|t. 204. 27. ZahtMg.Hilft kt Jotiiiirts"Donnerstag. 1. Septeniber iölO.Sitzung der dentslhen Delegation.Kopenhagen, 31. August.Die deutsche Delegation hielt am Mittwochvormittagihre dritte Sitzung ab. Beschlüsse der Kommissionen, zu denenStellung genommen werden muh, liegen noch nicht vor. Dagegenbringt Lcipart �Verband der Holzarbeitcrl das belgische Amendementzur Svrache, das zu der schwedischen Resolution über die Organi-laiion oer internationalen Solidarität gestellt ist. Dieses Amen-dement lautet:1. Das Internationale Sozialistische Bureau wird ermächtigt,im Falle eines politischen Streitfalles, eines Streiks, einer Aus-spcrrung oder eines anderen wichtigen Ereignisses, welches einsofortiges Eiitgrcifen erfordert, von den angeschlossenen Parteieneiuen außerordentlichen Beitrag in der Höhe eines Zehntelsdes Jahresbeitrages einzufordern, als eine erste Hilfe;2. dieser außerordentliche Beitrag kann nur einmal in einemJahre erhoben werden;3. die ins Ausland reisenden Genossen sollen eine Erkennungs-karte bei sich führen, welche ihren Herkunftsort und ihr Reisezielangibt; die diesen Genossen ausbezahlten Unterstützungen sollenvon den Parteien zurückerstattet werden, welche diese Erkennungs-karte ausgestellt haben.Lcipart führt aus: Was die.Belgier hier verlangen, geht viel zuweit. Es ist ganz unmöglich, daß das Internationale Bureau10 Proz. der Jahreseinnahmen der Gewerkschaften erhält. Es mußdavor gewarnt werden, durch Kongreßbeschlüsse die Gewerkschaftenin der Betätigung der internationalen Solidarität festzulegen. Auchdie schwedische Resolution kann so. wie sie jetzt lautet, nicht an-genommen werden. Es heißt darin:„Der Kongreß stellt den Ge-werkschasten der Internationale anHeim, die zweckmäßigsten Formender internationalen Arbeitcrsolidarilät näher zu untersuchen undfestzulegen."Wir müssen eS unbedingt ablehnen, daß der Kongreß die Ge-werkschaften festlegt. In Deutschland ist die gegenseitige Hilfe beigroßen Kämpfen noch nicht reglementiert. Die Bildung eines all-gemeinen Streikfonds ist immer abgelehnt worden. Wenn wir nichtüber diese Schwierigkeiten hinwegkommen, können wir uns umnög-lich auf irgendeine internationale Bindung einlassen, selbst wenn sienur sporadischer Natur ist. Man weiß ja. wie es geht. Zuerst beißtes, der Internationale Kongreß hat beschlossen, der gewerkschaft-lichen Organisation das und das vorzuschlagen. Und schließlich fälltdas„Vorschlagen" weg und es heißt: Der Internationale Kongreßhat einen Beschluß gesaßt.Richard Fischer hält diese Bedenken für unbegründet. Parteiund Gewerkschaft sind in dieser Frage ganz einig. In dem Berichtdes Parteivorstandes an den Kongreß wird diese Frage auch er-örtert:„Die Organisation der internationalen Solidarität betrachtenwir als ein utopistisches Verlangen. Die Betätigung der inter-nationalen Solidarität hängt ab von dem Solidaritätsgefühl, dasinnerhalb der nationalen Organisationen vorhanden ist. Dieseszu wecken und zu pflegen ist eine Erziehungsfrage. Machen sich durchvorkommende Ereignisse Kundgebungen und Betätigungen der inter-nationalen Solidarität notwendig, so wird das von dem Geschick derLeitung der angegliederten nationalen Organisationen abhängig,daß diese rechtzeitig und wirsam zur Geltung kommen.Eine internationale Reglementierung ist unmöglich." Leipart willsich nun nicht festlegen lasien. Aber ein Vergleich zwischen derenglischen und französischen Resolution ergibt, daß ein Festlegen indiesem Sinne gar nicht gemeint ist. Ich denke, daß Schweden ohneweiteres darauf eingehen wird, dem Satze etwa folgende Fassung zugeben:„Der Kongreß stellt der gewerkschaftlichen Internationale an-heim, Untersuchungen einzuleiten, in