Re elemenforen Freiheiten ftn5 bereits erobert. Die erste Etappe der politischen Evolution ist erreicht. Das Volk regiert heute, wo gestern über 30 Millionen eine kleine Kamarilla herrschte. Das Erwachen Persiens und der Türkei ist von allgemein menschlicher Bedeutung für die ganze Welt, vor allem für Indien , Marokko und alle Länder, die bisher entweder in der mohammedanischen Reli- gion oder in der aggressiven Arroganz des Panslavismus befangen waren. Noch sind wir Armenier sozial unterdrückt, aber der Sozia- lismus wird auch uns die Freiheit bringen und uns den Zu- sammenhang mit der großen Kulturmenschheit sichern. Darum sind wir froh, daS Banner der Sozialdemokratie und seiner Ideale entfalten zu dürfen.(Stürmischer Beifall.) Buchinger (Ungarn ): Versichern kann ich dem internationalen Proletariat, daß, ob- fecchl in Ungarn die Gewalt der Bajonette und die Konsignierung des Militärs die meisten Organisationen zerstört hat und der So- zialismus zurückgedrängt worden ist. das ungarische Proletariat eingedenk ist des Jahres 1848. Wir werden auf dem nächsten Jntcr- nationalen Kongreß berichten können, daß auch in Ungarn sich die Freiheit wieder vorwärts gerungen hat. Es lebe der revolutionäre Sozialismus!(Stürmischer Beifall.) Nachdem noch Magnus Nielsen der Versammlung die Grüße Norwegens überbracht hat, schließt der Vorsitzende auch dieses Meeting kurz vor 8'A Uhr. Nach Schluß der Versammlungen blieb eine freudig erregte Menschenmenge in festlichem Treiben noch bis in die späten Abend- stunden jn dem illuminierten Park beisammen. Sitzung des Internationalen Bureaus. Kopenhagen , 29. August. (Telegraphischer Bericht.) Am Sonntagvormittag um}Ü10 Uhr trat das Internationale Bureau noch zu einer kurzen Sitzung zusammen. Vorsitzender Vandervelde : Die einzige Frage, die wir heute zu erledigen haben, besteht darin, ob der Kautskysche Antrag zum Zulassungs- modus endgültig vertagt ist oder ob wir ihn in einer unserer Sitzungen noch behandeln sollen. Da Kautsky erkrankt und ab- gereist') ist. sind Zweifel darüber entstanden und wir müsien ent- scheiden.— B r a n t i n g will den Vertagungsantrag nur so ver- standen haben, daß man den Vorschlag Kautskys nach einigen Tagen wieder aufnehmen soll, etwa Mittwoch oder Donnerstag.— Vaillant hält den Kautskyschen Antrag in seinen Grund- gedanken für unannehmbar und unvereinbar mit den geltenden Statuten des Bureaus. Ich glaube, daß wir die Frage nicht für die nächsten Tage, sondern für längere Zeit vertagen sollen. Da- gegen werden wir nach meiner Meinung sehr gut Hillquits Re- solution annehmen können, die allgemeine Zustimmung gefunden hat.— Adler schließt sich Vaillant an. Ob man im Laufe des Kongresses noch zur Besprechung der KautSkhschen Resolution kommen werde, werde sich im Laufe der Tage noch zeigen.— Molkenbuhr möchte einen so wichtigen Antrag, wie den von Hillquit, gedruckt vor sich sehen, da dieser doch eine dauernde Ein- richtung bezweckt. ES habe sich schon oft gezeigt, daß einen Antrag alle richtig verstanden zu haben glauben, während man nach der Annahme entdeckt, daß er einen ganz anderen Sinn enthält, als man �ursprünglich annahm. Es wird beschlossen, den Antrag Hillquit in der Donnerstag- sitzung gedruckt und übersetzt vorzulegen. Vandervelde teilt mit. daß ein junger indischer Agitator Krishna ihn gebeten habe, zum Schluß des Kongresses das Wort ergreifen zu dürfen mit dem Hinweis darauf, daß auch in Stuttgart eine Jndierin, die kein Delegiertenmandat besaß, das Wort erhalten habe.— Van Kol, der den Agitator persönlich kennt, warnt davor, ihm das geringste Vertrauen zu schenken.