenschaftswesen, das in Belgien be- kanntlich eine große Rolle spielt, gewinnt eine immer größere Einflußsphäre im Wirtschaftsleben und in der Arbeiterschaft. Die Föderation der Genossenschaften zählt 174 Gesellschaften mit 146 736 Mitgliedern. Der Umsatz betrug 1969 46 655 358 Frank bei einem Gewinn von 3 855 443 Frank. Ein Teil der Bcnefizien fließt in der einen oder anderen Form sozialistischen Propagandazweckerl und Streikunterstützungen zu. Die sozialistischen Genossenschaften Belgiens beschäf- tigen ein Personal von 2128 Personen. Erwähnenswert für die Vervollständigung des Gesamt- Ibildes der Partei wäre noch die Errichtung der Brüsseler Arbeiter schule, die der Generalrat der Partei ins Leben gerufen hat und die in kleinem Umfange dasselbe Ziel anstrebt wie die deutsche und österreichische. Es finden zweimal wöchentlich Kurse statt, die von bekannten Theore- tikern und Gewerkschaftern geleitet werden. Auch andere Städte Belgiens sind dem Brüsseler Beispiel gefolgt. Seit dem Stuttgarter Kongreß hat eine Reihe von Fragen die belgische Partei beschäftigt, deren Entscheidung mit den Fragen sozialistischer Taktik zusammen- hing und die daher auch die in der belgischen Partei vorhan- denen Gegensätze der„Radikalen" und„Gemäßigten" auslösten. So heftig diese Diskussionen auch waren, ins- besondere jene über die Kolon ialfrage und die Frage der Teilnahme an der Re g i er u n g s m a ch t, so ist aus ihr die Einheit der Partei immer unbeschädigt hervorgegangen, und auch der schärfste Gegensatz hat die Redner immer wieder zur Anerkennung der Notwendigkeit der Parteidisziplin geführt. Der Aprilkongreß, dem der ent- scheidende Beschluß über die Haltung der sozialistischen Fraktion in der Annexionsfrage zufiel, sprach sich nach heftigen Debatten in seiner Resolution gegen die Kongoannexion aus, gegen die die Fraktion entsprechend den von natio- nalen und internationalen Kongressen festgelegten Prinzipien stimmen müsse. Vandervelde hatte, als Verfechter der Idee einer„sozialdemokratischen Kolonialpolitik", für sich die Frei- heit reklamiert, sich bei der Kammerabstimmung der Stimme enthalten zu dürfen. Er und seine Anhänger motivierten ihre Haltung mit der Begründung, daß die Sozialdemokratie als Schützerin aller Unterdrückten auch das Los der schwarzen Bevölkerung günstiger zu gestalten trachten müsse, wozu die Kontrolle durch das Parlament und die Durchführung von Reformen die Möglichkeit biete. Diesen Argumenten haben die„prinzipiellen" Gegner der Kolonialpolitik entgegengtzhal- ten, baß bie Annexion mit der von Vandervelde befürworteten kostspieligen Refornipolitik das kleine Belgien finanziell er- drücken und nur auf Kosten der für die belgischen Arbeiter notwendigen Sozialpolitik geschehen würde. Eine nicht minder bewegte Debatte über sozialistische Taktik brachte der außerordentliche Februarkongreß von 1916, der sich mit der Frage des M i n i st e r i a l i s m u s befaßte— zu frühzeitig, wie die letzten Wahlen bewiesen haben, die die klerikale Majorität zwar geschwächt, aber doch noch nicht beseitigt haben. Die mit 262 gegen 166 Stimmen der Gegner des Ministerialismus angenommene Resolution über die„Allgemeine Politik" zeigt den„Einerseits" und ..Andererseits"-Standpunkt deutlich ausgedrückt, zu dem die Befürwortung der Teilnahme der Sozialisten an der Re- gierungsmacht nötigt. So spricht denn die Resolution „einerseits" davon, daß die Arbeiterpartei, ohne die