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Freie Hilfskrankenkassen gegen die ReichSverficherungS- ordnnug. Sonntag tagte in Elberfeld ein.Kongreß der freien Hilfskassen Deutschlands ", der von zirka 400 Dele- gierten, zumeist aus dem Bergischen Lande; zum Teil aber auch aus Düsfeldorf, Köln , Essen, Hannover , Hamburg , Leipzig usw. be- schickt war. Der nationalliberale Redakteur Schmidt-Solingen sprach über das Thema:Sind die freienHilsskassen existenzberechtigt? Bureau- Vorsteher Köster-Elberfeld besprach die Maßnahmen, die zu ergreifen seien, um die Schäden der neuen Reichsversicherungs- Ordnung abzuwenden. Die Tagung entwickelte sich schließlich zu einer elenden Komödie. Durchaus ungenügende Vorbereitungen und die Unkenntnis der Materie, die insbesondere bei dem zweiten Referenten geradezu verblüffend war, machte eine erfolgreiche Arbeit von Anfang an unmöglich. Gleichzeitig trat im Laufe der Verhandlungen immer deutlicher hervor, daß derKon- greß" von den Vertretern kaufmännischer und ähnlicher Hilfs- lassen dazu ausgebeutet werden sollte, für deren Sonder- bestrebnngen zu wirken. Die Vertreter der freien Hilfskassen des bergischen Landes, die gekommen waren, für die Jnteresien ihrer seit geraumer Zeit bestehenden Hilfskassen zu sprechen, konnten dabei natürlich nicht mitmachen. Der Kongreß endete damit, daß am Nachmittage,«ach etwa vierstündiger Verhandlungsdauer, und nach- dem sich etwa neun Zehntel der Teilnehmer entfernt hatten, eine Kommission eingesetzt wurde, die eventuell eine Petition an den Reichstag ausajjjeiten soll._ Ein Unzufriedener. Fürst R a d o l i n, der bisherige Botschafter in Paris , der seinen Posten dem früheren Staatssekretär v. S ch o e n überlassen muß, hat bei einer Abschiedsfeier, die ihm zu Ehren veranstaltet wurde, seiner Unzufriedenheit misi seiner Kalt- stellung unverhohlen Ausdruck gegeben. Mit aufrichtigem Schmerze, sagte der Botschafter, scheide er von der Kolonie, mit um so größerem Schmerze, als er mitten aus seiner Tätigkeit in etwas unerwarteter Weise von seinem Po st en abberufen worden sei, obwohl er sich noch r ü st i g genug fühle, das begonnene Werk fortzusetzen. Man sieht, es wird jetzt allmählich Sitte, daß die»Hand- langer" gegen die Abhalfterung protestieren. Ein klerikales Urteil über die spanische» Klosterschulen. Die»Trierische Landeszeitung", ein rheinisches Zentrumsblatt, veröffentlicht eine Reihe spanischer Briefevon einem besonderen Mitarbeiter". In einem dieser Briefe, der in Nr. 208 dieses Blattes an leitender Stelle veröffentlicht wird, findet man dieses vernichtende Urteil über die Klosterschulen in Spanien : Der Radikalismus in Spanien macht gewaltige Fortschritte. Die Klosterschulen haben gewiß ihr Gutes, aber im allgemeinen entsprechen sre nicht mehr den modernen An- forderungen. Die oberen Stände sind in Spanien durchweg streng katholisch. Diejenigen klösterlichen Erziehungsanstalten, welche für diese Klassen in Betracht kommen, sind besonders für die weibliche Jugend ungemein kostspielig, so daß diese Häuser den mittleren Ständen verschlossen find. Die Klosterschulen für die Armen und das niedere Volk nun, die fast oder ganz unentgeltlich die Kinder erziehen, find mehr als dürftig. Wenn man diese Art von Schulen genauer betrachtet und Unterricht und Erziehung vom vernünftig pädagogischen Standpunkt aus beschaut, dann können einem die spanischen Kinder dieser Schulen herzlich leid tun. Von eigentlichen, geregeltem Unterricht ist gar keine Rede. Auch hier muß man ehrlich bei