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Nr. 220.

27. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts" Vorwärts" Berliner Volksblatt. Dienstag, 20. September 1910.

Parteitag der deutschen   Sozial­demokratie zu Magdeburg  .

Die Eröffnungsngung. Sonntag, 18. Geptember,

Magdeburg  , den 18. September.

Schon lange vor Beginn der Verhandlungen waren der schöne geräumige Saal des Luisenparks, der keinen anderen Schmuck als bas leuchtende Weiß und Gold seiner Wände trägt, und die breiten Tribünen überfüllt. So zahlreich, wie noch zu keinem Parteitage, haben sich die Delegierten eingefunden. Der Saal ist von den Parteitagsmitgliedern fast bis auf den letzten Platz besetzt, während sich in den Seitengängen die Zuhörermassen stauen. Eine dichte Menge, Kopf an Kopf, Genossinnen und Genossen, harrt geduldig der Eröffnung der diesjährigen Tagung des organisierten deutschen  Proletariats. Man sieht es: die kampferprobte Arbeiterschaft des althistorischen Parteiorts Magdeburg   ist stolz darauf, daß das Bar­lament der Arbeiterklasse diesmal in ihren Mauern tagt. Nach altem guten Brauch haben die Bruderparteien des Auslandes ihre Vertreter entsandt. Für die dänische Sozialdemokratie ist an tresend Genosse Stauning- Kopenhagen, die tschechische Sozial­demokratie vertritt Genosse Schmeral- Prag, aus Holland   sind die Genossen Loopuit Amsterdam, Voogd und Ricardo zur Stelle, Keir Hardie   vertritt zugleich die J. L. P. und die 2. P., die unabhängige Arbeiterpartei und die Arbeiterpartei Großbritanniens  . Ferner sind anwesend die Genossen Karl Moor Bern, für die schweizerische Sozialdemokratie, Ludwig Bredtschneider- Wien für für die Parteivertretung und Seliger Teplik für die Reichsratsfraktion der österreichischen Sozialdemokratie. Die Bühne trägt als einzigen Schmuck die Büsten von Marg und Lassalle, die ein grüner Hain frischer Blatt­pflanzen umgibt.

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Als August Bebel   den Saal betritt, wird er mit jubelndem Beifall begrüßt. Der Beifall erneut sich in gleicher stürmischer Stärke, als Bebel seinen Platz an der Spiße einer der Mitteltafeln einnimmt. Bald darauf erschallt von der Galerie, vorgetragen von den Arbeitersängern von Magdeburg  , das Chorlied: das heilige Feuer. Das prächtig vorgetragene Lied löst stürmischen Beifall aus.

