Wahlrechtsvorlage hat sich Beth marin HollEeg, Sen eineunglückliche Laune auf den Reichskanzlerposten berufen hat, einenschweren Angriff auf das Reichstagswahlrechtzuschulden kommen lassen. Er hat ihm nachher eine andere Deutunggegeben, aber diese Deutung war so ungelenkig wie seine Arme.Er sprach von den gerechten Steuern in Preußen. Der preußischeArbeiter wird für jeden Heller und Pfennig seines knappen Ein-kommens zur Steuerleistung herangezogen.(Dr. S ü d e k u m ruft:Damit die Agrarier Abzüge machen können! Zustimmung.) WennBethmann die Behauptung aufgestellt hat, daß das preußischeStaatswesen seine Existenz nicht aus den Mitteln der besitzlosenKlassen ziehe, ist das eine n a ck t e U n w a h r h e i t. Es kann garnicht von den lumpigen 280 Millionen existieren, die die Ein-kommensteuer aufbringt. Armee und Flotte werden zwar vomReiche bezahlt, belasten aber jeden einzelnen preußischen Staats-dürger mit 25 M. im Jahr, und das Reich ist hier nur eine andereEtikette für Preußen. Tausend Millionen hat das preußische Volkjährlich für Marinismus und Militarismus aufzubringen.In einer Polemik mit dem freisinnigen Abg. Pachnicke er-klärte Bethmann Hollweg, daß die Staatsregierung mitihrer vollen Verantwortung hinter der Vorlage stehe. Als dieKommission dann die bekannten einschneidenden Aenderungenvornahm, da klang es schon wesentlich anders. Die Regierung,sagte Bethmann Hollweg.„vinkuliert" sich nicht. Wiederum nachvier Wochen gab Bethmann eine Erklärung ab des Inhaltes, daßdie Regierung von der Auffassung ausgegangen sei, daß an demSystem des abgestuften Wahlrechts grundsätzlich festgehaltenwerden müsse, und das direkte und geheime Wahlrecht nicht gleich-zeitig gegeben werden könnte. Die Regierung sei für die Kom-bination von öffentlicher und direkter Wahl, wenn aber die Mehr-heit des Abgeordnetenhauses die Kombination von geheimer undindirekter Wahl vorziehe, so werde die Regierung dasakzeptieren. Diese Schwankungen sind bezeichnend für da?niedrige Niveau, auf dem unsere Regierung steht. Wie Himmel-hoch stehen doch die Reden des Freiherrn v. B e ck h, des Freiherrnv. G a u t s ch und des Prinzen Hohenlohe im österreichischenParlament und des ungarischen Ministerpräsidenten BaronsGeza Fejervary über diesen Reden BethmannS. GezaFejervary sagte unter anderem:„Die auf einem schmalen Stimm-recht beruhenden Parlamente sind überall, auch in England, indie Sünden der oligarischen Herrschaft ver»fallen." Die österreichische Regierung hat Einsicht genug be-sessen, um zu erkennen, daß gegenüber der„Los-von-Rom-Bewegung", die in Wirklichkeit eine„Los-von-Oesterreich.Bewegung" war. das allgemeine, gleiche Wahlrecht eine Be-festigung des österreichischen StaatSgebildcs bedeute. Wenn beiuns in Süddeutschland die Wahlbewegung glatt vonstatten gc-gangen ist, so ist das nicht zum wenigsten darauf zurückzuführen,daß die übrigen Bundesstaaten die große, ihnen vonPreußen drohende Gefahr erkannt haben, unddaß sie eingesehen haben, daß dieser Gefahr nur begegnet werdenkann dadurch, daß die ganze staatliche Organisation auf der aller-breitesten Basis aufgebaut ist.(Sehr richtig.) Ich gehe sogarnoch weiter und behaupte, daß die süddeutschen Machthaber � sichvöllig klar darüber sind, daß die Modernisierung der preußischenVerhältnisse von der Einführung des allgemeinen, gleichen unddirekten Wahlrechts in Preußen abhängt.