persönlicher Inaugenscheinnahme sagen: Neben den religiösen Uebungen etwas mehr solides, wenigstens allerclemen- tarstes Wissen. Dieser Brandmarkung aus der Feder eines Klerikalen halte man die Glorifizierung der kirchlichen Schulen gegenüber, wie sie bei den Ultramontanen gang und gäbe ist. Die Schilderung läßt uns weiter ermessen, was uns blühen würde, wenn die Klerikalen bei uns zu Lande die Macht hätten, die sie haben möchten. Sttchwahttakttk der sächsischen NationaMberalen. Nach einer Erklärung deS nationalliberalen Generalsekretärs für Sachsen , Dr. Brüß, werden die Nationalliberalen Mann für Mann für jeden bürgerlichen Kandidaten eintreten, der in die Stichwahl mit einem Sozialdemokraten kommt. Also ein Rechtsabmarsch in aller Form. Dieser Beschluß ist offenbar das Resultat der Drohungen und Werbungen, mit denen die National- liberalen dem schwarzblauen Block zugetrieben wurden. Erst dieser Tage wurde auf der deutschsozialen Landesversammlung in M e i ß e n gedroht, die Rechtsparteien würden überall Gewehr bei Fuß stehen, wo die Nationalliberalen mit den Sozialdemokraten zu kämpfen hätten, wenn die ersteren ihre Taktil gegen die Parteien der Rechten nicht änderten. Die Konservativen lassen sich übrigens durch das nationalliberale Entgegenkommen nicht abhalten, mit eigenen Kandidaten gegen die Nattonalliberalen vorzugehen. In derKreuz-Ztg." wird z. B. dieNotwendigkeit einer konservativen Sonderkandidatur im Wahlkreise Löbau (2. sächsischer Reichstags- Wahlkreis) betont mit dem Beschluß der Liberalen dieses Kreises, an der Kandidatur des jetzigen Vertreters Dr. Weber festzuhalten. DieKreuz-Zeitung " sagt:Wir zweifeln daran, daß es möglich sein würde, auch nur den größeren Teil der konservativen Wählerschaft zu bewegen, diesem Herrn ihre Stimme zu geben. Kein nationalliberaler Parlamentarier hat wohl in der Finanzreformkampaane eine so unheilvolle Rolle gespielt wie der Abg. Dr. Weber. Ohne seinen Einfluß würde eS nach unserer Ueberzeugung zu dem scharfen Bruch mit der Rechten nicht gekommen sein. Bezeichnenderweise hatte er auch bei dem bekannten ExoduS des Gesamtliberalismus und der Sozialdemokratie aus der Finanzkommission die Führung. Eür so selbstlos sollten denn doch die Nationalliberalen die onservativen nicht halten, daß sie einem»intimen" Feinde die Kastanien aus dem Feuer cholen möchten." Eine wichtige Entscheidung. Man schreibt uns aus Baden: In zwei Instanzen sS-böffengericht und Strafkammer) hat in Karlsruhe das Strafgericht entschieden, daß für die Ein- fuhr des Wildprets keine städtische Verbrauchs- steu er zu bezahlen ist. Es gründet sich dieses Urteil auf den bekannten Artikel des Zolltarifs, der für das Jahr 1910 das Oktroi auf Fleischwaren usw. aufhebt. Zur Jnter- prewtion dieser gesetzlichen Bestimmung wurde bekanntlich geltend gemacht, daß Geflügel und Wildpret in diesem Ausnahmegesetz nicht inbegriffen sein könnten, weil der Begriff Fleischtvare steuertechnisch auf solche Körper keine Anwendung fände. Die gerichtliche Entscheidung wurde provoziert durch eine Klage der Karlsruher Interessenten. In ihrem Auftrage verweigerte der Ge- flügel- und Wildprethändler V i e f e l d(Firma C. F. Frey, Hof« lieferant) die Bezahlung der Verbrauchssteuer für eine Sendung Rehwild. Die Stadtbehörde ließ durch das Bezirksamt eine Geld- strafe wegen Vergehens gegen das OrtSstatut der Verbrauchssteuer ausspreche»; so konnte die Sache ihren Weg der Offizialklage gehen. Der dabei erzielte Erfolg ist von allgemeiner Bedeutung. Ein Kasernenbild häßlichster