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aus sogenanutem bivlomatischen Interesse die deutsche Regierung mit der Wahrheit Schindluder getrieben hatte. Wenn nichts weiter herausgekommen wäre, wäre das schon ein groher praktischer Erfolg unserer Arbeit. Denn unsere bielgeschmähte parlamentarische Arbeit hat gerade die bürgerlichen Parteien und die Staatsmänner der Vertretung kapitalistischer Interessen, der Lügenhaftigkeit und Betrügereien überführt. Wir können mit Genugtuung konstatieren, das; unser Antrag auch über unsere Reihen hinaus gewirkt hat. Unsere englischen Genossen haben erfreulicherweise einen gleichlautenden Antrag eingebracht, wenn ihn auch nicht die L. P. unterzeichnete. Dafür hat im Deutschen Reichstag nur ein einziger Bürgerlicher kür unseren Antrag gestimmt, während im englilchen Parlament Liberale und Rridilale dafür eingetreten sind. Aber jetzt macht seit einiger Zeit auch ein Teil der deutschen bürgerlichen Presse lebhafte Propaganda für diesen deutsch -englischen Abrüstungsvertrag, wobei sie natürlich shstematisch verschweigt, dah wir damit vorangegangen sind. Jedenfalls werden wir immer die bürgerlichen Parteien vor die(Entscheidung stellen, ob sie alle freiheitlichen, friedlichen Be- strebm'ge» verleugnen oder sie durch Annahme unserer Anträge wahrmachen wollen. Die Zusammenkoppelung, der beiden Forderungen. Besch. vi» tu ng der Sccrüstimgen und Abschaffung des Seebeuterechts ist von.der gröstten Wichtigkeit: denn die Reduktion der Rüstungen wird vov der englischen Regierung, die Beseitigung des Seebeuterechts, dieser legalisierten Seeräuberei, des Rechts, Handelsschiffe der gegne- rischen Ncation aus offener See festzunehmen, zu überwältigen und zu verkaufen, von der deutschen Regierung vertreten. England will natürlich keinen Konkurrenten gegen seine weitaus stärkste Flotte, die es auf der Höhe des Zweimächte- Standard hält: Die deutsche Regierung rtgöchte aber gern einen Seekrieg versuchen, bei dem eS die Flotte varstärkt. Aber eS möchte dabei die Abschaffung des See- bcuterechts, damit nicht die deutsche Handelsflotte dem schwersten Schaden ausgesetzt werde. Deutschland hat eine relativ große Handelsflotte von 4000 Schiffen. Aber auch diese Handelsflotte kann natürlich durch keine Marine geschützt werden. Der Schutz der Handelsflotte im Kriegsfall ist überhaupt ganz unmöglich, wie sich im amerikanischen Sezessionstriege ganz deutlich gezeigt hat, wo trotz der kolossalen Ueberlegenheit der Nordstaaten der kleine Kreuzer Alabama " alle Meere dar Wel: durchfuhr und an seinem Seeraub nicht gehindert werden konnte. Aber die Abschaffung des Seebeute- rechts wird gerade in Verbindung mit der Verminderung der See- rüstungen die deutsche unsi> englische Regierung allmählich zur Er- süllung der beiden miteinander verkoppelten Forderungen treiben. Dann wäre die ungeheure Bedrohung des Weltfriedens durch die Seerüstungen eingeschränkt. Wir haben noch einen'vierten Punkt in die Resolution hinein- gebracht, der nicht direkt mit der Kriegsgefahr zusammenhängt. aber in der Zeit der natiomalen Gegensätze eine der bedeutendsten sekundären Kriegsursacheip ist. Wir haben das Selbst- Bestimmungsrecht aller Völker gefordert, die Ver- teidigung aller Länder gcgcm kriegerische Angriffe und gewaltsame llnterdrüdung nationaler Minderheiten. Es handelt sich in erster Linie um die kleinen Staaten. Aber auch die größeren Nationen haben überall Bruchstücke, Sie Unterdrückungen ausgesetzt sind. Deutschland unterdrückt nicha nur die Polen und Dänen, sondern auch S Millionen französisch sprechende Elsaß-Lothringer. Ebenso werden Bruchstücke des deutzchen Volkes, 2 Millionen, in Ungarn , eine Million in Rußland iu ihrer Muttersprache unterdrückt. Deshalb fordern wir freie A-lbstregierung für alle Völker, nicht nur in Europa , sondern auch in Asien und Afrika . Ter Sozia- lismuS ist nicht antinattenal, sondern international. Antinational sind die Politiker, die andere Nationen unterdrücken und nur das Recht der eigenen Nation anerkennen, deren heißester Wunsch es ist, fremde Nationen zu entnationalisieren. Wir sind inter - nationale Sozialdemokraten und treten ein für das Recht auf eine Muttersprache und für die Autonomie der Völker. Am Schluß sagt die Resolution, daß bei drohenden Konflikten das Internationale Bureau sofort die nötigen Schritte ergreifen soll, um die sozialdemokratischen Parteien der betreffenden Länder zu einem einheitlichen Vorgahen zu veranlassen. Der Antrag ent- springt einer Anregung der österreichischen Genossen weil bei dem letzten serbisch-österrcichischen Konflikt(Widerspruch Viktor Adlers) Mißverständnisse zwischen den Parteien der beiden Länder vor- Händen waren. Derartigen Mißverständnissen möglichst vor- zubeugen, soll das Internationale Bureau beauftragt werden. Gesondert von der allgemeinen Resolution legen wir Ihnen noch zwei Resolutionen vor. Auf Antrag der französischen Sozial- demokrat'e soll beschlossen werden, daß im Falle einer drohenden Kriegsgefahr das Internationale Bureau schon einberufen werden muß, wenn eine Nation das fordert. Auf Antrag von van Kol und Vliegen soll ferner das Internationale Bureau vor jedem Kongreß zusammentreten und einen Bericht über die Durchführung der internationalen Kongreßbeschlüssc durch die einzelnen Parteien ausarbeiten. Auch diese Anträge empfehlen wir Ihnen zur ein- stimmigen Annahme. Zu lebhaftesten Auseinandersetzungen hat dann das Amende­ment Vaillant-Keir Hardie geführt, das Ihnen auch jetzt wieder vorliegt: Unter allen Mitteln, welche angewendet werden sollen, Kriegen vorzubeugen und sie zu verhindern, hält der Kongreß als besonders zweckmäßig einen allgemeinen Streik der Arbeiter hauptsächlich in den Industrien, welche das Kriegsmaterial liefern(Waffen, Munition, Transportmittel usw.). ebenso die Agitation und Aktion im Volke, und zwar mit den kräftigsten Mitteln." Die Stuttgarter Resolution sagt über die Mittel, die wir an- Senden müssen, um den Krieg ßu verhindern: Sobald der Ausbruch eines Krieges droht, sind die parla- mentarischen Vertreter der Arbeiterklasse in allen Ländern ver- pflichtet, unterstützt durch die zusammenfassende Tätigkeit des Internationalen Bureaus, alles aufzuwenden, um durch An- wendung der ihnen am ratsamsten erscheinenden Mittel den Ausbruch des Krieges zu verhindern." Diese Fassung war eine äußerst glückliche Lösung der Frage und wurde in Stuttgart einstimmig angenommen. Sie anerkennt -nicht nur die Möglichkeit, sondern die gebieterische Notwendigkeit der Abwehr der Kriegsgefahr mit den äußersten Mitteln. Aber den General st reilin irgend einer Weise den Län- dern zu oktroyieren, sei eS ein Generalstreik vor dem Kriege oder bei Ausbruch eines Krieges, dazu können wir uns nicht verstehen. Die wirtschaftliche Entwickeluna in den einzelnen Län- dern, die Kraft der Sozialdemokratie uns insbesondere die ver- ischiedene organisatorische Stärke der Arbeiterbewegung macht all- gemein bindende Vorschriften für den Generalstreik unmöglich. Das ist gar nicht strittig, daß der Generalstreik prinzipiell möglich ist, daß man unter Umständen zu ihm kommen kann, ja vielleicht, wenn die Umstände es bedingen, dazu kommen muß. Aber etwas anderes ist eS, den Generalstreik unter allen Umständen und für alle Länder wenigstens als moralische Pflicht zu proklamieren. Sie mögen Worte