tragödle abgespielt. In seiner Wohnung suchte dort der SSZZHrige Gardeleutnant V.Li eres die LOjährige Schneiderin Anna Grabow aus der Steinmetzstrahe 88 durch einen Nevolverschuß zu töten und richtete dann die Waffe gegen sich selbst. Während das Mädchen nur leicht verletzt ist, hat sich v. Lieres durch einen Schuh in die Schläfe lebensgefährlich verwundet. Der Leutnant, der erst gestern vom Manöver zurückgekehrt ist, hatte vor langer Zeit die Schneiderin Anna Grabow kennen gelernt und war mit ihr in Beziehungen getreten. L. hatte anscheinend die Absicht, die Beziehungen zu dem Mädchen zu lösen, was dieses zur Verzweiflung trieb. Gestern erschien nun die Grabow in der Wohnung des Offiziers und machte ihm Borhaltungen. Der Leutnant zog plötzlich einen Revolver hervor und feuerte ihn ab. Die Kugel streifte den Kovf des Mädchens. Mit einem lauten Aufschrei brach die Getroffene auf dem Korridor zusammen. Als ander« Hausbewohner hinzueilten, krachte ein zweiter Schuh. Der Leutnant hatte sich eine Kugel in die Schläfe gejagt. In bewuht- losem Zustande wurde er nach dem nahen Garnisoulazarett l ge- schafft. Sein Zustand ist bedenklich. Das verletzte Mädchen wurde nach dem Augusta-Hospital transportiert. In der SäuglingSfürsorgestelle I, Blnmenstr. 78, findet im Oktober je einmal wöchentlich Unterricht in Säuglingspflege mit praktischen Uebungen statt. Meldungen hierzu schriftlich oder münd- lich: Bureau des Kinderhauses, Blumenstr. 78, vorn links parterre. wochentäglich von 2— 4 Uhr. Kindcslcichcn. Gestern vormittag wurde im Landwehrkanal an der unteren Freiarchenbrücke die nackte Leiche eines neugeborenen Mädchens angefchwemml. An der Leiche, die schon mehrere Tage im Wasser gelegen hat, sind Spuren äuherer Gewalt nicht sichtbar.— Aus dem Rixdorfer Stichkanal wurde gestern in der Nähe der Trep- tower Brücke die Leiche eines neugeborenen Mädchens gelandet, die in ein Hauptblatt der.Berliner Morgenpost " eingewickelt war. Die Leichen wurden nach dem Schauhause gebracht. FolieS Caprice. Der eigenartige Musentempel am Oranien- burger Tor hat am Freitag die Posse„Volle Pension" von Satyr als Preniiere herausgebrocht. Bei dem Künstlervölklein in der Linieuslrahe kommt eS eigentlich aus Autor und Stück nicht an. Sie liefern eine feine Mosaikarbeit, jeder gibt sich selbst, und alles zusammen genommen ergibt sich doch ein anheimelndes, harmonisches Bild. Ob man nun Siegfried Berischs KommiS Armin Salzer, Adolf Hartlens Kanzlist Tobias Sauer, Joseph Müllers Dienstmann Abiaham Goldbcrger oder eine beliebige andere Figur allein betrachtet, oder aber es vorzieht, das Gesamt- bild der Vorgänge in Frau Bettelheims Pension auf sich wirken zu lassen— die Darstellung ist und bleibt ein ästhetischer Genuh Jeder einzelne der mitwirkenden Künstler trägt dazu bei, diesen Ge- nuh zu einem köstlichen zu machen. Jin bunten Teil sind besonders hervorzuheben L o t t e H a n ä und Adolf H a r t l e y. Arbeiter-Bildungsschule. Heute abend 7 Uhr im grotzen Saale des Gewerkschaftshauses, Engel-User 15, Lichtbilder- Vortrag des Herrn Felix Linke über:„Weltschöpfung und Weltuntergang"(mit zirka 80 Lichtbildern). Eintritt 40 Pf., Garderobe frei. Zu dem Unglücksfall im Betrieb der Firma Spinn u. Sohn, Wasserthorstr. 