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«vohnheitSmäßig mit Füßen tritt, hat kein Recht anderen Vorhaltungen zu machen oder mit Fragen lästig zu fallen... Diese Worte gebrauchte der freisinnige Oberbürgermeister von Halle im nämlichen Augenblick, als er sein Einverständnis da- mit erllärte, daß ein Faniilienvater seiner politischen Heber- zeugung wegen aus städtischen Diensten gejagt und brotlos gemacht wurde. Außerdem war die Scharfmacherrede an eine Ver- sammlung gerichtet, die auf Grund des schmählichen Terrors der öffentlichen Wahl zusammengesetzt ist. Der Arbeiter ist nicht nur von jeder Beschäftigung in städtischen Betrieben ausgeschlossen, sondern ihm wurde von städtischen Oberbeamten erklärt, daß ihm das in manchen privaten Be- trieben auch so ergehen werde! Also Äechtung deS Arbeiters, der eS gewagt hat. sein Koalitionsrecht auszuüben, in einer Kommune, wo das liberale Pfahlbürgertum das Regiment führt! Da Oberbürgermeister Rive gleichzeitig Polizeichef ist, braucht man sich über den PolizcikurS in Halle wahrhaftig nicht zu wundern. Desfreisinnigen" Stadtoberhauptes Philippika dürfte nicht ver- fehlen, die Aufmerksamkeit höherer Instanzen auf ihren Urheber zu lenken. Im schwarz-blauen Preußen läßt man sich solche Leute nicht entgehen I_ Durch die Tabaksteuer ruiniert. In I o h a n n g e o r g e n st a d t ist die seit Jahrzehnten be- stehende Zigarettenfabrik von Heymann u. Co. g e s ch l o s s e n worden, nachdem den ganzen Sommer hindurch nur vier Tage in der Woche gearbeitet worden ist. In den letzten Wochen machte sich der Mangel an Aufträgen noch schlimmer bemerkbar. ES mußten mehrfach Arbeiter entlassen werden, dabei wurde die Arbeitszeit weiter eingeschränkt. Da die Arbeiter unter solchen Umständen nicht existieren konnten, kündigte eine Anzahl selbst. Daraufhin wurde die Fabrik geschlossen. 80 Arbeiter sind dadurch brotlos ge- worden. So»vird's gemacht. Wie es anzufangen ist, um für die Z e n t r u m S p r e s s e neue Abonnenten einzufange», das zeigt das von Herrn Liborius Ger st en berger redigierte klerikale Würzburger  BolkSblatt" seinen Lesern, indem eS aus demTiroler An- zeiger" einen Bericht über dieungemein rührige" Tätigkeit des Oesterreichischen Pressevereins, auch Piusverein ge- uanut, zum Abdruck bringt. In den Dörfern, wo der Piusverein eingeführt ist, sei so heißt eS da kaum niehr eine einzige schlechte" Zeitung zu finden; im Untcrinntale gebe es viele Ge- meinden, Ivo schon fast alle Erwachsenen.«Männer lind Frauen, Bauern und Knechte, Bätieriinien und Mägde" beim österreichischen Prcsseverein sind, und in den Dörfern würde eS äußer st selten noch einen Wirt geben, der nichtsein christliches Tagblatt hat". Wie dies erreicht wird, das läßt der höchst naive Bericht des Tiroler Blattes erkennen: An Markttagen organisierten die Vertrauensmänner des PiuSvercinS Gruppen, denen ein bestimmtes Gasthaus zur Bearbeitung zugewiesen wurde, und wenn schließ- lieh zehn und zwanzig wiederholt daS christliche Tageblatt ver- langten, ließ sich der Wirt sicher herbei, dasselbe zu bestellen." Und dies Verfahren preist das fromme Würzburger Blatt be- kanntlich eineDiözcsaneinrichtung" seinen Leuten zur Nach- a h m« n g an: Man sieht, die Leute in Oesterreich   können mehr als bloß papicrne Resolutionen oder Vorsätze fassen; sie handeln praktisch. Macht'S nach!"