welcher Fonn die Betätigung derinternationalen Solidarität möglich ist, und je nach deln Ergebnis dieserUntersuchung wird er dem nächsten Kongreß weitere Vorschläge unter-breiten." Freilich, soweit dürfen wir nicht gehen wie Lcipart. der es ver-hüten wollte, daß selbst die moralische Verpflichtung zur Betätigung derinternationalen Solidarität ausgesprochen wird. Bei den gcwerk-schastlichen Kämpfen sind wir zur internationalen Unterstützung ver-pflichtet und diese moralische Verpflichtung ist bisher auch anerkanntworden, ohne daß die Gewerkschaften damit festgelegt wordenwären. ES ist ganz naturlich, daß Schritte eingeleitet werden müssen,wn eine noch wirksamere Betätigung künftig zu ermöglichen.Legten: Leipart hat die von ihm beanstandete Stelle imAmendement falsch aufgefaßt. Es heißt natürlich nur, daß die demInternationalen Bureau angeschlosienen Parteien einen außerordent-lichen Beitrag in der Höhe eines Zehntels ihres Jahresbeitragesfür das Bureau, nicht ihrer eigenen Jahreseinnahme, leisten sollendann, wenn das Bureau es verlangt.kleines feuilleton.AnS der Geschichte der Cholera. Die erste Bekanntschaft mitder Cholera machte ein Europäer am Morgen des 19. August 1817in der indischen Stadt Jesiora. Es war der englische Arzt RobertTytler, der an das Krankenbett eines unter ungewöhnlichen Symp-ttomen leidenden Mannes gerufen wurde. Schwer gepeinigt schrieder Kranke auf, der von einem stetigen quälenden Durst und denheftigsten Wadcnkrämpfcn heimgesucht war; seine Stimme hatteeinen heiseren Klang; tief waren die Augen in die Höhlen ge-s linken. Der Puls war erloschen, der Herzschlag unfühlbar. Wohlaber empfand die betastende Hand eine Eiseskälte an der schiefer-grauen, mit spärlichem, kühlem Schweiß bedeckten Körperoberflächedes apathisch daliegenden Patienten. Daneben fiel>dem ärztlichenBeobachter auf, daß fast sämtliche Körpersekrete, Speichel, Tränen,Harn, längst versiegt waren. Und trotz aller dieser schweren Zeichenantwortete der Kranke, wiewohl langsam und widerlvillig, doch nochauf jede Frage des Arztes ganz klar, bis plötzlich der Atem stockte— für immer. Dieser erste Todesfall bedeutete nicht nur den An-bruch einer verheerenden Seuche, sondern anch den Ausgangspunktfür die europäischen Einfälle der Cholera, die das 19. Jechrhundertan Aufregung und Schrecken versetzten. Der erste dieser großenSeuchenzüge der Cholera, der von 1817— 1823 dauerte, blieb allerdings auf asiatischem Boden beschränkt. Gegen Ende des Jahres1828 fing das Sterben in Indien wieder an und forderte dort auchim folgenden Jahre unzählige Opfer. 1828 klopfte der schwarzeTodesengel wieder an die Pforten Europas. Aber beim Eintrittder Winterkälte mutzte er aus Orenburg, an der Pforte'Europas,weichen. 1839/31 ist dann die Epidemie in Moskau und haust zumerstenmal in furchtbarer Form auf europäischem Boden. Dieserzweite Seuchenzug der Cholera,.der von 1826— 1838 dauerte undauch Deutschland ergriff, drang 1831 von Rußland nach Polen undgleichzeitig von Persien nach Aegypten. 1832 erschien die Krank-heit in Nordamerika und überzog in den nächsten Jahren denganzen Erdteil. Am 31. August 1831 hielt sie ihren Einzug inBerlin. Von 1838— 1846 hielt die Cholera Waffenstillstand, aberdann begann sie ihre dritte Invasion, die von 1846 bis 1861 währte.1848 wütete sie in Berlin. Der vierte Choleraüberfall, der vontjigg— 1875 dauerte, zeichnete sich durch die Schnelligkeit der Aus-vreirung und die Zahl der Opfer aus. Ihren Höhepunkt erreichtedie Pandcmie 1866 und tötete mehr preußische Soldaten als dieKugeln der Oesterreicher. Der fünfte Einbruch erfolgte in denJahren 1882— 1887; er wütete in Aegypten, wo er in kurzer Zeitmehr als 39 999 