fortern. EvenMs teilt Redner nicht die Auffassung des Referentenüber die fruchtbringende Tätigkeit der Konserenzen der einzelnenLandeSteile. Wer als GewerbegerichtSbeisitzer eine fruchtbringendeTätigkeit ausüben wolle, müsse vor allen Dingen die Literaturstudieren. Bei dem fortwährenden Personenwechsel in den Gewerbe-geeichten hätten die Konferenzen wenig Wert für die Allgemeinheitund seien noch verhältnismässig teuer. Wohl aber könne empfohlenwerden, dass die Gewerkschaftskartelle sich der Sache mehr annehmenmöchten. Auch bezüglich des Musterstatuts solle man die Er-Wartungen nicht zu hoch stellen und namentlich sei die mühevollestatistische Arbeit von nur geringem Wert. Statistiken hätten nurWert bei Erreichung eines bestimmten Zweckes.Die nun einsetzende Diskussion war nicht sehr lebhaft.Teilweise wurden die Ausführungen des Genossen Schmidt unter-stützt, wogegen Starke und Holz die im Berichte des Vor«fitzenden Holz niedergelegten Anschauungen vertreten. Der Wunschauf Verstärkung des Ausschusses wird von allen Rednern geteilt,während die Art der Besetzung bezw. die Verlegung nach Berlineinigen Widerspruch findet. Gewünscht wird die Herausgabe vonkurzen und klaren Kommentaren zum G.-G.-G- Der Ue b e r n a h m eder Tätigkeit der Zentralkommission durch die so»zi a lp o li ti s ch e Abteilung der Generalkommissionder Gewerkschaften wird allseitig zugestimmt.Nur etwa 10 Stimmen sind dagegen. Die Annahme des Antragesauf Verstärkung des Ausschusses erfolgt einstimmig. Der Antrag,die AuSschussmitglieder aus den Berliner Gewerkschaftskreisen zuentnehmen, wird mit 5S gegen b2 Stimmen abgelehnt.In der Nachmittagssitzung begründet Meyer» Fürtheinen Antrag betreffend.Rechtssprechung über das ArbeitSzeugniS.�Redner zeigt an Beispielen, dass die Holzindustriellen-Organisationdoduräh gesetzlich einwandfreie Abkehrscheine kennzeichnet, dass ihreMitglieder nur solche Arbeiter einstellen, die Papiere mit der Ver-bandSfinna haben, während die ordnungsmässigen Entlassungs-Papiere von Einzelunternehmern eine sechswöchentliche Aussperrungbedeuten. Durch landgerichtliches Urteil find den GekennzeichnetenEntschädigungen zugesprochen.Eine lebhafte Diskussion entfesselt ein anderer Antrag Stettin«iv r a u n s ch w e i g, der sich mit derAufrechnungbezw. mit dem angeblichen Zurückbehaltungsrecht befasst. Aus denDarlegungen geht hervor, dass noch vielerorts das ZurückbehaltungS-recht anerkannt wird, obwohl dem klare gesetzliche Be-stimmungen entgegen stehen. Da selbst hohe Gerichte, wie dasOberlandeSgericht in Köln und der 8. Zivilsenat des KammergerichtsdaS Zurückbehaltungsrecht zugebilligt haben, so stehen viele Juristenunter dem Einfluss dieser Erkenntnisse zum Schaden der Arbeiter. ESwurde allseitig dringend empfohlen, streng auf die Wahrung derRechte der Arbeiter zu achten.Dann wurde noch das Wahlresultat für den AuSschuh bekanntgegeben. Der bisherige Vertreter Starke wurde mit grosser Mehr«heit<109 Stimmen) wiedergewählt. Als eventl. zweiter Vertreterwurd Holz» Dresden und als Ersatzmann K ö r st e n« Berlin ge«wählt. Stimmt der Verband der Verstärkung des Ausschusses nichtzu, dann gilt Holz als Vertreter von Starke.Morgen wird die Tagung