_ Zentrumsmoral. Die ultramontaneN eue AugsburgerZeitung" hatte vor einigen Tagen in einem Artikel die Rede kritisiert, welche die Sozialdemokratin Rosa Luxemburg   kürzlich in Offenburg  gehalten hat und in der sie mit dem Rufe:Fort mit den 36 Landcsvätern" gegen die deutsche   Kleinstaaterei zu Felde ge- zogen war. Mit flammenden Worten protestierte das Augsburger Biatt gegen diese Rede und knüpfte daran abfällige Bemerkungen über das Judentum in der Sozialdemokratie im besonderen und über das Judentum überhaupt.Gleichwohl", schrieb es, stehen ihre Glaubensgenossen bei den verschiedenen deutschen Häfen in hoher Gunst, wo ihr Geld ihnen einen großen Einfluß, adelige Name» und ein getvaltiges Uebergewicht verschafft." Und weiter: .... Wir aber nähren Tag für Tag das zersetzende Judentum an unserem Busen und nehmen täglich neue Schmarotzer auf, die sich in G a l i z i e n, Polen   und R u ß- land nach den Fleischtöpfen und Geldsäcken unseres heimatlichen Bodens und unseres nationalen Schweißes sehnen." Die Augsburger   Juden haben diese Angriffe auf das Juden- tum damit beantwortet, daß sie beschlossen, in Zukunft in dem Zentrumsblatt nicht mehr zu inserieren. Darob nun großer Schrecken im Verlagskontor des Zentrumsblattes, denn die jüdischen Geschäftsleute trugen dem frommen Blatte Woche für Woche Tausende von Mark für Inserate ins Haus. Und siehe da, der Geschäftssinn siegte über den Judenhaß und es erschien in der N. A. Z." eine de- und wehmütige Erklärung, in der die den Israeliten zugefügten Kränkungen zurückgenommen wurden. Die Moral der Zentrumspresse aber zeigte sich bei diesem Wider- ruf noch in einem ganz besonderen Lichte in folgendem Satze: Der Artikel war auch gar nicht für dieNeue AugSburger Zeitung" bestimmt und wäre in derselben auch nicht veröffentlicht worden, wenn der verantwortliche Leiter nicht wegen Krankheit abwesend gewesen wäre." Also, weil der Leiter des BlatteS abwesend war, ist der Ar- tilel nicht nur iu der vom gleichen Verlage herauSgcge- benenAugSburger Postzcitung", für die er be- stimmt war, sondern aus Versehen auch in derNeuen AugSb. Ztg.", dem lokalen Ableger derPostzeitung", aufgenommen wvv- den. Die Postzeitung, die meist nur von den Pfarrern gelesen wird, kann sich den Antisemitismus leisten. daS Lokalblatt aber schimpft nur auS Versehen auf die Juden und befleißigt sich sonst einer judenfreundlichen Haltung, weil eS hauptsächlich auf die jüdische Jnseratenkundschaft angewiesen ist. Die Moralität der ZentrumLpresse steht nach der Behauptung deS Erzbischofs von München   auf dem Katholikentage bekanntlich himmelhoch über derjenigen der nichtkatholischen Presse. Hier ein Beispiel davon.'___ Ter Hanptzeuge der ZecheRadböd" in ihrem g oßen Prozeß gegen die Dortmunder  Arbeiterzeitung", der Kolonievogt Teichmüller, ist plötzlich verschwunden und mit ihm eine Summe ihm anvertrauterGelder. Teichmüller war auch Vcrioalter einer Postagentur. Wie es hier bestellt ist, weiß man noch nicht. Die ZecheRadbod" wird sehr betrübt sein, daß ihr ein solch zuverlässiger und glaubhafter Zeuge abhanden gekommen ist. Der brave Teichmüller war ursprünglich Fabrikarbeiter, wurde dann Schutzmann in Hanau  , um diesen Posten sehr bald mit dem eines Koloniedogtes aufRadbod" zu vertauschen._ . Die Militärjustiz. Frankfurt   a. M.,. September. DaS OberkriegSgericht des 18. Armerkorps au» Frankturt a. M. verhandelte heute in Darm- stadt gegen de» 2-1jährigen Dragoner Johann Joseph Haas vom Dragonerregiment Nr. 24, der am 30. August d. I. vom Kriegsgericht in Darmstadt   wegen Achtungsverletzung. Ungehorsam und tätlichen Angriff gegen einen Vorgesetzten zu LJahren 3 Monaten Gefängnis verurteilt worden war. DaS