— Keir Hardie , der in Indien war, schließt sich Van Kol an. Vandervelde schlägt darauf vor, daß das Bureau be- schließen möge, daß in Zukunft nur diejenigen auf dem Kongreß Reden halten können, die ein regelrechtes Mandat haben. Der Vorschlag wird angenommen. Auf Vorschlag von JaureS und Adler wird sowohl die Sitzung der Interparlamentarischen Kommission als auch die Journalistenkonferenz, die heute stattfinden sollten, vertagt, um eine Ueberlastung zu vermeiden. Zur Prüfung der Berufungen. die eventuell gegen Entscheidungen der nationalen Sektionen ein- gelegt werden, beschließt daS Bureau, sich noch einmal heute nach- mittag zu versammeln. Die Kommissionssitzungen beginnen nach- mittags 4 Uhr. Am Vormittag tagen die nationalen Sektionen. NachmittagS-Sitzung. Die tschechische Sektion hatte beschlosien. einer An- zahl von Delegierten die Mandate abzuerkennen. Da- gegen haben die betreffenden Genossen folgenden Protest ein- gebracht: »Die tschechische Sektion der Internationale hat in ihrer gestrigen Sitzung beschlossen, die Mandate folgender Genossen. die von der Internationalen Gewerkschaftskommission Oester- reichs zum Internationalen Sozialisten- und Gewerkschafts- kongreß entsandt worden find und der tschechisch-slawischen sozialistischen Arbeiterpartei in Oesterreich angehören, nicht an- zuerkennen. Diese Genossen sind deswegen auz der tschechischen Sektion ausgeschieden.(Folgen 8 Namen.) Dieser Beschluß wurde damit begründet, daß die Organisationen, die diese Ge- noffen delegiert haben, nur der Gewerkschaftskommission in Wien , nicht aber der tschechisch-slawischen Gewerkschaftskommission in Prag angehören. Den der Internationalen.Gewerkschafts- kommission Oesterreichs angeschlossenen Organisationen gehörten am 31. Dezember 1309 an: 318 719 Deutsche » 118 380 Tschechen, 21 350 Polen . 6200 Italiener, 3800 Slowenen und 1000 Ruthenen. Die Delegierten dieser großen internationalen Gesamtorgani- sation müssen zu den nationalen Sektionen, denen sie ihrer Nationalität nach angehören, zugelassen werden, wenn nicht diese internationale gewerkschaftliche Organisation jeder Vertretung auf dem Kongresse beraubt werden soll. Jn der Tat erkennt die österreichische Sektion die Mandate der von den internationalen Gewerkschaften gesandten Delegierten an, gleichgültig, ob die Delegierten polnischer, italienischer, slowenischer oder ruthenischer Nationalität sind. Ebenso haben die Genossen Zularski, Siertz und Klemen. die gleichfalls Delegierte der internationalen Ge- werkschaften Oesterreichs sind, in der polnischen Sektion Sitz und Stimme. Nur die tschechische Sektion erkennt die Mandate derjenigen Delegierten nicht an, die nicht der tschechisch- slawischen Gewerkschaftskommission in Prag angeschlossen sind. Die Konferenz der internationalen Gewerkschaftskommission hat beschloffen, als Landeszentrale für die Arbeiten aller Nationen Oesterreichs nur die Gewerkschaftskommission in Wien , aber nicht die tschechisch-siawische Gewerkpchaftskommission in Prag anzuerkennen. ES ist unmöglich, daß die von der gewerkt schaftlichen Internationale anerkannten internationalen Ge» werkschaften vom Internationalen Sozialisten- und GewerschaftS- kongreß ausgeschlossen sind, die von der gewerkschaftlichen Jnter- je. •) Wie wir erfahren, handelt eS sich bloß um eine leichte und im sich unbedeutende Indisposition, die den Genossen Kautsky indes leider verhindert, an den Arbeiten des Kongresses teilzunehmen, Nationale äEee ausgeschlossenen separatistischen Organisationen zugelassen werden. Die 118 380 tschechischen Arbeiter, die der internationalen Gewerkschaftskommission angehören, vertreten innerhalb der tschechischen Arbeiterpartei das Prinzip der inter - nationalen Organisation gegen alle nationalen Absonderungs- tendenzen. Es wäre undenkbar, daß von der Internationale die- jenigen ausgeschlossen werden, die innerhalb der tschechischen