»an 2000 VIS unter 2500 und von 600 bis unter 900 Registertonnen(8,9 Pro,.. 7,3 Proz., 5,5 Proz,, 5,0 Proz. und 4,7 Proz.)Verteuerung durch llederMuug im Kleinhandel. Die Gegnerder Konsumvereine verneinen bekanntlich die BedNrfniSsroge be«barrlich mit dem Argument, dajz schon die enorme Uebersetzung imKleinhandel für äußerst niedrige Preise sorge. Man halte dem nuneinmal gegenüber, was die.Düsseldorfer Zeitung" ausführt, dieschreibt:.Der Kleinhändler wird aber viel weniger vom Warenhaus undvom Konsumverein, als vielmehr durch die zu große Zahl gleicherBetriebe bedroht. Man gehe doch durch die Straßen einer Groß-stadt und schaue fich die Uebersetztheit mit gleichen Geschäften anseiner kurzen Strecke Weges an: Schlächter, Bäcker, Kolonialwaren-,Grünkram- und Milchgeschäfte sitzen aufeinander, so daß man sichunwillkürlich fragt: Können so viele Geschäfte nebeneinander be-'stehen? Sollen sie überhaupt bestehen, dann kann es nur dadurchmöglich sein, daß die Kunden die Uebersetztheit in höheren Lebensmittel-preisen bezahlen müssen. Für die Bewohner eines Häuserblocks, fürdie eine Schlächterei, ein Bäcker, ein Grünkram-, ein Kolonialwaren-Händler und ein Milchgeschäft ausreichte, ist ficherlich die Auswahlunter zwei bis vier gleichen Geschäften vorhanden. Die Inhaberder Geschäfte und ihre Familien wollen aber existieren, und so treibtganz von selbst die Bewegung der Verkaufspreise nach oben, um somehr, als die Konsumenten gerade beim Einkauf ihrer alltäglichenBedürfnisse von einer ziemlichen Gleichgültigkeit sind; sie stellen sichnicht gegen zu hohe Preisforderungen, da sie ja einzeln doch nichtsauszurichten vermögen."Die Konkurrenz im Kleinhandel wirlt nicht preisverbilligend,sondern verteuernd._Hus der f rauenbewegung.Gegen daS Lehrerinnen-Zölibat.Die zu Pfingsten abgehaltene Tagung des Landesvereius preußi-scher Lehrerinnen nahm in der Frage des Lehrerinnen-Zölibats einedirekt reaktionäre Resolution an. Man begnügte sich damit, fürden Verzicht auf daS Recht der Ehe einige materielle Vergünsti-gungen zu erbetteln. Jetzt hat sich eine Freie Vereinigung deutscherVolksschullehrerinnen gebildet, die den Kampf für das Eherccht derLehrerinnen erneut aufnehmen will. Die Vereinigung tritt miteinem Aufruf an die Oeffentlichkeit, in dem gesagt wird:„... Wir verstehen es durchaus, daß die älteren Kolleginnen,die die Majorität hatten, so und nicht anders beschließen mußten.Sie sind im Zwangszölibat grau geworden. Auf der anderenSeite aber steht daS junge Geschlecht, das, unter der Sonne derdeutschen Frauenbewegung herangewachsen, sein einfachstes»Menschenrecht und zugleich das Recht der Selbstbestimmungfordert. Unter diesen Frauen sind viele, die dem Staate gesunde,hochbegabte Kinder schenken könnten. Sie wollen aus der Berufs-arbeit die Arbeit ihres Lebens machen und dem Werke der Volks-erziehung treu bleiben durch alle Wechselfälle de» Lebens. Siesehen in der Ehe die große Erziehungsschule für den Volks-erzieher und zugleich eine Kraftquelle für Mann und Weib. Siehaben eingesehen, daß der Zwang zu einem ehelosen Leben dienormale EntWickelung der Persönlichkeit behindert, und sie haltenes für ihre Pflicht, dieser Beschränkung der EntWickelung zurPersönlichkeit entgegenzutreten..."Ein Ausschuß soll propagandistisch für die Forderungen derLehrerinnen wirken. Lehrerinnen, die sich der Bewegung an-schließen wollen, werden gebeten, sich an Berta Wallroth, Berlin-Pankow, Parkstr. 