OberkriegSgericht setzte die Strafe für den Angeklagten, der seinerzeit eine Kartätsche nach einem Unteroffizier geworfen hatte, auf löMooate Ge- sängnis herab. Oektemick. Passive Resistenz. Wien  , 15. September. Die Direktion der S ü d b a h n teilt mit: Infolge Scheiterns der gestrigen Vcrhand- lungen hat heute nacht in der Zeit zwischen 12 und 1 Uhr die passive Resistenz auf allen österreichischen Linien be- gönnen. Die Züge erleiden bedeutende Verspätungen. Der Personen- und Schnellzugsverkehr ist bereits in Mit- leidenschast gezogeuäLDie Stationen Matzleinsdorf  , Marburg  , Innsbruck  , Kufstein  , Trieft und Laibach leiden an großem Platzmangel._ Gott Nimm". Wien  , 15. September. Vor dem Strafbezirksgericht be- gann heute die Verhandlung der in Verbindung mit der Affäre des Stadtrats Hraba stehenden Ehren beleidig ungs- klagen des christlichsozialen Reichsratsabgeordneten Vieloh- lavek gegen den Hausbesitzer Zipperer, welcher Bielohlavek in einer öffentlichen Versammlung beschuldigt hatte, er miß- brauche seine Aemter, um sich zu bereichern, sowie gegen das WochenblattDer Montag" in der gleichen Sache. Beide Angeklagte treten den Wahrheitsbeweis an. Der Andrang des Publikums ist groß._ Die Fleischuot. Innsbruck  , 16. September. Die sozialdemokratische Landesparteileitung beschloß, in ganz Tirol große Ver- sammlungen wegen der Fleischnot zu veranstalten, um dazu beizu- tragen, daß die Regierung die Grenzen öffne. Dentsch-tschechische VerständigungSverhandlungen. Prag  , 15. September. Oberstlandmarschall Prinz v. Lobkowitz  hat heute an den Statthalter von Böhmen   und an die Vertreter der deutschen und tschechischen Parteien Einladungen zu den neuen nationalen VerständigungSverhandlungen gerichtet, die an, 20. September in Prag   beginnen. frsnkreick. Eine Anklage wegen Antimilitarismus. Paris  , 15. September. Infolge einer Anzeige des Kriegs- Ministers hat die Staatsanwaltschaft gegen den Mitarbeiter eines anarchistischen Blattes, namens Perronet, die straf- rechtliche Untersuchung eingeleitet, weil er iu einem gegen die DiS- ziplinarkompagnien gerichteten Artikel die Soldaten zu Un- gehorsam und Mord aufgefordert habe. Portugal  . Protestierte Wahle». Lissabon  , 15. September. Wegen der W a h l e n zur Deputierten- kammer in den Bezirken Faro  , Vianna, Arganil, Guarda   ist eine gerichtliche Untersuchung eingeleitet worden. AuS diesem Grunde werden etiva vierzig Deputierte der Eröffnung der Kammer fernbleiben. fNnnlancl. Eröffnung deS Landtags. HelfingforS, 15. September. Zum Talman(Vorsitzenden) des Landtages ist der Jungfiiine Swinhuwad, zu Bizetalinans sind ein Schwede und ein Altfinne gewählt worden. Oirkei. Verschärfung des Boykotts. Saloniki  , 15. September. Das hiesige Boykottkomitee hat die äußerste B e r f ch ä r f u n g des gegen Griechenland ge- richteten Boykotts beschlossen. Auch in den Fällen, in welchen eine diplomatische Intervention stattfindet, wird den Lastträgern nicht mehr gestattet sein, Waren, welche mit griechischen Schiffen an- kommen, auszuladen oder zu transportieren. Sämtliche Häfen der Türkei   sind verständigt worden. Em der Partei. Zum Parteitage. Wie unser Magdeburger   Parteiblatt meldet, wird der kommende Parteitag zweifellos einer der stärkst besuchten Kongresse sein, die die deutsche Sozialdemokratie bisher abgehalten hat. Bisher sind als Teilnehmer des Parteitages bereits 370 Delegierte, Reichs« tagSabgeordnete usw. angemeldet. Täglich laufen noch weitere An- Meldungen ein, so daß wahrscheinlich