fortgesetzt.5. Kerblttldstag des Nerbmidrs der Knch- und Stein-drnckerei-Hjlfsnrbtiter n. Arbeiterinnen Dentschlands.Bremen, IS. Septembep.2. Berhanblungstag.Das Resultat der Beratung derTarifbewegungbildet die Annahme einer von der Referentin, Frau Thiede,empfohlenen Resolution, in der gesagt wird:„Der VerbandStag hält den weiteren Ausbau unserer Tarif.gemeinschaft für eine Notwendigkeit. Die gesammelten Ersah»runaen während der ersten Tarisperwd« sollen dazu dienen, teil.weise neue, den Verhältnissen entsprechende Vorschläge auszu«arbeiten und diese der Prinzipalsvereinigung zur geeigneten Zeitzu übersenden.Als wichtigste Aufgaben dafür gelten: 1. Die Verbesserungder Lohnverhaltnisse. 2. Die eingehende Revision der„All-gemeinen Bestimmungen". 3. Die Verpflichtung der Prinzipals-Vereinigungen aller Städte(des Deutschen BuchdruckervereinS),mit uns in Tarifverhandlungen einzutreten, wenn die Vorbe«dingungen, die das Tarisamt am 19. Januar 1910 aufstellte, er-füllt sind.Eine allgemeine Statistik über Löhne, Arbeitszeit usw. tmrdAnfang 1911 aufgenommen; die da gewonnenen Zcchlen sollen alsGrundlage zur Tarifrevision gelten. Die Tarifstädte werden be.auftragt ihre Abänderungsanträge zu den„Allgemeinen Bestim»mungen beim Verbandsvorstand einzureichen, der dies« mitseinen Anträgen zusammenstellt und die daraus geschaffene Vor-tage einer Gauletterkonferenz zur Beratung und B-schlutzfassungunterbreitet. Die Gauleiterlonferenz wählt aus ihrer Mitte diezur Tarifverhandlung beauftragten Kollogen und Kolleginnen.Von den Buchdruckergehilfen erwarten wir, dass sie aus ihrerGeneralversammlung 1911 und bei der späteren Tarifrevifton dieSolidaritätsklausel dahin erweitern, dass bei Tarifbcwegungen desHilfspersonals, die unter Beachtung der Satzungen und Kün-digungß fristen erfolgen, den tariftreuen Gehilfen nicht zugemutetwerden ims. weder mit geübten noch ungeübten Hilfsarbeiternund»Arbeiterinnen zu arbeiten."Ueber die Punkte„Unsere Taktik bei Lohnbewegungen in Stein.brnckereien" und„Unsere Stellung zu den anderen graphischen Be-rufen"— die ebenfalls in geschlossener Sitzung behandelt werden—referierte auch Frau T h ,e d e- Berlin. Zum ersten Punkt legtesie folgende Resolution vor:.....„Der VerbandStag erachtet es als eine Notwendigkeit, woirgend möglich, die Lohn, und Arbeitsbedingungen unserer Kol-legen und Kolleginnen des Steiudruckgewerbes durch Tarife zurcgelu. Wo den gemeinsamen Tarifabschlüssen mit dem Buch-druckerpersonal, den Orts- oder Druckereitarisen, durch die Prm.zipale Hindernässe bereitet werden oder solche Abschlüsse unmöglichsind, soll mit aller Entschiedenheit durch geeignete Matznahmeneine Verbesserung der Lohn, und Arbeitsbedingungen angestrebtwerden. Bei der vom Schutzvecband geübten Taktik wird dabesonders wirksam ein gemeinsames Vorgehen mit den Stein-druckgehilfen und Buchbindern empfohlen."Die zum zweiten Punkt unterbreitete Resolution hat diesenWortlaut:..,„Der graphische Jnd u strreverband wird als diebeste und vollkommenste Organisationsform anerkannt. Bis zurErreichung dieses Zieles empfiehlt der Verbandstag, an möglichstallen Orten Deutschlands graphische Kartelle zu errichten, die stchaus Delegierten aller