126, zu wenden.Die Frauen und der Kinderschuh. In der amerikanischenIndustrie, vorwiegend in den Südstaaten, ist die Kinderarbeit nochstark verbreitet. Für den Kinderschutz treten hier wie inanderen Ländern besonders die F r a u e n ein. und ihrer Agitationist ein Fortschritt in dieser Beziehung in den letzten sechs Jahrenin erster Linie zu verdanken. In der Bundcskommission für ein-Zeitliche Gesetzgebung in allen zum Bund gehörigen Staaten wurdejüngst wieder ein Gesetz zur Regelung der Kinderarbeit in den''Vereinigten Staaten empfohlen. Bei der Beratung bemerkte derlGeneralsekretär, daß in den letzten sechs Jahren 13 Staaten undder Distrikt von Columbia besondere Abteilungen zur Durch-f ü h r u n g der Kinderschutzgesetze eingerichtet hätten. ZehnStaaten und Columbia(d. h. Washington) haben den achtstündigenArbeitstag für Kinder unter 16 Jahren eingeführt, darunter alseinziger Südstaat Oklahoma. Vor sechs Jahren bestand nur in12 Staaten die Altersgrenze von 14 Jahren für Kinderarbeit;heute gilt diese Altersgrenze in 37 von insgesamt 48 Staaten.Im Jahre 1904 war in 14 Staaten Kinderarbeit während der Schul-zeit verboten; heute besteht dies Verbot in 23 Staaten. Damalshatte kein Staat ein Gesetz, das die Arbeit in Kohlenbergwerkenfür Kinder unter 16 Jahren verbot; heute ist diese Altersgrenze in6 Staaten festgesetzt, eine Altersgrenze von 14 Jahren in 18 Staa-ten und von 12 Jahren in 8 Staaten.— Fortschritte im Kinderschutz sind also zu verzeichnen, aber diese Fortschritte zeigen, wie-viel es noch auf diesem Gebiete zu tun giht. Die sozialdemokra-tischen Frauen nehmen sich dieser Aufgabe, die Kinder vor derkapitalistischen Ausbeutung zu schützen, mit immer größerem Eiferan. Während die bürgerlichen Frauen leicht im Kampfe versagen,wenn die Unternehmer von der„Unentbehrlichkeit der Kinder-arbeit" in dieser oder jener Industrie ihr Liedchen singen, bestehendie sozialistisch denkenden Frauen prinzipiell darauf, daß alleKinderarbeit abgeschafft werde.Wieder eine sozialistische Kandidatin zu eine« Staatöamt. Diekalifornische Partei hat für den Posten der Leitung deS öffent-lichen Unterrichts die Genossin AgneS H. Downing vor-geschlagen. Sie stammt aus Minnesota und war dort früherLehrerin, gab dann aber diesen Beruf auf, um Rechtswissenschaft zustudieren. Sie war die erste Frau, die in Minnesota als Advokalinzugelassen wurde. Jetzt übt sie ihren Beruf in Los Angeles, Ka., aus.Sie beweist noch immer reges Interesse für ErztehungSfragen undist die Vorsitzende der Eltern- und Lehrervereinigung von Los Angeles.— Die zahlreichen sozialistischen Frauenkandidaturen, zumeist zuhochwichtigen Aemtcrn, sind ein Zeichen sowohl der Anerkennung, diesich die amerikanische Frau in fortschrittlichen Kreisen errungen hat,a.s cor vorurteilslosen Tapferkeit, mit der unsere amerlknnischenGenosien auch auf diesem Gebiete den Kampf gegen zopfige Ueber-lieferungen und hemmende Staatsgesetze führen.Leseabende..Bohnsdorf. Donnerstag, den 22. September, 8>4 Uhr, bei MentelVortrag des Genossen Liefländer:»Die sozialen Schäden derHeimarbeit"._Soziales»Tödliche Unfälle bei Dacharbciten und ihre Ursachen.Die Zahl der tödlichen Unfälle im Dachdeckergewerbe mehrtsich mit der verstärkten Bautätigkeit in Entsetzen erregender Weise.Eben erst sind wieder zwei Dachdecker in Köln in die Tiefe gestürztund sofort tot geblieben. Di« Ursache fast aller schweren Unfälleim Dachdcckergewcrbe ist die Unzulänglichkeit der Schutzgerllsteinfolge der mangelnden Gesehesvorsckiriften. Die Gerüste ent-sprechen zumeist den behördlichen Vorschriften; aber diese Vor-schriften gehen nicht weit genug. Die üblichen Schutzgerüste sindin der Regel gar nicht imstande, den Anprall eine? Abstürzendenaufzuhalten. Vielfach gehen die Gerüste mit