9, teilt uns der Vater des verunglückten Lehrlings Walter Beyersdorf mit, daß der Knabe nicht während der Mittags- pause, sondern während der Arbeitszeit, nachmittags um Uhr, in das heiße Wasser gefallen sei. Es wird uns versichert, daß in dem betreffenden Raum, wo das Unglück passierte, der etwa 60 Zentimeter hohe Bottich mit heißem Wasser völlig ohne Schutz- Vorrichtung dastehe, so daß sehr leicht die Möglichkeit eines Un- glucks vorhanden sei. Die Direktion habe zwar gesagt, sie habe das Betreten dieses Raumes durch Lehrlinge verboten, doch gehöre auch die Beschäftigung in demselben zur Ausbildung der Lehrlinge. Schon deshalb sei die Umgebung dieser Bottiche mit Schutz- Vorrichtungen dringend notwendig. Arbcitcr-Samariter-Bund iKolonne Berlin). Montagabend S Uhr Fortsetzung deS Kursus in der 2. Abteilung Brunnenstr. 184 Vortrag über Physiologie<Leben«tätigkeit deS menschlichen KörperS).— Freilagabend Monatssitzung der aktiven Mitglieder. Die Material» auSgabe findet nur von 8— S Uhr statt. Im Wissenschaftlichen Theater der Urania wird der Vortrag: „Die Weltausstellung in Brüssel ", der unter Berücksichtigung der großen Brandkatastrophe in Wort und Bild das AuSstellungs- gelände mit seinen Bauten, seinen industriellen Anlagen und Er- Zeugnissen und seinen Kunstschätzen schildert, in dieser Woche nur noch am Sonntag, Mittwoch und Sonnabend zur Darstellung ge- langen. Am Montag und Donnerstag wird der Vortrag:„In den Dolomiten, eine Wanderung auf der neuen Dolomitenstraße von Bozen über Toblach ins Pustertal " wiederholt und am Dienstag und Freitag wird noch einmal der Vortrag:„Im Lande der Mitter- nachtssonne" gehalten werden. Am Sonnabend, nachmittags 4 Uhr, findet eine Wiederholung des Vortrags:»Die Insel Rügen" zu kleinen Preisen statt. Im Zoologischen Garten ist ein sogenannter Heiliger Reiher anS Deutsch-Neuguinea eingetroffen, der in einer Abteilung der Wasserflugkäfige untergebracht ist. Diese kleine Reiherart, die weit an den Küsten des indischen und Stillen OzanS verbreitet ist, ist meist einfarbig schiefergrau, jedoch kommen sehr häufig auch weiße Tiere, in einem Neste mit den graugefärbten vor, und ein solches weißes Exemplar ist der jetzt im Garten eigetroffene Vogel. Vorort- Nacbricbteih Lichtenberg . Stadtverorbnetensitzung. Unter geschäftlichen Mitteilungen brachte der stellvertretende Stadtverordnctenvorsteher Herr Röder zur Kenntnis, daß die von der Versammlung beschlossene Bier- steuerordnung von der Aufsichtsbehörde genehmigt ist. Ferner ist die in der vorigen Sitzung beschlossene Resolution gegen die jetzt bestehende Fleischnot vom Magistrat an die Regierung abgesandt worden. In die zur Beratung der Vorlage betreffend anbaufähige Herstellung der Straße 0 eingesetzte Kommission wurden unter anderem auch die Genossen Linke und S p i e ck e r m a n n ge- wählt. Die folgenden neun Punkte betrafen Dechargierung von Rechnungen sowohl der ordentlichen Verwaltung als auch von den Städtischen Werken. Hervorgehoben zu werden verdient, daß sich hierunter auch die Bauabrechnung für die beiden Turnhallen in der Möllendorf- und Siegfriedstraße befand, welche eine Mehraus- gäbe von 11 013,30 M. verursacht hatten. Beim Bau der Turn- halle in der Möllendorfstraße waren bekanntlich nebenan lagernde, der Stadt gehörende Pflastersteine gestohlen und mit zum Bau der Turnhalle verwendet worden. Die Stadt stellte