Menschen tötete, und drang in Europa nur inItalien und Südfrankreich vor. Neben ihren furchtbaren Folgenzeitigte aber diese Phase der Cholera auch ein segensreiches Re-sultat, indem sie zu der Forschungsexpedition von Robert Kochnach Aegypten und Indien Anlaß gab, der hier im Jahre 1833/84den Epreger der Cholera, den Cholergbazillus, faich. Damit warNudolf-Frankfurt a. M.: Die englischen Gewerkschaften habenbeim schwedischen Generalstreik vollständig versagt. Darüber herrschtmit Recht große Entrüstung. Wir werden in der Kommission einepassende Gelegenheit suchen, diese Stimmung den Engländern gegen-über zum Ausdruck zu bringen. sZustimmung.)Stciigcle- Hamburg: Der Stein des Anstoßes für Leipart istleicht zu beseitigen. Wir brauchen ja nur die Streichung des Wortes„festlegen" zu beantragen. Im übrigen können wir der Resolutionobne weiteres zustimmen. Die Engländer verschanzen sich immerhinter ihr Statut. Immer müssen zahllose Instanzen bei ihnengefragt werden, bevor sie Geld schicken können. Diesem Mangel anSolidarilätsgefllhl muß durch die schivedische Resolution einmalungeschminkt die Meinung des Internationalen Kongresses gesagtwerden.Leipart erklärt sich mit Stengeles Vorschlag einverstanden.Lcgic»: Mit den Schweden werden wir uns über ihre Resolutionsehr leicht verständigen, so daß wir sie annehmen können. Dasbelgische Amendement aber ist künstlich aufgepfropst, und das besteist, es abzulehnen. Auch der weitere Vorschlag auf Einführungeiner Legitimationskarte isr nicht glücklich. Er beruht darauf, daßdie politischen Organisationen in den Grenzorten durch sogenanntepolitische Flüchtlinge gebrandschatzt werden. Aber eine solcheLegitimationskarte würde das Hebel nur schlimmer machen.Ncuniann-Hainburg sHolzarbeiter): Auf dem Kongreß selbst mußeine Resolution eingebracht werden, hie die gewerkschaftliche Inter-nationale auffordert zu untersuchen, wie in Zukunft diejenigenNationalitäten, die bisher ihre internationale Solidarität nur mitWorten beloiesen haben, zu Hilfsleistungen herangezogen werdenkönnen. Wenn im Plenuni gesagt wird, nicht alle Nationen habenbisher ihre Pflicht getan, so ist das wirksamer, als wenn es nur inder Kommission gesagt wird.Damit schloß die Beiprechung. Die gesamte Delegation warsich einig darüber, daß die Resolution der Reichs-kom miffion der Gewerkschaften Oesterreichs an-genommen werden muß. Nur meinte H u e, wenn man ohneVorbehalt der österreichischen Resolution zustimmen würde, könntedie Auffassung entstehen, als ob die organische Verbindungzwischen Partei und Gewerkschaft, von der in dieser Resolution ge-sprochen wird, auch für Deutschland als mustergültig angesehen werde.Richard Fischer erwidert, daß man durch den Hinweis auf diesogenannte Neutralität der Gewerkschaften die Tschechen in ihrenfeparalistischen Tendenzen nicht bestärken dürfe.Eberl, Parteivorstand, hebt hervor, daß der Reichenberger Parteitag der österreichischen Sozialdemokratie ausdrücklich beschlossen hätte,die Partei auch organisatorisch auf eigene Füße zu stellen, währendbisher allerdings ein großer Teil der parteiorganisatorischen Auf-gaben in Oesterreich von den Gewerkschaften ausgeführt worden ist.Beschlüsse wurden auch in dieser Frage von der deutschen Delegationnicht gefaßt._'Hiiö der Partei.Genosse August Bebel hat an den Internationalen Sozialisti-scheu Kongreß zu Kopenhagen folgenden Brief gerichtet:Zürich, 27. August 1919.