(Sehr richtig!)Die Resolution des Parteivorstandcs und der Kontrollkonr.Mission entspricht anscheinend nicht der Ansicht einiger Genossen.Die Anhänger des Zusatzantrages Luxemburg scheinen derMeinung zu sein, daß mit dem preußischen Wahlrechtskampf nichtgenug Erfolge erzielt sind, und daß man darum zu anderen Mittelngreifen müsse, weil die bisherigen versagt haben. Dem muß ichentschieden widersprechen. Es handelt sich bei Preußenum kein Kartenhaus, das auf den ersten Ansturm umgestaltetwerden kann.(Lebhafte Zustimmung.) Die preußischen Junkersind über das Maß ihrer Machtverhältnisse durchaus im klaren.(Sehr richtig!) Und haben wir denn wirklich keineErfolge erzielt? Wir haben die Regierung genötigt, eineVorlage anzukündigen, wir haben sie genötigt, eine Vorlage einzu-bringen, wie erbärmlich sie auch aussehen mochte.Erst durch unsere Demonstration ist die Wahlbewcgung in Fluß ge-kommen und hat bis tief in das Bürgertum hinein Einganggefunden.(Sehr richtig!) Im Abgeordncienhause, im Herrenhause habenLeute, die früher so verächtlich über die Wahlrechtsvorlag« gesprochenhaben, auf einmal angefangen, aus den Ernst derSituation hinzuweisen, Pappenheim, Zedlitz,Heydebrand. Der Frhr. b. Zedlitz hat sogar den altenAttinghausen gespielt und seinen Parteigenossen zugerufen: Seideinig, einig, einig— einig allerdings nur gegen daseigene Volk. Das beweist doch, daß die Herren den Ernst derSituation erkannt haben, und das ist ihnen eingebläut wordendurch die Demonstrationen. Wir können im Grunde genommenmit diesen Erfolgen zufrieden sein. Es bedarf nur eines Zeichens,um die Massen wieder auf die Straße marschieren zu lassen, unddieses Marschieren ist von der allerhöchsten Bedeutung. Im Gegen.satz zu den auf dem Jenaer Parteitag geäußerten Befürchtungenhaben wir bewiesen, daß die Massen in ruhiger, macht-voller Weise ihren Willen zum Ausdruckbringen. Zu Hunderttausenden haben wir unsere Leute imFeuer exerzieren lassen. Die herrschenden Klassen in Preußenwerden es nach meiner festen Ueberzeugung nicht wieder auf einesolche Kraftprobe ankommen lassen, sollten sie cS aber doch tun,dann werden auf unseren Ruf wieder alle unsere WahlrechtSkümpferauf der Bildfläche erscheine» und die Demonstration wird»ochmachtvoller und wuchtiger werden als bisher.(Stürmischer Bei-fall.)Nun sind der LandeSkommission wie der Fraktion der Abge.ordneten eine Menge von Ratschlägen erteilt worden. UnS ist ge-sagt worden, wir hätten Mindestforderungen ausstellenmüssen und unS über sie mit anderen Parteien verständigen müssen.Im Namen der gesamten Landtagsfraktion habe ich hier zu er-klären: wir hätten keinen größeren Fehler machenkönnen, als wenn wir diesen Ratschlägen gefolgt wären. DurchFestlegung auf Mindestforderungen hätten wir unsere ganze wuch-tige Kampfestätigkeit lahmgelegt. Unsere Fraktion wäre derLächerlichkeit anheimgefallen, wenn sie auch nur denmindesten Versuch nach dieser Richtung hin gemacht hätte. Wegendieser Vorlage, die, wenn es nach uns gegangen wäre, der Regie-rung zerrlssen vor die Füße geworfen wordenwäre, uns mit anderen Fraktionen in Verbindung zu setzen.wäre eine so vollendete taktische Ungeschicklichkeit gewesen, daß ichnur bedauern kann, daß überhaupt ein Genosse diesem GedankenRaum gegeben hat.