graphischen Berufe zusammensetzen.Es wird als praktisch anerkannt, daß die graphischen Zentral-vorstände in Berlin in gemeinsamer Sitzung Satzungen aufstellen,die bei Soltdaritätsbekundungen als Grundlage dienen, wobei derGrundsatz aufgestellt werden mutz, wo irgend möglich, gemein»same Lohnbewegungen einzuleiten. Wo gemeinsames Vorgehenaus irgend welchen Gründen nicht möglich ist, kann nur dannSolidarität geübt werden, wenn vor der Bewegung eine gemein-kam« Beratung stattgefunden hat."Beide Punkte, die zusammen erörtert wurden, riefen einevinger« Debatte hervor. Der Vertreter des Buchdruckerverbandes,Grassmann- Berlin, erklärte, dass sein Verband keinen Vorteilin der Schaffung eines Jndustrieverbandes erblickt. Die übrigen inBetracht kommenden Verbände— Lithographen und Stelndruckerand Buchbinder— stehen der Verschmelzung sehr sympathischgegenüber und ihre Vertreter geben diesbezügliche Erklärungen ab.Die vorgelegten Resolutionen finden einstimmige Annahme.Der zweiten wurde anzesuzt, daß zur Förderung und Erteilung vonDirektiven zwecks Gründung graphischer Kartell« versucht wertensoll, ein graphisches Zentralkartell zu errichten.Dann wurde in die Statutenberatung eingetreten, diemorgen sortgesetzt wird._Jim Induftne und ftandelSchmieröl.Personen, die durch Geburt oder Staatsstellungen, die sie bisherinne hatten, Einfluss nach„oben" haben, denen die Geheimtüren inden Ministerien offen stehen, wurden schon immer gern als Re-Präsentanten von industriellen und anderen ErwerbSunternehmenengagiert. In Erinnerung ist noch, wie die Kartellenquete Personenins Jndustrielager abjchweuken liess, die vorher gute RegierungS-kräfte gewesen waren. Unternehmungen wie Krupp, AllgemeineElektrizitälsgesellschaft, Deutsche Bank, Grosse Berliner Strassenbahn-gesellschaft und viele andere versorgen sich schon oft mit„unbrauch-bar" gewordenen Regierungskrästen. An eine kleine niedlicheEpisode dieser Art, die Zeuge ist von einer guten Verbindungder Regierung mit dem amerikanischen Oeltrust, er-innert jetzt die Fachzeitschrift„Petroleum". Zu der Zeit, als HerrBudde für das Eisenbahngeschäst der Deutschen Vakuum OilCompagnie— einer Tochtergründung deS OiltnisteS— noch vonausschlaggebender Bedeutung war, wurde eines TageS seinNeffe bei der Deutschen Vakuum Oil Gesellschaftuntergebracht. Wie der Trust im einzelnen arbeitet und sicher nichtnur„in anderen Ländern". daS zeigt der Abschluss der amt-lichen Untersuchungen gegen die dänische Tochter»gesellschaft der Amerikaner wegen grandioser„Schmieröl"affSren, die sich innerhalb der dänischenMarine abgespielt haben. Da sind durch diese Gesellschaftmonatelang die Maschinisten einzelner Torpedoboote undanderer Marineschiffe ständig freigehalten worden, damitsie daS Standardschmieröl nicht unangenehm finden, und für seine Ein»führung sprechen, trotzdem eS teurer verkauft wurde als daS Pro»bukt anderer Firmen. Auch wurde ermittelt, dass bestimmte Oel»sorten unter verschiedenen Namen zu den verschiedensten Preisen ver-kaust worden waren. Für die„Rückgabe" der leeren Schmieröl»fässer wurden schon bei der Lieferung deS OeleS so anständigePreise gezahlt, dass einzelne Personen damit ansehnliche Neben-einkommen