dem oder den Fallen-den in die Tiefe. Verhängnisvoll wird den Arbeitern ihr guterGlaube an das Schutzgerüst: Beim Absturz lassen sie sich oft aufdas Gerüst gleiten, weil sie glauben, von diesem au» leicht gerettetwerden zu können..So.Wen es auch die.beide» in Köln zu Todegekommenen Dachdecker gemachi; d?er das Gerüst hielt der auf-schlagenden Last nicht stand.Seit mehreren Jahren besteht unter den DachdeckermeisternDeutschlands eine Bewegung auf Reform der Geröste, die sich mitden Interessen der Arbeiter vollständig deckt. Schon im Jahre1908 tagte in Köln, das den Hauptfitz dieser Bewegung darstellt,eine große Protestversammlung der Dachdeckermeister aus demBereiche der rheinisch-westfälischen Bauberufsgenossenschaft, umgegen die ungenügenden Unfallverhütungsvorschriften Stellung zumehmen. In diesem Falle kollidieren die Interessen der Unter-nehmer des Dachdeckergewerbes mit denen der eigentlichen Bau-bezw. Maurer-, Putz- und Stuckunternehmer sowie des Bau-kapitalS. In jener Kölner Versammlung wurde von sämtlichenRednern bestätigt, daß bei Bruch eines DachhakenS oder Gerüst-taueS die vorgeschriebene Schutzvorrichtung nicht standhalte, zumalwenn mehrere Arbeiter und vollends gar mit Material abstürzten.Ein Schntzgerüst müsse zugleich Arbeits- und Ianggerüst sein; diejetzigen Gerüste seien sozusagen eher eine Gefahr als ein Schutz.Die Redner forderten statt der heute üblichen Ausleger- oder Bock-Hängegerüste ein stabiles Arbeitsgerüst, das allein wirksamenSchutz gewähre und auch billiger herzustellen sei, als alle anderenGerüste, weil es von sämtlichen Bauarbeitern benutzt werdenkönne, und zumal sei es billiger, da man ja später doch für dieAusfuge-, Stuck- und dergleichen Arbeiten wieder ein solches vonunten heraufgehendes Gerüst bauen müsse. Den Dachdeckern seidas Halten solcher großen.Gerüste wegen der Kostspieligkeit nichtmöglich.In einer Resolution forderte die Versammlung ein stabiles,mit dem Fortschritt des Baues zugleich hochzuführeudeS Arbeits-gerllst, daS solange stehen bleiben müsse, bis alle Arbeiten amDache beendet seien; dieses Gerüst sei vom Maurermeister aufzu-führen und vom Bauherrn zu bezahlen. Um dieser ResolutionNachdruck zu verleihen, entsandte die Versammlung mehrereDelegierte zum Präsidenten deS ReichSverstcherungsamteS.Zwei Jahre lang hörte man dann von dieser für die Bau-Handwerker so hochwichtigen Sache nichts mehr, bis sich vor kurzemabermal» in Köln eine Unkernehmerversammlung mit der Gerüst-frage befaßte. Als Hauptredner berichtete ein im Jahre 1909 nachBerlin gesandter Delegierter, daß der Präsident de» Reichsversiche-rungsamteS Dr. Kaufmann mit großem Interesse den AuSfüh-rungen der 1998 in Köln gefaßten Resolution gefolgt sei. und daßer im Prinzip die praktische Auffassung der Kölner Resolutionbetreffend die wirksame Regelung der Schuhgeriistfrage«eile undzu der seinigen mache. Die Kölner Dachdeckermeister-Vereinigungwurde ersucht, ihre Auffassung nebst Begründung schriftlich nieder-zulegen und nach Berlin zu senden. Dieser Bericht ist schon imMai 1999 an das ReichSversicherungSamt abgegangen. Aber erstkürzlich, nach Verlauf eines vollen Jahre», ist als Antwort auf denBericht ein Schreiben des ReichSbersicherungsamteS eingelaufen.daS die nochmalige Entsendung von zwei Delegierten in Sachender Gerüstfrage wünschte. Die Versammlung sandte die beidenDelegierten nach Berlin und erneuerte im übrigen die Resolutionvon damals.Zwei Wochen später erschienen dann in der Tagespresse großeBerichte über die Besprechungen der Delegierten mit dem Reichs-bersicherungsamt. Und was war das Ergebnis dieser