(Sehr richtig!) Wir müssen unsere Organi-sation immer weiter ausbauen. Wenn es auch nicht im ersten An-stürm gelungen ist. schließlich werden wir doch die preußischeFestung über den Haufen werfen können.(Lebhafte Zustimmung.)Die preußische Wahlrechtsfrage ist eine deutsche Frage,und dir Genossen in den übrigen Bundesstaaten werden uns zurSeite stehen.(Bravo!) Darum ist auch die Tribüne unseresdeutschen Parteitages der geeignete Ort zur Erörterung dieserFrage. Ich für meine Person lehne die Resolution der GenossinLuxemburg wenigstens im zweiten Teile ab. Den ersten Satzkönnte ich annehmen, aber ich halte ihn nicht fürnotwendig.Was über die Frage gesagt worden ist. ist schon in Jena gesagt.Dort hat sich die Partei die Richtlinien gegeben, die sie innehaltenmuß.(Sehr wahr!) Ich bitte Sie im Namen der Parteileitungum Annahme unserer Resolution, die Sie allenfalls durch Ein-ftigung des ersten Satzes der Resolution Luxemburg erweiternmögen. Ich schließe meine Ausführungen mit dem Rufe:Nieder mit dem elenden schmachvollen Dreiklassenwahlrccht, her mitdem allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrecht.(Stürmischer Beifall.)Vorsitzender Klühs: Der Antrag 74 ist zurückgezogen wordenMit der Begründung, daß die Antragsteller sich überzeugt haben.daß die Meinungsfreiheit IS der-Neuen Zeit" stets gewährleistetist.(H eine: Wenigstens für die eine Seite!) Weiter liegt boraußer der(von uns bereits mitgeteilten) Resolution der Partei-leitung und dem Antrag IVO der Antrag 8£r) und ein AntragVogtherr, der die Reichstagsfraktion ersucht, in jedem Jahre einenAntrag auf Einführung des allgemeinen Wahlrechts, wie wir esfordern, für alle Bundesstaaten im Reichstage einzubringen. Allediese Anträge sind genügend unterstützt.Sympathickundgebungcn.Zu einer Erklärung erhält das Wort:Mlillcr-München:Parteigenossen und Parteigenossinnen! Meine bayerischenParteifreunds haben mich beauftragt, den preußischen Partei-genossen ein paar schlichte Worte tatbereiter Sympathieauszusprechen für die tapferen Kämpfe gegen den inneren preutzi-schen Feind des Reiches(Sehr gut!), gegen den FeudalstaaiPreußen, in denen sie stehe» und denen sie noch weiter cnt-gegengehen. Ich bedauere es außerordentlich, daß unser verehrterGenosse v. Wollmar verhindert ist, diese Erklärung persönlichabzugeben. Aber ich darf sagen, ohne von ihm dazu ausdrücklichautorisiert zu sein, daß es ihm jedenfalls eine ebenso große Ehresein würde wie mir, die Bereitwilligkeit des ganzenwerktätigen Volkes Bayerns zu proklamieren,mit Rat und Tat bei diesem großen Kampfe zuhelfen.(Bravo!) Ich darf wohl behaupten, daß diese Kampf-bereitschaft in Bayern über die Kreise des werktätigen Volkeshinaus bis in die Zirkel des wirklich liberalenBürgertums sich erstreckt(Hört! hört!), denn sogar einTeil der sonst gewiß politisch fragwürdigen nationalliberalenPresse in Bayern hat mit Bewunderung die Disziplin undEntschlossenhei t verzeichnet, mit der Sie in Preußen dieProvokation der Wahlreform des Leibwehphilosophen(Heiterkeit)Bethmann Hollweg beantwortet haben. DaS eine ist sicher, dieResolution hat recht: �>ie verfassungswidrigen Zustände desEeudalstaates Preußen sind der Angelpunkt für die reaktionärentwickelung im Reiche, und wenn jetzt 40 Jahre nach Beschlußder Reichsverfassung im Ueberschwang der rückwärts schauendenSiegesfeiern ein Teil des Bürgertums vergißt, daß es die h i st o-rische Mission versäumt hat, die Reichsver-fassung demokratisch zu begründen, und wenn esjetzt die Aufgabe der Arbeiterklasse geworden ist, diese Mission derBourgeoisie zu erfüllen, so bezweifele ich keinen Augenblick, daßauch Sie in Preußen bereit sein werden, die Teile des wirklichliberalen Bürgertums, die auf dem Gebiete deS Wahlrechtskampfessich noch nachträglich auf ihre Pflicht besinnen würden, ohneweiteres bei diesen Kämpfen als Bundes-genossen zu akzeptieren.