austüfteln, Sie mögen so vorsichtig sein, wie Sie wollen, so- halb Sie das Wort Generalstreik in die Resolution aufnehmen, ver- Pflichten Sie das Proletariat, ihn durchzuführen. Lose Betrach- iungen über historische Möglichkeiten wollen wir hier doch nicht an- stellen, sondern dem Proletariat sagen, was eS zu tun hat. Und da überlegen Sie einmal die Folgen, die eS haben muß, wenn Sie über die Stuttgarter Resolution hinausgehen. Wenn Sie wollen, daß die Beschlüsse der Internationale überall befolgt werden, dürfen Sie auch nur Beschlüsse fassen, die überall durchgeführt werden können. Noch sind aber die Organisationen nicht in allen Ländern so ausgereist, daß ein solcher Versuch nicht Verhängnis- volle Folgen haben konnte. Den Generalstreit müssen die Gewerk- schaften machen, wie Sie selbst durch die Einfügung einzelner Be- -rufe in den Antrag anerkennen. Und um einen Generalstreik han- delt eS sich bei diesem Streik der Bergarbeiter, Metallarbeiter, Transportarbeiter, Militärfchneidcr usw. Sie haben aber weder in England noch in Frankreich die Sicherheit, daß die Gewer!- i chaften zur Durchführung des Generalstreiks stark genug sind. VeShalb dürfen Sie apch uns einen solchen Beschluß nicht aus- zivmgstt lvollen. Als durchschlagendskei Trllnd erscheint mir ö!»c£, von allem anderen abgesehen, daß niemand solche Forderungen auf- stellen darf, der nicht im eigenen Lande alle Kriegsrüstungen ab- lehnt. Sie dürfen solche Beschlüsse nicht auf Grund Ihres bloß formalen Mandats zum Kongreß fassen, sondern hätten dazu das moralische Recht nur, wenn Sie in Ihrem eigenen Lande stets alle Forderungen für den Militarismus abgelehnt hätten. Ich bestreite das moralische Recht zur Stellung eines solchen Antrages jedem, der im eigenen Lande das Budget bewilligt.(Beifall und Unruhe bei der englischen I. L. P.t Ich bestreite es daher vor allem den englischen Parteigenossen, die durch die Bewilligung des Budgets ihren eigenen Machthabern die Waffen in die Hand geben, mit denen sie später Kriege führen können. Woher nehmen Sie das moralische Recht, anderen Völkern den Generalstreik zu gebieten, wenn Sie im eigenen Lande nicht so konsequent antimilitaristisch sind, wie alle anderen sozialistischen Parteien? Solange Sie das Budget und damit die Waffen bewilligen zur Ausrüstung der eng- lischen Söldnertruppen, mögen Sie uns mit weitergehenden An- trägen nicht kommen.(Beifall und Schlußrufe.) Ich komme zum Schluß, Parteigenossen. Was uns einen be- sonderen Anreiz in dieser Zeit geben muß, eine mächtige einheit- liche Kundgebung gegen den Krieg und für den Völkcrfrieden zu veranstalten, ist die Rede, die der deutsche Kaiser, Wilhelm II. , jüngst in Königsberg gehalten hat. Er hat sich dabei wiederholt ausgesprochen für das absolutistische Regiment. Doch das ist eine interne Angelegenheit Deutschlands und darüber werden wir uns an anderer Stelle aussprechen. Aber er hat auch gesagt, und das ist geradezu eine Antwort auf alle Bestrebungen der Jnternatio- nalen Sozialistischen Kongresse gegen den Militarismus, daß der Weltfriede nur durch Rüstungen gewahrt werden kann. Diese Reden haben ja auch eine gute Wirkung, die seitens der Genossen anderer Länder gar nicht genug gewürdigt werden kann. Erst gestern sagte mir ein österreichischer Genosse:Ihr habt wieder einmal Glück gehabt, daS bringt Euch 200 000 Stimmen mehr bei den nächsten Wahlen." Ich glaube, daß dieser österreichische Ge- nosse die propagandistische Wirkung noch unterschätzt. Ich glaube, daß wir dabei noch etwas mehr profitieren.