die Zahl der Teilnehmer daS vierte Hundert erreichen, wenn nicht überschreiten wird. DaS wäre nach dem Demonstrationsparteitag in Halle 1300, der über 420 Teil- nehmer aufwies, der stärkste Parteikongreß, den wir überhaupt ge- habt haben. Der Nürnberger Parteitag wies 3(30, der Leipziger   839 Teilnehmer einschließlich der ausländischen Gäste auf. Die Finanzreform 1S0S. So lautet der Titel eines Handbuches, das im Auf» trage des Parteivorstandes verfaßt und soeben im Ver- läge der Buchhandlung vorwärts erschienen ist. DaS Buch gibt auf mehr als 400 Seiten alles Wissenswerte über die Reichs- finanzreform. über die Finanzlage des Reichs, der Reichsschulden, über die Entwickelung deS heutigen ZustandeS, die Wirkung der Steuern usw. VieleS und IvertvolleS Material ist zusammengetragen und übersichtlich gruppiert und beleuchtet. Für die in der Agitation tätigen Genossen wird daS Buch ein sehr brauchbares Hilfsmittel fein bei den kommenden ReichStagSwahlen 1911 wird es gute Dienste leisten. Der Preis des geschmackvoll gebundenen Werkes be­trägt 5 M._ Schillers Werke im Parteiverlage. Anfang November erscheinen im Verlage der Buchhandlung Vorwärts Schillers Werke, 10 Bände in 3 Leinenbänden gebunden, mit einer biographischen Einleitung von Franz Mehring  . Der Berkaufspreis ist auf 3,50 M. festgesetzt. Da die Nachfrage nach dieser von dem Genossen Mehring eingeleiteten AuS- gäbe voraussichtlich sehr groß werden wird, bittet die Buchhandlung Vorwärts, die Bestellungen rechtzeitig aufzugeben, spätestens aber bis zum 15. Oktober. Die Höhe der Auf- läge richtet sich nach den eingehenden Auftragen. Für Aufträge, die nach dem 15. Oktober eingehen, kann die Garantie für rechtzeitige Lieferung nicht übernommen werden. Nochmals der Bericht über die sächsische Landeskonferenz. Zu der Erioiderung unseres Leipziger Mitarbeiters sendet uns Genosse Riem nochmals eine Erklärung, der wir entnehmen: Der Berichterstatter kann in seiner Antwort auf meine Be- richtigung nicht mit einer einzigen Tatsache aufwarten. die seine im Bericht wiedergegebenen unrichtigen Behauptungen stützt. Er greift deshalb zu neuen Ver- dächtigungen, indem er lühn bchauplct: ich st ä n d e nicht u n- eingeschränkt zu meinen Worten. Zwischen meinen Reden auf der Landeskonferenz und denen in der sächsischen Kammer gähne eine Kluft, die mit bloßen Behauptungen nicht zu überbrücken sei und die auch nicht durch eine noch so geschickte Korrektur beseitigt werde. Un, schließlich die in Hin- ficht auf meine in der LandeSversammlnng vertretenen Anschauungen in der Vizeprasidentenfrage und der Frage der Ersten Kammer ganz unlogische und unrichtige Behauptung aufzustellen, meine An- schauungen seien einmütig von der Landcsversammlung zurückgewiesen worden. Keine dieser Behauptungen entspricht den Tatsachen. Ich stehe jederzeit zu den Worten, die ich gesagt, aber nicht zu denen, die mir irgend jemand unterschieben will. Zwischen meiner Stellung» »ahme und»neinen Reden im Landtag und auf der LandeSversamm» luug eineit Unterschied zu entdecken, war lediglich dem Scharfsinn deS Berichterstalters vorbehalten. Der Bericht, den ich als Unterlage meiner Richtigstellung deS unwahren Berichts benutzte, war der der Leipziger V o l kS z e i tu n g", der ja dem Berichterstatter sehr nahe steht und an dem zu korrigieren ich keine Gelegen« heit und auch keine Veranlassung hatte; den» der Bericht, der der gleiche ist, wie ihn die übrigen sächsischen Partei« blätter brachten, war durchaus objeltiv und richtig, waS man von