Arbeiterschaft die Sache der Internationale führen. Wir legen daher auf Grund der Geschäftsordnung der Internationalen Kongresse gegen den Beschluß der tschechischen Sektion Berufung an das Bureau ein und stellen den Antrag, das Bureau möge unsere Mandate anerkennen und uns der tschechischen Sektion zuweisen. Kopenhagen , den 29. August 1910." (Folgen 8 Namen.) Als erster ergreift das Wort Nemec-Prag : Es muß schwer sein, die Entscheidung zu fällen, ohne den Kern des Streites selber zu kennen. Die betreffenden Genossen sind nicht von uns aus- geschlossen worden, sondern wir erkennen ihnen die Mandate ab, weil sie überhaupt nicht bei uns angemeldet waren. Ihre Mandate haben sie in Wien erhalten, wo die deutsche Parteiorganisation die Herrschaft hat. Den besten Beweis dafür, daß wir nicht allen Zen- tralisten die Mandate qberkennen wollen, bildet die Tatsache, daß wir welche anerkannt haben. Unter den protestierenden Genossen sind zwei, die früher aus der tschechischen Partei ausgeschlossen wurden, weil sie ein Blatt gegen diese redigiert haben. Es sind andere darunter, die systematisch in Wort und Schrift gegen die tschechische Partei arbeiten. Warum haben sie noch nötig, sich der tschechischen Sektion anzuschließen, wenn sie schon bei den Deutschen Oesterreichs sich gemeldet hatten? Da muß etwas dahinterstecken. Wir als nationale Sektion sind berechtigt, die Mandate derjenigen, die unsere Partei angreifen, nicht anzuerkennen. Wenn Sie den Antrag nicht annehmen, könnte das für uns die schlimmsten Folgen haben. Es wäre der Zentral- kommission in Wien , die mit unserer Partei keine Verbindung hat, ja leicht möglich, hundert Delegierte hierher zu senden und uns da- mit die Leitung der Partei einfach aus der Hand zu nehmen. Nehmen Sie deshalb unseren Antrag an. Keir Hardie (England) fragt an, ob die Delegierten, wenn sie sich bei der Prager Kommission gemeldet hätten, von der tschechischen Sektion anerkannt worden wären.— Nemec-Prag : Die Frage läßt sich nicht so einfach beantworten. Sie gehören nicht zu uns. Dr. Adler-Wien : Ich bin verpflichtet, die Sache der tschechischen Genossen, die hier nicht vertreten sind, zu führen. Die Situation ist für jeden Ausländer sehr schwer verständlich. Auf diesem Kongreß sind wir ja nach Ländern organisiert mit zwei Ausnahmen: Die erste Ausnahme bilden die Polen , die seit 1889 als Angehörige einer bestimmten Nation anerkannt werden, die zweite sind vom politischen Standpunkt aus die Tschechen, die eine besonders autonome Vertretung verlangt haben. Die Schwierigkeit besteht darin, daß wir in Oesterreich eine politische Organisation haben, die jeder Nation ihre politische Autonomie gibt. Während wir nun glauben, daß der politische Kampf nur auf einer nationalen Basis geführt werden kann, sind wir der Ansicht, daß der Wirtschaft- liche Kampf international geführt werden muß. und darum ist die gewerkschaftliche Bewegung in Oesterreich heute noch zentralisiert. Würden hier auf dem Kongreß nur politische Parteien vertreten sein, dann wäre die Sache einfach. Aber wir bilden doch auch einen gewerkschaftlichen Kongreß. Ueberall ist das Prinzip anerkannt worden, daß die einer bestimmten Nation angehörigen Delegierten der betreffenden Sektion zugewiesen werden. Die Delegierten haben das Recht, von der Nation aufgenommen zu werden, zu der sie gehören. Die polnischen Gewerkschaftler gehören zum Beispiel zu ihrer nationalen Sektion. Die tschechischen Gewerkschaftler, gleich- gültig, welcher Organisation sie angehören, müssen also zu den Tschechen gehören. Wir Oesterreicher waren es ja nicht, die die Gründung einer eigenen politischen Organisation billigten. Nach- dem sie aber nun einmal besteht, können die Delegierten durch die tschechische Organisation