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Vor

seien, bor Arbeitern zu reden"( Hört! hört!) und das Proletariat heute eine Stellung einnimmt, die bereits hier daß dieser Antrag mit Hilfe gewerkschaftlich organisierter Bau- und da den Neid anderer Klassen erregt.( Sehr richtig!) arbeiter zur Annahme gelangte. Es ist charakteristisch, daß der einigen Wochen hat der deutsche   Kaiser in Königsberg   darauf hin­damalige Antragsteller Bolle später Werkführer auf der kaiser  - gewiesen, daß seine Vorfahren aus eigenem Recht sich ihre Stellung lichen Werft in Wilhelmshaven   wurde. Der Kampf zwischen erobert haben, und daß sie aus diesem Grunde nur Gott berant­Eisenachern und Allgemeinem Deutschen Arbeiterverein   drehte sich wortlich sind. Es läge ja die Versuchung nahe, ein wenig weiter damals vor allem um die Parole: Hie international, hie national! auf die Hausgeschichte der Hohenzollern   einzugehen( Sehr richtig!) und dann um die Kampffront. Der Allgemeine Deutsche   Arbeiter- und dabei eines Friedrich Wilhelm IV.   zu gedenken, der der letzte verein kämpfte damals leider nur gegen den Kapitalismus im absolute Monarch aus dem Hohenzollernhause gewesen ist. Dieser allgemeinen, während wir den Kampf im speziellen aufnahmen unterzeichnete im April 1848 das Gesetz, welches eine Volks. gegen die Beauftragten des Kapitalismus, die herrschende Re- vertretung für Preußen auf allgemeinem und gierung und die herrschenden Parteien. Unser Kampf war nur gleichem Wahlrecht anordnete, ohne deren Zustimmung möglich durch die größten persönlichen Opfer aller in der Agitation fein weiteres Gesek erlassen werden soll. Mit diesem Augenblick und der Presse Tätigen. Die Feindschaft zwischen den beiden hörten die Hohenzollern   auf, absolute Monarchen in Preußen zu Richtungen der sozialistischen   Arbeiterschaft, die sogar dazu führte, sein. Von Lassalle wissen wir, daß nicht die geschriebene Ver­daß in Hamburg   Genosse Geib verwundet wurde, schliff sich nach fassung, sondern die tatsächlichen Machtverhältnisse das Ent­und nach ab, und es tam im Jahre 1875 zum Gothaer scheidende sind. So muß man es eigentlich mit Freuden begrüßen, Ginigungstongreß. Damals sagte Genosse Ignaz Auer   daß der Kaiser darauf hinweist, daß die Rechte, die der Mensch in seinem bayerischen Dialekt von uns Eisenachern: Wir sind sich aus eigener Macht anmaßt, seine historisch gewonnenen Rechte stolz darauf, ehrlich" genannt zu werden; wir sind arm, aber ehr- sind.( Bustimmung.) Der Satz gilt nicht nur für Fürsten  , sondern lich. Nach der Vereinigung der materiellen und agitatorischen für jeden Menschen, für jeden Proletarier, er gilt für das ganze Kräfte kam es trotz aller Verfolgungen zu einem gewaltigen Auf- Proletariat. schwung der Partei. Auch hier in Magdeburg   war es In den siebziger Jahren, als die Sozialdemokratie noch möglich, eine eigene Zeitung zu gründen, wenn wir nicht ein Zehntel von dem war, was sie gegenwärtig ist, fürchteten uns auch mit tnappen Mitteln einrichten mußten. sich bereits die Vertreter des mächtigen preußischen Staates vor Eben begannen unsere Unternehmungen zu prosperieren, da be- dieser Bewegung. Hier von Magdeburg   aus wurde der Staats­gann die beispiellose Attentatshebe. Aus Furcht, für Königsmörder anwalt und Organisationszerstörer Teisendorff nach Berlin  gehalten zu werden, bestellten viele ängstliche Gemüter das Partei- berufen. Er hat damals alle seine Wünsche erfüllt bekommen, blatt ab. Allein in Magdeburg   verloren wir in einer Woche aber ein Wunsch ist ihm nicht in Erfüllung gegangen: die 800 Abonnenten. Ich brauche Ihnen nicht alle Verfolgungen Sozialdemokratie ist nicht aus dem politischen zu schildern, die damals über uns ergingen. Löfte man doch sogar Leben verschwunden. Vor der Tessendorffiade erhielten wir die Gewerkschaften auf, die nichts mit Politik zu tun hatten, und 350 000 Stimmen, nach ihr 493 000. Hier in Magdeburg   wie versuchte selbst ihre Gelder zu konfiszieren. Wir selbst mußten überall wurde der Beweis erbracht, daß das Sozialistengesetz seinen Auslese unter den