„Parteigenossen und Parteigenossinnen IMein sehnlichster Wunsch, wieder an den Beratungen desInternationalen Sozialistenlongresses tätigen Anteil nehmen zukönnen, ist mir leider durch unüberwindliche Hindernisse unmöglichgemacht worden. So drängt es mich, wenigstens schriftlich aus-zudrücken, was mündlich zu sagen mir nicht vergönnt ist, meinenHerzlichsten' Dank, auszusprechen für die warmen und ehrenvollenWünsche, die mir alle der Internationale angeschlossenen politischenund gewerkschaftlichen Organisationen in Form von Adressen zumeinem 79. Geburtstage am 22. Februar d. I. in einzig da-stehender Weise überreichen ließen. Diese Adressen sind das denk-bar wertvollste Geschenk, das mir gemacht werden konnte, und eshat mich und die Meinen mit der größten Freude erfüllt. Diesenletzteren wird es ein stolzes Andenken in späteren Zeiten sein,in denen ich nicht mehr bin. Für mich» aber ist es ein neuer An-stoß, soweit meine Kraft es mir noch ermöglicht auch ferner unserergroßen, die Menschheit befreienden Mission zu dienen. Mit demWunsche, daß auch die diesmalige Tagung der Internationale sichwürdig ihren Vorgängerinnen anschließen und dem internationalenklassenbewußten Proletariat neue Kraft für den weiteren Kampfund für den Sieg geben möge, zeichne ich mit sozialistischem GrußEuer unentwegter Kampfgenosse August Bebe l".Beim Internationalen Bureau sind aus Anlaß de? Kongresse?etwa 1999 Zuschriften und Depeschen eingetroffen.die Bekämpfung der Seuche auf eine wissenschaftliche Basis gestellt.Am meisten aber hat zu dem erfolgreichen Kriege gegen die Choleradie sechste Pandemie die Waffen in die Hand gegeben, die von 1892bis 1896 dauerte, hauptsächlich in Rußland und Südfrankreich ver-breitet war und in Deutschland nur in Hamburg schwerere Formenannahm. Die Aufmerksamkeit wurde auf die Gesundheitspflegein den Großstädten gelenkt und unsere heutige Städtehygiene be-gründet. Bei der.Kürze der Seuche betrug die Zahl der Erkranktenund damit die Höhe der Verluste immer nur einen geringen Pro-zentsatz der Bevölkerung und war nie auch nur annähernd so großwie bei andern Seuchen.Staatliche Briefmarkcnspekulation. Welch ausgezeichnete Ge-schäfte der Fiskus zuweilen dann macht, wenn er den Liebhabereienund Geschmacksrichtungen des Publikums entgegenkommt und dieseszu freiwilligen Kontributionen zu veranlassen weiß, zeigt das Bei-spiel der neuen österreichischen Jubiläumsbriefmarken,an denen der Staat bedeutende Summen fast ohne jede Gegenleistungverdient hat. Die kurzweg als„Jubelmarken" bezeichneten Post-Wertzeichen erschienen am 18. August, dem 89. Geburtstag FranzJosefs, mit der Bestimmung, daß ihr Verkauf nur bis 1. Septemberfortgesetzt werden sollte. Beim Wiener Hauptpostamt war aber derganze Vorrat schon nach wenigen Stunden ausverkauft, und ebensoverlief das Geschäft bei den Aemtern der meisten Provinzialstädte,wo der Ansturm des Publikums in kürzester Zeit mit den verfüg.baren Vorräten aufräumte. Eine nennenswerte Gegenleistunghatte die Post dabei in den meisten Fällen nicht zu gewähren,weil die Käufer die Marken sofort„obliterieren", d. h. mit demTagesstempel entwerten ließen, um sie den Sammlerzwecken dienst-bar zu machen. Es waren zum Verkauf gestellt: an 1, 2, 3. 6,12, 29. 25. 39 und 35 Hellermarken je 199 999 Stück, an 5-Heller-marken 7 Millionen, an 19-Hellermarken 7 899 999, an 59- und69-Hellermarhen und Marken zu einer Krone je 79 999, 2- und5-Kronenmarken je 17 999 und 19-Kronenmarken nur 11 999 Stück,was dem durchschnittlichen Verbrauch von zwei Tagen entsprichtund einen Wert von 1 641 999 Kronen darstellt. Außerdem standenSätze der Jubfläumsmarken bis zu einer Krone und bis zu19 Kronen zur Verfügung im Gesamtwert von 359 999 Kronen,so daß der Postfiskus, der dafür nur wenige Briese und Kartenzu befördern hatte, dem Sammelsport eine Einnahme von rundzwei Millionen Kronen zu verdanken hat. Da die Briefmarken-sammler noch immer in ihrer überwiegenden Mehrzahl