nicht national disqualifiziert werden vor ihrem Volke. Man täte ihnen damit Unrecht an. das sie nicht ver- dienen. Die betreffenden Delegierten sind Tschechen und gehören der tschechischen Sektion an, die nicht das Recht hat, däe Vertreter von 180 000 organisierten tschechischen Arbeitern nicht anzu- erkennen. Die Delegierten aller Nationen gehören zu gleicher Zeit ihrer nationalen Sektion an. Nemec sagt, daß sie keine Beziehung zur tschechischen Partei hätten, stellt aber zu gleicher Zeit fest, daß sie der Partei angehören. Außerdem sind sie organisierte Gewerk- schaftler, und als solche haben sie Mandate. Zwei der Betreffenden sollen aus der teschechischen Partei ausgeschlossen sein.; der eine, der mit Recht oder Unrecht tatsächlich ausgeschlossen ivurhe, hat den vorliegenden Protest nicht unterschrieben, um die Angelegenheit nicht zu erschweren. Was den Mitherausgeber der von Nemec erwähnten Zeitung betrifft, die gegen die tschechische Partei arbeiten soll, so kann ihm wohl niemand daS Recht bestreiten, die Sache von seinem Standpunkt zu vertreten. Wenn die Sektion deswegen die Man- date nicht anerkennen wollte, käme manche natiouale Sektion, wo drei Strömungen vorhanden sind, nicht zustande. Wenn Nemec dann darauf hinweist, daß die Gefahr einer Ma- jorisierung durch die Deutschen bestehe, so glaube ich. daß keiner weniger an diese Gefahr glaubt als die tschechischen Genossen selber. Und selbst wenn diese Gefahr bestände, so ließen sich sehr leicht ge- nügende Vorsichtsmaßregeln treffen. Wir können doch nicht hier plötzlich eine exterritoriale Sektion schaffen. Das würde eine direkte Umwälzung in der Vertretung der Gewerkschaften hervorrufen. Die Genossen sollten auch als Böhmen anerkannt werden. Wir haben jahrelang mit den tschechischen Genossen friedlich zusammen- gearbeitet und bedauern den entstandenen Konflikt aufs tiefste. DaS Bureau würde die gesamte Gewerkschaftsbewegung schwer schädigen, wenn eS den Fehler der tschechischen Sektion durch An- nähme ihres Antrages noch verstärken würde. Da die Kommissionen für 4 Uhr einberufen sind, beschließt das Bureau, die Fortsetzung der Diskussion auf morgen vormittag 3 Uhr zu vertagen. Die morgigen VormittagSsitzungen der Kom- Missionen werden dafür ausfallen, und die Kommissionen werden ihre Arbeiten erst nachmittags 3 Uhr wieder aufnehmen. Adler macht darauf aufmerksam, ohne damit gegen den Ver- tagungsantrag protestieren zu wollen, daß in der zweiten Kom- Mission, die sich mit dem tschechischen Konflikt zu beschäftigen hat, die tschechischen Zentralisierten nicht vertreten seien. Zu Beginn der Sitzung gab der Sekretär HuhSmans bekannt, daß die Journa- listenkonferenz am Dienstagabend, 8 Uhr, in einem Saale im »Tivoli" stattfinden wird. Kovenhagen, 29. August. Sihmig der deutslhen Deleptidii. (Telegraphischer Bericht.) Die deutsche Delegation hielt am Montag ihre erste Sitzung ab. Den Vorsitz führten Ebert und Legten, als Schriftführer fungierten Dittmann und Knoll. Es wurde beschlossen, daß nur Delegierte der Partei und der Gewerkschaften zuzulassen sind und als Gäste die Vertreter der deutschen Parteipresse. Den Partei- vorstand vertrete» Molkenbuhr, E b e r t und Frau Z i e tz. Die Vertreter der Reichstagsfraktion sind Ledebour, Richard Fischer und Südekum, der Generalkonmiission Legten, Sabath. Knoll, Bauer und Gertrud Hann a. Den„Vorwärts' vertritt Genosse Cunow. Ihm wird Sitz und Stimme ein« geräumt, ebenso dem Vertreter des Deutschen Sozialistischen Lese- klubs in Paris S ch r e y e r. Von der Einsetzung einer Mandats- Prüfungskommission wird abgesehen, und die Mandate werden durch den Parteivorstand und die Generalkommiision als ausreichend geprüft betrachtet. Jn die fünf Kommissionen entsendet jede Nationalität