it. 230. 27. IahtMK. 2. fifiliiit des Joriüütts" Srrlim öiisliliift. Zowabend, 1.©Batet l!)10. Die OrganifatlODen zum Parteitag. Aus Karlsruhe wird vom Donnerstag telegraphiert: In zwei stark besuchten Versammlungen referierten die Land- tagsabgeordneten K o l b und Willi über den Magdeburger Parteitag. Beide Versammlungen billigten die Haltung ihrer Delegierten in Magdeburg , und in beiden Ber- sammlungen erhob sich keinerlei Widerspruch. Zur Vermeidung von Vorkommnissen wie ans dem Magdeburger Parteitag schlug Kolb die Gründung ejnes Reichsausschusses in der sozial- demokratischen Partei vor, der aus Genossen aller Landesteile be- stehen, die Politik und Taktik der sozialdemokratischen Partei kon- trollieren und zwischen Nord und Süd ausgleichend wirken müsse. Aus Stuttgart wird ebenfalls vom Donnerstag telegraphiert: Die hiesigen Sozialdemokraten haben sich gestern abend in einer stark besuchten Versammlung zugunsten der Auffassung der norddeutschen Genossen bezüglich der Budgetfrage ausge- sprachen. In der Debatte ging es sehr stürmisch zu. Aus Pforzheim schreibt man uns: Die hiesige Parteigenossenschaft nahm am Mittwoch zu dem Magdeburger Parteitag in einer Mitgliederversammlung Stellung. Der Abg. Stockinger hielt ein von aller Vorsicht ge- leitetes Referat; es klang daraus die Sehnsucht, daß nunmehr der Streit über die Budgetfrage ein Ende haben möchte. Bedauer- licherweise führte Genosse Stockinger erst in seinem Schlußworte den radikalen Genossen Bebel als Zeugen für die wertvolle Be- deutung der badischen Großblockpolitik zugunsten des Revisionismus ins Treffen. So konnte nicht mehr dagegen angekämpft werden, daß das Urteil Bebels über die badische Großblockpolitik ins Gegen- teil verkehrt wurde. In der Diskussion erklärte Genosse Graf sich mit dem Parteitage zufrieden. In der Budgetfrage könne man mit der Haltung des Parteivorstandes einverstanden sein, erst durch Zubeil und Genossen sei das persönliche gehässige Moment hinein- getragen worden. Sein Zusatzantrag sei total überflüssig. Jetzt müsse man mit Hinblick auf den Reichstagswahlkampf wieder einig zusammenstehen, damit man ohne nationalliberale Großblockpolitik zum Siege komme. Genosse D i e t t r i ch ist der Auffassung, daß in den Partei- blättern etwas mehr Aufmerksamkeit den großen wirtschaftlichen Kämpfen gewidmet werde; dann würden den Arbeitern die Augen geöffnet, daß die Nationalliberalen auch nicht viel besser als die anderen reaktionären Parteien sind. Genosse Widmann: Fehler seien auf beiden Seiten gemacht worden; vor allem müsse man aber dem Karlsruher »Volksfreund" den Vorwurf der Einseitigkeit machen. Genosse Schüttle: Die Taktik müsse man stets ändern können, sie dürfe nicht festgelegt werden. Die Studienkommission habe die Mehrheit des Parteitages abgelehnt, weil sie gefürchtet habe, ins Unrecht gesetzt zu werden. Referent Stockinger erklärte im Schlußwort: Er habe sich in seinem Referat größter Objektivität befleißigt, um weitere Streitpunkte zu vermeiden, denn jetzt sei es der gegenseitigen Be- kämpfung wahrlich genug. Die badische Großblockpolitik habe selbst der radikale Genosse Bebel nicht bemängelt. Die sozialdemokra- tische Fraktion habe durch die Großblockpoliti! keine ihrer Prin- zipien verleugnet. Auch im hessischen wie bayerischen Landtag könnten sehr leicht Fälle eintreten, wo die Fraktion für das Budget stimmen müsse, wie auf dem Magdeburger Parteitag dargelegt wurde. Deshalb wäre die Studienkommission ganz gut gewesen. Die Großblockpolitik sei eine vorübergehende Erscheinung und ganz abhängig von den jeweils obwaltenden politischen Verhältnissen. Eine Resolution wurde nicht gefaßt. Aus der