dem des Berichterstatters an denVorwärts" leider nicht be« haupten kann. Die Landesversammlung hat die ja wiedergegebene Resolution gegen eine Stimme angenommeil, die sich mit der Haltung der Fraktion in der Frage des Vizepräsidenten und der Reform der Ersten Kammer einverstanden erklärt. Da ich diese Stellung der Fraklion auf der LandeSversammlnng vertreten, wüßte ich nicht, wieso meine Anschauungen von der Landeskonferenz zurückgewiesen sein sollen. Genosse Riem beruft sich auf den offiziellen Bericht. Wie er schon auS der Erwiderung unseres Mitarbeiters ersehen konnte. wird von diesem die Richtigkeit dieses Berichts angefochten. Die Talsache, daß er auch in derLeipziger BolkSzeitung" erschien, be- weist nichts dagegen. Der Bericht lvird auf Bestclllmg deS Zentral» komiteeS für Sachsen hergestellt und geht allen fächsischen Partei« blättern zu. Genosse Riem weiß daher sehr wohl, daß er die Leipziger VoilSzeitung" nicht als Zeugin für sich anführen darf. Aus der italienischen Partei. Rom  , 13. September.  (Eig. Ber.) Der Parteivorstand, den der Abgeordnete De F e l i c e ersucht hatte, eine Enquete über die koinmüualen Verhältnisse in Catania  vorzunehmen und zu prüfen, ob die gegen De Felice gerichteten An« griffe berechtigt wären oder nicht, hat beschlossen, den Genossen Pignatari zu beauftragen, sich über die Möglichkeit eines Eingriffs des Parteivorstandes in Catania   Rechenschaft abzulegen. Gleich« zeitig hat der Parteivorstand konstatiert, daß De Felice nicht organisierter Parteigenosse ist und daß in der von ihm geleiteten Stadtverwaltung sich kein einziger organisierter Sozialist befindet. Da aber De Felice in der Kammer der sozia- listischcn Parteifraktion angehört, und da auch die eben gegründete Parteisektion von Catania   die Dazwischenkunft des Parteivorstandes an- ruft, glaubt dieser, die Angelegenheit nicht ignorieren zu können. ES handelt sich um Verdächtigungen von gegnerischer Seite gegen die administrative Korrektheit der Stadtverwaltung von Catania  . DerAbanti" bleibt in Rom  . Der Parteivorstand hat in seiner, dieser Tage in Florenz   abgehaltenen Sitzung sich gegen die Ueberfiihrung desAvanti" nach Mailand   ausgesprochen. Genosse B i s s o l a t i, der Chefredakteur des Zcntralorgans, hat sehr energisch die Notwendigkeit verteidigt, denAvanti" in Rom  zu lassen. Der Parteitag vertagt. Der Partelvorstand hat auf das Ersuchen mehrerer Sektionen beschlossen, den für den 6. Oktober nach Mailand   einberufenen Parteitag auf die Tage vom 21. bis 26. desselben Monats zu verlegen. BildungSarbeit der deutsch  -ästerreichlfchen Sozialdemokratie. Dem Bericht der Zentralstelle für das BildungSwesen der deutschen Sozialdemokratie in Oesterreich   für das letzte Berichtsjahr Ist manche interessante Mitteilung zu enlnehmen. In Wien   arbeitet der UnterrichtSausschuß seit 1. Januar 1003; vorher batte der auS Parteifunktionären, Akademikern usw. bestehende VereinZukunft" eine VoNragSvermittelung unterhalten. In allen Bezirken fassen UnterrichtSorganisationen alle Gewerkschaftsgruppen und sämtliche zur Partei gehörigen Vereine zusammen. Tritt ein Berein der Be- zirks-UnterrichtSorganisation bei, so haben seine sämtlichen Mitglieder das Recht, alle von der UnterrichtSorgnnisation ausgehenden Ver« anstaltungen in ganz Wien   zu besuchen. Die Geschäftsführung besorgt ein angestellter Sekretär, Genosse Dr. Rod. Danneberg(der inter  « nationale Jugendsekretär). Die Beiträge der Organisationen schwanken zwischen einem Heller pro Mitglied und Monat