vier Mitglieder. Deutschland je zwei der Partei und der Gewerkschaften. Die Vertreter Deutschlands in de» Kommisionen sind: Jn der Kom- Mission für das Genossenschaftswesen V.Elm, Wurm, S tu hm er und Bauer, in der Kommission für die internationale Solidarität und die gewerkschaftliche Einheit Richard Fischer, Legren, Stengele und Cohen, in der Kömmission für Schiedsgerichte und Abrüstung Ledebour , Haase, Wagner und Sachse, in der Komniission kür die Arbeitslo'cnversichming Molkenbuhr, Sradthagen, Simon und Brey und in der Kommission gegen die Todesstrafe und für die Resolutionen zu- gunsten Frankreichs , Finnlands , Persiens und Argentiniens Klara Zetkin , Adolf Müller- München , Paul Müller« Berlin und Frau Ihrer. Auf Antrag von W e l S- Berlin wird von einer Diskussion über die der Kommission überwiesenen Gegenstände Abstand genommen. Es sollen erst die Beschlüsse der Kommissionen abgewartet und erst dann soll endgültig Stellung genommen werden. Der Antrag Berlin VI aus Einschränkung der Seerüstungen wird der dritten Kommission überwiesen. Der Antrag H a m- b u r g III- B a r m b e ck, der Kongreß möge die Möglich- keit der Einführung einer internationalen Hilfs- spräche als Verstandigungsmittel erwägen, wird durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt, weil diese Frage bereits den Stuttgarter Kongreß beschäftigt hat. Dasselbe geschieht mit einem Antrag H a nr b u r g III- H a m m, der für die neugegründete Marxistische Partei in Holland nicht nur Zulassung zum Kongreß, sondern auch Sitz und Stimme im Internationalen Bureau verlangt. Ebert teilte mit, daß die alte holländische Partei von ihren acht Stimmen eine der neuen Partei übergeben hat. Ob sie im Bureau eine Vertretung erhalten wird, steht noch nicht fest. Aus Antrag Cohen(Berlin ) wird schließlich noch festgesetzt, daß möglichst keine Delegationssitzungen stattfinden sollen, wenn die Kommissionen tagen. Damit hatte die Sitzung ihr Ende erreicht. Abriistullgs- und Frikdenskmissidn. Vorsitzender ist van Kol, Schriftführer Gerson Trier » Dänemark . Der Kommission sind zwei Beratungsgegenslände überwiesen, Punkt 3 der Tagesordnung des Kongresses: Das Schiedsgericht und dieAbrüstung, sowie Punkt 6: DaS für die rasche Ausführung der Beschlüsse der inter - nationalen Kongresse einzuschlagende Verfahren. Vaillant- Frankreich regt an, den zweiten Punkt zuerst zur Beratung zu stellen. — Hillquit- Amerika und Perner st orfer- Oestererich betonen, daß ein solches Verfahren ganz unlogisch wäre. Erst müsse man sich über die Stellungnahme zur Abrüstung klar werden, und erst, wenn das geschehen sei, könne man sich üoer die Durch- sührnng etwaiger Beschlüsse zu verständigen suchen. Vaillant- Frankreich führte aus: Es handle sich bei meinem Vorschlag nicht nur um die jetzt zu fassenden Beschlüsse, sondern um alle Beschlüsse, die schon vom Kongreß gefaßt worden sind. An- gesichts der laut gewordenen Opposition stelle ich den Vorschlag noch eine Weile zurück. Es wird in die Beratung der Abrüstungsfrage eingetreten. Es stehen Resolutionen zur Beratung und zwar die Resolution der I. L. P. von Großbritannien , der S. D. P. von Großbritannien , der P. S. von Frankreich und der Sozialistischen Partei Italiens . Ledebour- Deutschland: Ich weise darauf hin, daß eine fünfte Resolution zur Beratung steht, die von der sozialdemokratischen Fraktion des Deutschen Reichstags eingebracht und am 29. März 1909 beraten worden ist. Es wird vorgeschlagen, allen sozial- demokratischen Fraktionen zu empfehlen, diese Resolution mit ent- sprechenden redaktionellen Aenderungen in allen Parlamenten ein« zubringen. Vaillant(Frankreich ): Im Prinzip sind sich wohl alle Genossen einig, so daß sofort eine Subkommission eingesetzt werden