Art wurde durch eine Verhandlung vor dem Kriegsgericht der 15. Division enthüllt. Ein Musketier von der 12. Kompagnie des Infanterie- Regiments Nr. 68 in K o b l e n z kam eines Sonntags nach Zapfen- streich beinmken in die Kaserne. ZurStrafe" hierfür wurde sämtlichen Musketieren der ganzen Kompagnie am folgenden Sonntag der Urlaub verweigert. obwohl sie an den Verfehlungen des Kameraden nicht den alker- mindesten Anteil hatten. Diese unerhört ungerechte Behandlung der Kameraden des Soldaten wurde von diesen, wie es ja traditionell in der Armee ist und was sich die Vorgesetzten daher vorher sagen mußten, so aufgefaßt, als ob man nun»erzieherisch" auf den Sünder einwirken müsse. Und das geschah in folgender Weise: Mit Klopf- peitschen, Schemelbeinen und anderen gefährlichen Gegen- ständen überfielen die Kameraden nachts den Mann. Einer kniete sich auf ihn und bedeckte sein Gesicht, die anderen aber hieben in der fürchterlichsten Weise auf ihn ein, so daß er am ganzen Körper Verletzungen erlitt. Damit noch nicht genug, kamen nachher nochmals vier Mann und schlugen den Schwerverletzten derart über den Kopf, daß er bewußtlos wurde. Drei Wochen lang mußte das Opfer jener sinnwidrigen Anordnung eines ungerechten Vorgesetzten im Lazarett liegen. Von den brutalen Kameraden konnten nur fünf ermittelt werden. Sie erhielten je 14 Tage Gefängnis. Was geschieht mit dem wirklichen Schuldigen? I_ Oeltemicb. Die Fleischeinfuhr aus Argentinien . Der Wiener Gemeinderat hat einen Antrag des Stadt- rats angenommen, der die Regierung auffordert, die Einfuhr argenttnischen Fleisches sofort zu gestatten, da dies das e i n z i g e M i t t e l ist, der Fleischnot zu steuern. Die Re- gierung habe die Verantwortung für die Folgen fernerer Weigerung zu tragen. Wenn dieselben Christlichsozialen, die im Parlament stets die Anttteuerungsanträge unserer Genossen niederstimmten, dies erklären, werden selbst die Agrarier und die von der Fleischnot ausgenonimenen Bureaukraten nicht länger an ihren Behauptungen festhalten können. Ein Be- richt der Approvisionierungsabteilung des Magistrats zu diesem Gegenstand enthält manche auch für Deutschland interessante Mitteilung, so zum Beispiel über die vorzüglichen Veterinär- Polizeilichen Verhältnisse in Argenttnien, deren Organe aus zwei ausgezeichneten Veterinärhochschulen hervorgehen. An der Spitze des Veterinärdepartements im argenttnischen Ackerbauministerium steht der als Autorität geltende Professor Ligniöres allerdings ein Wissenschafter und weder ein Junker, noch ein alter Herr der Bonner Borussia. Fleischbeschau findet vor und nach der Schlachtung statt. Auch die Zuchttiere werden sorgfältig untersucht. Das Schlachthauspersonal wird regelmäßig auf ansteckende Krankheiten untersucht. Kein Stück Fleisch wird ohne ärztliche Kontrolle ausgeführt. Selbst mit dem enormen Zoll von 30 Heller(25 Pf.) pro Kilogramm und den teuren Frachtgebühren der Südbahn von Trieft nach Wien und den Manipulations -, Kühl- und Oktroi(städtische Verzehrungssteuer) Gebühren würde das argenttnische Fleisch in Wien um 3050 Heller billiger sein als das heimische! Schon mit der Seefracht würde das Fleisch in Trieft Prc Kilo 5866 Heller kosten. Bei solchen Verhältnissen die Einfuhr argenttnischen Fleisches nicht zu gestatten, ist natürlich eine unverhüllte Dienstleistung der vom Volke bezahlten Minister für die Hand- voll Interessenten der Wucherpreise in Oesterreich ebenso wie in Deutschland . In Wien finden bereits allabendlich mehrere Volks- versanimlungen zur Unterstützung