(Bravo!) Wir in Bayern haöendaS Wahlrecht errungen, nicht leicht, wie man hier und da gemeinthat, sondern nach vierzehnjährigen schweren Kämpfen, und wirin Bayern, mit einem Verfassungsleben seit dem Jahre 1318, mitpolitischen Reminiscenzen des Bürgertums an die Einflüsse derfranzösischen Revolution, wir in Bayern mit dem demokratischerenZuge im Volke und der größeren Vertrautheit mit dem politischenLeben überhaupt, haben es schwer gehabt, zunächst dieMassen für den WahlrechtSkampf zu interessieren.(Sehr richtig!)Erst allmählich, durch immer eindringlichere Vorhaltungen, durchimmer schärfere Wiederholung unserer Wahlrcchtsforderungen imParlament, in das wir endlich trotz eines schlechten Wahlrechts1893 eingedrungen waren, ist es gelungen, das Interesse an derWahlreform zu verallgemeinern und zu vertiefen und dann aller-dings der Forderung die Durchschlagskraft zu verleihen, die sieendlich zur Verwirklichung gebracht hat Um wieviel mehr werdenSie in Preußen mit dem militärisch absolutistischeyEinflüssen, mit dem angeborenen Kadavergehor-sam eines großen Volks teils, es schwer und mühsamhaben, die Massen lebendig zu erhalten für diese Forderung, undum wieviel bcwunderungSwerter sind die Erfolge, die Sie trotzdemin der Massenbewegung bereits erreicht haben.(Sehr richtig!)Zweifellos: wenn es irgendeinem Volksteil gelingen wird, dasPostulat der Wahlrechtsreform in Preußen zur Verwirklichung zubringen, so wird es nur der Arbeiterklasse möglichsein, mit ihren festen Organisationen, mit ihren geschlossenenBataillonen, aber daS darf ich Ihnen aus linserer bayerischen Erfahrung heraus sagen: lassen Sie sich nicht durch Wider-stände in Ihrer Bewegung beeinträchtigen, die ineinem gewissen natürlichen Beharrungsvermögen der Zuständeüberhaupt liegen, sondern arbeiten Sie mit der Entschlossenheitund den Mitteln, die Sie für gut halten, weiter.Wenn die Resolution darauf hinweist, daß die Diktatur derJunker die Stellung Preußens im Reick jeden ernsten kulturellenund demokratischen Fortschritt im Reiche verhindert und eineständige Gefahr für das Reichstagswahlrecht bildet, so gehe ichdarüber hinaus und sage: die Diktatur der Junker in Preußen,die Stellung, die verfassungswidrig die Zentralmacht Preußen sicherrungen hat, hindert nicht nurjeden weiteren Fort-schritt, sondern stellt das bißchen Demokratie,daS wir im Süden haben, in Frage, bedeutet eine Ge-fahr für das bereits Errungene(Lebhafte Zustimmung bei denSüddeutschen.) Aus dieser in das gemeinsame Gefühl Süddeutsch-landS übergegangenen Ansicht heraus läßt es sich erklären, daß inder großen Demonstrationsversammlung in München, die ausAnlaß des Widerwillen? gegen den Wechselbalg der Wahlrechts-reform, die man sich erlaubt hat, Ihnen in Preußen vorzulegen,abgehalten worden ist, auf eine einzige Konstatierung von mir hin,daß der preußische Gesandte in Bayern es im preußischen Auf-*) 100. Rosa Luxemburg und Genossen. DerParteitag erklärt in