kann, um eine gemeinsame Resolution auszuarbeiten. Die Abschaffung des Krieges wird allerdings erst der Sozialismus möglich machen. Darauf kann man natürlich nicht warten, sondern es ist erforderlich, durch Stellung von Anträgen in den Parlamenten den Kriegsrüstungcil und dem Militarismus entgegenzutreten. Keir Hardic-England: Wenn jetzt die deutsche und englische Regierung sich wegen der Beschränkung der Rüstungen verständigen würden, so geschieht das nicht aus Friedensliebe, sondern weil die Länder die Last der Rüstungen nicht mehr zu tragen vermögen. Die Arbeiter sind stark genug, den Krieg zu verhindern. Es heißt, hier entfalten wir die lebhafteste Agitation gegen den Krieg. Am Tage der Kriegserklärung müssen die Arbeiter aufhören zu arbeiten. Das ist kein Generalstreik. Den Treibereien der kapitalistischen Presse muß ebenfalls nachdrücklicher entgegengetreten werden. Diskutieren wir jetzt die Frage noch nicht, die Subkommission können wir erst später einsetzen. Bruce Glasier von der I. L. P.(England): DaS Christentum hat sich als ganz unfähig erwiesen, den Krieg aus der Welt zu schaffen. Auch Sozialisten gibt es jetzt schon, die bereit sind, ihre Friedensprinzipien preiszugeben. Die Neigung zum Dreinschlageu steckt unzweideutig in manchem Sozialdemokraten. DaS ist der tierische Instinkt, der überwunden werden muß. Entfalten wir die nmfangreichste Agitation für den Frieden, dann werden die ver« einigten Staaten von Europa leicht zur Tatsache geworden sein. Radce(Polen ): Die Haltung, die von der deutschen sozialdcmo» kratischen ReichstagSfraklion in der Sache der Bekämpsung der Rüstungen eingenommen wird, ist mit sozialdemokratischen Argu- menten nicht zu begründen. Die Forderunge» nach einer Ver- ständigung über den Umfang der Rüstungen sind zwecklos, so lange eS ail einer internationalen Exekutivgewalt fehlt, die den Ab- machungen unter allen Umständen Geltung zu verschaffen vermögen. Nur die Finanzmisere würde vielleicht die deutsche Regierung veranlassen, ein Abkommen init England zu treffen. Dann müßten wir die Massen sofort aufklären, daß es sich nur um eine vorüber- gehende Maßregel handelt. Außerdem würde eine Beschränkung der Flottenrüstungcn wahrscheinlich eine Steigerung der Ausgaben der HeereSrüstirngen zur Folge haben. Die Haltung des„Vorwärts" und der sozialdemokratischen ReichStagsfraktion in Sachen des deutsch -englischen Abkommens ist nichts Iveiter als ein Gegenstück zu der Verteidigung der Flottenrüstungen durch Hyndman, die all- gemeine Verurteilung gefunden hat. Als der Vorsitzende den Redner wiederholt auffordert, sich mög- lichst kurz zu fassen, verzichtet er auf weitere Ausführungen unter Protest dagegen, daß ihm die Redefreiheit beschränkt wird. Hillquit(Nordamerika ): Von der Hauptsache ist bisher noch mit keinem Wort gesprochen worden. Die Debatte war bisher nur eine Fortsetzung der Stuttgarter Erörterung über Militarismus und Antimilitarismus. Um nicht zu einer Rederei ins Blaue hinein- zukommen, empfiehlt es sich wohl doch, von einer Subkommission eine Resolution ausarbeiten zu lassen, damit eine bessere Grund- läge für die Debatte geschaffen wird. Die Subkommission könnte aus stoben Genossen gobildet werden. Es folgte eine längere Geschäftsordnungsdebatte. Der Vor- ätzende empfahl, zur Begründung jeder der vorliegenden Resolu- tionen noch je einen Redner sprechen zu lassen, dann die Verhand- lungen abzubrechen und eine Subkommission einzusetzen, die eine neue Resolution vorlegen könnte. lliadec(Polen ) fordert, daß ein Redner der Polen da? Wort erhalten soll zur Begründung einer Resolution, die noch eingebracht worden wird. Diese Resolution soll der Subkommission mit über» reicht werden,
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