des nun auch vom christlich- sozialen Gemeinderat gestellten Begehrens statt. Eine Stndienkommission. Wien , 12. September. Das Ministerium deS Innern hat im Einvernehmen mit dem Ackerbauministerium beschloffen, eine K o m- Mission zum Studium der Frage der Einfuhr argentini- schen Fleisches nach Argenttnien zu entsenden. Die Kommission wird bereits mit der nächsten Schiffsgelegenheit die Reise nach Argentinien antreten. frankreick. Die Beruhigungspoliti? Aus Pari? wird uns geschrieben: Wie üblich ist auch diesmal die stille Zeit des politischen Sommers mit unoffizieller und offi- zieller Kannegießerei ausgefüllt worden. Die offizielle war sogar ausgiebiger als sonst. Wenn das Volk von billigen Redensarten leben könnte, wäre der Teuerung vollständig abgeholfen. Eine Ueberraschung war die rednerische Geschäftigkeit des Präsidenten der Republik, der, ohne formell aus seiner verfassungsmäßigen politischen Neutralität herauszutreten, sich in einen Wanderredner für die Briandschen Regierungsmethoden verwandelte. Allerdings wird das, was Briand bedeutet, im gouvernementellen Argot Gambetta " ausgesprochen:Mit der eigenen Partei für das ganze Land regieren" dieses Wort deS demokratischen Tribunen, das seinerzeit die Illusionen einer politisch noch nicht verbrauchten Klasse ausdrücken mochte, ist jetzt nur die Bezeichnung für die Zweideutigkeit eines grundsatzlosen Ministeriums. Welches ist denn die Partei, mit der Briand regieren will? Die Radikalsozialisten um Combes und Pelletan, die noch immer nicht verstanden haben, daß die besitzenden Klaffen eine geschickte, starke und im Bedarfsfall gewalttätige Verwaltung der Beglückung durch die großen Phrasen und die kleinen Schmutzereien der parlamentarischen Klüngel vor- ziehen, haben ohne Effekt eine klare Antwort auf diese Frage ge- fordert. Schließlich wollte dieLanterne" von der demokratischen Allianz eine ausdrückliche Auskunft darüber haben, wie sich diese großbürgerliche Mittelpartei zum Eintritt der erzreaktionären, klerikalen und manchesterlichen Progressisten in die Majorität stelle. Die Antwort lautet, daß in der Mehrheit jeder Platz habe, der für die Republik , die weltlichen und demokratischen Reformen sei. Da die Progressisten die Wiedergewinnung der politischen Macht nicht um einer klerikalen, die revolutionären Traditionen neu belebenden Kampfpolitik preiszugeben Lust haben, ist in der Tat ihre Mit- Wirkung an einer Politik, die auf die Beilegung aller Konflikte zwischen den großen bürgerlichen Parteien gerichtet ist, ganz natür- lich. In den großen parlamentarischen Schlachten der letzten Zeit haben ohnehin die Progressisten fast immer ministeriell gestimmt. Ob ihr Einfluß schließlich wieder in einer Teilnahme an der Re- gierung zum Ausdruck kommen wird, hängt hauptfächlich von der Art und vom Tempo des Zerfalls der radikalen Partei ab. Aber in der Tat besorgt die Regierung schon heute die Geschäfte der Klasse, die hinter den Progressisten steht. Mian nennt das die Politik der Beruhigung, desapsizement". Die besitzenden Klassen kommen zur Einsicht, daß der große pathe» tische, im Rausch der Dreyfus-Revolution verkündigte Kampf zwischen Licht und Finsternis auf das Maß eines nüchternen Jnteressenstreits zurückgeführt und zum Heil der bürgerlichen Ord- nung abgeschlossen werden muß.Beruhigt" muß aber die Bour- geoisie auch in dem Sinne werden, daß ihr der regierende Radi- kaliSmuS feine Energie in der Bekämpfung des Proletariats ver- bürgt. Briand ist sicher zu diesem Geschäft ganz besonders