erzielten. Einmal hatte eine Konkurrenzgesellschaft ineinem dänischen Hafen alle Marinemaschinisten zu einem Festmahleeingeladen, die Tochtergesellschaft der Amerikaner veranstaltete schnellam gleichen Tage im gleichen Hotel ebenfalls«w noch opulenteresFestmahl. Die amtlichen Schilderungen darüber, wie die Meinungenüber die Güte der zwei Oelsorten bei) jenen Festmählern„geschwankt" haben, liest stch wie ein Roman. Einhöherer Beamter, der die„bessere Qualität' der amerikanischenOele nicht anerkennen wollte, erhielt er in einem Firmenbrief»Umschlag eine ö00 Kronennote. Dazu kommt noch, dass die ameri-konische Tochtergesellschaft stch Jahre hindurch trotz der guten Einnahmen aus den Marinelieferungen von der Besteuerung dadurch zudrücken wusste, dass fie stch einfach vom Muttergeschäst über das ge-lieferte Oel so hohe Fakturen schicken liess, daß kein Neingewinnverblieb.Am interessantesten ist mm, was die Zeitschrift.Petroleum'über die deutschen Verhältnisse sagt. Es wird an euerStelle gefragt; warum es die Hamburg-Amerika-Linienicht wagt, ihre Maschinisten genauer nach.Instruktionen" zufragen, die sie zur Verwendung deS OeleS der DeutschenVakuum Oil Compagnie erhatten haben und noch ständigerhalten._Zuckerdividende. Die Zuckerfabrik Kujavien in Amsee beglücktin diesem Jahre die Aktionäre mit einer Dividende von 39 Proz.,im Vorjahre erhielten die„Papierarbeiter" 30 Proz. Da« Attien-kapital beträgt 1 Million, der diesjährige Ueberschuss nicht wenigerals 508 782 M., im Vorjahre 403 889 M.Ein KonknrSantrag, der wegen der Person deS Schuldnerseiniges Aufsehen erregt, beschäftig: die Oeffenllichkeit. Ein Sohn de«bekannten rheinischen Grossinduslriellen Thyssen, der mit der Nieder-deutschen Bank in Verbindung stand, ist durch deren Fallissement inZahlungsschwierigkeiten geraten. Die Vereinigte Stein-, Zement-und Mörtelwerke-Aktien-Gesellschaft beruft nun eine General-Versammlung, deren Tagesordnung auch folgenden Punkt enthält:Beschlussfossung über den sofortigen Weitergang der Wechselklagegegen Herrn August Thyssen jun. und Dr. Borchardt bezw. darüber,über das Vermögen dieser Schuldner der Gesellschaft den Konkurszu beantragen.— Thyssen jun. ist ein bekannter Berliner Lebemann;mit seinem Vater hat er stch entzweit. Er scheint einer von denkleinen Söhnen grosser Väter zu sein.BaumwollernteauSsichten in Rußland. Nach zwei ungünstigenErnten war die letzte vom Jahre 1909 recht günstig. Wie die ErntedeS Jahres 1909, so war auch da« Preisniveau in der Kampagne1909/10 genügend hoch, um der arbeitsamen Bevölkerung vonTurkestan die in den vorhergegangenen beiden weniger guten Ernte-jähren erlittenen Ausfäll« in der Produktion zum Teil zu ersetzen. ImFrühling 1909 hatte die Bevölkerung ZentralastenS ihre letzten Kräfteausgeboten, um die recht günstigen klimatischen Beding»ngen aus-zunutzen. Diese Anstrengung ist von einem so bedeuleuden Erfolggekrönt worden, dass es den turtestanischen Baumwollpflanzern gelungenist, ihre Verschuldung bei den Handelsfirmen stark zu reduzieren.Das Interesse für die Baumwollkultur des JahreS 1910 ist gesteigertworden, weil die vorjährige Ernte bis 90 Proz. Baumwolle ersterSorte aufzuweisen� hatte, was bei den