völliger Uebereinstimmung mit dem jüngstenpreußischen Parteitag, dessen Auffassung durch die Lehren der Wahl-rechtskämpfe dieses Frühjahrs vollauf bestätigt worden ist, daß derWahlrechtskampf in Preußen nur durch eine große entschlosseneMassenaktion des arbeitenden Volkes zum Siege geführt werdenkann, wobei alle Mittel, darunter auch der politische Massenstreik,nötigenfalls zur Anwendung gebracht werden müssen. Angesichtedessen erklärt der Parteitag für notwendig, im Hinblick auf diekünftige Wiederaufnahme der Wahlrecktskampagne die Erörterungund Propagierung des Massenstreiks m der Parteipresse und inVersammlungen in die Wege zu leiten und so in den breitestenSchichten des Proletariats das Gefühl der eigenen Macht sowiedas politische Bewußtsein zu schärfen, damit die Massen den großenAufgaben gewachsen sind, wenn die Situation es erfordert.80. Straßburg-Stadt(Resolution): Der Parteitagwolle beschließen: Der verfassungsrechtliche Zustand Elsaß-Loth-ringenS als Reichsland ist in der barbarischen Anschauung be-gründet, daß die ohne Rücksicht auf ihren eigenen Willen der franzö-fischen Republik im Jahre 1871 abgenommenen Provinzen dieKriegsbeute der deutschen Bundesstaaten waren und geblieben sind.Wenn jetzt die Reform des Wahlrechts und der Verfassung sich einerWendung nähert, so lehnt der Parteitag, getreu der bisherigenHaltung der Sozialdemokratie, jeden Vorschlag ab, der irgendwiean dem gegenwärtigen Wesen der Verfassung und des Wahlrechtsfesthalten oder gar bezwecken wollte, Elsaß-Lothringen einer voll-ständigen Vcrpreußung zuzuführen oder im Land eine unberechtigteVorherrschaft der bisher im LandeSausschuß maßgebenden Reaktionzu begründen.Der Parteitag spricht sich demzufolge mit aller Wucht gegendie Einrichtung oder die Vorbereitung einer Dynastie aus, die erbeispielsweise in der Schaffung einer lebenslänglichen Statthalter-schaft erblicken würde. Mit derselben Energie wendet er sich gegendie Absicht, durch ein Zweikammersystem die Volksvertretung derKontrolle eines Oberhauses zu unterwerfen und die Volksver-tretung selbst durch ein Pluralwahlfystem oder ähnliche reaktionäreMaßnahmen zu fälschen.Der Parteitag folgt den demokratischen Grundsätzen der Sozial-demokratie, wenn er die volle Gleichberechtigung Elsaß-Lothringensmit den deutschen Bundesstaaten und innerhalb der Landesver-fassung die poste Meichberechtigung gstex S.tggtMrger verMgt,trage versucht hat, in die Entwicklung der bayerischen Wahk-rechtsfrage einzudringen(Hört! hört!), damit nicht das bösebayerische Beispiel die guten Preußen verderbe(Heiterkeit)— aufdiese einzige Koilstatierung hin hat eine Volksmenge vonTausenden, nicht nur bestehend aus Arbeitern, sondern auchaus bürgerlichen Elementen, sich bewogen gefühlt, eine spontaneDemonstration vor der Wohnung des preußischen Gesandten zuveranstalten(Bravol), die dieser preußische Gesandte allerdingsverschlafen hat.