und zwei Heller pro Mitglied und Woche. Der einzelne Teilnehmer soll keine Kosten haben; in 11 von 15 Bezirken werden wirtschaftfreie Privatlokale erhalten. Die tschechischen Gewerkschaftsgruppen und verein« haben ihren eigenen Unterrichtsverband, einzelne gehören aber auch der deutschen   Bildungszentrale an, deren Mitgliedschaft 344 Vereine mit 87 743 Mitgliedern darstellen. Die Einnahmen betrugen 52064 Kronen 34 Heller, davon 16 400 Kronen aus Tanzunterricht. Die Ausgaben 47 000 Kronen, wovon 15 000 Kronen für Lokalmiete und Erhaltung. Für jeden Bortrag werden an die Zentrale 4 Kronen gezahlt(von Frauenorganisationen 2 Kronen, die Jugendorganisationen bekommen zwei Vorträge monatlich un» entgeltlich I), 143 Vortragskräfte stehen zur Verfügung. Der Besuch der Borträge wird als weitaus nicht zufriedenstellend bezeichnet! 77 Zyklen wurden veranstaltet mit etwa 6000 Besuchern, 82 Unter- richtSkurse mit 5000 Mitgliedern und 1237 Einzelvorträge. Die Arbeiterschule(zweijähriger Unterricht. 80 Wochen zu 4 Stunden) hatte 137 Schüler des ersten und 84 deS zweiten Kursus. Vier Be» zirke haben schon Zentralbibliotheken. In fünf Bezirken wurden WandschmuckauSstcllungen veranstaltet. Die Freie Volks« bühne veranstaltete in vier Theatern 132 Vorstellungen mit 110 000 Besuchern und 7 Konzerte mit 12 000 Besuchern. Die Mit« gliederzahl hat 10 000 überschritten; die zugehörigen 160 Gewerk« schastsgruppcn haben 1500 Sitze abonniert. Ein Komitee veranstaltete 3 Arbeiter-Sinfoniekonzerte. polireilicdes, Verictmicbes ukw. Gtrafkonto der Parteipresse. Vom Schöffengericht in Mül« Hausen i. E. wurde der verantwortliche Redakteur der Mülhauser VolkSzeitung". Genosse Jean Metz, wegen angeblicher Beleidigung des Beigeordneten Louvat aus Mülhausen   zu 10 M. Geld- strafe verurteilt. DieVolkSzeitung" hatte in einem Artikel den Privatkläger Louvat zweier Fälle der Begünstigung beschuldigt, be« gangen in seiner Eigenschaft als Beigeordneter. Polizistcncide und Zlvilzengencidr. In Dortmund   steht bekanntlich die Anklagebebörde auf dem Standpunkt, daß Polizisten immer zu glauben ist. DaS zeigte sich auch wieder am Dienstag. Ivo vor der Strafkammer gegen Redakteur Genossen Mehlich von der, Arbeiterzeitung' verhandelt wurde. Vor einiger Zeit erschien in derArbeiterzeitung" eine Notiz, durch dir drei Schutzleute, ein Wirt und ein Schenkmädchen beleidigt sein sollen. In der Notiz wurde gesagt, einer der Schutz« leute habe in der Wiriichaft dem Mädchen gesagt, sein Hund könne riechen, wo der Mittelpunkt deS Menschen sitze. Darauf habe er seinen Hund losgelassen, der dem Mädchen zwischen die Beine ge« laufen sei. Es war der Notiz die Mahnung angelnüpft, der Wirt möge sorgen, daß solche Sachen unterbliebe«. Zwei Zivil« zeugen, die als Zeugen zugegen gewesen sein wollen, be« stätlgten diesen Sachverhalt. Dagegen wurde er von den Polizisten bestritten, auch der Wirt und daS Mädchen wollen von dem Vorkommnis nichts missen. Einer der Zivilzeugen wurde nicht vereidigt, weil er der Mittäterschaft an der Veröffentlichung schuldig sei. Den anderen Zeugen suchte der Vorsitzende zu bewegen, seine Aussagen zurückzunehmen. Der Zeuge befürchtete zwar, von den Polizisten meineidig gemacht zu werden, erklärte jedoch. nicht anders zu können, er wolle bei der Wahr- heit bleiben. Er leistete den Eid. Es stehen also wieder Eid gegen Eid. Das Gericht glaubte jedoch, wie immer, den Aussagen der Polizisten und verurteilte Mehlich zu 100 M. Geldstrafe. Der Staatsanwalt wollte ihn mit 200 M. bestrast wissen.