nur ab-gestempelte Marken sammeln, kommen die am besten auf ihreRechnung, die ihre Marken nicht abstempeln ließen. Diese un-gebrauchten Jubelmarken sind für den Handel kaum erreichbarund haben schon heut einen bedeutend höheren Wert als die ab-gestempelten.Ter Fiskus aber hat mit der Spekulation auf die Briefmarken-narrstgi ein glänzendes Geschäft gemachstZur Budgetfrnge.Die Generalversammlung des sozialdemokratischenWahlvereins Gießen nahm nach der Berichterstattung von derhessischen Landeskonferenz und ausgedehnter Debattefolgende Resolution an:Die Versammlung erklärt sich mit den Beschlüssen derLandeskonferenz einverstanden, mit Ausnahme der von Dr. Davideingebrachten und angenommenen Resolution in der Frage derWudgetbewilligung. Die Versammlung sieht in»der Budget-bewilligung ein Vertrauensvotum für die jeweiligen Regierungenunserer Klassenstaaten, die Sozialdemokraten als Bürger zweiterKlasse behandeln. Die Versammlung steht auf dem Standpunkt,daß die Budgetbelvilligung eine Frage des Prinzips ist und er-klärt sich einverstanden mit den Beschlüssen von Lübeck und Jtürn-berg. Die Versammlung verurteilt daher ganz entschieden dieBewilligung des Budgets und der Hofgängerei unserer badischcnGenossen. Die Versammlung erblickt in dem Verhalten derBadenser einen schweren Disziplinbruch, womit sie sich außer-halb der Reihen der Parteigenossen gestellt haben. Tie Veösamm-lung erwartet daher vom Parteitag, daß derselbe Vorkehrungtreffen möge, damit derartige, die Partei und die allgemeineArbeiterbewegung schädigende Vorkommnisse vermieden werden.Im sozialdemokratischen Verein Straß bürg-Stadt ergab die UrWahl des Delegierten für denMagdeburger Parteitage wie wir schon kurz meldeicn,die Wahl des Genossen Redakteur Max Schneider mit 216Stimmen und die des Genossen Jacques Peirotes, Redakteur, alsErsatzmann mit 213 Stimmen. Die zwei Gegenkandidaten derradikaleren Richtung, die Gewerkschaftsbeamten Bürker und Voigt,erhielten 69 bezw. 76 Stimmen. In der Parteiversammlung, dieder Wahl vorausging, waren zwei Resolutionen, die sich mehr oderweniger scharf über den badischen Disziplinbruchäußerten, mit großer Rtehrheit abgelehnt worden, um„die Eni-scheidung dem Parteitag zu überlassen"; der nun zum Delegiertengewählte Genosse Schneider In iß billigte jedoch das Vorgehender Badenser als Disziplinbruch, wobei er allerdings hinzusetzte,er halte den Nürnberger Beschluß für nicht glücklich: ,.Bei derGewinnung immer größeren Einflusses in den Landesparlamentenwerde die Frage der Zustimmung zum Budget bald auch in n o r d-deutschen Staaten mehr in die Erscheinung treten, und dasei es wohl im Interesse der Partei und ihrer parlamentarischenpraktischen Betätigung besser, Mittel und Wege zu finden, solcheKonflikte, wie gegcnlvärtig in Baden, zu vermeiden." Der Rednerstellte sich hiernach ausdrücklich auf den Boden der in Nürnbergeingebrachten Resolution F r o h m e, die die Landtags-fraktioncn und die Landesinstanzen beauftragt, vor solchen Eni-scheidungen mit dem Parteivorstande in Verbindung zu treten.—Bedingungslos verteidigt wurde die Budget bewilli-gung in der Versammlung nur von dem Reichstagskandidatenfür Metz, Genossen Dr. W e i I l. der darin nur die Konsequenzder Erklärung der 66 in Nürnberg sieht und meint, die Stellungzum Budget sei„keine prinzipielle, sondern eine taktische Frage".Den Besuch bei Hofe verurteilte auch dieser Redner.Braunschweigischer Landesparteitag.Am Sonntag fand in Langelsheim a. H. der braun«schlvcigische Landcsparteitag statt. Nach dem Vorstandsbericht istdie Mitgliederzahl im letzten Jahre von 7395 auf 8416 gestiegen.Die Zahl der organisierten Frauen stieg von 1127 auf 1397. DieEinnahmen