Genossen haiten. Selbst aus Berlin   und Leipzig   Zweck doch nicht erfüllte. Die Beerdigung unseres Geib in Ham­ausgewiesene Parteigenossen entlarvten sich als Spizel. Hier wie burg im August 1879 und die Nachwahl hier in Magdeburg   im anderwärts gab es Geheimbundsprozesse. Ich selbst habe 13 Monate Dezember desselben Jahres erwiesen die Fruchtlosigkeit des im Gefängnis aubringen müssen. Mancher, der sich zuerst mit Sozialistengesetzes. Als im Jahre 1890 die Partei die mächtigste Worten besonders hervortat, knickte im Augenblick der Entscheidung Partei Deutschlands   wurde, da verschwand mit dem Sozialisten­zusammen, oder ward gar zum Verräter. Aber es blieb ein Kern gesek auch sein Schöpfer von der politischen Bühne. So kann auch ungebeugter Genossen. die sozialdemokratische Partei von sich mit Fug und Recht sagen: Und so gelang es denn wieder, die Bewegung hochzubringen. die Stellung, die wir im Leben einnehmen, nehmen wir aus Noch vor Aufhebung des Ausnahmegesetzes konnten wir hier im eigenem Recht ein,( Lebhafter Beifall.) Einen mächtigen Jahre 1889 eine Maifeier abhalten. Wie ich mit Freuden Verbündeten hatten wir in der kapitalistischen   Entwickelung. Durch beigetragen habe zur Entwvidelung der Partei und zur Ueberwin- die großkapitalistische Entwickelung, durch Syndikate und Kartelle dung der ungeheuren Schwierigkeiten, so habe ich mit Freuden be- wird die Entbehrlichkeit der Unternehmer demonstriert. Ein zweiter die Rednertribüne und hält folgende Begrüßungsansprache: grüßt, daß der Kongreß des Weltproletariats in Kopenhagen   fich wichtiger Faktor unserer Erfolge ist der Umstand, daß der große Parteigenossen und Parteigenossinnen! Da ich beauftragt auf jenen Standpunkt stellte, den wir von Anfang an in der Industriestaat Deutschland   und der Industriestaat Preußen unter bin, Sie im Namen der Magdeburger   Parteigenossen zu der Magdeburger   Barteigenossen zu deutschen   Arbeiterbewegung vertraten, daß die Macht und Stärte der Herrschaft einer Junkerclique stehen und dadurch ein Gegensatz begrüßen, so gestatten Sie mir, einige Ausführungen über der Arbeiterbewegung in der Einheit der Partei und in der zwischen den wirtschaftlichen Verhältnissen des Landes und den den Entwickelungsgang der Magdeburger   Arbeiterbewegung zu ftritten Durchführung ihrer Beschlüsse wurzele. politischen Einrichtungen geschaffen ist. Das Juntertum hat machen. Das meiste haben Sie ja schon aus der Neuen( Lebhafter Beifall.) Wir Magdeburger   hoffen, daß der deutsche   Caprivi zu Fall gebracht und den Sanalbau bereitelt. Das Welt" und aus dem Buche ersehen, das Ihnen von den Magde- Parteitag, dem Beispiel von Kopenhagen   folgend, sich bemühen Agrarischwerden der Regierung hat aber Zustände geschaffen, die burger Parteigenoffen eingehändigt worden ist. Dem Genossen wird, zum Besten des gesamten Proletariats die Einheit der Partei weit über die proletarischen Streise hinaus als drückend empfunden Julius Bremer   wurde es Ende der sechziger Jahre im aufrechtzuerhalten.( Beifall.) Daß die Magdeburger   alles getan werden. Die Junter füllen sich die Taschen, wollen aber vom damaligen Arbeiterbildungsverein unmöglich gemacht, über die haben, um Ihnen den Aufenthalt hier so angenehm wie möglich zu Steuerzahlen nichts wissen. Diese rücksichtslose Vertretung der soziale Frage zu sprechen, indem der Verein beschloß: über Politit machen, davon werden Sie sich, glaube ich, selbst überzeugen. Seien Junterinteressen öffnet weiten Kreisen die Augen und treibt uns barf hier nicht gesprochen werden. Genosse Bremer unternahm Sie herzlich willkommen in Magdeburg  !