hohen Baumwollpreisenauch eine Vergrösserung der Saatfläche zur Folge hatte.Was nun die klimatischen Bedingungen der neuen Ernte anlangt,so lässt sich gegen das Jahr 1909 ein Unterschied konstatieren. Ab-gesehen davon, dass der Eintritt des FrühlingSwetterS in Zentralasien sich in diesem Jahre verspätet hat, war eS im März ziemlichkalt. Damm haben heuer die Feldarbeiten später begonnen als imvorigen Jahre, wobei die Arbeiten dann auch noch durch Regen auf-gehalten wurden. Glücklicherweise ist aber die Verzögerung in derEntWickelung deS BaumwollstandeS in Zentralasien nicht gross; siekann durch güilstige Witterungsbedingungen wieder gut gemachtwerden._SozialemDer 2, Deutsche Jugendgerichtstag,eine Veranstaltung der Deutschen Zentrale für Jugendfürsorge,wird auf Einladung deS Magistrats zu München in der Zeit vom29. September bis 1. Oktober 1910 tu der bayerischen Hauptstadtabgehalten werden. Ausser beteiligten und interessierten Behörden,Vereinen und Privatpersonen Deutschlands werden auch Oesterreich»die Schweiz und England vertreten sein. Eine Uebcrficht über denStand der Jugendgerichtsbewegung in Deutschland, Oesterreich,England und der Schweiz durch Amtsgerichtsrat Dr. Köhne-Berlin,Oberlandesgerichtsrat Dr. Karl Warhanek-Wien, OberamtSgerichtS»rat Dr. Friedeberg-Weihensee, Professor Dr. Hafter-Zürich bildetden ersten Programmpunkt. Die BorschlSge der Entwürfe der Straf-Prozeßordnung und deö Strafgesetzbuches betr. die Jugendlichenwerden unter dem zweiten Programmpunkt durch Amtsgerichts»Präsident Dr. Becker-Dresden und Professor Dr. Kitzinger-Münchenerörtert werden.— Die Mitwirkung der Staatsanwaltschaft(Re-gierungsrat Dr. Lindenau-Berlin und Staatsanwalt Rupprecht-München)— die Fragen der Abgrenzung zwischen Strafe und Er-zichungsmaßnahmen(OberamtSrichter Perl-München und Staatsanwalt Dr. Wulffen-DreSden)— und das Zusammenwirken sozialerOrganisationen(JugendgerichtShilfe) mit den Organen de? Staates(Staatsanwaltschaft und Richter) gegen die Verwahrlosung derJugend(Staatsanwalt Dr. Stahlknecht- Bremen und RechtsratGrieser-München) sind die weiteren Verhandlungsgegenstände.—Meldungen zur Teilnahme werden an die Geschäftsstelle derDeutschen Zentrale für Jugendfürsorge, Berlin C. 19, Wallstr. 89,baldmöglichst erbeten. Wohnungsanmeldungen(mit Preisangabc)nimmt das Mitglied des Münchener Ortsausschusses, Frau Dr.Christine List, München, Türkenstr. 98, entgegen.Aerzte und Reichsversicherungsordnung.Im„Versicherungsboten" wendet sich Geheimrat Düttmanngegen die Art und Weife,>n der von den Aerzteorganisationengegen die ReichSversicherungsovdnung vorgegangen wird. Dieführenden El-mente im Aerzteverband hätten einen geradezu un-begreiflichen Mangel an Verständnis für Staat und Recht an denTag gelegt. Demgegenüber mühten sich die ruhigen Elementeim Aerztcstand überzeugen, dass sie sich nicht noch länger durchuntätiges Zuschauen als die mit allen Handlungen ihrer Vertreterübereinstimmende Gefolgschaft hinstellen lassen dürfen. Es müsseden Aerzten doch endlich klar werden, dass sie durch ihr Vorgehenlängst alle Sympathien verscherzt haben, dass ausserhalb ihrareigenen Kreise niemand, der die Sachlage überschaut und sich nichtvon den