Nürnberger� Parteiversammlunss, deren Verlauf wir schon meldeten, wird uns folgendes über die Diskussion berichtet: Schneppenhorst teilt mit, daß er von dem alten Genossen Löwenstein den Auftrag erhalten habe, zu erklären, daß seine Ab- stimmung genau dieselbe gewesen sei wie die Süßheims; er (Schneppenhorst), hätte sich ebenfalls in diesem Sinne entschieden, wenn er nicht plötzlich vom Parteitage abberufen worden wäre, um in Sachen der Nürnberger Meistiftarbeiteraussperrung, zu unterhandeln. Er schlägt die schon mitgeteilte Resolution vor, in der sich die Versammlung mit den Beschlüssen des Magdeburger Parteitages, insbesondere mit dem Beschluß über die Budgetfrage einverstanden erklärt. Weilers steht auf dem Standpunkt Sühheims und bedauert ebenfalls die abweichende Haltung der übrigen Nürnberger Dele- gierten. Die Fortschritt«, die die Badenser im Landtage erzielt, seien nicht geeignet, die Budgetbewilligung zu rechtfertigen. Die Rücksichten auf den Großblock seien verfehlt; die Taktik, die unsere badischen Genossen einschlagen wollen, habe die Nationalliberalen zugrunde gerichtet. Die politische Situation erfordere nicht, daß wir bürgerlichen Parteien irgendwie Rechnung tragen. Herzberg ist nicht mit dem einverstanden, was der Partei- tag über die Budgetfrage votiert hat, weil nicht beachtet wurde, daß es sich nicht um eine grundsätzliche, sondern um eine taktische Frage handelt. Wenn eS sicb um ein Prinzip handeln würde, dürfte in keinem Falle davon abgegangen werden, aber selbst die Nürn , berger Resolution lasse Ausnahmen zu. Wenn verlangt wird, daß wir innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft kein Budget bewilligen dürfen, dann müßten wir unsere gesamte parlamentarische Tätig- keit einstellen, denn sie bedeute ein Arbeiten innerhalb der bürger- lichen Gesellschaft. Eine Mehrheit sollte die Dinge nicht so auf die Spitze treiben, wie eS in Magdeburg geschehen ist. Die Einwände der Badenser scheinen noch nicht widerlegt zu sein. ES ist be- greiflich, daß man das Vorgehen der Badenser verurteilt, aber die Durchsetzung des Zusatzantrages war das unglückseligste, was der Parteitag getan hat. Die Art, wie der Parteitag zum Tummelplatz von Konventikeln ge- macht, wie die Mehrheit ihre Gewalt zur Geltung brachte, sollte man von einem Arbeiterparlament nicht erwarten dürfen. Der Inhalt des Zusatzantrages steht im Widerspruch mit dem Organi- sationsstatut.(?) Das Recht der Minderheit ist zertreten worden, man wird dabei an die golltarifdebatten im Reichstag erinnert.(?) Der Zusatzantrag ist eine lex Frank, eine Zufallsgesetz. gebung» wie eS femerzeit die lex Heinze sein sollte. Man kann zugeben, daß sich die Mehrheit durch die Erklärung Franks gereizt gefühlt hat, aber er hat sachlich nichts anderes gesagt, als was 1894 schon Grillenberger in Frankfurt gegen den Antrag Antrick zur Budgetfrage gesagt hat. Die Erklärung Franks steht mit der Nürnberger Resolutwn nicht im Widerspruch.(?) ES wird eine Zeit kommen, wo man die Budgetfrag« ganz anders ansehen wird als heute. Eine Klärung ist in Magdeburg nicht herbeigeführt worden. Redner bittet, die Resolution Schneppenhorst abzulehnen, da sie eine Desavouierung der Mehrheit dier Nürnberger Delegierten bedeute; es dürfe nicht Sieger und Besiegte geben. Zwosig verteidigt die Badenser, deren Taktik der Arbeiter- schaft große Vorteile gebracht habe, und ermahnt, weniger mit Worten als mit Taten zu operieren. W a l t h e r tritt für die Resolution Schneppenhorst ein. Er ist überzeugt, daß durch den Magdeburger Parteitag unsere Fort- Ichritte nicht aufgehalten werden, sondern daß wir im Gegenteil iärker und mächtiger werden. Der