( Lebhafter Beifall.) Hunderttausende von neuen Anhängern zu. Aus dieser Situation es darauf, einen sozialen Reformberein zu gründen. Seitdem Hierauf ergreift das Wort im Namen des Parteivorstandes erwachsen aber auch dem Proletariat gang gewaltige Aufgaben. gehöre auch ich der sozialdemokratischen Bewegung an. Biker Die allgemeine Teuerung trifft schwer alle Kreise. betonte von Anfang an die internationale Verbrüderung der Genosse Moltenbuhr: Mit ihr wurde ja auch die Erhöhung der Zivilliste begründet. Was sozialistisch gesinnten Arbeiter aller Lärder. Das von Wilhelm Parteigenossen! Ich glaube wohl in Ihrer aller Sinn zu han- aber bei der Hofhaltung leicht beseitigt wird, ist bei den Arbeitern Liebknecht   redigierte Demokratische Wochenblatt" wurde zum deln, wenn ich den Magdeburger   Parteigenossen für den freund nur durch schwere Kämpfe zu beseitigen. Gleichzeitig mit den Bereinsorgan erklärt und etwa dreißig Mitglieder schlossen sich lichen Empfang, den sie uns bereitet haben, unseren herzlichsten hohen Lebensmittelpreisen hat eine schwere Krisis die Arbeiter als Einzelmitglieder der Internationalc. Arbeiterassoziation an. Dant ausspreche.( Bravo  !) Wir dürfen wohl sagen, daß die Blicke heimgesucht. Die Bergarbeiter haben in den Jahren 1907 bis 1909 Bald darauf suchte uns der Genosse Brade, damals Haupt- aller auf Magdeburg   gerichtet sind, und zwar nicht nur die Blicke 83 M. Jahresverdienst eingebüßt und Herr v. Gamp erklärte, tassierer des Allgemeinen Deut then Arbeitervereins, zu bewegen, des Proletariats, sondern auch die Blicke der Gegner, die gern den daß die Löhne der Landarbeiter erträglich ge. diesem beizutreten. Wir hielten aber im Gegensatz zu dem Bustand erneut sehen, an den Klees erinnert hat, wo die Partei worden seien, seitdem sie erheblich zurück­ nationalen" Standpunkt des Allgemeinen Deutschen   Arbeiter- in zwei feindliche Lager gespalten war und die Genossen sich gegen gegangen feien.( hört, hört!) Burückgehender Lohn und der Internationalität fest. 1869 wandten fich feitig zerfleischten. Die Gegner warten darauf nicht etwa aus Steigen der Preise der Lebensmittel zwingen uns zum ernsthaften Wilhelm Liebknecht   und August Bebel   an die Arbeiter- Freude am Krateel, sondern weil sie wissen, daß das einst so ge- Stampfe gegen die Klassenherrschaft der Junker. Im wirtschaft­schaft Deutschlands   und forderten zur Beschickung des fnechtete und unterdrückte Proletariat allmählich der bedeu- lichen Leben find die Streits und die sonstigen Machtmittel der Gisenacher Kongresses auf. Dort in Eisenach   wurde tendste Faktor im politischen Leben geworden ist. wirtschaftlichen Organisationen der Arbeiter unsere Waffen. Im die Konstituierung der auf dem Boden der Internationalität Mit Furcht und Schrecken schauen alle anderen Klaffen auf die politischen Leben fällt die Entscheidung in den Wahlen. Vor stehenden sozialdemokratischen Partei vorgenommen. Ich bin noch Weiterentwidelung des Proletariats. Was das Proletariat an einigen Wochen hat Herr v. Bethmann Hollweg   die Parole aus­heute stolz darauf, an diesem Kongres teilgenommen zu haben. Wacht befibt, hat es sich aus eigener Straft erkämpfen müſſen. gegeben: der Schutz der nationalen Arbeit ist in Gefahr. Das Soviel ich weiß, leben von den Teilnehmern dieser Tagung nur( Sehr richtig!) Nur dadurch, daß das Proletariat aus dem ist nichts als eine berlogene Phrase. Es handelt sich noch Bebel und ich. Sie wissen ja alle, welche Kämpfe dann Sozialismus die Zusammenhänge der volkswirtschaftlichen und vielmehr um den Schuß der Grundrente der Agrarier und der zwischen dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein   und den politischen Fragen erkannte, vermochte es sich zu dieser Macht Rente der übrigen Besitzenden.( Sehr richtig!) Unsere Agrarier Eisenachern stattfanden. Es kam soweit, daß ein Bevollmächtigter des burchzuringen. Das Proletariat erkannte, daß das ganze Leben behaupten, daß aus der landwirtschaftlichen Bevölkerung unser ge= Allgemeinen Deutschen   Arbeitervereins hier in einer Versammlung ein Kampf um klasseninteressen ist und es schuf sich funder Nachwuchs hervorgehen soll. Dabei sehen wir aber, wie in in der Wallstraße den Antrag stellen fonnte: die Versammlung seine politischen und wirtschaftlichen Organisationen, um seine immer steigendem Maße an die Stelle der seßhaften Landarbeiter wolle beschließen, daß Bebel und Brade nicht würdig Klasseninteressen zu verteidigen. Wir dürfen kühn behaupten, daß die Wanderarbeiter treten. Keine Rede tann davon sein,