Jnter- essen ber Arbeiter zu schädigen, einem Bourgeoisministerium eine systematische Unterstützung nicht leihen kann,„anderer- seits" aber nicht von vornherein die Existenz einer Regierung systematisch unmöglich machen kann, die zu den notwendigen demokratischen Reformen entschlossen ist. Nichtsdestoweniger haben auch die Anhänger des Ministerialismus in ihrer Neso- lution auf die Gefahren einer Politik hingewiesen, die unter dem Vorwand der Blockpolitik und der antiklerikalen Koa- lition die Unabhängigkeit der Arbeiterpartei antasten könnte. In einem weiteren Passus wird betont, daß unter allen Umständen nach einem Sieg der Opposition die Arbeiterpartei ihre volle Unabhängigkeit be- wahren und ihre Politik eine Klassenpolitik bleiben müsse.— In der Resolution über die Beteiligung an der Regierung wird die individuelle Teilnahme eines Sozialisten an einem Ministerium ohne Einwilligung der Partei als Disziplinbruch qualifiziert, der mit Ausschluß aus der Partei und der Internationale gleichbedeutend fei.— Schließlich wird die Frage selbst als eine Frage der Taktik und nicht des Prinzips gekenn- zeichnet, die durch einen nationalen Kongreß zu entscheiden sei.— Indes kommt in der Resolution auch die„prinzipielle" Meinung ihrer Verfasser insofern zum Ausdruck, als auf die zukünftige Rolle der Arbeiterpartei verwiesen wird, die im Gegensatze zur jetzigen, die mehr kritischer und oppositio- neller Natur war, eine„aufbauende" sein wird. An diesem Tage werde die Arbeiterpartei auch die Verantwortung der Teilnahme an der Macht zu übernehmen wissen. In unsere Berichtsperiode fällt auch die Erledigung der Militärvorlage im Parlament, die eine Herabsetzung der Dienstzeit und die Aufhebung des Stellver- tretungssystems gebracht hat. Die Abstimmung über das Gesetz hat eine eigenartige parlamentarische Konstellation hervorgerufen: ein Teil der Rechten stimmte gegen die Re- gierung; die Majorität bildeten Sozialdemokraten, Klerikale und Liberale. Die Erklärung des Ministerpräsidenten, der die Stimmen der Sozialdemokraten in Anspruch nahm, hat heftige politische Erregung hervorgerufen und die Altkleri- kalen außer Rand und Band gebracht. Der letzte Kongreß der Sozialdemokratie, kurz nach den Wahlen abgehalten, beschäftigte sich mit der Ausarbeitung des ArbeitsprogMmms der Partei für die nächste Zukunft. In den Vordergrund stellte der Parteitag den Kampf für ein allgemeines, unverfälschtes Wahlrecht und die Durchführung der sozialen Reformen. _ Die iozialiitliche Parte) in Spanien . Madrid , im August. Die spanische sozialistische Partei hat während de? zu Ende gehenden Jahres infolge der politischen Entwicklung und Gescheh. nisse eine solche Bedeutung erlangt, daß sie der wichtigste Faktor in der iberischen Politik geworden ist. Bis zu den letzten Jahren war der Fortschritt der Partei sehr langsinn wegen der niedrigen Entwicklung der spanischen Industrie und der Begrenzung der Agitation durch die geringen Mittel der Partei. Aber die gegen das Ministerium Maura geführte Kampagne und daS Bündnis mit den Republikanern, um die Monarchie zu stürzen, und der heftige Kampf gegen die klerikale Unterdrückung haben die Reihen der Partei gefüllt und gegenwärtig zählt sie eine Armee von 10 000 regelmäßig zahlenden Mitgliedern. Ungefähr 200 Gruppen bestehen in den verschiedenen Orten. Diese Gruppen bilden die Federationen, die kräftigsten davon sind die in den baskischen Provinzen, in Asturien , Galicien und Kata- lonien. Alle diese Federationen bilden endlich die spanische sozialistische Partei. Die Delegierten dieser Ortsgruppen vnd Federationen ver- einigen sich alle drei Jahre zum Kongreß der Partei, der die Stadt wählt, in welcher das Nationalkomitee der Partei(Vorstand) seinen Sitz haben soll. Die Ortsgruppe dieser Stadt wählt neun Ge- nosien, welche de» Vorstand bilde», Gegenwärtig ist der Vorstand in Madrid . Dort erscheint auch das Zentralorgan der Partei„El Socialista", das in Kürze sein 2Sjähriges Jubiläum feiern wird und bald täglich erscheinen soll. Die Partei hat in Madrid außerdem ein Volkshaus, das 400 000 Pesetas gekostet hat, und 12 Wochenblätter. Bei den letzten Wahlen sind etwa 1S0 unserer Genossen in die Gemeinderäte ge- wählt worden. Und zum ersten Male erschien ein sozialistischer Deputierter in den Cortcs, unser Genosse Jglesias, der in Madrid gewählt worden ist. Seit den letzten Wahlen hat die Partei ein Bündnis mit den Republikanern schließen zu müssen geglaubt zu dem Zweck, einen Block gegen die reaktionären und klerikalen Mächte zu bilden und auch in der Absicht, die Monarchie zu stürzen und die Republik zu errichten. Das Bündnis soll sich auf diese Zwecke beschränken. Die sozialistische Partei will vor allem im Bunde mit den rcpubli- konischen und liberalen Strömungen sich ein für alle mal des Klerikalismus entledigen, der Spanien während so vieler Jahr- hunderte in Ketten geschlagen hat. Damit frei von der Korruption und der Sklaverei, die der Klerikalismus befördert, die Arbeiter endlich zur Errichtung der Republik schreiten können. Indessen wissen die spanischen Sozialisten sehr wohl, daß die Republik nicht ein Allheilmittej ist. Aber sie sind überzeugt, daß die Republik große moralische und materielle Vorteile bringen wird. Moralische, weil, wenn wir einmal die Republik haben, der spanische Arbeiter viel klarer erkennen würde, welches die Jnter- essen seiner Feinde und welches die seinigen sind. Und wenn er sie einmal erkannt haben wird, würde er sich zur Wehr setzen und sich mit Aussicht auf Erfolg verteidigen. Materielle, weil mit der Errichtung der Republik die indu- strielle Entwicklung erheblich zunehmen würde und die ökonomischen Verhältnisse sich so gestalten würden, daß der Arbeiter die Ge- legenheit haben würde, seinen Lohn zu erhöhen, die Arbeitszeit zu verkürzen, eine bessere Arbeitergesetzgebung zu erlangen und die Notwendigkeit der Arbeiterorganisation mehr zu verstehen. Zudem würde die wachsende Stärke der Partei der Negierung eine be- stimmte Richtung aufzwingen. Trotzdem die republikanische Partei mit ihrem zweideutigen Ideal uns nicht wenige Arbeiter entführt und trotz der geringen Entwicklung des Kapitalismus die Konzentration der Arbeiter er- schwert, hat sich die sozialistische Partei eine beneidenswerte Post- tion in der spanischen Politik geschaffen. Sie ist die einzige wahre Oppositionspartei und die Kraft, die sie in den letzten Kämpfen gegen die Unterdrückung entwickelt hat, -zeigen sie reif für die große Rolle, die sie übernehmen muß in dem endlichen Befreiungskampfe des unglücklichen Spaniens . ein(iotichrei aus Japan . Genosse Gustav E ck st e i n schreibt uns: Als ich im Frühjähr 1963 Japan besuchte, konnte ich dort die ersten hoffnungsvollen Keime einer sozialistischen und gewerkschaftlichen Arbeiterbewegung beobachten. Genosse Chagrin fand vor einem Jahr nur mehr die Trümmer der sozialistischen