oaraufhin Strafantrag gegen den Bauherrn, den jetzigen Stadtverordneten Sommerkorn. Da es durch Zeugenvernehmung nicht möglich war, den eigentlich Schuldigen festzustellen, wurde das Verfahren eingestellt. Um derartige Vorkommnisse in Zukunft zu verhüten, wurde jedoch zur besonderen Ueberwachung noch vier Monate lang ein Techniker angestellt, dessen Gehalt im Gesamtbetrage von 720 M. Herr Sonimerkorn zu zahlen hatte. Für den Neubau der Turnhalle mit Klassenanbau der Schule in der Kronprinzenstratze wurden zu den bereits bewilligten 47 000 M. noch 10 000 nach« betvilligt. Zwischen der Eisenbahnbrücke und dem Grundstück Frank- furter Chaussee 183 soll eine Bedürfnisanstalt für Männer und Frauen errichtet werden. Dieselbe soll massiv gebaut werden und auch eine zweckentsprechende äußere architektonische Ausge- staltung erhalten. Die hierfür notwendigen Baukosten im Be» trage von 0800 M. wurden bewilligt. Eine Anfrage unserer Ge- nossen, wann endlich am Bahnhof Friedrichsfelde sowie in Neu- Lichtenberg die schon längst als notwendig erwiesenen Bedürfnis- anstalten errichtet werden sollen, wurde vom Baurat dahingehend beantwortet, daß bereits in der nächsten Zeit der Stadtverordneten- Versammlung eine Vorlage hierüber zugehen werde.— Eine Vorlage über Neupflasterung der Frankfurter Chaussee sowie über AuS- schmückung der Mittelpromenade derselben zwischen Ringbahn und Rathausstraße wurde einer Kommission überwiesen, welcher unsere Genossen Grauer, Hcckert und Linke angehören. Bemerkt sei, daß als Pflasterung Asphalt vorgesehen ist und die Kosten auf 830 000 M. veranschlagt sind.— Beschlossen wurde ferner, die Gürtelfrratze zwischen Scharmoebcrstraße und Frankfurter Chaussee zu regulieren und neu zu pflastern, und zwar soll Stampfasphalt verwendet werden. Die Bürgersteige sollen Mosaikpflaster er- halten und mit Bäumen werden. Da durch die in der nächsten Zeit erfolgende Fertigstellung der neuen Eisenbahnbrücke in der Gürtclstraße die Regulierung dieses Teils der Gllrtelstraße zwingend notivendig ist, wurde dem Projekt zugestimmt. Die Kosten betragen 68 000 M., jedoch sollen die Anlieger nach den bestehenden Bestimmungen zu den Kosten herangezogen werden.— Den Schluß bildete eine geheime Sitzung. Rixdorf. Aus der vierten Etage gestürzt ist gestern die vierjährige Margarethe Stellmacher, Niemetzstr. 6 wohnhaft. DaS Kind befand sich gegen 12 Uhr- in der elterlichen Wohnung und halte einen Stuhl an das Fenster gerückt, um so auf den Hof hinuntersehen zu können. Dabei verlor die Kleine plötzlich das Gleichgewicht und stürzte köpf- über in die Tiefe. In bedenklichem Zustande wurde das verunglückle Mädchen nach der Unfallstation in der Steiinnetzstraße und von dort nach dem hiesigen Krankenhause geschafft. Cbarlottenvurg. Das polizeiliche Verbot der Aufführung von Max Halbes „Jugend" im Charlottenburger „Volkshaus" ist zunächst aufrecht erhalten, so daß die Vorsicllung bis auf weiteres unterbleiben muß. ES wird daher den Besitzern von Billetts anheimgestellt, gegen Rückgabe der Karte sich das gezahlte Geld zurückerstatten zu lassen. Welche Gründe dieses Verbot hat, ist bisher den Beteiligten nicht bekannt gegeben. Andere Blätter glauben schon zu wissen, daß „baupolizeiliche Gründe" für das Verbot matzgebend seien. Wenn solche Gründe wirklich angegeben werden, so