einseitigen Darstellungen aus Aerztekreiscn irreführenlässt, geneigt ist, ihre überspannten Forderungen als berechtigt an-zuerkennen, vielmehr die gesamte Bevölkerung ihnen ablehnendgegenübersteht. Gelange diese Einsicht zum Durchbruch, und dürfeman mit dem ehrlichen Willen des überwiegenden Teiles der Aerzte»schast rechnen, die gesetzlichen Vorschriften zu achten, so sei eswesentlich leichter, im Gesetz eine Fassung zu finden, welche für dieAerzte selbst annehmbar ist, ohne die berechtigten Interessen derVersicherten und der übrigen Beteiligten zu gefährden, als gegen»wärttg, wo jedes den Aerzten zugesprochene Recht zu einer Waffezu werden droht, die inissbräuchlich angewendet die Krankender-sicherung bis zur Vernichtung schädigen kann. Andernfalls würdensich die Aerzte nicht beklagen dürfen, wenn ihnen Misstrauen ent-gegengebracht wird, das Bestimmungen diktiert, die sie später schwerempfinden. Möchten die Aerzte rechtzeitig einsehen, dass, soweitauch die Mackft des Aerzteverbandes reicht, diese doch nicht gcvügt,um dem gesamten deutschen Volke, das durch Regierung und Reichs»tag vertreten wird, seinen Willen aufzuzwingen. In einem solchenStreite müsse der Aerzteverband notwendig den kürzeren ziehen,und der Kampf würde leicht bis zu seiner völligen Vernichtungführen, nicht aber, wie das Organ foeS Aerzteverbandes glaubenmachen will, zu einem Zusammenbruch der Arbeitervcrsicherung.Kruppsche Arbeiterfürsorge.Die Firma Krupp, deren Arbeiterfürsorge immer wieder vonder bürgerlichen Presse über den Schellenkönig gelobt wird, verstehtes nicht nur ausgezeichnet, aus den Knochen ihrer Arbeiter un»geheure Summen Mehrwert herauszuschlagen und dem Staat durchihre Monopolstellung bei der Lieferung von Mordwaffen undPanzerplattenmaterial zur Ader zu lassen, sondern sie versteht eSauch noch, die Unfallrente der in ihren Betrieben verunglücktenArbeiter indirekt in ihre Taschen zu stecken. Arbeiter, die einenkleinen Unfall erlitten, bei dem sie aber nach ihrer Heilung ihrealte Arbeit wieder aufnehmen können, und denen von den Berufs-genossenschaften eine Rente zugesprochen wird, werden in ihremLohne um den Betrag der Rente und noch mehr gekürzt. Zugleichmit der Mitteilung, dass die Rente festgesetzt ist, bekommen diearmen Arbeiter ohne weiteres auch den Lohnabzug. Der Arbeiterhat die Gefahr, die Schmerzen, die Lohneinbusse gehabt und mutzdann zusehen, dass die Firma Krupp die eigentliche Renten-empfängerin ist. Trotzdem der Arbeiter unter oft übermenschlicherAnstrengung dieselbe Arbeit leistet wie sonst, kommt es aber auchder Firma gar.nicht darauf an, noch mehr vom Lohne abzuziehen,als die Rente beträgt. So mutete man vor kurzem einem Arbeiterwieder zu, für 3,80 M. pro Tag zu arbeiten, während er vor demUnfall, der nur durch die Fahrlässigkeit der Firma entstanden ist,5,80 M. verdient hatte. Einem anderen Arbeiter, dessen Rente30 Pf. pro Tag beträgt, wurde der Lohn um 05 Pf. pro Tag ge-kürzt. So könnte man diese Liste bis ins Unendliche weiterführen.Sogar an dem Schmerzensgeld armer, durch die Schuld der Firmaverunglückter Arbeiter bereichert sich die Wohltätigkeitsfirma Kruppversuchte Tarifumgehung.Einer jener Unternehmer, die da