(Heiterkeit.) Sie sehen aus diesem Vorgange,daß eS mehr als Sympathie, daß cS in Wirklichkeit tatkräftigeSympathie ist, was wir Ihnen aus Süddcutschland entgegen-bringen können.Wenn wir mit Bedauern die Tatsache verzeichnen müssen, daßbei unserer Wahlreform der bayerische Liberalismus nicht nurabseits, sondern hindernd im Wege gestanden ist(sehrwahr!), so darf ich für die Verhältnisse in Preußen konstatieren,daß der Volksteil, der, gezwungen von der öffentlichen Meinung,in Bayern für das Wahlrecht nach und nach eingetreten ist, inPreußen wohl kaum in Betracht kommen kann, nachdem das jüngsteReichZtagsimtglivd des Zentrums, Herr Dr. Spahn jun.,es für notwendig gehalten hat, in einer süddeutschen katholischenZeitschrift zu erklären, er betrachte eS als eine Mission deS Zentrums, die feudalen preußischen Zustände aufrechtzuerhalten, umein andauerndes Gegengewicht gegen den demokratischen Südenzn haben. Nach diesem Bekenntnis des Dr. Spahn werden Siegern darauf verzichten, von jener Seite Hilfe zu haben.Parteigenossen, die Zeit, die mir gestellt ist und die Enthalt-samkeit, die die Situation mir auferlegt, bestimmen mich, so ver-lockend eS wäre, von weiteren allgemeinen Auseinandersetzungenabzusehen. Stur kurz gestatten Sie mir hinzuweisen auf den Zu-sammenhang des Antrags 80 mit der preußischen WahlrechtSbewe-gung und den Zuständen, die herbeigeführt sind durch die Prä-ponderanz Preußens im Reiche. Dieser Antrag verlangt, daß derParteitag sich mit aller Wlucht yegeii die Einrichtung und die Vor-bereitung einer Dvnastie in Elsaß-Lothringena u s s p r i ch t, die er beispielsweise in der Schaffung einer lebens-länglichen Statthalterschaft erblicken würde. Wir bitten Sie, auchvon Bayern aus, diesen Antrag m ö g l i ch st e i n st i m m i g an-zunehmen, denn eS wäre verhängnisvoll auch für die Entwicke-lung in Süddeutschland und namentlich in Bayern, der Pfalz usw.,wenn aus dem Reichsland Elsaß-Lothringen ein Preußen-landElsaß-Loth ringengemacht Würde,(Sehr gut!)!wenn aus dem Reichsland Elsaß-Lothringen eine weitereDomäne des monarchistischen preußischen Junker-tu ms stipuliert würde.(Sehr gutl) Parteigenossen, wir maßenuns nicht' an, ein Urteil zu fällen oder Ihnen Ratschläge zu er-teilen über die Taktik, die Sie einzuschlagen haben, über die Or-ganifation, die Sie zur Durchführung der für daS ganze Reich,für die gesamte Arbeiterbewegung, ja, ich behaupte für die i n t e r-nationale Sozialdemokratie wichtigen Bewegung(sehr wahr!) schaffen wollen. Aber eines darf ich Ihnen als ge-schlossene Meinung unserer bayerischen Parteifreunde übermitteln:Rufen Sie unS, und wir werden mit Rat und mit Tat kommen,um Schulter an Schulter mit Ihnen gegen den Feind einer Demo-kratisiming des Reichs, gegen den Feind jeder vernünftigen sozialenund demokratischen EntWickelung zu kämpfen..(Stürmischer Bei-fall.).Hildcnbrand-Stuttgart:Im Namen der sozialdemokratischen LandesorganisationWürttemberg habe ich auch heute, wie schon bei verschiedenenPrcußentagen, die Aufgabe, den preußischen Genossen und Ge-nossinncn für ihre seitherige energische und keineswegs erfolgloseTätigkeit auf dem Wege zur Erringung des allgemeinen, gleichen.direkten und geheimen Wahlrechts in Preußen unseren Dankzu sagen.(Bravol) Wir werden bis zur völligen Erreichungdiese? Zieles alles tun, was in unseren Kräften steht, um unserenKameraden in jeder Situation dieses Kampfes brüderlich zur Seitezu stehen, in dem Bewußtsein, dadurch der gesamten Arbeiterklassezu dienen.(Bravol) Die Art des Kampfes zu bestimmen, ist derPreußen Sache; im Ziel des Kampfes sind wir alle einig, und dieseEinigkeit verbürgt den Sieg, denn er ist der Sieg der Gercchtig-keit.