Um 7 Uhr betritt der alte Parteiveteran Genosse Klees- Magdeburg

bereins an

Kleines feuilleton.

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Theater.

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Friedrich Wilhelmstädtisches Schauspielhaus: letten", Komödie in drei Akten von Brieur, Deutsch von Ludwig Lewin. Als Hemmschuh", als Kugel"( am Bein), als Fessel" und dergleichen haben Dramatiker und Romanschriftsteller die geliebte Frau" in tausend Varietäten dem verehrlichen bürger­lichen Publiko schon oft genug in Unfreiheit dressiert vorgeführt. als Klette" präsentiert Brieur in einer Komödie, die an drolligen Situationen und originellen Tricks nicht arm ist, deren Tendenz" mit Respekt zu sagen aber am Problem der wirklich freien Liebe" vorbeitappt wie der Blinde am Nadelöhr. Was daher ein feinsinniges Pariser Publikum vermutlich mit fühler Höflich­feit ablehnen würde, das wurde am Sonnabend in der Berliner   Premiere beflascht und herzlichst belacht. Allerdings gaben die Darsteller der beiden Angekletteten"( Lettinger und Saufmann) und die Darstellerinnen der beiden Kletten"( Toni Supprecht und Milly Ses) ihr Bestes, so daß trop aller Längen und Breiten der Komödie die Stimmung des Publikums auf der Höhe blieb.

Die Kaiserre de macht schon Schule im Inseratenteil. Der Preußische Stadt- und Landbote" für Eberswalde   bringt folgende Anzeige:

Eberswalde  , im September 1910. P. P.  

Hierdurch zur gefälligen Kenntnis, daß ich durch Gottes Gnade das Kolonialwaren- und Südfruchtgeschäft von Frau M. B. übernehmen durfte. Es soll mein Bestreben sein, durch gute Ware, reelle und freundliche Bedienung das Ber­trauen der werten Kundschaft zu erlangen und zu bewahren. Bei eintretendem Bedarf bitte ich um Ihren werten Besuch. Hochachtungsvoll M. B., Schicklerstraße 14. NB. An Sonn- und Festtagen bleibt das Geschäft ge­schlossen. ( ,, Simplicissimus".)

Notizen.

Reizende Bilder aus dem russischen Klosterleben malt eine Korrespondentin des Grashdanin", die während der Sommer­monate Erholung brauchte und sie am besten in dem Petersburger Kloster Neu- Jerusalem zu finden glaubte. Was sie hier erlebt hat, schildert sie in einem an den Fürsten Neschtschersti gerichteten Brief: Ich lebte einen ganzen Monat im Seloster," schreibt sie. Die gesuchte Erholung fand ich nicht, im Gegenteil: meine Nerven find jetzt noch mehr angegriffen. Es befanden sich im Kloster 50 Mönche, die sich gänzlich dem Laster und der Völlerei hingaben. Es war fürchterlich, diese dickaufgeschwemmten Mönche mit den Stumpfsinnigen Gesichtern und den rein materiellen Instinkten auch nur anzusehen. Den ganzen Tag brachten sie mit Nichtstun hin. Zum Unterhalt solcher Faulpelze wird das Vermögen des Volkes - Die 82. Versammlung deutscher Natur­verwandt. Die Mönche genieren sich nicht, halb betrunken zum forscher und Aerzte wurde Gottesdienst zu kommen und zu lachen, zu schwaben und zu lärmen. am Montagvormittag in Sie betreuzigen sich und machen tiefe Berbeugungen, beginnen aber Hinterher gab's noch Harry Paultons alten, bon Dslar önigsberg i. Br. eröffnet. Das Berliner   Kupferstichtabinett hat seine gleich darauf wieder zu kichern und sich zu unterhalten. Sobald Blumenthal bearbeiteten Schwant in drei Aften Niobe  ": die bes der Gottesdienst zu Ende ist, holen sie aus dem Klostergarten fannte Traumgeschichte von der Figur, die nach dreitausend- graphische Sammlung durch eine Erwerbung von 57 Lithographien Blumen, die sie den im Klostergasthause zurückgebliebenen Damen jährigem Marmorschlaf zum Leben erwacht und ungeachtet ihres des größten modernen Karikaturisten Daumier   bereichert. Es fschicken. Es hat nämlich fast jeder Mönch sein Liebchen. Der Abt wohlfonservierten antiken Griechentums mit den Londoner Ladies wurden ferner Arbeiten Mag Liebermanns und des Franzosen   Forain des Klosters ist der beglückte Liebhaber einer schon ziemlich an- und Gentlemen schönstes Englisch in Versen spricht. Auch hier angekauft. gejahrten Generalin. Im Klostergarten sieht man die famosen war das Spiel alles: die prächtige Komik Alfred Schmasows Bundes ist Marie von Ebner- Eschenbach   an ihrem 80. Geburts­Ehrenmitglied des Deutschen   Uhrmacher. Mönche oft sinnlos betrunken einhertorteln. Natürlich sind die und die Klassische Marmorruhe Erna Sydow 3. Das Publikum meisten dieser unverbesserlichen Trinker syphilitisch. Setzen amüsierte sich noch besser als in den Kletten", obwohl die Dar- tag geworden. Grund: Sie befißt eine hervorragende Uhrensamm­lung und hat in ihren Erzählungen hier und da den Uhrmacher­Sie das alles in Jhre Zeitung, Fürst, denn ich verbürge mich für stellung einiges zu wünschen übrig ließ. stand lobend genannt. Wenn Schiller   noch lebte, könnte er von Die Wahrheit des Erzählten. wegen des Vater Miller Ehrenmusikus werden, Hebbel um des Alten in Maria Magdalena" willen Ehrentischler und so weiter. omane und frömmelnde Muttergottesgeschichten verbrochen haben. Karl Mah soll zur selben Beit unsaubere Kolportage­So behauptet Pater Dr. Expeditus Schmidt aus München  . Darum hat May den Pater verklagt. Und Montag in acht Tagen soll das Schöffengericht von Kötschenbroda   entscheiden, ob's wahr und eine Beleidigung ist. Der Gotha" der Milliardäre. Die amerika­