Beste, zu deren Bau und Erhebung kein anderer so viel beigetragen hat wie Genosse Katayama. Den jetzigen Stand der Bewegung schildert dieser i» einem Brief, den ich soeben erhielt. Ich glastbe, dem dort ausgesprochenen Wunsch nicht besser nachkommen zu können, als indem ich seinen Brief der Oessentlichkeit übergebe. Tokyo, 4. Juli 1010. Lieber Freund! ES ist jetzt lange her, seit Sie in Japan waren. Seither hat Japan nach jeder Richtung stetig Fortschritte gemacht, und seither hat es den so gewaltigen und blutigen Krieg mit Rußland siegreich durchgefochten; aber auf dem Gebiet der Arbeiterbewegung und des Sozialismus ist leider, seit Sie bei uns waren, von einem Vovlvärtskommen nichts zu merken. Da- mals konnten wir ganz andern Mutes von den Aussichten des Sozialismus sprechen als jetzt. Denn heute ist unsere sozialistische Bewegung vernichtet, viele von uns sind im Gefängnis, und es gibt keine Freiheit der Rede und der Aktion für die Sozialisten mehr wie zu der Zeit, als Sie hier waren. Die fortgesetzte Ver» folgung und Unterdrückung durch die Regierung hat einige von uns zum äußersten gebracht. Gerade jetzt haben wir Sozialisten die ärgsten Unterdrückungsmaßrcgeln infolge eines arnachistischen Anschlags zu erdulden, der angeblich jüngst entdeckt wurde. Aus einen Schlag wurden sieben Sozialisten, einige davon vielleicht auch Anarchisten, verhaftet, und seither folgen die Verhaftungen einander fortwährend. Ueber die Gefangenen können wir über» Haupt keinen Ueberblick erlangen. Tag für Tag werden Sozialisten verhaftet oder Haussuchungen bei ihnen gehalten. Jeder von uns wird auf Schritt und Tritt von einem oder zwei Detektivs, manch- mal bis zu acht, verfolgt und unter Aufticht gehalten. Auch ich selbst werde ständig von so einem Kerl überwacht und in meiner Arbeit gestört. Seit zwei Jahren bin ich Mitarbeiter einer dreimal mcmat- lich erscheinenden ökonomischen Zeitschrift, die sich seit meinem Eintritt in die Redaktion auch mit politischen und sozialen Fragen befaßt. Polizeidetektivs haben schon wiederholt dort im' Redak. tionsbureau nach mir gefragt und herumgeschnüffelt, nur um mir Ungelegenheiten zu bereiten. Unser Blatt(„Socialist News") steht unter strengster Zensur, und die Polizei läuft den Abonnenten nach und sucht sie uns ab» wendig zu machen. Doch trotz alledem ist es uns gelungen, uns während dieser letzten drei schweren Jahre mit knapper Mühe am Leben zu erhalten. Es ist aber sehr fraglich, ob es uns noch weiter gelingt; denn heute sind fast alle Sozialisten des ganzen Landes unter diesem oder jenem Vorwand verhaftet und harren der Aburteilung. Den Sozialisten gegenüber gibt es keine verfassungsmäßigen Garantien. Gericht und Polizei sind einträchtig gegen uns. Die Arbeiterklasse ist völlig unterdrückt, und eS besteht gar keine Mög» lichkeit der Organisation oder auch nur der Agitation. Noch immer haben wir kein Fabriksgcsetz, obgleich der Entwurf eines solchen in der letzten Parlamentssession eingebracht worden ist. Unsere Arbeiter wenden nicht durch Gesetze geschützt, sondern durch Polizei» Vorschriften unterdrückt. Unter solchen Verhältnissen ist tS völlig unmöglich, für unser« Sache offen zu kämpfen. Ein« geheime Tätigkeit aber ist in ständiger Gefahr krimmineller Verfolgung. Ich wäre sehr gern zum internationalen Kongreß von Kopen« Zag«.n gekommen� wie Sie aber sehen, ig dies gänglich ausge»
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