Besprechung?Von feiten des Reichsversicherungsamts hatte man erklärt, gesetz-lich könne man den Bauherrn nicht bestimmen, ein stabiles Bau-gerüst zu errichten und solange stehen zu lassen, bis alle Dach.deckerarbciten fertig seien; aber die Handwerksmeister sollten inihren Verträgen selbst dahin wirken, daß ein wirksames Schutz.gerüst vom Maurermeister auf Kosten des Bauherrn errichtet wirdund bis zum Schluß der Dacharbciten stehen bleibe.Das RcichSversichcruiigSamt gibt also auSdrückltch zu. daß dieerhobenen Forderungen in ihrem ganzen Umfange berechtigt sind;aber man will die Konsequenzen nicht ziehen und lehnt die An-Wendung der Verordnungs- oder der Gesetzgebungsmaschinerie ab.Die zuständigen Stellen sind schon vor Jahren gewarnt worden.und immer wieder sind seitdem brave Arbeiter und Familienväterin den Tod gestürzt; aber zur Abhilfe hat man lediglich gute Rat-schlage. Müssen weitere Hekatomben auf dem Altar de» Bau-kapltalismut geopfert werden, ehe man zu gesetzgeberischen Maß-nahmen schreitet, wie man das. wenn agrarische Interessen aufdem Spiele stehen, so eilig zu tun pflegt?�Betriebsunfall oder Unfall bei einer Privattätigkeit?war die Frage, tvclche das Schiedsgericht für Arbeitcrversicherungfür den Stadtkreis Berlin in folgendem Fall zu entscheiden hatte.Der Chauffeur Sch. war von dem Buchdruckereibesitzer F. an-genommen worden, um mit dem Automobil Geschäftsfahrten alsauch Privatfahrten des Besitzers auszuführen. Am 30. Oktober1909 erhielt Sch. den Auftrag, einen Pelz abzuholen Und nach demRestaurant Josth am Potsdamer Platz zu bringen. Als Sch. vordem Pelztvarengeschüft daß Auto ankurbelte, schlug die Kurbelzurück, wodurch Sch. einen Bwich de» rechten Unterarmes erlitt.—Der Verletzte machte nunmehr bei der Deutschen Buchdrucker-Be»rufsgenossenschaft Entschädigungsansprüche geltend, welche letztereablehnte, weil der Unfall sich bei einer Tätigkeit ereignet habe, dievon dem Gewerbe-Unfallgesetz nicht mit umfaßt wird. Nur die imBuchdruckereibetriebe Besck�äftigten waren gegen die Folgen vonBetriebsunfällen versichert. Die Genossenschaft nahm an, daß Sch.lediglich im Privatinteresse des F. tätig war und auch bei einersolchen Tätigkeit verunglückte.Auf dagegen eingelegte Berufung beim obengenannten SchiedS-grrtcht vernahm dasselbe den Buchdruckereibesitzer. Derselbe sagtaus, daß Sch. wohl als Pridatchauffeur angenommen war, daß eraber im wesentlichen im Interesse des Geschäfts tätig gewesen sei.So hätte er ihn nach seiner Privatwohnuug zu fahren und wiederabzuholen gehabt. De» weiteren, daß der Geschäftsführer Fahrtenim Interesse de» Geschäfts mit dem Auto unternommen habe unddaß ferner Drucksachen und andere Geger stände zu den Geschäfts-künden durch den Chauffeur gefahren w>rden sind. Auf Grunddieser Aussage verurteilte dann das Schiedsgericht die Berufs-genossenschaft zur Zahlung einer Rente, irdem es sich auf die Aus-sagen deS BuchdruckereibejitzerS F. stützte, wonach Sch. im wesent»lichen im Cieschäftsinteresse tätig war. Der Unfall ist also als Be.triebSunfall von der Verufsgcnossenschaft zu entschädigen.Die Versicherungsanstalt in Berlitz steuerpflichtig?Die LandeSverflcherungSanstatt Berlin klagt gegen den Magi-strat in Beelitz vor dem Bezirksausschuß in Potsdam. Die Ge.meinde Beelitz hat die Versicherungsanstalt zur Gemeinderin-kommen stciier veranlagt, indem sie den Betrag von 9500—10 509Mark als Einnahmen aus Wohnungsmiete zugrunde legte. Hier-�egen hatte die Versicherungsanstalt Einspruch erhöben; öffentlichen»uristischcn Personen könne auS den Gebäuden, die den Beamtenals Wohnung dienen, kein