Humor und Satire.

G. D.

Schiffe mit Glasboden. Die Verwendung des Glases in den verschiedenen Industrien hat in den letzten Jahrzehnten eine ge= Ein Bessimist: Schopenhauer   hat gang recht mit dem, waltige Zunahme erfahren, aber daß es im Schiffsbau und in der Fischerei eine besondere Rolle spielt, das ist allerjüngsten Datums. was er über die Weiber sagt: die Kellnerin pumpt mir nichts

mehr!"

Die Kalifornier   waren ea die zuerst den Versuch machten, Schiffe mit Glasböden zu auen. Damit ist verwirklicht, was Jules Glühender Patriot: Sollte ich einmal lebensüber­Bernes Phantasie vorausahnte, als er seine 20 000 Meilen unter brüssig werden, so würde ich mich von einem Hofzug überfahren dem Meere" schrieb: in diesen falifornischen Glasschiffen kann lassen." der Reisende wie im Nautilus" Jules Vernes   während der Fahrt Die Paradiesschlange. Die elfjährige Else erzählt beobachten, was sich im Meere abspielt. Durchschnittlich vermag ihvem vierjährigen Bruder die Schöpfungsgeschichte und sagt:" Da man bei flarem Wetter bis zu 10 Meter unter dem Wasserspiegel zu sehen. Die neue Erfindung hat auch ihre praktische Be- sprach der liebe Gott zur Schlange:" Dafür sollst Du zur Strafe beutung. Wie ein französisches Blatt zu erzählen weiß, haben Ver- von nun an auf dem Bauche friechen!"" fuche gezeigt, daß eine starte elektrische Erleuchtung dieser durch- Karlchen fragt darauf:" Worauf ist sie denn vorher gekrochen?" fichtigen Schiffsböden auf die Fische eine große Anziehungskraft Aengstlich. Nein, Herr Doktor, nach Bad Nauheim   fann ausübt. Die stummen Wasserbewohner drängen sich zu der Licht- ich nicht gehen! Ich bin Desinfektionsanstaltbesißer und habe des quelle, oft in dichten Scharen, und werden hier eine leichte Beute halb viele, biele Russen umgebracht! Da hat mich die russische Ge­der ausgesetzten Fischnetze. heimpolizei sofort am Kragen!" Jugend.

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" World'

nischen Großfapitalisten haben, wie die Monarchen Europas  , denen iene es in vielem gleichtun möchten, auch ihren Almanach, der ganz dem gothaischen entspricht. Er wird vom Verlag der herausgegeben und erscheint alljährlich. Verzeichnet sind" in ihm alle Gründer der einzelnen Dollarddynastien mit all ihren Nach­kommen. Auch in dem amerikanischen Gotha" herrscht eine ge­wisse Rangordnung; an erster Stelle erscheint die Familie Vanders bilt, hierauf kommen die Familien Gould, Astor, Nodefeller, Mor­gan, Maday, Harconeher, Fiels  , Belmont, Witney, Leiter, Goelet, Lorillard, Armour usw.