sind sie, wie sich heute bereits feststellen läßt, nur leere Borwände. hinter denen in Wahrheit etwas ganz anderes steckt. Vom März 1905 ab bis Mai tg06 hat auf derselben Bühne, in demselben Saale die Charlottenburger„Freie Volksbühne" fortdauernd ihre Vor- stellungen veoanstaltet, darunter übrigens auch Halbes„Jugend" mehrere Male. Auch der Wahlverein hat wiederholt verschiedene Theaterabende irn„Volkshaus" abgehalten, noch erst 1009„Aus- gewiesen" von Böttcher. Niemals hat irgend welche Be- anstandung stattgefunden, wozu auch nicht der geringste Anlaß ge- Wesen wäre, weil die Räume, und insbesondere die Bühne, in tech- nischer und baupolizeilicher Beziehung allen Anforderungen stets entsprochen haben und entsprechen. Stichhaltige Gründe können nicht angeführt werden. In Wahrheit ist es, wie wir bereits gestern erklärten, die Feindseligkeit gegen die VildungSbestrebungen der Arbeiterschaft, die diese? Verbot diktiert hat. Das letzte Wort in der Angelegenheit ist wohl noch nicht gesprochen, wir werden den Kampf mit der Polizei, wenn sie ihn will, aufnehmen. Maßnahmen, die den baldigen Beginn des Erweiterungsbaues de? Rathauses in Aussicht stellen, werden jetzt von der Stadl« Verwaltung in die Wege geleitet. Zunächst wird am 1. Oktober das auf dem städtischen Grundstück Am Lüyow 8a befindliche Wohnhaus von den Mietern geräumt und dann mit dem Umbau dieses HauseS begonnen werden. AuS den Mietsräumen werden Bureau- räume geschaffen, in welchen die Ressorts, die bisher in den Häusern Berliner Straße 70 und 71 untergebracht waren, ihr Domizil ans- schlagen werden. So daS Statistische Amt, daS Standesamt ll, das Bureau der Brückenneubauten und einige Steuerstellen. Außerdem wird darin das neu errichtete und am 1. Oktober feine Tätigkeit austrehmende städtische Wohnungsamt seine Stätte finden. Die Kosten des Umbaues sind auf 26 800 M. veranschlagt. Sobald die Uebersiedelung stattgesunden hat. soll mit dem Abbruch der beiden für den Erweiterungsbau des RalhaufeS in Frage kommenden Häuser Berliner Str. 7V und 71 begonnen werden. Die Armenverwaltung der Stadt Charlvttenburg hat mit dem 24. September ihre Burcauränme nach dem Hause Kirchhofftr. 2 (ehemaliges Charlottenburger Polizeipräsidium) verlegt. Im vorderen an der Straße gelegenen Gebäude ist die Generalexpedition, der Freiwillige Erziehungsbeirat, die Generalvormundichaft und die Prüfniigsstelle für das Pflegestellenwesen untergebracht. In dem Hintergebäude befinden sich die Bureaus für die Armenunterslützungs- und Wais enpflegeangelegenheiten. Wilmersdorf-Halensee. Eine Herbstfeier deS Vildung'auSschusseS wird am Sonnabend, 1. Oktober, abends 8l/a Uhr, im B e s« l l s ch a f t S h a u s e, Wilhelmsaue 112, abgehalten. Die Feier besteht unter Mitwirkung de« Wilmersdorfer MännerchorS aus Konzert, Gesangs- Vorträgen, Rezitation und einer vom Genossen Peel gehaltenen Festrede. Für jugendliche Personen unter 18 Jahren ist der Eintritt frei; Erwachsene zahlen 20 Pf. Die künstlerischen Darbietungen deS Abends rechtfertigen die Hoffnung aus zahlreiche Beteiligung und daher wird eine rege Propaganda für die Herbst- seier erwartet. Mariendorf.