Großblock hat sich immer mehr als eine große Illusion entpuppt. Durch unsere Erfolge bei den Wahlen werden unsere Gegner immer mehr zusammengepeitscht, und es wird kein Großblock mit der Sozialdemokratie, sondern ein Grotzblock gegen die Sozialdemokratie der Ausdruck der poli- tischen Situation werden. Körner spricht ebenfalls für die Resolution Schneppenhorst . Treu, der zu den Delegierten gehört hat, die den ersten Absatz der Vorstandsresolution ablehnten und sich aus der Nachtsitzung entfernten, erklärt, daß sein Standpunkt den Nürnberger Genossen, als sie ihn wählten, bekannt gewesen sei, da er ausdrücklich erklärt habe, daß seiner Ansicht nach der Nürnberger Beschluß nicht aufrecht zu erhalten sei, Wenn man diesen Standpunkt nicht für richtig halte, hätte man ihn nicht wählen sollen. Er habe für das Tadelsvotum ge- stimmt, aber damit noch lange nicht alles für richtig erklärt, was auf dem Parteitag vorgekommen. Insbesondere sei die Art, wie der Zusatzantrag durchgedrückt wurde, ein vollständiges Novum; so verfahren wir nicht einmal gegen unsere Gegner. E i ch e n m ü l l e r wendet sich dagegen, daß man alle, die nicht mit der Mehrheit gehen, als Revisionisten verschreie und dieser Bezeichnung einen üblen Beigeschmack anhänge. Das Vorgehen der Mehrheit sei zu verurteilen; die Mehrheit habe eigent- lich ein Schweineglück gehabt, weil das Vorgehen der Badenser eigentlich nicht zu verteidigen ist. Trotz alledem aber könne nicht bestritten werden, daß die Zustände in Süddeutschland freiheitlicher sind als in Norddeutschland. Za p f wendet sich gegen die Badenser, die feinem Dafürhalten nach nicht die Absicht gehabt haben, die Geschlossenheit der Partei zu wahren; er verurteilt die Haltung der Nürnberger Delegierten, die nicht mit Süßheim gestimmt haben, besonders die der Genossin Grünberg . Dr. Südekum,� der Reichstagsabgeordnete des Wahlkreises, der während der Versammlung eingetroffen ist, verweist auf den Zuruf, den in Magdehurg Ledebour gegen ihn gemacht, er, Süde- kum, solle nur warten, wenn er nach Nürnberg komme, und hemerkt, er wisse nicht, welche Gefahren damit verbunden sein sollten, wenn er in Nürnberg erscheine, aber so könne das Verhältnis zwischen ihm und Nürnberg auch nie stehen. Es gebe gewisse Grenzen, die weder von der einen, noch von der anderen Seite überschritten werden �dürfen. So wie das Verhältnis zwischen Abgeordneten und Wählern auf dem Parteitage von einzelnen Rednern hin- gestellt wurde, könne es nie sein. Man hat da gehört, die Führer hatten sich erst zu überzeugen, was die Massen wollen. Ich meine aber, bisher standen die Führer immer nicht hinter, sondern vor der Front. Wir waren bisher stolz auf die Meinungsfreiheit in unserer Partei; das Verhältnis kann nie so sein, daß einer be- dingungsloS zu tun hat, was von ihm verlangt wird. Es ist ein Vertrauensverhältnis sehr wohl verträglich mit Meinungs- Verschiedenheiten in taktischen Fragen. Ein anderes Verhältnis wäre unwürdig, und Sie würden mich auch nie bereit finden, ein anderes einzugehen. Die B u d g e t b e w i l l i g u n g war ein bedauerlicher Disziplinbruch, aber selbst im bürger- lichen Strafrecht gibt es mildernde Umstände, die zuweilen sogar Straflosigkeit nach sich ziehen. Es sind genug Umstände vorhanden, dtedieTatderBadensererklärlich, wenn möglich auch verzeihlich machten. Unsere Partei- tage sind kein Tribunal und auch kein Konzil. Frank hat in letzter Stunde der Mehrheit noch einmal zugerufen: Wir stehen auf dem Boden der Nürnberger Resolution. Mehr konnte man nicht ver- langen, wenn nicht die Abgeordneten in ihren Landtagen als Hans- wurste dastehen sollten.