be- fähigt. Sogar daß er formell nicht zur radikalen Partei gehört, kommt ihm zugute, da diese unter seiner Regierung die Preisgabe ihres Programms weniger auffällig vollziehen kann. Die demo- krattfche Allianz sieht in ihm den willfährigen Verhinderer der dem Axoßlgpiigl vprWten Finanzre�oxmen. die Progressisten v?r. krauen auf fekffl! ffickfeftn WaMustM. Vis kn fike tN'offaÄhlMche Presse reicht der Kreis seiner Protektoren und Lobredner. Der Spießbürger schreibt seiner Geschicklichkeit und Festigkeit die durch eigene Fehler verschuldete Erschlafsimg der Gewerkschaftsbewegung und das Ausbleiben des Eisenbahnerstreiks zu. So scheint seine Regierung den Anschlägen der radikalsozialistischen Opposition entrückt. Die Sicherheit, einen rücksichtslosen Bekämpfer dex Ar- beiterbewegung die Staatsgeschäfte leiten zu sehen, ist für eine beunruhigte Bourgeoisie das entscheidende Argument einer Beruhi- gungspolitik. Amerika. Erfolge der Demokraten. Augusta (Maine ), 12. September. Die ersten über die heutigen Gouverneurs- und Legislatur wählen eingelaufenen Nachrichten, die etwa ein Sechstel des Gesamtresultats darstellen, lassen einen demokratischen Stimmenzuwachs von 12 Prozent und einen republikanischen Stimmenverlust von 6 Prozent erkennen. Nach den bisher vorliegenden Ergebnissen der Wahlen im Staate Maine , der bisher eine Hochburg der Republikaner war, ist der demokratische Kandidat für den Gouverneurs- Posten Plaisted gegen den bisherigen republikanischen Gouverneur Fernald gewählt worden, und zwar, wie das demokrattsche Komitee behauptet, mit einer Mehrheit von 5000 Stimmen. Ferner sind nach der eigenen Aussage des Vorsitzenden des republikani - schen StaatskomiteeS drei demokratische Kandidaten für die Staatslegislatur gewählt worden. New Jork , 13. September. Im Staate Maine find von 31 gewählten Staatssenatoren 21 Demokraten. Die Demokraten hatten bisher nur 8 Sitze. Präsident Taft soll wegen der politischen Lage beabsichtigen, die Reist nach Panama aufzugeben. Die Republikaner sind geneigt, das Wahlresultat in Maine den strikten Temperenzgesetzen zuzuschreiben, die seit Jahrzehnten und zuletzt gegen wachsen!« Opposition von der republikanischen Majorität anstecht erhalten wurden. Die demokratische Presse er- klärt, die allgemeinen politischen Fragen seien entscheidend gewesen und sie hält den demokratischen Steg bei den allgemeinen Wahlen für gesichert. Die Volksabstimmung in Arcansas und Arizona er- gab große Mehrheiten für die Einführung der Initiative und des Referendums._ Eine Anklage gegen den Fleischtrnst. Chicago , 13. September. Die Federal Grand-Jurh hat gegen hohe Beamte der Fleischverpackungsfirmen Armour, Swift und Morris die Anklage wegen Ausübung ungesetzlichen Monopols und gesetzwidriger Verabredung ein» geleitet. Mxiko. Sklaverei. In den Enthüllungen, die L. Turner unter dem Titel: Das barbarische Mexiko in dem amerikanischen »Fry Magazine" ver» öffentlicht, wird ein furchtbares Bild von dem Treiben der mexika» nischen Großgrundbesitzer und ihres Vertrauensmannes, des in unserer bürgerlichen Presse vielgefeierten und auch von Taft geehrten blutdürstigen Präsidenten D i a z gegeben. Besonders traurig ist das Schicksal der Jndianerbevölkerung, die großenteils in völliger Sklaverei, im strengsten Sinne des Wortes, gehalten wird. Turner erzählt:. Uucatan. ein mexikanischer Staat(südwestlich, im Golf von Mexiko ) gehört fünf Königen, die den Handel mit Menschenfleisch treiben. Dort gibt es, neben 3000 Chinesen, 3000 Aaki aus Sonora und 100000 bis 125 