- In übcrfüllter Versammlung referierte Genosie Groger über „Volksbelastung und Koiserreden". Die Versammlung, in der auch einige Gegner anwesend waren, verfolgte die Ausführungen des Redners mit großem Interesse. Gemeindevertreter Genosse Reichardt gibt alsdann den Termin der im Oktober stattfindenden Gemeinde- wähl bekannt, er forderte auf, daß jedermann seine Pflicht tun möge. Buch eine Antwort. Im Juli dieses Jahres beschäftigte sich eine überfüllte Versammlung mit dem Verhalten der Kirchen- gemeinde beim Begräbnis Andersgläubiger. Einstimmig wurde eine Resolution angenommen, die den Gemeindevorstand bzw. die Gemeindevertretung auffordert, so schnell wie möglich einen Ge- meindefriedhof zu schaffen. Diese Resolution wurde dem Gemeinde- Vorsteher von dem Leiter der Versammlung unterbreitet. Dies war am 18. Juli. Jetzt endlich am 18. September jendet der Gemeinde» Vorsteher folgendes Schreiben:„Ihrem vorbezeichneten Antrage ver- mag ich nicht zu entsprechen, da die Einrichtung und Unterhaltung der Kirchhöfe Hierselbst Sache der Kirchengemeinde ist. Die Kirchen- gemeinde hat weder Grund noch Absicht, hierin eine Aenderung ein- treten zu lassen. Sie darf sich nicht weigern. Andersgläubige oder aus der Landeskirche Ausgeschiedene auf dem Kirchhos aufzu- nehmen. Für die Ausführung der Begräbnisse gelten die Bestim- mungen der bestehenden Begräbnisordnung, die von den dazu be- rufenen Organen beschlossen bezw. genehmigt ist. Halten Sie aus bestimmten Gründen eine Aenderung der Begräbnisordnung für erforderlich, so muß ich Ihnen überlassen, sich mit einem ent- sprechenden Antrage an den Gemeindekirchenrat zu wenden." Unter- schrift: Westfahl. Diese Antwort wird die Mariendorfer Steuer- zahler schwerlich befriedigen. Die Resolution verlangt, daß sich auch die Gemeindevertretung mit dieser Angelegenheit beschäftigen solle. Aber da ist sie gar nicht vorgelegt worden. Nun schreibt der Herr Gemeindevorsteher, daß die Unterhaltung der Kirchhöfe Sache der Kirchengemeinde ist. Das war auch vor dem schriftlichen Be- scheid schon bekannt. Es ist aber auch bekannt, daß ein Gemeinde- sriedhof Eigentum der Gemeinde ist. Und ein solcher wurde in der Resolution verlangt. Auf Grund der unangenehmen Vorkomm- niffe auf dem Friedhof der Kirchengemeinde verzichtet man sehr gern auf die Ehre, daselbst begraben zu sein. Das einzig interessante an der Antwort ist die Bestätigung, daß die Kirchengemeinde verpflichtet iß. Andersgläubige aus dem Friedhof aufzunehmen. Was sagt der Gemeinbekirchenrak dazu, der seinerzeit in seinem Schreiben an die Austretenden betonte: „Wer aus der Kirche ausgeschieden ist, kann nicht auf dem Friedhof der Kirchengemeinde begraben werden." Wenn nun der Herr Ge- meindevorsteher glaubt, daß sich die Steuerzahler damit abfinden werden, irrt er. Trotz des elenden Wahlsystems, das keine richtige Vertretung der breiten Masse des Volkes zuläßt, wird nicht ge- schwiegen werden. Am 3. Oktober, an welchem Tage eine Ersatz- wähl für die 3. Klasse stattfindet, soll die erste Antwort gegeben werden. Strausberg . Einem räuberischen Ucberfall sind gestern drei Frauen aus Strausberg zum Opfer gefallen. Dieselben hatten am Nachmittag einen Ausflug nach der Giebelsdorfer Mühle unternommen und macblen sich gegen l/,9 Uhr abends auf den Heimweg. In der Nähe des sogenannten Grund tauchten plötzlich auS dem Dinitrl deS Waldes zwei Männer auf, die den drei Frauen den Weg versperrten nud unter Drohungen die Herausgabe ihrer