(?) Die Budgetfrage ist eine taktische Frage, die ganz hedeutungsloS wäre, wenn man ihr nicht künstlich eine Bedeutung beigelegt hätte. Niemand regt sich darüber auf, daß die Abgeordneten in den Parlamenten einen feierlichen Eid leisten, aber die Formalität der Budgctabstimmung soll eine Sache des Prinzips sein. Dann gehöre sie ins Parteiprogramm. Redner appelliert an das Gerechtigkeitsgefühl der Genossen, das unbe> rechtigte Mißtrauensvotum gegen ihre Delegierten abzulehnen. Haugen st ein, ebenfalls Delegierter, verteidigt die Haltung der Mehrheit der Nürnberger Delegierten. Da es inzwischen Mitternacht geworden ist, wird ein Vertagungsantrag an» genommen. Vorgemerkt sind noch 18 Redner. In Kassel tagte am Mittwoch eine leider nur schwach besuchte Versammlung, in der Genosse Hauschild Bericht erstattete. Wir entnehmen dem Bericht des„Volksblattes": Genosse H a u s ch i l d ist mit den Arbeiten des Parteitages ein- verstanden, bedauert aber die Annahme des Zusatzantrages Zubeil- Haase, den er für unnötig gehalten habe. Genosse Scheidemann trat dem Referenten entgegen und brachte folgende Resolution ein: „Die Versammlung des Sozialdemokratischen Vereins in Kassel erklärt ihre Befriedigung mit den Arbeiten und Beschlüssen des Parteitages. Sie ist einverstanden mit der Behandlung und Erledigung der Budgetfrage, insbesondere auch mit der zum Beschluß des Parteitags erhobenen Vorstandserklärung Bebels, daß ourch eine abermalige Mißachtung der Budaetresolution die Voraussetzung für das Ausschlußverfahren gemäß Z 23 des Organisationsstatuts gegeben ist." Genosse Grzefinsky sprach gegen diese Resolution; er hätte nur für den zweiten, dagegen gegen den ersten Teil der Vorstands- resolution und gegen die ganze Vorstandsresolution, insbesondere gegen den Zusatzantrag Zubeil-Haase gestimmt. Er beantragte fol- gende Resolution: „Die Parteigenossen in Kassel sprechen nach Kenntnisnahme des Berichts vom Magdeburger Parteitag die Erwartung aus, daß Parteigenossen in Zukunft nicht wieder durch disziplinloses Verhalten Anlaß zu Debatten und Vorgängen geben, wie sie der verflossene Parteitag gezeitigt hat. Sie erklären erneut, daß Disziplin in bezug auf alle Beschlüsse unbedingtes Erforder- nis eines jeden Parteigenossen ist, da ohne diese straffe DiS- ziplin die sozialdemokratische Partei nicht mit der Wucht ihren Klassenkampf führen kann, wie das unter allen Umständen im Interesse der werktätigen Bevölkerung notwendig ist. Der Ausgang des Parteitages gibt erfreulicherweise den Kasseler Genossen die Hoffnung, daß dieser organisatorische Grundsatz fernerhin die notwendige Beachtung findet uno so eine einheitliche und geschlossene Kampffront gegenüber dem gemein- samen Feind besonders bei den nächsten Reichstagswahlen und dann im Wahlrechtskampf ermöglicht wird. Die Genossen sind weiterhin der Ansicht, daß zur erfolgreichen Durchführung dieser nächsten Kämpfe und unserer Kämpfe über- Haupt aber nicht nur Disziplin, sondern auch Erziehung der Ge- nassen zum Klassenbewußtsein dringend erforderlich ist. Um dies zu erreichen, wird der Parteivorstand beauftragt, diese Er- ziehungsarbeit durch Veranstaltung von mehr Vorträgen über unsere Grundanschauungen in Partei- und Bezirksversamm- lungen zu leisten und zu veranlassen, daß auch das Parteiblatt durch entsprechende Artikel dasselbe tut." Die Versammlung wurde dann vertagt. Aus Frankfurt a. M. wird uns berichtet: Am Donnerstagabend nähmen die Genossen in Frankfurt a. M. den Bericht vom Parteitag entgegen, den die Delegierten Wittich, Ulrich und Quarck erstatteten. Bei der Berichterstattung und der Debatte nahm die Budgetfrage den breitesten Raum ein. W i t t i ch hätte gewünscht, daß auch andere