(Heiterkeit.) Wil- Helm II. hat in der Geschichte eine unbewußte Mission zu erfüllen, unbewußt, wie alle Leute, die auf dem Pythiastuhl sitzen. Er ist der Wortführer des Militarismus in einer besonders pronon- eierten Form des Kapitalismus . Er übersieht die ungeheuerlichen Folgen, die Militarismus und Kapitalismus für die ganze Welt haben müssen. Es geht allen Monarchen Europas wie im Märchen des seligen Dichters Andersen vom Spiegel, in dem man alles ver- schoben und verzerrt erblickt. In diesem Spiegel sehen sie den Sozialismus als Drachengestalt und den Militarismus als hehren Friedensengel und Lichtgestalt. Aber wir müssen die Völker auf- klären über die wahre Natur des Militarismus, müssen sie auf- rufen gegen die Provokationen und da? Wettrüsten. Nicht durch die Rüstungen zu Wasser und Lande, nicht durch die Monarchen und Heercsjührer wird der Friede gesichert, sondern einzig und allein in der Hand des klassenbewußten Proletariats aller Länder, in seiner wachsenden Zuversicht und seinem wachsenden Stolz und in seiner unermüdlichen Tätigkeit liegt die Sicherung des Welt­friedens und das Heil der ganzen Menschheit.(Lebhafter Beifall.) Ledebour übersetzte hierauf selbst seine Rede ins Englisch -, wobei ihm Vaillant mit dem Zwischenruf unterbrach: Das ist ja eine ganz andere Rede! Zur Geschäftsordnung verlangte I a u r e S, daß sowohl die englische wie die deutsche Rede Ledcbours ins Französische übersetzt werde. Ledebour er- widerte, daß er die deutsche und englische Rede ohne Manuskript gehalten und jedes Mal die Punkte hervorgehoben habe, die für daS betreffende Land von besonderer Wichtigkeit seien, so für Eng- land die Frage der Budgetbewilligung. Er habe übrigens den französischen Uebersetzer Cm an gebeten, aus beiden Reden das lür Frankreich Wichtige zu entnehmen und zu übersetzen. Hu YS» manS: Das wäre dann also die dritte Redet Nach der französischen Uebersetzung wurde die Vormittags- sitzung nach 1 Uhr geschlossen, nachdem HuhSmans noch einige geschäftliche Mitteilungen gemacht hatte. Keir Hardie soll als Korreferent 20 Minuten Redezeit haben, die übrigen Redner 10 Minuten. Von der holländischen Delegation ist eine Resolution über die N o r d s e e e n t e n t e an die fünfte Kommission ge- kommen, die sie dem Plenum überwiesen hat. Sie steht mit zur Beratung. NächmittagSsitzung. Kopenhagen , 2. September. Die Debatte über die Abrllstungsfrage wird fortgesetzt. Als Korreferent erhält das Wort Keir Hardie - England: Genosse Ledebour hat in der Einleitung seiner Rede gemeint, daß Bruce Glasier die modernen Kriege nicht bloß auf den Kapitalismus zurückgeführt, sondern sie als einen Ausfluß des allgemein tierischen Instinktes und der Kampfeslust behandelt habe. Da hat er Freund Glasier nicht verstanden. Dieser meinte, daß die Ursachen der modernen Kriege zwar den Geist der kapitalistischen Konkurrenz atmen, daß es aber schon vor dem Kapitalismus Kriege gegeben hat. die auf dieser tierischen Lust am animalischen Kampf be- ruhten. �Wenn nach Ueberwindung des Kapitalismus noch Kriege notwendig sein sollten, würde das ebenfalls lediglich auf diese innere Roheit der menschlichen Bestie zurückzuführen sein. Die Hauptfrage, der wir gegenüberstehen, ist die der Kriegs- Verhinderung und die der Abrüstung. In diesen Fragen nimmt die englische Arbeiterpartei eine ganz klare, bestimmte Haltung ein.(Lebhafter Beifall.) Wir sind nicht nur gegen den Krieg, sondern<tuch gegen den Militarismus.(Erneuter lebhafter Bei- fall.) Wir betrachten die Berufsheere und die Berufsflotten als Beweis dafür, daß der moderne Staat bereit ist, seine brutalen Machtmittel anzuwenden, um die besitzenden Klassen im Genuß der Privilegien zu erhalten.