(Lebhafter Beifall. Bravol)Frank-Mannheim:Die badischen Parteigenossen haben mich beauf-tragt, Ihnen das gleiche zu erklären, was unsere Freunde ausBayern und Schwaben Ihnen gesagt haben. Bei den schweren5lämpfen der nächsten Jahre wollen und werden die badischenKameraden nicht fehlen. Sie werden an Eurer Seite stehen undmit Euch kämpfen.(Bravol) Wir betrachten die preußischen Wahl-rechtskämpfer als die wirklichen Kulturträger in Deutschland—nicht im Sinne von Bethmann Hollweg(sehr gut!), und wir sindüberzeugt,— wir hoffen es und wollen mit dabei fein— daßdem tapferen Anfang ein glückliches Ende beschied«» wird.(Stür-Mischer Beifall.),Ulrich-Offenbach:Auch wir in Hessen, die wir um ein anderes Wahlrechtkämpfen als wir eS gehabt haben, haben mit Bewunderungauf die Kämpfe und die KampfeSrcihen der preußischen Genossengeblickt. Wir haben nicht bloß den Einfluß der preußischen Regie-rung auf die hessische Verwaltung beobachten können, wir habenauch beobachten können, wie selb st der hessische Libe»ralismus unter der preußischen Verknöcherungleidet.(Sehr richtig I) Wir ha.ben gerade in Hessen die Wahr-nehmung gemacht, daß die preußische innere Politik für die Klein-staaten am allergefährlichsten ist, und wir sind überzeugt, daßgerade in dieser Richtung das gesamte Proletariat Deutschlandszusammen kämpfen muß. Ich darf daher mit Recht mich den Aeuße-rungen der anderen Genossen aus Süddeutschland anschließen undsagen: Auch wir, die hessischen Klassenkämpfer, die Vertreter desProletariats von Hessen, werden Schulter an Schulter mit denpreußischen Genossen dafür kämpfen, daß eS gelingt, Preußen vorwärts zu drängen, in Deutschland allen anderen zum Muster.Preußen zu einem wirklich demokratischen Landzu machen!(Bravol)Ohne daß es gelingt, in Preußen eine Demokratisierung desVerwaltungswesens, eine Demokratisierung des gesamten Staats-Wesens durchzuführen, ohne dos werden wir in Süddeutsch-land fortgesetzt vor der Gefahr st ehe n, daß wirzurückgedrängt und von d«n preutzischen Eigentümlichkeitenaufgesogen werden. Deshalb sagen wir in Süddeutschland:Preußens Forderungen sind unsere Forderungen! Mit Ihnen ge-mcinfam vorwärts zum Siege.(Stürmischer Beifall.)Hug-Bant:Ich komme aus Oldenburg, einem der kleinsten Bundes-staaten« die wir haben. Er liegt ja nicht in Süddeuischland, sondern in Norddeutschland. Wenn auch unsere politischen Einrich-tungen wesentlich freier sind, als die in Preußen und ähnlichdenen in Baden, Bayern und Württemberg, s o ist bei uns derpreußische Einfluß doch unverkennbar. Es gibtkaum eine politische Maßregel, die nicht mit Rücksicht auf Preußenvorgelegt, untersucht und begründet wird. So klein der Staat ist,so groß ist auch der Einfluß in der Verwaltung und in seinenpolitischen Einrichtungen. Und ob schon das Volk, da« schon eineruhmvolle demokratische Geschichte hat, alles andere ist, nur nichtanti-demokratifch, so kann von einer Fortentwicklung, wi« wir siewünschen, keine Rede sein, solange Preußen so ist, wi«wir es kennen. Daher bin ich beauftragt, Ihnen den bestenErfolg in Ihren: Wahlrechtskampfe zu wünschen, Da wir mittendarin liegen, werben wir nach wie vor tun, was wir können. Magdie Hilfe»och so klein sein, wir werden Ihnen bei Ihrem großengewaltigen Wahlrechtskampfe nach Möglichkeit helfen.(LebhafterBeifall.)Starosson-Rostock:Die Freundlichkeit, mit der Sie mich begrüßen, spricht dafür,daß Sie den Genossen in Mecklenburg eine Sympathie cnt-gegenbringen, auf die tä allerdings gereSaet baba. Die Gefühle