gesamten Barschaft verlangten. In demselben Augenblick stürzten sich die Räuber aus ihre Opier, würgten sie, warfen sie zu Boden und durchsuchten die Taschen der Kleider nach Geld, wobei ihnen etwa 22 Mark in die Hände fielen. Dann entrisjen sie einer der Ueberfallenen noch die Handtasche, in der sich 80 Mark in Gold besanden, und ergriffen die Flucht. Erst nach etwa einer Stunden wurden die Beraubten von einem Besitzer aufgefunden, der sie mit seinem Fuhrwerk nach Strausberg brachte, wo alle drei ärztliche Hilfe in Änipruch nehmen mußten. Von den Räuber» fehlt bisher noch jede Spur. Es kommen zwei etwa 20- bis 22jährige Schweizer in Betracht, die gleichzeitig mit den Frauen in der Gubelsdorser Mühle anwesend waren. Köpenick . In der letzten Wahlvcrernsvcrsaiumlung referierte Genosse Georg Schniidt über die preußischen VerfassungSkäinpse. Eine Diskussion fand nicht statt. Sodann wurden 18 Neuaufnahmen, darunter zwei weibliche, vollzogen. Zu der im Herbst stattfindenden Stadt- verordnetenwahl wurde eine Komimsfion gewählt, der die Genossen Jahnke. Refeldt, Stein und Dillmann angehören. Dieselbe hat gemeinsam mit dem Varstand die Vorarbeiten zu treffen. Gcnoffe Lefövre machte auf die Vermisialtungen des BildungSauSichuffeS auf- liierlsam. Eine längere Diskussion entstand über die Frauenbewegung am Orte. Am Schlüsse der Versammlung wurde noch aus die im Oktober stattfindende Delegiertenwahl zur OrtSlranlenkasse verwiesen. Obcr-Schöncweide. Der Arbeiter-Samariter-KtirsuS für Ober-Schöneweide und Um- gegend findet jeden Dienstagabend 8 Uhr, im Hackepeter bei Schulze, Siemensstr. 12, statt. Nach den Vorträgen Uebung in Anlegung von Verbänden, Transport Verunglückter, Wiederbelebung Er- trunkener usw. Gäste willkommen. Lichtenbcvg-�riedrichsfelde. Mit den ungesetzlichen Maßnahmen der Potsdamer Regiernng sowohl wie auch mit dem Vorgehen der hiesigen Polizei aus Anlaß der am Donnerstag, den 22. d. MtS., einberufenen Versammlung werden sich morgen Montag, den 26. September, abendS S'/g Uhr, zwei öffentliche Prot« st Versammlungen beschäftigen. Die Versammlungen tagen für Lichtenberg im „Schwarzen Adler". Frankfurter Chaussee 8/6, und für Friedrichs- f e l d e im Lokale von Franz Bube, Prinzen-Allee 30. Referenten sind die Genossen Artur Stadthagen und Wilhelm D ü w e l l. Arbeiter, sorgt für Massenbesuch dieser Versammlungen! Potsdam . Konflikt in der Armenverwaltung. Der Vorsteher des neunten Armenbezirks, Kaufmann Wille jun., weigert sich, den von der Wahl- kommission und Stadtverordnetenversammlung gewählten und vom Magistrat bestätigten Stellvertreter, Zigarrensabritant Faust in sein Amt einzuführen. Als Grund hierfür gibt er an, daß seine Vor« schlage nicht berücksichtigt sind. Die Wahlkommission hat aber einen der vorgeschlagenen Herren daS Amt angetragen; der Herr hat ab» gelehnt, und den neuen in Vorschlag gebracht. Die Kommission entschloß sich für diesen, da der zweite Vorgeschlagene unverheiratet ist. In der Stadtverordnetenversammlung fanden sich imn Stimmen, welche die Kommission ersuchten, in Zukunft nur die Vorgeschlagenen zu berücksichtigen,»denn die Kom» Missionen seien gewissermaßen geichlossene Kreise, in denen man ielbstverssändlich nicht jeden aufnehmen will." Man darf gespannt sein, wie sich dieser Fall erledige» wird. Die Arnienkonnnisstonen