(Sehr gut!) Wir sind gegen die Rüstungen nicht nur wegen der Kriegsgefahr und der Höhe der Ausgaben sondern auch, weil die Rüstungen den Geist des Absolutismus noch vergrößern; Militarismus und Frei- heit stehen in unüberbrückbarem Gegensatz. Wir sind hocherfreut, daß unsere dänischen und norwegischen Genossen so glänzend den Kampf für die allgemeine Abrüstung aufgenommen haben. Wenn das erst« Volk abrüstet und alle Waffen wegwirst, dann wird kein Staat, selbst Rußland nicht, wagen, ein solches tvaffenloses Land anzugreifen und durch den Ueberfall eines Volkes, das die Waffen beiseite gelegt hat, bai Gerechtigkeitsgefühl und den Freiheits- dräng der ganzen Welt herauszufordern.(Lebhafte Zustimmung.) Als ich im Jahre 1892 in das Parlament eingetreten bin, betrug das englische Flottenbudget 1(5 Millionen Pfund, jetzt beläuft es sich auf 4(5 Millionen. Man begründet die Notwendigkeit der Steige- rung mit der Vermehrung der deutschen Flotte, die angeblich eine Invasion nach England vorbereiten soll. Lossen Sie mich im Namen der englischen Arbeiterpartei versichern, daß kein Mensch in der englischen Arbeiterpartei daS glaubt. Lassen Sie mich den Teil der Schuld auf uns nehmen, der die englische Regierung am Wett- rüsten trifft.(Lebhafter Beifall.) Die englische Regierung hat auf der Haager Fricdenslonferenz die Abschaffung des Seebeuterechts verweigert, und dadurch Deutschland , wenn auch nicht einen ge- rechtfertigten, so doch einen entschuldbaren Vorwand gegeben, an- geblich zum Schutz des Handels den Flottenbau zu forcieren. Wir werden unsere(Schuldigkeit tun und nicht aufhören, für die Ab- schaffung des Seebeuterechts zu kämpfen. DaS Urteil des Genossen Ledebour über die Haltung der englischen Arbeiterpartei scheint mir auf einem Mißverständnis zu beruhen. Er scheint zu glauben, daß die ganze englische Arbeiter- Partei auf demselben Standpunkt steht, den Queich in derJustice" eingenommen hat. Es ist allgemein bekannt und hat auf dem Fest- lano großes Aufsehen erregt, daß zwei englische Sozialisten, Blach- ford vor den allgemeinen Wahlen und Hhndman nach den allge­meinen Wahlen gegen eine Minderung der englischen Flotten- rüstung geschrieben haben, weil England zur Abwehr deutscher An- griffe bereit sein müsse. Ich glaube, die Genossen der S. P. D. werden einstimmig Slü wir einverstanden fein, wenn ich sage, daß dies nur die indibidueike Meinung zweier Genossen ist und nicht die Ansicht der englischen Arbeiterpartei. Der Genosse Ledebour hat weiter gesagt, die Zustimmung zum Gesamtbudget sei gleichbedeu- tennd mit der Zustimmung zu den Flottenrüstungen. Die Stellung zur Gesamtabstimmung hat mit der Stellung zum Militarismus nichts zu tun und ich wundere mich, daß Ledebour, als er von der Budgetabstimmung sprach, kein näher liegendes Beispiel gefunden hat als die englischen Verhältnisse.(Heiterkeit.) Die Budget- abstimmnng ist nicht eine Frage des Prinzips, sondern eine rein taktische und praktische Frage.(Lebhafter Beifall bei den Fran- zosen und Engländern, demonstrativer Beifall bei der deutschen Minderheit.) Ledebours Standpunkt ist ein Ueberbleibsel aus der Zeit, da die Sozialdemokratie antiparlamentarisch war. Im Budget befinden sich riesige Summen für soziale Reformen, die auf unser Verlangen in das Budget aufgenommen worden sind. Wir können daher für das Budget stimmen, vorausgesetzt, daß die Ver- teilung der Steuern die arbeitenden Schichten des Volkes nicht allzu sehr belastet. Ich weiß nicht, in welcher Weise im Deutschen llieichstag über das Budget abgestimmt wird. Aber in England sind die Rüstungen für den Militarismus getrennt von den Forde- rungcn für soziale Reformen, so daß wir für diese und gegen die militärischen Ausgaben stimmen können.