steuerpflichtiges Einkommen entstehen.Vor dem Bezirksausschuß führte sie an, daß ihr Einkommen au»Miete nur 2o00 M. betrage. Die ständige Anwesenheit sämtlicherA-rzte, Beamten, Wärter sei zum ordnungsmäßigen Betriebe derHeftstätte dringend notwendig. Diese Behauptung bestritt der Ver.treter der Stadt Beelitz. Er hielt für die einzelnen Stationen jeeinen Diensttuenden und Steflvertreter für ausreichend. Diejungen Mädchen, die in der Anstalt ausgebildet würden, wärenauch nicht ständig erforderlich. Außerdem wies er darauf hin, daßdie Anstalt einen Gewerbebetrieb für Fleisch- und Backwaren be-treibe, der nickt nur auf die aus dem Anstaltsgebiet Wohnendenbeschränkt sei, sondern sich auch bis. ia die Stadt Beelitz ausdehne.(In ketzser Zeit soll beb Betrieb nür auf da» NnstaltSgebkt be.schränkt sein.) Außerdem wird jetzt«in Gelände, entsern-t von derAnstakt, zu Wohnungsbauten zur Verfügung gestellt, so daß hier-durch schon der Beweis erbracht sei, daß die ständigheit aller Angestellten nicht dringend notwendig ist. Die StadtBeelitz soll eine genaue Nachweisung der von den einzelnen Gc°bäuden aufgebrachten Mietsbeträge einreichen.Gerichts- Leitung.RechtSangelegeuheiteii.Etwa 80 Personen waren gestern vor dem Sitzungssaal derdritten Strafkanioier des Landgerichts I versammelt Und erörtertenmit dem Ausdruck größter Erregung die Höhe der Strafe, die denAngeklagten unbedingt treffen müßte, der da soeben den Anklage.räum betreten hatte. ES handelte sich um den Kaufmann RudolfFrey, der alle die„kleinen Leute", die da draußen vor dem Sitzungs-saake standen, in raffinierter Weise betrogen haben soll. Frey,der schon mehrmals vorbestraft ist, betreibt in der Spenerstraßcin Moabit ein„Inkasso- und Detektivbnrean". Er empfahl sich zurBesorgung von Rechisangelegenheiten jeglicher Art und soll nunnoch dem Ergebnisse der angestellten Ermittelungen die lknerfahren-heiten seiner Mandanten dazu benützt haben, um ihnen„Vorschüsse"abzunehmen, ohne sich verpflichtet zu fühlen, etwas in ihrem Interesse zu tun. Wie behauptet wird, soll er sich daS«ertrauen feinerMandanten auch dadurch erworben haben, daß er ihnen dorredetc,er sei früher Sekretär bei der Staatsanwaltschaft gewesen undwisse mit Prozeßangelegenhciten außerordentlich gut Bescheid. EineSpezialität von ihm war die Abfassung sogenannter„Ehcver-träge", mit denen sein« Klienten nichts anzufangen wußten, da sieungültig waren, obwohl Frey ihnen den Anschein gültiget Doku-mente gegeben und dafür sein Honorar eingestrichen hatte.— TerAngeklagte teilt nun das Schicksal vieler seiner Mitmenschen inder heutigen Zeit: er ist sehr nervös und hat vorsichtigerweiseeine Zeitlang Sanitätsrat Dr. A. Straßmanns Sanatorium.„Hau? Falkcnhagcn" bei Seegefeld, aufgesucht. Der gestrige Terminkam erst gegen Mittag an die Reihe, und bei der großen Zahl derzu vernehmenden Zeugen würde er mindestens 6 Stunden in An-spcuch genommen haben. Da erklärt« Sanitätsrat Dr. Straßmannals Sachverständiger den Angeklagten nicht mehr für Verhandlung»-fähig. Unter diesen Umständen blieb nichts übrig, als die samt-lichen Zeugen zu entlassen und den Termin zu vertagen. ZurVerhandlung soll demnächst eine ganze Tagesjitzung anberaumtwerden,_Hus aller Alelt.ein)VIeirterriUch der ßumukratfc.Es muß alle» seinen geregelten Gang gehen! So wird einHilfstechniker sagen, der. im Toipedoressort der RcichSwerft inWilhelmshaven beschäftigt, kürzlich das Malheur hatte, beimDienstantritt sich um vier Minuten zu verspäten weil er eine» Arztkonsultiert hatte. Ueber diese unerhörte Bummelei wurde zunächsteine Meldung eine» höheren Beamten