000 Maya (beides Jndianervölkcr). Der Sklave von Ducatan erhält keinen Lohn und fast keine Nahrung. Man hungert ihn aus und prügelt ihn. Nachts sperrt man ihn in einen Pferch, der einem Kerker gleicht. Krank sein darf er nicht. Er muß trotzdem arbeiten. Diemannbaren Frauen werden gezwungen, Männer ihrer Rasse zu heiraten, um Nachwuchs zu bringen. Eine Schule gibt es nicht. Alle Sklaven hängen ganz von der Laune des Herrn ab, der sie straflos töten kann. Alls Sklaven arbeiten von morgens 4 Uhr bis in die tiefe Nacht. Sie erhalten nur eine Mahlzeit am Tage, bestehend aus Saubohnen, Fischen und Maiskuchen." In den Lobliedern, die unsere bürgerliche Presse dengeordneten Verhältnissen" Mexikos und seinemtat» kräftigen" Präsidenten widmet, hört man von diesen Scheußlichkeiten freilich nichts._______ Sozialem (Siehe auch 1. Beilage.) Kinderschutz im Fürstentume Reus? j. L. Die Beschäftigiung von Kindern in gewerblichen und lanbwirt- schaftlichen Betrieben in Reutz j. L. hat zu Verstößen gegen die Kinberschutzbestimmungen geführt, so daß sich das Fürstliche Mini- sterium veranlaßt sah, die Schulvorstände aufzufordern, eine Ucber- ficht über die Beschäftigung von Kindern in gewerblichen Betriebe« aufzustellen. In der Begründung wird betont, daß Schulkinder mit gewerblichen und landwirtschaftlichen Arbeiten, namentlich vor Beginn deS Vormittagsunterrichts, befchäfttgt werden, so daß sie infolge Abspannung und Ermattung dem Unterricht nicht zu folgen vermögen. Die Schulvorstände werden daher veranlaßt, darüber zu wachen und dafür zu sorgen, daß Kinder in der Landwirtschast nicht vor Beginn deS Vormittagsunterrichts und in gewerblichen Betrieben nur innerhalb der im Rcichsgesetze gezogenen Grenze» beschäftigt werden. Bezüglich der Kinderarbeit in gewerblichen Betrieben gelten als eigene Kinder solche, die mit dem Unternehmer oder dessen Ehegatten bis zum dritten Grade verwandt sind oder die von dem Unternehmer oder dessen Ehegatten an KindeSstatt angenommen oder bevormundet sind, oder die dem, der sie zugleich mit Kindern der vorher bezeichneten Arten beschäftigt, zur gesetz- lichen Zwangserziehung überwiesen sind, sofern alle diese Kinder zu dem Hausstande des Unternehmers gehören. Alle anderen Kinder gelten als fremde Kinder. Werden Mißstände wahr» genommen und sind die vorgenommenen Maßregeln ohne Erfolg» so ist von den Echulvorständen an die vorgesetzte Behörde zu berilbten. Die Aufftellung der Uebersicht über die Zahl der gewerblich beschäftigten Kinder, die von den Schulvorständen verlangt wird, zu geben, wäre eigentlich Sache des Gewerbeinspektors. In desse« Berichten, die sich durch das auszeichnen, was nicht drin steht, findet man aber eine solche Uebersicht nicht. Aber das geht aus seinen Berichten hervor, daß gegen die Uebertreter der Schutze bestimmungen für Kinder und Jugendliche nicht so vorgegangen wird, wie es nötig ist, wenn die Unternehmer von Uebertretungen abgeschreckt werden sollen. Nach dem Berichte für 1908 wurden in 112 Betrieben 126 Uebertretungen der bezeichneten Art ermittelt; nur 3 Unternehmer wurden gerichtlich bestraft. Wegen Ucber- tretungen der Bestimmungen des KinderschntzgesetzeS insbesondere wurden 15 Anzeigen erstattet und 13 Personen gerichtlich bestraft. Im Jahre 1909 wurden in 94 Betrieben 114 Zuwiderhandlungen gegen die Schutzvorschriften für Jugendliche festgestellt; bestraft wurden nur 4 Unternehmer. Wegen Verstößen gegen die Be- stimmungen des Kinberschutzgesetzes wurden 16 Anzeige» erstattet, 10 Personen geriHtlich bestraft,