(Hört, hört!) Die Ar- beiterpartei hat dann auch als einzige Partei des Parlaments gegen die fortgesetzten Rüstungen gestimmt. Wir führen gerade jetzt eine große Kampagne gegen den militaristischen Geist, für die uns Ge- nosse Jaures seine rednerische Mitwirkung zugesagt hat. Wir hoffen, daß Genosse Ledebour dasselbe tun wird.(Beifall.) Er dürfte dann erkennen, daß die englische Arbeiterpartei alles gegen die Rüstungen tut, was sie tun kann. Nun zu unserem Zusatzantrage. Genosse Ledebour hat uns aufgefordert, ihn zurückzuziehen. Selbst wenn wir dazu bereit gewesen wären, hätte uns die Rede Ledcbours das unmöglich ge- macht� Wir haben noch heute den Versuch gemacht, den deutschen Genossen das Kompromiß anzubieten, daß wir unseren Antrag zurückzögen und ihn dem Internationalen Bureau überwiesen. das ihn dann auf die Tagesordnung des nächsten Kongresses setzen sollte. Die deutschen Genossen haben auch das verweigert, und so blieb uns keine andere Wahl übrig, als auf unserem Antrag zu bestehen. Ich weiß auch nicht, wie wir eS begründen sollten, daß wir durchaus auf der Stuttgarter Resolution stehen bleiben. Die Stuttgarter Resolution stellt einen Fortschritt über die Amster- damer Resolution dar und in Kopenhagen wollen wir einen Schritt weiter tun über die Stuttgarter Resolution hinaus. Auch die Internationale darf nicht stehen bleiben.(Beifall bei den Franzosen und Engländern.) Uebrigens hat Genosse Ledebour unseren Antrag ganz falsch interpretiert. Wir wollen gar nicht in allen Ländern für alle Fälle den Generalstreik zur Anwendung gegen die Kriegsgefahr vorschreiben. Wir wollen nur den Arbeitern aller Länder sagen, daß, wenn sie ihre wirtschaftliche Macht sammeln, die Kraft der Arbeiterklasse ausreicht, um Kriege un- möglich zu machen. Wir wissen sehr wohl, daß eine ersprießliche Durchführung der antimilitaristischen Gedanken in einem einzelnen Lande nicht möglich ist, sondern international erfolgen muß. ülber vorlaufig fordern wir ja weiter nichts, als daß dies vorbereitet wird. Der ganze Unterschied zwischen uns und Ledebour besteht darin, daß er diese Vorbereitung vertagen will, während wir sie sogleich von heute an in Angriff nehmen wollen.(Lebhafter Bei- fall bei den Franzosen und Engländerin) Wir wollen keinen Generalstreik, uns genügt der Streik der Arbeiter, die das Kriegs» Material herstellen, und wir haben unseren Zusatzantrag dahin abgeändert, daß wir die Einschaltung in der Klammer durch daS WortKriegsmaierial" ersetzt haben. Allein der Streik jener Industrie, in der ich selbst einst gearbeitet habe, wird genügen, um den Krieg zu verhindern, ich meine die Köhlengräber. Der Inter» nationale Bergarbeiterkongreß in Brüssel hat vor einigen Wochen zur Frage der Anwendung des Generalstreiks zur Abwehr deZ Krieges Stellung genommen und einen Vorschlag an den Vorstand der Internationalen Föderation verwiesen, damit er dem nächsten Kongreß zur praktikchcn Ausführung wieder vorgelegt wird. (Widerspruch bei den deutschen Bergarbeitern.) Die Arbeiter aller Notionen, die hier auf dem Kongreß vertreten sind, sollten diesem Beispiel folgen. Wenn wir die Arbeiter dazu erziehen, mit allen Mitteln im Parlament und in der Wcrkstätte gegen den Militaris- mus zu agitieren, dürfen wir die Zuversicht haben, daß sie unseren Ruf hören werden, wenn er an sie ergeht.