glauben, sich an tarifliche Ab»machungen nicht halten zu brauchen, ist der Töpfermeister PaulDamm. Zwei Töpfergesellen klagten am Dienstag gegen ihn beimJnnungSschiedsgericht auf Zahlung von 12, M M. bezw. 5,10 M.Akkordlohn. Der Beklagte begehrte Abweisung der Klagen, da erüber die Bezahlung der in Rede stehenden Arbetten mit den Klägernbesondere Vereinbarungen getroffen hätte und der darnach derein-harte Lohn den Klägern gezahlt ist. Das Schiedsgericht verwarfdiese Einrede und verurteilte den Beklagten, weil der Tarif den Ar-bcitgebern die Verpflichtung auferlege, nur zu Tarifsätzen au entlohnen und andere Abmachungen ausdrücklich für nichtig erklärtHU9 der frauenbewegung.Sachverständige, aber nicht Richter.Angst, Dummheit, Brotneid. daS sind die Triebkräfte bei demWiderstande gegen das Frauenwahlrecht. Grotesk komische, fürunsere Machtprotzen aber blamable Situationen und Tatsachen sinderklärlicherweise daS Resultat. Wir hatten in Deutschland nachder letzten Berufszählung, einschliesslich der weiblichen Dienstboten,schon 9% Millionen erwerbender Frauen. Ohne die weiblichenArbeiter könnte unser WirtschaftS» und ProduktionSapparat nichtmehr funktionieren. Aber die hochweise, um ihr Prestige besorgteMännerherrschast verweigert den Frauen sogar noch daS passiveWahlrecht zu den Gcwerbegerichten. sowie daS aktive und passiveWahlrecht zu den Kaufmannsgerichten. Mit diesen beiden Tat-fachen beschäftigt sich u. a. auch Frau Dr. E. Altmcmn-Gottheinerin einer kleinen Broschüre über„das Wahlrecht der Frau zu denberuflichen Interessenvertretungen". Zu welchen unsinnigenSituationen der Ausschluss der Frauen bei den Gewerbegerichtenführt, schildert die Verfasserin folgendermassen:„Wie stark die Gewerbegerichte von Frauen benutzt werden,geht daraus hervor, dass in einem einzigen Jahr«— dem Jahr1900— beim Berliner Gewerbegericht mehr als 2000 Klagen vonArbeiterinnen auS der Wäsche- und Konfekttonsbranche allein cm-hängig gemacht wurden. Und bei Klagen über die mangelhafteAusführung einer eleganten Tomentoilette, über die schlechte Nach-ahmung eines Pariser HutmodelleS sitzen heute vielleicht einSchreinermeister und ein GaSarbeiter zu Gericht. Frauen, derenUrteil in diesen Dingen doch in erster Linie massgebend ist, könnennur als Sachverständige zugezogen werden. Das Urteil wird sich,wenn es sachverständig sein soll, ihrem Entscheid anschliessenmüssen. Warum lässt man da den Sachverständigenapparat erstspielen und ruft die Frauen nicht lieber gleich an den Richtertisch?Diese Frage wird wohl manchem auf den Lippen schweben. DaSwäre ja aber ein Bruch mit dem hergebrachten Prinzip und eh«man sich dazu entschlietzt, macht man lieber die unbequemsten Um,Wege."Zu den rückständigsten Elementen gehören die Stehkragen»Proletarier im Handelsgewerbe. Unter dem äusseren Schein desrepräsentablen Auftretens verbirgt sich oft grauenvolles sozialesElend. Um dem blöden Kastengeist und lächerlichem Standesdünkelfrönen zu können, verzichten die„Kaufleute" häufig genug aufzureichende Ernährung. Aber der Brotneid lässt bei den tapferendeutschen Jünglingen alles StandeSbcwutztsein Und allen Kasten»stolz zum Teufel gehe»», sobald sie an die Konkurrenz der weiblichen