scheinen danach zu den Filiale» der konservativen Bezirksvereine zu gehören, den» nur dessen Mitglieder scheinen aufnahmefähig. Daß natürlich in den Kommissionen auch die Armenpfleger den Bezirks» vereinen entnommen werden, erübrigt sich beinahe mitzuteilen. Ber » meidet man doch sogar zu den Einschätznugskominissionen alle Schichten, also auch Gesellen und Arbeiter, hinzuziehen. Dafür ist aber die Stadtverordnetenversauunlung fast rein konservativ. Spandau . Arbciter-Samariter-Kolonne. Der zweite Lehrabend. in welchem der erste Vorsitzende deS Bunde«, Genosse Stein, einen Vortrag zu halten gedenkt, findet am 23. September, abend? 3>/z Uhr, im Lokal von Bohle, Havelstr. 20, statt. Teilnehmer hierzu sind noch sehr erwünscht._ Gerichts-Zeltung. Die Polizei gegen Streikposten. Durch polizeiliche Verfügung, die den gesetzlichen Formen nicht entspricht, ist dem Schmied Suckow eine Strafe von 30 M. auf- erlegt worden, weil er, als er vor der Werkstatt des Schmiede» meisterS Franke in der Admiralstraße das Recht deS Streikposten- stehens ausübte, von einem Schutzmann als Verkehrshindernis be» trachtet, zum Weitergehen aufgefordert wurde uitd dieser Auf- forderung nicht Folge geleistet haben soll. In der Verhandlung, die gestern vor dem Schöffengericht Berlin-Mitte stattfand, wurde festgestellt, daß Suckow nach seiner Sistierung um 7% Uhr morgens bis 12% Uhr mittags aus der Polizeiwache festgehalten, dann nach dem Alexanderplatz tranS- portiert und hier bis 6 Uhr abends in Haft behalten wurde. Diese Freiheitsberaubung, zu der nicht die mindeste Berechtigung vorlag, bezeichnet das Polizeipräsidium als SicherheitShaft! Die beiden Schutzleute, welche als Zeugen gegen Suckow ver» nommen wurden, erwiesen sich hinsichtlich ihres Verhaltens in Streiksachen recht gut instruiert. Wie alle Schutzleute, die in gleich- artigen Fällen als Zeugen vor Gericht auftraten, so begann auch der Schutzmann Klamann mit den stereotypen Worten:„Bei Franke war ein Streik ausgebrochen, wir waren beordert, die Arbeits - willigen vor Belästigungen zu schützen, der Angeklagte war Streik- Posten, er hinderte den Verkehr" usw. Der Verteidiger. Rechtsanwalt Dr. Oskar Cohn, suchte durch Fragen festzustellen, ob der Schutzmann den Angeklagten, weil er Streikposten war, fortgewiesen habe.— Das stellte der gut in- struierte Schutzmann Klamann in Abrede. Den Verkehr habe der Angeklagte gehindert, es habe auch die Möglichkeit vorgelegen, daß der Angeklagte mit Arbeitswilligen zusammenstoßen könne, denn es seien schon früher Zusammenstöße vorgekommen. Weiter fragte der Verteidiger, ob der Schutzmann den dienstlichen B-fehl erhalten habe, jeden Streikposten fortzuweisen.— Von einem solchen Befehl wollte der Schutzmann nichts wissen. Er wand sich unter den Fragen des Verteidigers hin und her und schließlich mußte er zugeben, daß der Polizeihauptmann den Schuslruten gesagt hat, rS feien Arbeitswillig« belästigt worden, die Schutzleute sollten deshalb die Streikposten aus dem betreffenden Teil der Admiralstraße fort- weisen.— Hiernach konnte der Verteidiger konstatieren, daß, wenn ein Polizeihauptmann den Schutzleuten sagt, wie sie sich zu ver- halten haben, dies für die Schutzleute als Befehl gelt«, dem sie ohne weiteres zu folgen haben.
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