(Lebhafter Beifall.) Auf Vorschlag von JaureS erhält in der Diskussion ab- wechselnd ein Redner für und ein Redner gegen den Zusatzantrag Keir HardieS das Wort. Dr. Renncr-Oesterreich: Die Kommission hatte den Auftrag, in erster Linie die Frage des Schiedsgerichts und der Abrüstung zu prüfen. Sic konnte also garnicht in erster Linie die Mittel erörtern, die dem Proletariat zu Gebote stehen, um einen Krieg zu verhindern. Was nun den Antrag Keir Hardie anbetrifft, so war dieser schon in Stuttgart Gegenstand lebhafter Erörterungen. Den Wortlaut der Stuttgarter Resolution ist festgelegt worden auf Grund eines sorgfältig vorbereiteten Kompromisses, das zwischen den deutschen und französischen Bruderparteien unter Intervention der Belgier und Oesterreicher abgeschlossen war. Der Stuttgarter Beschluß stammt aus einer Zeit, in der beide Länder unmittelbar vor einer Kriegsgefahr standen und alle Ursache hatten, ihre Worte abzu- wägen. Diesen Beschluß hat die Kommission rekapituliert und sich nicht angemaßt, den einmal gefaßten Beschluß der Internationale, den sie für vollkomme» zweckentsprechend hielt, ohne einen Auftrag umzustoßen. Dennoch hat die Debatte über die Mittel zur Ver» Hinderung des Krieges hier wieder auf daS lebhafteste eingesetzt und wir alle stehen wohl unter dem Eindruck der kraftigen Worte Keir HardieS. Wenn eS nur auf den Willen ankäme, wären wir all« mit ihm einverstanden und soweit eS auf den Willen zur Tat ankommt, freuen wir uns, daß dieser Vorkämpfer der Internationale in weißen Haaren unserem revolutionären Temperament«in Muster gewesen ist. Aber wir haben hier nicht unserer Leidenfdstift Aus­druck zu geben. Der interualionalle Kongreß hat ander« Aufgaben. Der Komnii ssion war vor allem das eine klar, baß gegen einen Beschluß auf Verpflichtung zum Generalstreik eine Reihe Nationen geschlossen standen. Genosse Morgan hat für Italien erklärt, daß der Beschluß de? GcnevalstreikS Selbstmord der Partei wäre. Der Vertreter Deutschlands hat erklärt, daß ein solcher Beschluß die Partei selbst mit dem Makel der Illegalität belegen würde, und ich selbst habe für Oesterreich erklärt, daß wir auf Grund dieses Beschlusses viel- leicht in die Lage kommen könnten, bis zum Ausbruch eine? Krieges zwar eine sozialdemokratische Partei zu kein, im Krugs falle aber nicht mehr, weil die Resolution die Handhabe zu den schlimmsten Verfolgungen geben würde. Der international« Kongreß darf nicht über eine oder andere Auffassung zu Gericht sitzen, sondern darf nur die Ziel« festsetzen, in denen alle Genossen einig find. Wir haben eL nicht für zweckmäßig gehalten, festzustellen, welche Meinungsverschiedenheit über dieses oder jenes Mittel besteht, son. dern die Uebereinstimmung in den KampfeSzielen zu betonen. ES ist vollständig klar, daß ine Stuttgarter Resolution alle Parteien verpflichtet, jedes ihnen zu Gebote stehend« Mittel, daS ihnen wirk- sam erscheint, anzuwenden, um die Kriegsgefahr zu bekämpfen, auch den politischen Massenstreik. ES muß aber jeder Partei überlassen werden zu beurteilen, ob sie das Mittel gebrauchen kann. ES wäre nicht klug gewesen, hätten wir etivas beschlossen, von dem wir von vornherein wissen mußten, daß das Abstimmungsergebnis zwcifel» Haft ist. Seit dem Stuttgarter internationalen Kongreß ist die Diskussion dieser Frage, die Klärung der Meinungen unter den Sozialdemokraten aller Länder nicht fortgeschritten. ES ist deshalb nicht klug, diese Resolution zu ändern. Wir Oesterreicher haben die Kriegsgefahr in nächster Nähe gesehen. Vor zwei Jahren und vor einem Jahr haben wir alle Muhe gehabt, die Kriegsgefahr zu bekämpfen und auch Gelegenheit, die Tragweite der einzelnen Mittel zu prüfen. Wir haben die Psychologie des ganzen Volkes kennen gelernt in der Situation vor dem Kriege und aus dieser Erfahrung nicht den Mut geschöpft, für die Dellaration des Eeneralstrcits aller, verpflichtend für alle Parteien, einzutreten.(Hört, hört!) Oesterreicher und Reichsdeutsche kommen aus den Ländern des pärkstW Militgrismys und hgbs» daher des traurigen Vorzug, m