Fragen wie die Budgetfrage mit Leidenschaft behandelt worden wären. Die Budgetfrage hätte etwas objektiver und sachlicher behandelt werden, die persönlichen Momente hätten ausscheiden müssen. Die Erklärung Franks konnte genügen; es sei ganz logisch, daß man jetzt noch nicht sagen Sann, wie man sich in zwei Jahren zur Bttdgetqbstunmung stellt. Der Zuherlsche Antrag hatte nicht kommen dürfen, die Nachtsitzung und ihr Resultat sei nicht zum Vorreil der Partei. Die Frankfurter Delegierten erblickten in der Zustimmung oder Ablehnung des Budgets keine prinzipielle, sondern eine tak« tische Frage und hätten darum gegen den ersten Teil der Vor. standsresolution gestimmt. Wenn man auch von den Magdeburger Beschlüssen nicht ganz befriedig sei, so müsse man sich aber doch den Beschlüssen fügen. Genosse Ulrich meinte, das Eis, das sich durch die Budget- beratung— Nachtsitzung— auf die Herzen vieler Delegnrten ge- legt hätte, sei erst bei den Shmpathieerklärungen der süd- deutschen Kameraden zur Wahlrechtsfrage geschwunden. Ulrich ver- teidigte die Erklärung der Gewerkschaftler zum Antrag Luxemburg , den auch zwei Frankfurter Delegierte nnterschrieben hatten. Es könne der Partei nur schaden, wenn in der Frage des Massenstreiks die Partei einseitig handelt und Beschlüsse faßt. Der Genossin Luxemburg fehle die praktische Arbeit.— Die Mittwochabendsitzung habe depremiereui gewirkt, das Verhalten der Radikalen sei nicht kameradschaftlich und brüderlich gewesen. Der Eifer, der für die Annahme des Zubeilschen Zusatzantrages an den Tag gelegt wurde, sei einer besseren Sache würdig gewesen. Ulrich spricht zum Schlüsse die Hoffnung aus, daß die künftigen Parteitage mehr von dem Geiste der Zusammengehörigkeit und Brüderlichkeit beseelt sein mögen. Genosse Dr. Quarck hätte gewünscht, daß die Budgetfrage über den badischen Fall hinaus•— allgemein— erörtert worden wäre. Man hätte die Verfassungen der einzelnen Bundesstaaten prüfen und berücksichtigen müssen. Dann hätte man gefunden, daß unter allen Umständen mit der Budgetverweigerung nicht durch- zukommen ist. Wenn die Budgetablehnung immer nur eine Pia- tonische sei. dann könne sie ihre Bedeutung verlieren. Es müsse gefragt werden: Ist die Budgetverweigerung unter allen Umständen das gegebene revolutionäre Mittel, um den Klassenstaat lahmzu- legen? Bayern zeige schon allein, daß das nicht der Fall und eine Lücke vorhanden sei. Sachlich sei nun auch nach Magdeburg nichts entschieden. Die Parteipresse nehme nun genau so mann ig- faltig zur Vudgetfrage Stellung wie vor Magdeburg . Nachdem die Badenser ihre Rüge bekommen hatten, hätte man auf den Antrag, eine Studienkommission einzusetzen, eingehen müssen. Die Ge- nossen, die ihn niederstimmtcn. hätten sich von einer gewißen Am- mosität leiten lassen. Quarck übte dann scharfe Kritik an dem Ver- halten der Mehrheit bei der Wicdereinbrnignng des Zubeilschen Zusatzantrages. Das Knie auf die Brust und den Daumen aufs Auge, in diesem Sinne sei gekämpft worden, was sehr zu beidauern sei. Quarck hofft aber, daß der gemeinsame Kampf, der uns setzt bevorsteht, alle Teile zu kameradschaftlichem Zusammenarbeiten vereinigen wird und jedes bittere Gefühlt verschwinden laßt. In der Debatte meinte Genosse Löwenstein, daß über die Behandlung der Budgetfrage und des Zubeilschen Antrages nicht so hart geurteilt werden dürfe, wie die Referenten es getan hatten. Die Budaetfvage sei eine prinzipielle und nicht eine taktische Frage. Redner begrüßt die Magdeburger Beschlüsse, weil sie Klarheit ge- bracht hätten.