aufgesetzt, die zirka15 Minuten dauerte. Hierauf mußte der Techniker, der zwecksEntschuldigung schon etwa eine Viertelstunde hinter dem betreffendenTagesdiensthabenden hergejagt war. seine Verspätung„be-gründen", waS ebenfalls mit einem Zeitverlust von20 Minuten verknüpft war. Inzwischen hatte sich dieWerft nicht geniert, einen Boten zu dem Arzt zuschicken, um sich über die Wahrheit der Angaben des Ge-meldeten zu informieren. Dann wurde dieser zu einem Baumeisterbeordert und verhört; Dauer zirka eine halbe Stunde.Hierauf wurde der Geplagte zum Torpedodirektor, einem Korvetten-kapitäst. zitiert, der ihm in Gcgenlvart' Ve« BmnneisterS in militärischer Weise Ordnungsliebe beizubringen versuchte. ihn bis20 Minuten nach Beendigung des Dienste» festhielt nnd dann miteiner»genauen Begründung seines ZuspätkomnienS" beauftragte;Verhandlungsdauer zirka Stunden. Hierzubrauchte der Beklagenswerte am nächsten Morgen etwadrei Stunden. Dann wurde er wieder vor das Tribunalgeschleppt und ihm in zirka einstündiger Auseinander-s e tz u n g erklärt, daß er seine Meldung kürzer abzufassen hätte. Erbrachte diese dann in zehn Minuten wieder in die erste Fonn,und da» inhaltsschwere Schreiben wanderte den Instanzenweg ent-lang zum Oberwerftdirektor. Wie lange dieser mit seinem Stab,dem Kriegsgerichtspersonal usw. daran beschäftigt war, kann leidernicht nachgewiesen werden, da solche Geheimsachen äußerst diskretbehandelt werden. Nach etwa 14 Tagen erhielt der Sünder denBescheid, daß er mit einem Verweise bestraft sei, woran sichim Beisein zweier weiterer Personen eine etwa 50 Minutenwährende Ermahnung schloß. Die Staatskosten des Ver-fahren» aber find ungefähr folgende:Abfassung der Meldung durch den TageSdiensthahenden M.--.50Entschuldigung und Begründung des Missetäters..»—.25Verhör beim Baumeister........... 1,40Verhör beim Torpedodirektor(ohne Ueberstunden)..» 5,—Abermaliges MeldungSschretben.......... 2,—Beratung beim Oberwerftdirektor(nicht bekannt)..»—Letzte Handlung............... 6,65Summa M. 15,50exklusive de» geheimen Schriftwechsel», Papierverbrauchs, der Boten»gänge und Betätigung des OderwerftdirektorS.Und da sage man noch, daß" daS alte Sprichwort recht habe:»Der Bureaukrat tut feine Pflicht von neun bis drei, mehr tut«nicht l"_Krieg im Frieden.Bei den dayerischenManövern sind nach Meldungverschiedener Blätter zahlreiche Unfälle vorgekommen. Beieinem Reiterangriff in der Gegend von Lendcrshausenstürzten etwa IL Mann vom 3. und 5. Chevauxleger-Regiment; der Gefreite Behringer brach das Genick.auch sein Pferd war sofort tot; die übrigen Reiter kamenmit leichten Verletzungen davon, einige Pferde mußten getötetwerden. Bei einer anderen Gelegenheit stürzte einRekrut des 5. Chcvauxleger-Regiments und war soforttot. Bei KIctneibstadt wurde ein Soldat deS 5. Feld-artillerie-Regiment» von einem Geschütz erschlagen. BeiHofheim wurde einem Artilleristen durch ein Geschütz derArm überfahren. Ein Soldat des 5. Infanterie-Regiments stürzte in einen Steinbruch und erlitt eine schwereVerletzung am Kopfe. Ein Ulan vom 1. Manen»Regiment brach ein Bein.Auf Bocks Spuren.Wie ein Telegramm au» Köln meldet, ist seit letztet Wocheder Lehrer GüSgen von der katholischen Knabenschulein Rodenkirchen bei Köln flüchtig. GüSgen hat sich seit Jahrenzahlreiche sittliche Verfehlungen an Schulernsetner Klasse zuschulden kommen lassen. Nachdem der Knaben-schänder das Weite gesucht hat, wird jetzt«ine eingehende Untersuchungder Angelegenheit enigcleitet. Recht verivunderlich ist es, daß da»Treiben Gttsgen» seiner vorgesetzten Behörde so lange verborgenbleiben konnte.