der Landeskasse beliefen sich auf 12 961 M.. die Aus-gaben aus 19 613,27 M. Der„Volksfreund" hat einen Abonnenten-zuwachs von über 2599 zu verzeichnen. Im Lande befinden sichzurzeit an drei Orten Jugendorganisationen: in Braunschwcig.Wolfenbüttel und Helmstedt. Bildungsausschüsse waren vier vor-Händen. Die Zahl der sozialdemokratischen Gemeindevertreter be-trägt 74, davon sind 23 Genossen in Stadt- und 51 in Land-gemeinden tätig. Die Maikasse hatte eine Einnahme von 2579,43Mark, eine Ausgabe von 58,95 M.Nach Erledigung der umfangreichen Geschäfte des Landes-Parteitages wurde eine Resolution gegen die Ver-schleppung der Wahlreform durch Regierung und Land»tag angenommen, und die energische Fortführung deSWahlrechtskampfes beschlossen.Ms Sitz>des Landcsvorstandes wurde Braunschweia undals Vorsitzender Genosse R i e k e wiedergewählt.Zum Oktroistreit in Elsaß-Lothringen.In einer Partciversammlung der Genossen deS WahlkreisesColmar i. Elf., in welcher der Bericht der Delegier-Notizen.— Die Wiedereröffnung de'S OperfthauseS sollam 1. Oktober erfolgen.— Das Programm der„Berliner Volksope r".In deni Repertoire der am 15. September dieses Jahres beginnen-den Opernspielzeit werden als Neueinstudierungen Rossinis„Wilhelm Tell" und Mozarts„Don Juan", Lortzings..Wildschütz".Boildieus„Die weiße Dame", Aubers„Stumme von Portici" undan Novitäten: Wendlands„Das kluge Felleisen" und Schattmanns„Die Freier" erscheinen. Als deutsche Uraufführung geht Usiglios„Das Pensionat von Sorrent" in Szene.— Die Neue Freie Volksbühne eröffnete am Dienstagin ihrem neuen eigenen Heim, dem früheren„Bunten Theater", dasjetzt„Neues Volks-Theater heißt, ihre Wintertätigkeit vorgeladenen Gästen mit einer Aufführung von Ibsens„Stützender Gesellschaft".— Die nächste vollständige Sonnenfinsterniswird am 28. April 1911 stattfinden, aber wiederum nur in dem fürdie Beobachtung denlbar ungünstigsten Gebieten der Erde sichtbarsein, nämlich in dem Meeresraum zwischen Australien und Süd-amerika. In dem engen Band der vollständigen Verfinst»rung liegennur wenige der zahlreichen Inseln des Stillen Ozeans und diesemüßten also von den Astronomen, die von dem Schauspiel Nutzenzu ziehen wünschen, aufgesucht werden.— Das Telephon Paris-London. Die Versuche mitdem neuen Telephoukabel zwischen Dover und Kap GrieSnez habennach einer Erklärung des englischen Hauptpostamts so befriedigendeErgebnisse gezeitigt, daß von der französischen Regierung in kurzemeine zweite Linie gelegt werden soll. Sie wird parallel mit derunlängst vollendeten laufen, die in wenigen Wochen dem Publikumeröffnet werden soll. Durch das neue Kabel sollen die Gebührenerheblich ermäßigt werden. Die neuen Versuche ermutigen auch zuder Hoffnung, daß die Telcphonvcrbindung zwischen England undDeutschland bald nicht mehr außer dem Bereich der Möglichkeitliegen wird.— Rückkehr der Expedition FilchnerS. Nach einemTelegramm des Oberleutnants Filchner aus Hamnrerfest ist dieantarktische Vorexpedition dorthin zurückgekehrt, nachdem sie Spitz-bergen von West nach Ost, von Tempelhay bis Wichcbay durchquerthat. Die Teilnehmer befinden sich bei guter Gesundheit.— Der Erreger des Aussatzes entdeckt. Aus NewDork kommt die Meldung: Die drei amerikanischen Aerzte, die imAuftrage der amerikanischen Regierung die Lepra im Archipel vonHavai auf der Insel Molokai studieren, haben in einer Mitteilungan die Regierung diese informiert, daß es ihnen gelungen ist, denErreger des Aussatzes schon bis zu drei Generationen zu züchten.—Sollte sich die Nachricht bewahrheiten, so wird mit der Entdeckungdes Erregers auch die Bahn zu einer auf wissenschaftlicher Basisruhenden Bekämpfung der Krankheit eröffnet.