„.....,. Genosse Dr. L ev i: Die Magdeburger Beschlüsse hatten reine Freude ausgelöst. Sei es denn nötig, daß die Partei in jedem Jahr eine solche Roßkur über sich ergehen lasse und zur Ader ge- lassen werde. Man hätte nun endlich zur Ruhe kommen nuissen, durch die Annahme der Anträge Zubeil komme man aber Läwitz nicht dazu. Die prinzipielle Budgetverweigerung sei eine polit>,che Unwahrheit, weil sie an Stelle der Tat der Steuerverwmgerung daS Wort„Budgetverweigerung", an Stelle einer Handlung e«n« Phrase setze. Die Budgetverweigeruiig sei keine so wichtige-irage, wie sie angesehen werde. Man müsse rn jedem Jahr prüfen, ob das Budget abzulehnen oder anzunehmen sei und nicht m voraus bestimmen. daß das Budget vom Jahre 1918, da? man noch gar nicht kenne, abgelehnt werden muß.......„. Genosse Rudolph polemisiert gegen die Ausführungen der Vorredner. Die langen Auseinandersetzungen hatten nur die Sud- deutschen verursacht, die die Mehrheit provoziert hatten. Rudolph verteidigte die Haltung der Mehrheit des Parteiwges und betonte, daß die Beschlüsse des Parteitages auch die Minderheit halten muh. Die Versammlung wurde dann um Mitternacht vertagt. Rus der fuftizllommiinon. Sitzung vom Freitag, den 39. September. Ein sozialdemokratischer Antrag verlangt, daß auch Frauen als Schöffen und Geschworene zugelassen werden sollen. Der Antrag wurde abgelehnt, nachdem sich sämtliche Vertreter der bürgerlichen Parteien entschieden dagegen erklärt hatten. Der Freisinn wollte Frauen nur bei I u g e n d g e r i ch t e n als Schöffen zugelassen, auch dieser Antrag wurde abgelehnt. Der Pole enthielt sich der Abstimmung über den sozialdemokratischen Antrag. Ein weiterer ja 3 i al- demokratischer Antrag verlangt Zulassung der Dienst. boten und ländlichen Arbeiter sowie der V o l k s s ch u l- lehr er zum Schöffen- und GesOvorenenamt. Der sozial- demokratische Antrag wurde abgelehnt, dagegen wurde beschlossen. VolkSschull ehrer als Schöffen und Geschworene zuzulassen. Ein Antrag, dah Rechtsanwälte daö Amt des Schöffen und Geschworenen annehmen können, wurde abgelehnt. Ein Zentrumsantrag, der forderte, drß von der Fest;etzung der Gebührenordnung für Schöffen und Geschworene, welche vom Bundesrat borgen ainmen wird, dem Reichstag Kenirtnis zu geben ist, wurde gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, der Freisinnigen und einiger Zentrumßabgeord. neterabgelehnt. Sodann entspann sich«ine längere Dcbatta über einen sozialdemokratischen Antrag, nach dem der Ausschuß, dem die Auswahl der Schöffen und Geschworenen über. tragen ist, auf Grund des allgemeinen gleichen, gehei- men und direkten Wahlverfahrens durch die voll- jährigen Einwohner des Amtsgerichts zusammengesetzt werden soll. Gegen diese Forderung wandte sich auch der srei- sinnige Redner, ebenso der Redner des Zentrums. Der Antrag wurde gegen die Stimmen der Sozialdemokrat c n und Polen abgelehnt, ebenso ein weiterer Antrag, der sich aus die A u S wah l d e r S ch ö f f e n u n d G e sch w o r e n e n bezieht. Ohne wesentliche Aenderung wurden dann die Paragraphen bis 146 erledigt und die weiteren Verhandlungen auf Dienstag ver- tagt.__ «asserstandö.Stachricktte» der LandeZcmstalt für Gewässerkunde, mitgeteilt vom Berliner Welterbureau. vasserftaud Memel, Tilsit P r e a e l, Jnftervurg Weichsel, Thor» Oder , Ratibor , grossen , Kranksurl Warthe, Schrimm , Landsberg Neye, Vordamm Elbe, Leitmeritz , Dresden , Barby . Magdehurg Wasserstand Saal», Grochll» Havel , Spandau ') , Ziathenow') Spree , Svremberg') , Beeskow Weser, Münden . Minden Rhein , MaximilianSan , Kaub Köln Neckar , tzeiwromt Main , Wcrlheim Mosel, Trier am 2g. 0. orn 110 80 98 108 158 -69 14 458 265 274 75 147 seit 28.9. ora1) —6 _ 2 +1 —2 0 0 —7 —8 -10 —10 +1 —4 »J+ bedeutet Wuchs,— Fall.■) llnterpegel.